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Mainzer Journal. Nr. 34. Mainz, 19. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] und wegen Ermäßigung des Zeitungs= und Gesuchsstempels. Die
Beiträge zur freiwilligen Anleihe sind in der letzten Zeit noch
recht ansehnlich gewesen. Dem Vernehmen nach hat Se. Maj.
der König 50,000 Rthlr. gegeben, und zwar 20,000 in Silberge-
fäßen, 30,000 in baarem Gelde.

Stettin 11. Juli. ( Br. Z. ) Jn der vorigen Woche sind die
schon vielfach bei der Zeughausaffaire besprochenen Zündnadel-
gewehre für die hier in Garnison liegenden zwei Füselierbataillone
angekommen. Es sind gezogene Flinten, die von hinten geladen
werden, und Spitzkugeln schießen. Die Einrichtung zum Laden
ist so bequem, daß ein Soldat sieben Mal in einer Minute laden
und abfeuern muß, wobei nur die Schwierigkeit bleibt, den Lauf
so schnell wieder abzukühlen. Offiziere, die bei dem Probieren
zugegen waren, versicherten uns, die Gewehre schießen so sicher,
daß selbst nur mittelmäßige Schützen eine Scheibe von Manns-
breite auf 600 Schritt nur sehr selten gefehlt hätten. Bei den
Versuchen nach der Kolonnenscheibe auf 1000 Schritt ergeben sich
35 pCt. Treffer. Artillerie möchten gegen eine so bewaffnete Jn-
fanterie gar Nichts ausrichten, da die Kanoniere niedergeschossen
seyn würden, ehe sie einmal abgeprotzt haben könnten. -- Der
Prinz von Preußen wird den unserer Stadt zugesagten Besuch
wahrscheinlich aufgeben.

Von der preußischen Weser 11. Juli wird der D. A. Ztg.
geschrieben: "Aus der allersichersten Quelle kann ich Jhnen mit-
theilen, daß es gegründet ist, daß ein Bündniß zwischen den Ka-
tholiken
und den Radicalen in der berliner Nationalver-
sammlung unter der Bedingung der "Fundation" im Werke ist.
Hochgestellte und durch ihren biederen Charakter bekannte Katho-
liken Berlins ( man nennt die Namen Ullrich, Blesson ) sind zu
Hrn. v. Berg geeilt und haben ihn beschworen, nicht ein solches
Bündniß zu schließen. Sie haben kein Gehör gefunden. Es scheint
dagegen dem Hrn. v. Berg für seine Schritte die höhere Sanction
nicht zu fehlen." Das Ganze ist eine alberne Lüge! Nach uns
vorliegenden Briefen aus Berlin stehen die Katholiken in der
Berliner Nationalversammlung mit Niemanden schlechter als mit
den Radicalen, aus dem einfachen Grunde, weil diese Letzteren bei
allen religiösen Fragen höchst servil sind und mit den starrsten
Anhängern des büreaukratischen Systems stimmen.

Jn Bamberg, wo man an der Republik nachgerade auch
genug zu haben scheint, ist unter den Wahlmännern eine Adresse
an den Abgeordneten Titus in Umlauf, worin derselbe an seine
vor dem Wahlakt abgegebene Erklärung, nur im constitutionell-
monarchischen Sinne stimmen zu wollen, erinnert, sein Verfah-
ren in der Reichsversammlung als mit dieser Zusicherung in Wi-
derspruch stehend mißbilligt und derselbe zur Rechtfertigung seiner
Handlungsweise aufgefordert wird.

