Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

Derhalben ist das bedachtsam vnd bescheiden geredt / wenn man sagt / Man sol darumb gute Werck thun / auff daß nicht durch Sünde wieder das Gewissen der heilige Geist / die Busse / vnd der Glaube verloren werde / Vnd daß nicht durch verlierung des Glaubens beyde Gerechtigkeit vnd Seligkeit auch verloren werden / Denn wo wahrer Glaub nit mehr ist / da ist auch weder Gerechtigkeit noch seligkeit.

Vnd dis ist gesagt von den guten Wercken / die Gott selbst in seinem Wort geboten / vnd befohlen hat. Was aber belanget Adiaphora oder mitteldinge / in solchen Kirchenordnungen / die in Gottes Wort außdrücklich weder geboten noch verboten sind / wenn sie gebrauchet werden / vnd nützlich seyn zu guter Ordnung / zu Christlicher Zucht / erinnerung / zierd vnd wolstandt in den Kirchen / So hat die Kirche jhre Christliche Freyheit zur Erbawung zu ordnen / oder zu endern.

Vnd wiewol hierinnen fromme Christen vmb Friedes vnd Einigkeit willen / Ergernis vnd vnordnung zu verhüten / sich denen reinen Kirchen darinnen sie sind / in Christlicher Freyheit gerne gleichförmig halten / So ist doch zu wahrer Einigkeit der allgemeynen Christlichen Kirchen nicht nothwendig / daß allenthalben gleichförmige Ceremonien / von Menschen eingesetzt / gehalten müssen werden. Vnd wenn in solchen Menschen Satzungen noth vnd zwang auff die Gewissen gedrungen wil werden / als were es grosse Sünde / wenn ohn öffentlich Ergernisdarin ewas vnterlassen oder geendert wird / Item / wenn falsche Abergleubische meynung daran gehefftet wird / als stünde darinnen der wahre Gottesdienst / vnd die Gerechtigkeit. Oder wenn man daraus machen wil Verdienst der Gnaden Gottes / So gebeut Paulus außdrücklich / Bestehet in der Freyheit / damit vns Christus befreyet hat / vnd lasset euch nicht in das Knechtische Joch fangen / Gal. 5.

Also auch wenn zur zeit der Verfolgung / vnd im Fall der Bekentnisse / oder sonst die Feinde vnd Widersacher der Warheit solche Mitteldinge zu bestetigung falscher Lehre / Aberglaubens / Abgötterey / vnd zu vnterdrückung oder verfelschung reiner Lehre / vnd Christlicher Freyheit / entweder öffentlich erfordern / oder hinderlistig es dahin deuten vnd ziehen / So sol vnd kan man mit gutem Gewissen auch in solchen Mitteldingen den Wiedersachern zu gefallen nicht weichen vnd nachgeben / nicht willfahren / Denn es in solchem Fall nicht zuthun ist vmb die Eusserliche freye Mitteldinge / Sondern vmb die Warheit des Euangelij zu erhalten / welches verfelschung vnd vnterdrückung dadurch gesuchet wird / Auch vmb den Artickel der Christlichen Freyheit / Item / vmb das schwere Ergernisse / daß da-

Derhalben ist das bedachtsam vnd bescheiden geredt / wenn man sagt / Man sol darumb gute Werck thun / auff daß nicht durch Sünde wieder das Gewissen der heilige Geist / die Busse / vnd der Glaube verloren werde / Vnd daß nicht durch verlierung des Glaubens beyde Gerechtigkeit vnd Seligkeit auch verloren werden / Deñ wo wahrer Glaub nit mehr ist / da ist auch weder Gerechtigkeit noch seligkeit.

Vnd dis ist gesagt von den guten Wercken / die Gott selbst in seinem Wort geboten / vnd befohlen hat. Was aber belanget Adiaphora oder mitteldinge / in solchen Kirchenordnungen / die in Gottes Wort außdrücklich weder geboten noch verboten sind / wenn sie gebrauchet werden / vnd nützlich seyn zu guter Ordnung / zu Christlicher Zucht / erinnerung / zierd vnd wolstandt in den Kirchen / So hat die Kirche jhre Christliche Freyheit zur Erbawung zu ordnen / oder zu endern.

