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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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zugeben würde. Don Pedro war schon zu Bette, da er diese schöne Post
erhielt, und kleidete sich so geschwind als möglich, in gröstem Zorne an.
Ehe er aber noch an dem verlangten Orte anlangte, so kam Don Diego,
welchen Victoria zu der Elvira in eine absonderliche Kammer ließ, wo sie
einander tausenderley Caressen erwiesen. Unterdessen erschien auch Joseph,
welchen sie ebenfals in eine dunckle Kammer führte, mit dem Bedeuten,
Elvira würde im Augenblick zugegen seyn, und er möchte die Finsterniß der
Schamhafftigkeit eines jungen Frauenzimmers zuschreiben, welche in einer
so kühnen Handlung sich nicht so gleich fassen könte. Hierauf gieng sie von
ihm weg, kleidete sich geschwinde anders an, und bestrich sich mit dem kostbar-
sten Balsam, womit sie in die Kammer trat, und dadurch Josephen so be-
trog, daß er sie vor die leibhafftige Elvire hielte. Da dieses vorgieng, kam
Don Pedro mit ein paar Laquaien, und trat unvermuthet in die Kammer,
wo die Elvira mit ihrem Geliebten war, wodurch diese beyde wie von dem
Blitz gerühret wurden. Don Pedro wolte in Zorn Don Diego erstechen,
weil er ihn vor Joseph von Reinstadt hielt, welcher ihm aber in die Arme,
und hernach zu Füssen fiel, und die Gröse seiner Liebe entdeckte. Hier klär-
te sich das finstre und wölckichte Gesichte des Don Pedro wieder aus, und
er ließ sich das mit seiner Tochter ihrem vereinte Bitten des Don Diego be-
wegen, seine Einstimmung zu ihrer Vermählung zu geben. Worauf ei-
ner von den Laquaien, welcher von der Conferentz der Victoria Wind hat-
te, Don Pedro hin in die Cammer führte, wo sie sich mit dem Joseph gantz
alleine befand. Joseph fragte, was man von ihm haben wolte, es
wäre niemand bey ihm, als seine Gemahlin, Elvira.
Worauf
aber Don Pedro antwortete: Daß er sich entsetzlich betrög, weil El-
vira an einen andern vermählet sey, und daß er nicht länger
leugnen könne, sich mit der Victoria nicht eingelassen zu haben.

Victoria gab sich hiermit diesem ungetreuen zu erkennen, welcher dadurch
der verwirrteste Mensch von der Welt wurde. Sie stellte ihm seine Un-
danckbarkeit so nachdrücklich vor, daß er nichts darauf zu antworten ver-
mochte, biß endlich sein beissendes Gewissen, der Victoria weinende Augen,
des Don Pedro ernstliches Vermahnen, und die nicht geringe Schönheit
seiner Verlaßnen, nebst einem Rest der Großmuth ihn bewegten, sich vor
der Victoria nieder zuwerfen, und sie tausendmahl um Verzeihung seines
Fehlers anzuflehen. Sie erzeigte sich hierbey nicht im geringsten schwürig,
und ertheilte ihm dieselbige mit den angenehmsten Worten. Worüber
Don Pedro, Elvira und Don Diego ihre Glückwünsche abstatteten, und
dergleichen von ihnen wider empfingen. Worauf in wenig Tagen diese
gedop-
zugeben wuͤrde. Don Pedro war ſchon zu Bette, da er dieſe ſchoͤne Poſt
erhielt, und kleidete ſich ſo geſchwind als moͤglich, in groͤſtem Zorne an.
Ehe er aber noch an dem verlangten Orte anlangte, ſo kam Don Diego,
welchen Victoria zu der Elvira in eine abſonderliche Kammer ließ, wo ſie
einander tauſenderley Careſſen erwieſen. Unterdeſſen erſchien auch Joſeph,
welchen ſie ebenfals in eine dunckle Kammer fuͤhrte, mit dem Bedeuten,
Elvira wuͤrde im Augenblick zugegen ſeyn, und er moͤchte die Finſterniß der
Schamhafftigkeit eines jungen Frauenzimmers zuſchreiben, welche in einer
ſo kuͤhnen Handlung ſich nicht ſo gleich faſſen koͤnte. Hierauf gieng ſie von
ihm weg, kleidete ſich geſchwinde anders an, und beſtrich ſich mit dem koſtbar-
ſten Balſam, womit ſie in die Kammer trat, und dadurch Joſephen ſo be-
trog, daß er ſie vor die leibhafftige Elvire hielte. Da dieſes vorgieng, kam
Don Pedro mit ein paar Laquaien, und trat unvermuthet in die Kammer,
wo die Elvira mit ihrem Geliebten war, wodurch dieſe beyde wie von dem
Blitz geruͤhret wurden. Don Pedro wolte in Zorn Don Diego erſtechen,
weil er ihn vor Joſeph von Reinſtadt hielt, welcher ihm aber in die Arme,
und hernach zu Fuͤſſen fiel, und die Groͤſe ſeiner Liebe entdeckte. Hier klaͤr-
te ſich das finſtre und woͤlckichte Geſichte des Don Pedro wieder aus, und
er ließ ſich das mit ſeiner Tochter ihrem vereinte Bitten des Don Diego be-
wegen, ſeine Einſtimmung zu ihrer Vermaͤhlung zu geben. Worauf ei-
ner von den Laquaien, welcher von der Conferentz der Victoria Wind hat-
te, Don Pedro hin in die Cammer fuͤhrte, wo ſie ſich mit dem Joſeph gantz
alleine befand. Joſeph fragte, was man von ihm haben wolte, es
waͤre niemand bey ihm, als ſeine Gemahlin, Elvira.