d Heidelberg 16. Juli. Die heroische That Kapps, der
es mit seinem republikanischen Gewissen nicht mehr vereinbar
hielt, im reactionär gewordenen Reichstag zu sitzen und deßhalb
seinen Austritt nahm, findet doch Anerkennung, und wenn auch
das gesammte deutsche Volk den edlen Volksmann nicht nach Ver-
dienst würdigt, so thun es doch die Republikaner in Alten-
burg!
Jn einem Aufruf "an das deutsche Volk" fordern sie alle
freiheitsliebenden Mitglieder des Reichstags auf, "dem Bei-
spiele des ehrenwerthen Kapp zu folgen, und einer Versamm-
lung den Rücken zu wenden, die ihre eigene Mutter, die Sou-
veränetät des Volkes, schon mehrfach verleugnet und sich
zur Magd der Fürstenherrschaft herabgewürdigt hat. Eine
solche Versammlung, heißt es in dem Aufrufe weiter, ver-
dient nicht mehr den Namen eines deutschen Parlaments; eine
solche Versammlung wird Deutschlands Einheit und Freiheit nicht
begründen; eine solche Versammlung kann nur der alten Des-
potie neue Kraft verleihen. Eine solche Versammlung erkennen
wir nicht mehr als Organ des deutschen Volkswillens an; wir
protestiren gegen die Gültigkeit ihrer Beschlüsse und erwarten,
daß sich das deutsche Volk uns anschließe. Jhr aber, wackere
Kämpfer für die Freiheit, Männer der entschiedenen Linken,
könnt Jhr zweifelhaft seyn, was Jhr zu thun habt? -- Euch
bleibt keine Wahl! Vergeudet nicht länger Eure Kraft im nutz-
losen Kampfe gegen eine volksfeindliche Mehrheit; Jhr helft das
deutsche Volk verrathen, wenn Jhr einer solchen Versammlung
ferner beiwohnt." Wenn aber nun die Mitglieder des Reichs-
tags dieser Aufforderung nicht folgen -- wie dann? Dann
bleibt wohl nichts Anderes übrig, als den Willen Kapps und
der Altenburger für den souveränen Volkswillen zu erklären --
und Deutschland zu zwingen, sich demselben zu fügen. Und das
wird dann die deutsche Freiheit seyn!?

d Heidelberg 16. Juli. Die Studentendeputation, welche in
Carlsruhe die Zurücknahme der Verordnung, wodurch der demo-
[Spaltenumbruch] cratische Verein als aufgelöst erklärt wird, bewirken wollte, hat
daselbst nichts ausgerichtet. Ueber diesen fehlgeschlagenen Versuch
aufgebracht sind sodann an 300, begleitet von einer nicht unbedeu-
tenden Schaar "dienstbarer Geister" nach der Rheinpfalz ausgezo-
gen. Wie man dort die Gäste aufgenommen und was sie daselbst
bewirkt, darüber weiß man natürlich noch nichts.

Darmstadt 17. Juli. ( Fr. O. P. A. Z. ) Der bisherige
Verweser des Jnnern, Ministerialrath Eigenbrodt, ist abge-
treten und Geh. Staatsrath Jaup zum Minister des Jnnern
ernannt worden, ein Wirkungskreis, in welchen ihn schon längst
die öffentliche Meinung berufen hatte.