Vnd wiewol hierinnen fromme Christen vmb Friedes vnd Einigkeit willen / Ergernis vnd vnordnung zu verhüten / sich denen reinen Kirchen darinnen sie sind / in Christlicher Freyheit gerne gleichförmig halten / So ist doch zu wahrer Einigkeit der allgemeynen Christlichen Kirchen nicht nothwendig / daß allenthalben gleichförmige Ceremonien / von Menschen eingesetzt / gehalten müssen werden. Vnd wenn in solchen Menschen Satzungen noth vnd zwang auff die Gewissen gedrungen wil werden / als were es grosse Sünde / wenn ohn öffentlich Ergernisdarin ewas vnterlassen oder geendert wird / Item / wenn falsche Abergleubische meynung daran gehefftet wird / als stünde darinnen der wahre Gottesdienst / vnd die Gerechtigkeit. Oder wenn man daraus machen wil Verdienst der Gnaden Gottes / So gebeut Paulus außdrücklich / Bestehet in der Freyheit / damit vns Christus befreyet hat / vnd lasset euch nicht in das Knechtische Joch fangen / Gal. 5.

Also auch wenn zur zeit der Verfolgung / vnd im Fall der Bekentnisse / oder sonst die Feinde vnd Widersacher der Warheit solche Mitteldinge zu bestetigung falscher Lehre / Aberglaubens / Abgötterey / vnd zu vnterdrückung oder verfelschung reiner Lehre / vnd Christlicher Freyheit / entweder öffentlich erfordern / oder hinderlistig es dahin deuten vnd ziehen / So sol vnd kan man mit gutem Gewissen auch in solchen Mitteldingen den Wiedersachern zu gefallen nicht weichen vnd nachgeben / nicht willfahren / Denn es in solchem Fall nicht zuthun ist vmb die Eusserliche freye Mitteldinge / Sondern vmb die Warheit des Euangelij zu erhalten / welches verfelschung vnd vnterdrückung dadurch gesuchet wird / Auch vmb den Artickel der Christlichen Freyheit / Item / vmb das schwere Ergernisse / daß da-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0770" n="102"/>
        <p>Derhalben ist das bedachtsam vnd bescheiden geredt / wenn man sagt / Man sol                      darumb gute Werck thun / auff daß nicht durch Sünde wieder das Gewissen der                      heilige Geist / die Busse / vnd der Glaube verloren werde / Vnd daß nicht durch                      verlierung des Glaubens beyde Gerechtigkeit vnd Seligkeit auch verloren werden /                          Den&#x0303; wo wahrer Glaub nit mehr ist / da ist auch weder                      Gerechtigkeit noch seligkeit.</p>
        <p>Vnd dis ist gesagt von den guten Wercken / die Gott selbst in seinem Wort geboten                      / vnd befohlen hat. Was aber belanget <hi rendition="#i">Adiaphora</hi> oder                      mitteldinge / in solchen Kirchenordnungen / die in Gottes Wort außdrücklich                      weder geboten noch verboten sind / wenn sie gebrauchet werden / vnd nützlich                      seyn zu guter Ordnung / zu Christlicher Zucht / erinnerung / zierd vnd wolstandt                      in den Kirchen / So hat die Kirche jhre Christliche Freyheit zur Erbawung zu                      ordnen / oder zu endern.</p>
        <p>Vnd wiewol hierinnen fromme Christen vmb Friedes vnd Einigkeit willen / Ergernis                      vnd vnordnung zu verhüten / sich denen reinen Kirchen darinnen sie sind / in                      Christlicher Freyheit gerne gleichförmig halten / So ist doch zu wahrer                      Einigkeit der allgemeynen Christlichen Kirchen nicht nothwendig / daß                      allenthalben gleichförmige Ceremonien / von Menschen eingesetzt / gehalten                      müssen werden. Vnd wenn in solchen Menschen Satzungen noth vnd zwang auff die                      Gewissen gedrungen wil werden / als were es grosse Sünde / wenn ohn öffentlich                      Ergernisdarin ewas vnterlassen oder geendert wird / Item / wenn falsche                      Abergleubische meynung daran gehefftet wird / als stünde darinnen der wahre                      Gottesdienst / vnd die Gerechtigkeit. Oder wenn man daraus machen wil Verdienst                      der Gnaden Gottes / So gebeut Paulus außdrücklich / Bestehet in der Freyheit /                      damit vns Christus befreyet hat / vnd lasset euch nicht in das Knechtische Joch                      fangen / Gal. 5.</p>