Worauf
aber Don Pedro antwortete: Daß er ſich entſetzlich betroͤg, weil El-
vira an einen andern vermaͤhlet ſey, und daß er nicht laͤnger
leugnen koͤnne, ſich mit der Victoria nicht eingelaſſen zu haben.

Victoria gab ſich hiermit dieſem ungetreuen zu erkennen, welcher dadurch
der verwirrteſte Menſch von der Welt wurde. Sie ſtellte ihm ſeine Un-
danckbarkeit ſo nachdruͤcklich vor, daß er nichts darauf zu antworten ver-
mochte, biß endlich ſein beiſſendes Gewiſſen, der Victoria weinende Augen,
des Don Pedro ernſtliches Vermahnen, und die nicht geringe Schoͤnheit
ſeiner Verlaßnen, nebſt einem Reſt der Großmuth ihn bewegten, ſich vor
der Victoria nieder zuwerfen, und ſie tauſendmahl um Verzeihung ſeines
Fehlers anzuflehen. Sie erzeigte ſich hierbey nicht im geringſten ſchwuͤrig,
und ertheilte ihm dieſelbige mit den angenehmſten Worten. Woruͤber
Don Pedro, Elvira und Don Diego ihre Gluͤckwuͤnſche abſtatteten, und
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[80/0090] zugeben wuͤrde. Don Pedro war ſchon zu Bette, da er dieſe ſchoͤne Poſt erhielt, und kleidete ſich ſo geſchwind als moͤglich, in groͤſtem Zorne an. Ehe er aber noch an dem verlangten Orte anlangte, ſo kam Don Diego, welchen Victoria zu der Elvira in eine abſonderliche Kammer ließ, wo ſie einander tauſenderley Careſſen erwieſen. Unterdeſſen erſchien auch Joſeph, welchen ſie ebenfals in eine dunckle Kammer fuͤhrte, mit dem Bedeuten, Elvira wuͤrde im Augenblick zugegen ſeyn, und er moͤchte die Finſterniß der Schamhafftigkeit eines jungen Frauenzimmers zuſchreiben, welche in einer ſo kuͤhnen Handlung ſich nicht ſo gleich faſſen koͤnte. Hierauf gieng ſie von ihm weg, kleidete ſich geſchwinde anders an, und beſtrich ſich mit dem koſtbar- ſten Balſam, womit ſie in die Kammer trat, und dadurch Joſephen ſo be- trog, daß er ſie vor die leibhafftige Elvire hielte. Da dieſes vorgieng, kam Don Pedro mit ein paar Laquaien, und trat unvermuthet in die Kammer, wo die Elvira mit ihrem Geliebten war, wodurch dieſe beyde wie von dem Blitz geruͤhret wurden. Don Pedro wolte in Zorn Don Diego erſtechen, weil er ihn vor Joſeph von Reinſtadt hielt, welcher ihm aber in die Arme, und hernach zu Fuͤſſen fiel, und die Groͤſe ſeiner Liebe entdeckte. Hier klaͤr- te ſich das finſtre und woͤlckichte Geſichte des Don Pedro wieder aus, und er ließ ſich das mit ſeiner Tochter ihrem vereinte Bitten des Don Diego be- wegen, ſeine Einſtimmung zu ihrer Vermaͤhlung zu geben. Worauf ei- ner von den Laquaien, welcher von der Conferentz der Victoria Wind hat- te, Don Pedro hin in die Cammer fuͤhrte, wo ſie ſich mit dem Joſeph gantz alleine befand. Joſeph fragte, was man von ihm haben wolte, es waͤre niemand bey ihm, als ſeine Gemahlin, Elvira. Worauf aber Don Pedro antwortete: Daß er ſich entſetzlich betroͤg, weil El- vira an einen andern vermaͤhlet ſey, und daß er nicht laͤnger leugnen koͤnne, ſich mit der Victoria nicht eingelaſſen zu haben. Victoria gab ſich hiermit dieſem ungetreuen zu erkennen, welcher dadurch der verwirrteſte Menſch von der Welt wurde. Sie ſtellte ihm ſeine Un- danckbarkeit ſo nachdruͤcklich vor, daß er nichts darauf zu antworten ver- mochte, biß endlich ſein beiſſendes Gewiſſen, der Victoria weinende Augen, des Don Pedro ernſtliches Vermahnen, und die nicht geringe Schoͤnheit ſeiner Verlaßnen, nebſt einem Reſt der Großmuth ihn bewegten, ſich vor der Victoria nieder zuwerfen, und ſie tauſendmahl um Verzeihung ſeines Fehlers anzuflehen. Sie erzeigte ſich hierbey nicht im geringſten ſchwuͤrig, und ertheilte ihm dieſelbige mit den angenehmſten Worten. Woruͤber Don Pedro, Elvira und Don Diego ihre Gluͤckwuͤnſche abſtatteten, und dergleichen von ihnen wider empfingen. Worauf in wenig Tagen dieſe gedop-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/90>, abgerufen am 18.05.2024.