x Aus der Wetterau 15. Juli. Als vor Kurzem in einigeu
Gemeinden der Wetterau die die Freiheit der Religion und Er-
ziehung betreffende Adresse des Piusvereins zum Unterzeichnen
circulirte, nahmen sich solche, die sonst für alle Freiheiten, wie
für die Freiheit der Schule, für die Unabhängigkeit der Gemein-
den von der Staatsgewalt, enthusiasmirt sind, die Mühe, die
Leute vom Unterzeichnen jener Adresse abzuhalten, indem sie vor-
gaben, der Staat werde, wenn die Kirche, wie die Adresse offen-
bar bezwecke, von ihm unabhängig geworden, nichts mehr an
die Kirche zahlen und es würden dann die bisher vom Staate an
die Kirche geleisteten Zahlungen den Gemeinden zur Last fallen.
Wenn dem so wäre, so müßte gefolgert werden 1 ) der Staat
habe der Kirche bisher gewisse Zahlungen um den Preis ihrer
Unabhängigkeit geleistet, und 2 ) der Staat trachte nach der Ab-
hängigkeit der Kirche von ihm, damit diese ihm als Polizeianstalt,
wie wirklich manche Büreaukraten bisher wähnten, diene, um die
Gläubigen im Gehorsame gegen alle Staatsgewaltstreiche zu er-
halten. Die erste Folgerung ist jedoch so falsch wie die zweite. Als
der Staat einst die Kirchengüter einzog, machte er sich verbindlich
durch heilige Verträge, die er nicht, ohne eine arge Treu-
losigkeit zu begehen, aufheben kann, die kirchlichen Bedürfnisse
für alle Zeiten bestreiten zu wollen; was also der Staat an die
Kirche zahlt, thut er aus Pflicht und Schuldigkeit, und zahlt
der Kirche nur geringe Zinsen von dem von der Kirche genom-
menen Kapitale. Will er der Kirche also nicht mehr die Zinsen
entrichten, so müßte er gerechter Weise das Kapital der Kirche
zurückstellen, was gewiß dieser ganz willkommen wäre, woran
übrigens als an etwas ganz Unausführbares kein vernünftiger
Mensch denken kann. Was die zweite von uns gemachte Folger-
ung anbelangt, so ist wohl bekannt, daß es Freiheitsleute gibt,
die in der That die Kirche als Polizeianstalt betrachten; man hört
sie ja häufig die Aeußerung aussprechen, die Kirche habe den
Fürsten stets in die Hände gearbeitet, die Völker zu bedrücken.
Wenn dem so wäre, warum wird dann der Kirche entgegenge-
wirkt, daß sie sich vom Staate unabhängig mache? Wenn alle
Korporationen vom Staate unabhängig seyn sollen, warum will
man der Kirche nicht gönnen, daß sie es auch werde? Mit Recht
will man, daß die politischen Gemeinden, so viel als möglich,
von der Staatsgewalt unabhängig seyen, aber nicht, daß die
kirchlichen Gemeinden es seyen. Man will, daß die Behörden
der politischen Gemeinden, so viel als nur möglich, vom Staate
unabhängig seyen, aber die kirchlichen Behörden sollen vom
Staate abhängig verbleiben. Das Vermögen der politischen
Gemeinden will man unabhängig von der Staatsgewalt verwal-
tet und verwendet wissen: allein das Vermögen der kirchlichen
Gemeinden soll fortan unter der Controlle des Staates stehen
und stets die Staatsbehörde erst um Erlaubniß gefragt werden,
ob die Kirche von ihrem rechtmäßig erworbenen Eigenthum den
ihr beliebigen Gebrauch machen dürfe. Welche Consequenzen!
Welche Widersprüche!

Altona 15. Juli. ( B. H. ) Aus zuverlässiger Quelle sind
wir in den Stand gesetzt, anzuzeigen, daß von deutscher Seite die
Räumung von Alsen von Seiten der Dänen und das Fortbestehen
der provisorischen Regierung in unveränderter Weise als Be-
dingungen des Waffenstillstandes mit Dänemark aufgestellt sind.

Apenrade 13. Juli. ( S. H. Z. ) Von hier aus ist in Folge
der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Addresse nach
Rendsburg abgesandt worden: "An die hohe provisorische Re-
gierung von Schleswig=Holstein. Das von den Zeitungen mit
immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von
Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere
hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Be-
wohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbit-
terung erfüllt. Jn der Voraussetzung, daß jenes Gerücht be-
gründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provi-
sorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige,
die ihr Mandat von der schleswig=holsteinischen Volksvertretung
erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] und wegen Ermäßigung des Zeitungs= und Gesuchsstempels. Die
Beiträge zur freiwilligen Anleihe sind in der letzten Zeit noch
recht ansehnlich gewesen. Dem Vernehmen nach hat Se. Maj.
der König 50,000 Rthlr. gegeben, und zwar 20,000 in Silberge-
fäßen, 30,000 in baarem Gelde.