        <p>Also auch wenn zur zeit der Verfolgung / vnd im Fall der Bekentnisse / oder sonst                      die Feinde vnd Widersacher der Warheit solche Mitteldinge zu bestetigung                      falscher Lehre / Aberglaubens / Abgötterey / vnd zu vnterdrückung oder                      verfelschung reiner Lehre / vnd Christlicher Freyheit / entweder öffentlich                      erfordern / oder hinderlistig es dahin deuten vnd ziehen / So sol vnd kan man                      mit gutem Gewissen auch in solchen Mitteldingen den Wiedersachern zu gefallen                      nicht weichen vnd nachgeben / nicht willfahren / Denn es in solchem Fall nicht                      zuthun ist vmb die Eusserliche freye Mitteldinge / Sondern vmb die Warheit des                      Euangelij zu erhalten / welches verfelschung vnd vnterdrückung dadurch gesuchet                      wird / Auch vmb den Artickel der Christlichen Freyheit / Item / vmb das schwere                      Ergernisse / daß da-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0770] Derhalben ist das bedachtsam vnd bescheiden geredt / wenn man sagt / Man sol darumb gute Werck thun / auff daß nicht durch Sünde wieder das Gewissen der heilige Geist / die Busse / vnd der Glaube verloren werde / Vnd daß nicht durch verlierung des Glaubens beyde Gerechtigkeit vnd Seligkeit auch verloren werden / Deñ wo wahrer Glaub nit mehr ist / da ist auch weder Gerechtigkeit noch seligkeit. Vnd dis ist gesagt von den guten Wercken / die Gott selbst in seinem Wort geboten / vnd befohlen hat. Was aber belanget Adiaphora oder mitteldinge / in solchen Kirchenordnungen / die in Gottes Wort außdrücklich weder geboten noch verboten sind / wenn sie gebrauchet werden / vnd nützlich seyn zu guter Ordnung / zu Christlicher Zucht / erinnerung / zierd vnd wolstandt in den Kirchen / So hat die Kirche jhre Christliche Freyheit zur Erbawung zu ordnen / oder zu endern. Vnd wiewol hierinnen fromme Christen vmb Friedes vnd Einigkeit willen / Ergernis vnd vnordnung zu verhüten / sich denen reinen Kirchen darinnen sie sind / in Christlicher Freyheit gerne gleichförmig halten / So ist doch zu wahrer Einigkeit der allgemeynen Christlichen Kirchen nicht nothwendig / daß allenthalben gleichförmige Ceremonien / von Menschen eingesetzt / gehalten müssen werden. Vnd wenn in solchen Menschen Satzungen noth vnd zwang auff die Gewissen gedrungen wil werden / als were es grosse Sünde / wenn ohn öffentlich Ergernisdarin ewas vnterlassen oder geendert wird / Item / wenn falsche Abergleubische meynung daran gehefftet wird / als stünde darinnen der wahre Gottesdienst / vnd die Gerechtigkeit. Oder wenn man daraus machen wil Verdienst der Gnaden Gottes / So gebeut Paulus außdrücklich / Bestehet in der Freyheit / damit vns Christus befreyet hat / vnd lasset euch nicht in das Knechtische Joch fangen / Gal. 5. Also auch wenn zur zeit der Verfolgung / vnd im Fall der Bekentnisse / oder sonst die Feinde vnd Widersacher der Warheit solche Mitteldinge zu bestetigung falscher Lehre / Aberglaubens / Abgötterey / vnd zu vnterdrückung oder verfelschung reiner Lehre / vnd Christlicher Freyheit / entweder öffentlich erfordern / oder hinderlistig es dahin deuten vnd ziehen / So sol vnd kan man mit gutem Gewissen auch in solchen Mitteldingen den Wiedersachern zu gefallen nicht weichen vnd nachgeben / nicht willfahren / Denn es in solchem Fall nicht zuthun ist vmb die Eusserliche freye Mitteldinge / Sondern vmb die Warheit des Euangelij zu erhalten / welches verfelschung vnd vnterdrückung dadurch gesuchet wird / Auch vmb den Artickel der Christlichen Freyheit / Item / vmb das schwere Ergernisse / daß da-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/770
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/770>, abgerufen am 01.05.2024.