Stettin 11. Juli. ( Br. Z. ) Jn der vorigen Woche sind die
schon vielfach bei der Zeughausaffaire besprochenen Zündnadel-
gewehre für die hier in Garnison liegenden zwei Füselierbataillone
angekommen. Es sind gezogene Flinten, die von hinten geladen
werden, und Spitzkugeln schießen. Die Einrichtung zum Laden
ist so bequem, daß ein Soldat sieben Mal in einer Minute laden
und abfeuern muß, wobei nur die Schwierigkeit bleibt, den Lauf
so schnell wieder abzukühlen. Offiziere, die bei dem Probieren
zugegen waren, versicherten uns, die Gewehre schießen so sicher,
daß selbst nur mittelmäßige Schützen eine Scheibe von Manns-
breite auf 600 Schritt nur sehr selten gefehlt hätten. Bei den
Versuchen nach der Kolonnenscheibe auf 1000 Schritt ergeben sich
35 pCt. Treffer. Artillerie möchten gegen eine so bewaffnete Jn-
fanterie gar Nichts ausrichten, da die Kanoniere niedergeschossen
seyn würden, ehe sie einmal abgeprotzt haben könnten. — Der
Prinz von Preußen wird den unserer Stadt zugesagten Besuch
wahrscheinlich aufgeben.

Von der preußischen Weser 11. Juli wird der D. A. Ztg.
geschrieben: „Aus der allersichersten Quelle kann ich Jhnen mit-
theilen, daß es gegründet ist, daß ein Bündniß zwischen den Ka-
tholiken
und den Radicalen in der berliner Nationalver-
sammlung unter der Bedingung der „Fundation“ im Werke ist.
Hochgestellte und durch ihren biederen Charakter bekannte Katho-
liken Berlins ( man nennt die Namen Ullrich, Blesson ) sind zu
Hrn. v. Berg geeilt und haben ihn beschworen, nicht ein solches
Bündniß zu schließen. Sie haben kein Gehör gefunden. Es scheint
dagegen dem Hrn. v. Berg für seine Schritte die höhere Sanction
nicht zu fehlen.“ Das Ganze ist eine alberne Lüge! Nach uns
vorliegenden Briefen aus Berlin stehen die Katholiken in der
Berliner Nationalversammlung mit Niemanden schlechter als mit
den Radicalen, aus dem einfachen Grunde, weil diese Letzteren bei
allen religiösen Fragen höchst servil sind und mit den starrsten
Anhängern des büreaukratischen Systems stimmen.

Jn Bamberg, wo man an der Republik nachgerade auch
genug zu haben scheint, ist unter den Wahlmännern eine Adresse
an den Abgeordneten Titus in Umlauf, worin derselbe an seine
vor dem Wahlakt abgegebene Erklärung, nur im constitutionell-
monarchischen Sinne stimmen zu wollen, erinnert, sein Verfah-
ren in der Reichsversammlung als mit dieser Zusicherung in Wi-
derspruch stehend mißbilligt und derselbe zur Rechtfertigung seiner
Handlungsweise aufgefordert wird.

d Heidelberg 16. Juli. Die heroische That Kapps, der
es mit seinem republikanischen Gewissen nicht mehr vereinbar
hielt, im reactionär gewordenen Reichstag zu sitzen und deßhalb
seinen Austritt nahm, findet doch Anerkennung, und wenn auch
das gesammte deutsche Volk den edlen Volksmann nicht nach Ver-
dienst würdigt, so thun es doch die Republikaner in Alten-
burg!
Jn einem Aufruf „an das deutsche Volk“ fordern sie alle
freiheitsliebenden Mitglieder des Reichstags auf, „dem Bei-
spiele des ehrenwerthen Kapp zu folgen, und einer Versamm-
lung den Rücken zu wenden, die ihre eigene Mutter, die Sou-
veränetät des Volkes, schon mehrfach verleugnet und sich
zur Magd der Fürstenherrschaft herabgewürdigt hat. Eine
solche Versammlung, heißt es in dem Aufrufe weiter, ver-
dient nicht mehr den Namen eines deutschen Parlaments; eine
solche Versammlung wird Deutschlands Einheit und Freiheit nicht
begründen; eine solche Versammlung kann nur der alten Des-
potie neue Kraft verleihen. Eine solche Versammlung erkennen
wir nicht mehr als Organ des deutschen Volkswillens an; wir
protestiren gegen die Gültigkeit ihrer Beschlüsse und erwarten,
daß sich das deutsche Volk uns anschließe. Jhr aber, wackere
Kämpfer für die Freiheit, Männer der entschiedenen Linken,
könnt Jhr zweifelhaft seyn, was Jhr zu thun habt? — Euch
bleibt keine Wahl! Vergeudet nicht länger Eure Kraft im nutz-
losen Kampfe gegen eine volksfeindliche Mehrheit; Jhr helft das
deutsche Volk verrathen, wenn Jhr einer solchen Versammlung
ferner beiwohnt.“ Wenn aber nun die Mitglieder des Reichs-
tags dieser Aufforderung nicht folgen — wie dann? Dann
bleibt wohl nichts Anderes übrig, als den Willen Kapps und
der Altenburger für den souveränen Volkswillen zu erklären —
und Deutschland zu zwingen, sich demselben zu fügen. Und das
wird dann die deutsche Freiheit seyn!?

d Heidelberg 16. Juli. Die Studentendeputation, welche in
Carlsruhe die Zurücknahme der Verordnung, wodurch der demo-
[Spaltenumbruch] cratische Verein als aufgelöst erklärt wird, bewirken wollte, hat
daselbst nichts ausgerichtet. Ueber diesen fehlgeschlagenen Versuch
aufgebracht sind sodann an 300, begleitet von einer nicht unbedeu-
tenden Schaar „dienstbarer Geister“ nach der Rheinpfalz ausgezo-
gen. Wie man dort die Gäste aufgenommen und was sie daselbst
bewirkt, darüber weiß man natürlich noch nichts.

Darmstadt 17. Juli. ( Fr. O. P. A. Z. ) Der bisherige
Verweser des Jnnern, Ministerialrath Eigenbrodt, ist abge-
treten und Geh. Staatsrath Jaup zum Minister des Jnnern
ernannt worden, ein Wirkungskreis, in welchen ihn schon längst
die öffentliche Meinung berufen hatte.

× Aus der Wetterau 15. Juli. Als vor Kurzem in einigeu
Gemeinden der Wetterau die die Freiheit der Religion und Er-
ziehung betreffende Adresse des Piusvereins zum Unterzeichnen
circulirte, nahmen sich solche, die sonst für alle Freiheiten, wie
für die Freiheit der Schule, für die Unabhängigkeit der Gemein-
den von der Staatsgewalt, enthusiasmirt sind, die Mühe, die
Leute vom Unterzeichnen jener Adresse abzuhalten, indem sie vor-
gaben, der Staat werde, wenn die Kirche, wie die Adresse offen-
bar bezwecke, von ihm unabhängig geworden, nichts mehr an
die Kirche zahlen und es würden dann die bisher vom Staate an
die Kirche geleisteten Zahlungen den Gemeinden zur Last fallen.
Wenn dem so wäre, so müßte gefolgert werden 1 ) der Staat
habe der Kirche bisher gewisse Zahlungen um den Preis ihrer
Unabhängigkeit geleistet, und 2 ) der Staat trachte nach der Ab-
hängigkeit der Kirche von ihm, damit diese ihm als Polizeianstalt,
wie wirklich manche Büreaukraten bisher wähnten, diene, um die
Gläubigen im Gehorsame gegen alle Staatsgewaltstreiche zu er-
halten. Die erste Folgerung ist jedoch so falsch wie die zweite. Als
der Staat einst die Kirchengüter einzog, machte er sich verbindlich
durch heilige Verträge, die er nicht, ohne eine arge Treu-
losigkeit zu begehen, aufheben kann, die kirchlichen Bedürfnisse
für alle Zeiten bestreiten zu wollen; was also der Staat an die
Kirche zahlt, thut er aus Pflicht und Schuldigkeit, und zahlt
der Kirche nur geringe Zinsen von dem von der Kirche genom-
menen Kapitale. Will er der Kirche also nicht mehr die Zinsen
entrichten, so müßte er gerechter Weise das Kapital der Kirche
zurückstellen, was gewiß dieser ganz willkommen wäre, woran
übrigens als an etwas ganz Unausführbares kein vernünftiger
Mensch denken kann. Was die zweite von uns gemachte Folger-
ung anbelangt, so ist wohl bekannt, daß es Freiheitsleute gibt,
die in der That die Kirche als Polizeianstalt betrachten; man hört
sie ja häufig die Aeußerung aussprechen, die Kirche habe den
Fürsten stets in die Hände gearbeitet, die Völker zu bedrücken.
Wenn dem so wäre, warum wird dann der Kirche entgegenge-
wirkt, daß sie sich vom Staate unabhängig mache? Wenn alle
Korporationen vom Staate unabhängig seyn sollen, warum will
man der Kirche nicht gönnen, daß sie es auch werde? Mit Recht
will man, daß die politischen Gemeinden, so viel als möglich,
von der Staatsgewalt unabhängig seyen, aber nicht, daß die
kirchlichen Gemeinden es seyen. Man will, daß die Behörden
der politischen Gemeinden, so viel als nur möglich, vom Staate
unabhängig seyen, aber die kirchlichen Behörden sollen vom
Staate abhängig verbleiben. Das Vermögen der politischen
Gemeinden will man unabhängig von der Staatsgewalt verwal-
tet und verwendet wissen: allein das Vermögen der kirchlichen
Gemeinden soll fortan unter der Controlle des Staates stehen
und stets die Staatsbehörde erst um Erlaubniß gefragt werden,
ob die Kirche von ihrem rechtmäßig erworbenen Eigenthum den
ihr beliebigen Gebrauch machen dürfe. Welche Consequenzen!
Welche Widersprüche!

Altona 15. Juli. ( B. H. ) Aus zuverlässiger Quelle sind
wir in den Stand gesetzt, anzuzeigen, daß von deutscher Seite die
Räumung von Alsen von Seiten der Dänen und das Fortbestehen
der provisorischen Regierung in unveränderter Weise als Be-
dingungen des Waffenstillstandes mit Dänemark aufgestellt sind.

Apenrade 13. Juli. ( S. H. Z. ) Von hier aus ist in Folge
der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Addresse nach
Rendsburg abgesandt worden: „An die hohe provisorische Re-
gierung von Schleswig=Holstein. Das von den Zeitungen mit
immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von
Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere
hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Be-
wohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbit-
terung erfüllt. Jn der Voraussetzung, daß jenes Gerücht be-
gründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provi-
sorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige,
die ihr Mandat von der schleswig=holsteinischen Volksvertretung
erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch
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[0003] und wegen Ermäßigung des Zeitungs= und Gesuchsstempels. Die Beiträge zur freiwilligen Anleihe sind in der letzten Zeit noch recht ansehnlich gewesen. Dem Vernehmen nach hat Se. Maj. der König 50,000 Rthlr. gegeben, und zwar 20,000 in Silberge- fäßen, 30,000 in baarem Gelde. Stettin 11. Juli. ( Br. Z. ) Jn der vorigen Woche sind die schon vielfach bei der Zeughausaffaire besprochenen Zündnadel- gewehre für die hier in Garnison liegenden zwei Füselierbataillone angekommen. Es sind gezogene Flinten, die von hinten geladen werden, und Spitzkugeln schießen. Die Einrichtung zum Laden ist so bequem, daß ein Soldat sieben Mal in einer Minute laden und abfeuern muß, wobei nur die Schwierigkeit bleibt, den Lauf so schnell wieder abzukühlen. Offiziere, die bei dem Probieren zugegen waren, versicherten uns, die Gewehre schießen so sicher, daß selbst nur mittelmäßige Schützen eine Scheibe von Manns- breite auf 600 Schritt nur sehr selten gefehlt hätten. Bei den Versuchen nach der Kolonnenscheibe auf 1000 Schritt ergeben sich 35 pCt. Treffer. Artillerie möchten gegen eine so bewaffnete Jn- fanterie gar Nichts ausrichten, da die Kanoniere niedergeschossen seyn würden, ehe sie einmal abgeprotzt haben könnten. — Der Prinz von Preußen wird den unserer Stadt zugesagten Besuch wahrscheinlich aufgeben. Von der preußischen Weser 11. Juli wird der D. A. Ztg. geschrieben: „Aus der allersichersten Quelle kann ich Jhnen mit- theilen, daß es gegründet ist, daß ein Bündniß zwischen den Ka- tholiken und den Radicalen in der berliner Nationalver- sammlung unter der Bedingung der „Fundation“ im Werke ist. Hochgestellte und durch ihren biederen Charakter bekannte Katho- liken Berlins ( man nennt die Namen Ullrich, Blesson ) sind zu Hrn. v. Berg geeilt und haben ihn beschworen, nicht ein solches Bündniß zu schließen. Sie haben kein Gehör gefunden. Es scheint dagegen dem Hrn. v. Berg für seine Schritte die höhere Sanction nicht zu fehlen.“ Das Ganze ist eine alberne Lüge! Nach uns vorliegenden Briefen aus Berlin stehen die Katholiken in der Berliner Nationalversammlung mit Niemanden schlechter als mit den Radicalen, aus dem einfachen Grunde, weil diese Letzteren bei allen religiösen Fragen höchst servil sind und mit den starrsten Anhängern des büreaukratischen Systems stimmen. Jn Bamberg, wo man an der Republik nachgerade auch genug zu haben scheint, ist unter den Wahlmännern eine Adresse an den Abgeordneten Titus in Umlauf, worin derselbe an seine vor dem Wahlakt abgegebene Erklärung, nur im constitutionell- monarchischen Sinne stimmen zu wollen, erinnert, sein Verfah- ren in der Reichsversammlung als mit dieser Zusicherung in Wi- derspruch stehend mißbilligt und derselbe zur Rechtfertigung seiner Handlungsweise aufgefordert wird. d Heidelberg 16. Juli. Die heroische That Kapps, der es mit seinem republikanischen Gewissen nicht mehr vereinbar hielt, im reactionär gewordenen Reichstag zu sitzen und deßhalb seinen Austritt nahm, findet doch Anerkennung, und wenn auch das gesammte deutsche Volk den edlen Volksmann nicht nach Ver- dienst würdigt, so thun es doch die Republikaner in Alten- burg! Jn einem Aufruf „an das deutsche Volk“ fordern sie alle freiheitsliebenden Mitglieder des Reichstags auf, „dem Bei- spiele des ehrenwerthen Kapp zu folgen, und einer Versamm- lung den Rücken zu wenden, die ihre eigene Mutter, die Sou- veränetät des Volkes, schon mehrfach verleugnet und sich zur Magd der Fürstenherrschaft herabgewürdigt hat. Eine solche Versammlung, heißt es in dem Aufrufe weiter, ver- dient nicht mehr den Namen eines deutschen Parlaments; eine solche Versammlung wird Deutschlands Einheit und Freiheit nicht begründen; eine solche Versammlung kann nur der alten Des- potie neue Kraft verleihen. Eine solche Versammlung erkennen wir nicht mehr als Organ des deutschen Volkswillens an; wir protestiren gegen die Gültigkeit ihrer Beschlüsse und erwarten, daß sich das deutsche Volk uns anschließe. Jhr aber, wackere Kämpfer für die Freiheit, Männer der entschiedenen Linken, könnt Jhr zweifelhaft seyn, was Jhr zu thun habt? — Euch bleibt keine Wahl! Vergeudet nicht länger Eure Kraft im nutz- losen Kampfe gegen eine volksfeindliche Mehrheit; Jhr helft das deutsche Volk verrathen, wenn Jhr einer solchen Versammlung ferner beiwohnt.“ Wenn aber nun die Mitglieder des Reichs- tags dieser Aufforderung nicht folgen — wie dann? Dann bleibt wohl nichts Anderes übrig, als den Willen Kapps und der Altenburger für den souveränen Volkswillen zu erklären — und Deutschland zu zwingen, sich demselben zu fügen. Und das wird dann die deutsche Freiheit seyn!? d Heidelberg 16. Juli. Die Studentendeputation, welche in Carlsruhe die Zurücknahme der Verordnung, wodurch der demo- cratische Verein als aufgelöst erklärt wird, bewirken wollte, hat daselbst nichts ausgerichtet. Ueber diesen fehlgeschlagenen Versuch aufgebracht sind sodann an 300, begleitet von einer nicht unbedeu- tenden Schaar „dienstbarer Geister“ nach der Rheinpfalz ausgezo- gen. Wie man dort die Gäste aufgenommen und was sie daselbst bewirkt, darüber weiß man natürlich noch nichts. Darmstadt 17. Juli. ( Fr. O. P. A. Z. ) Der bisherige Verweser des Jnnern, Ministerialrath Eigenbrodt, ist abge- treten und Geh. Staatsrath Jaup zum Minister des Jnnern ernannt worden, ein Wirkungskreis, in welchen ihn schon längst die öffentliche Meinung berufen hatte. × Aus der Wetterau 15. Juli. Als vor Kurzem in einigeu Gemeinden der Wetterau die die Freiheit der Religion und Er- ziehung betreffende Adresse des Piusvereins zum Unterzeichnen circulirte, nahmen sich solche, die sonst für alle Freiheiten, wie für die Freiheit der Schule, für die Unabhängigkeit der Gemein- den von der Staatsgewalt, enthusiasmirt sind, die Mühe, die Leute vom Unterzeichnen jener Adresse abzuhalten, indem sie vor- gaben, der Staat werde, wenn die Kirche, wie die Adresse offen- bar bezwecke, von ihm unabhängig geworden, nichts mehr an die Kirche zahlen und es würden dann die bisher vom Staate an die Kirche geleisteten Zahlungen den Gemeinden zur Last fallen. Wenn dem so wäre, so müßte gefolgert werden 1 ) der Staat habe der Kirche bisher gewisse Zahlungen um den Preis ihrer Unabhängigkeit geleistet, und 2 ) der Staat trachte nach der Ab- hängigkeit der Kirche von ihm, damit diese ihm als Polizeianstalt, wie wirklich manche Büreaukraten bisher wähnten, diene, um die Gläubigen im Gehorsame gegen alle Staatsgewaltstreiche zu er- halten. Die erste Folgerung ist jedoch so falsch wie die zweite. Als der Staat einst die Kirchengüter einzog, machte er sich verbindlich durch heilige Verträge, die er nicht, ohne eine arge Treu- losigkeit zu begehen, aufheben kann, die kirchlichen Bedürfnisse für alle Zeiten bestreiten zu wollen; was also der Staat an die Kirche zahlt, thut er aus Pflicht und Schuldigkeit, und zahlt der Kirche nur geringe Zinsen von dem von der Kirche genom- menen Kapitale. Will er der Kirche also nicht mehr die Zinsen entrichten, so müßte er gerechter Weise das Kapital der Kirche zurückstellen, was gewiß dieser ganz willkommen wäre, woran übrigens als an etwas ganz Unausführbares kein vernünftiger Mensch denken kann. Was die zweite von uns gemachte Folger- ung anbelangt, so ist wohl bekannt, daß es Freiheitsleute gibt, die in der That die Kirche als Polizeianstalt betrachten; man hört sie ja häufig die Aeußerung aussprechen, die Kirche habe den Fürsten stets in die Hände gearbeitet, die Völker zu bedrücken. Wenn dem so wäre, warum wird dann der Kirche entgegenge- wirkt, daß sie sich vom Staate unabhängig mache? Wenn alle Korporationen vom Staate unabhängig seyn sollen, warum will man der Kirche nicht gönnen, daß sie es auch werde? Mit Recht will man, daß die politischen Gemeinden, so viel als möglich, von der Staatsgewalt unabhängig seyen, aber nicht, daß die kirchlichen Gemeinden es seyen. Man will, daß die Behörden der politischen Gemeinden, so viel als nur möglich, vom Staate unabhängig seyen, aber die kirchlichen Behörden sollen vom Staate abhängig verbleiben. Das Vermögen der politischen Gemeinden will man unabhängig von der Staatsgewalt verwal- tet und verwendet wissen: allein das Vermögen der kirchlichen Gemeinden soll fortan unter der Controlle des Staates stehen und stets die Staatsbehörde erst um Erlaubniß gefragt werden, ob die Kirche von ihrem rechtmäßig erworbenen Eigenthum den ihr beliebigen Gebrauch machen dürfe. Welche Consequenzen! Welche Widersprüche! Altona 15. Juli. ( B. H. ) Aus zuverlässiger Quelle sind wir in den Stand gesetzt, anzuzeigen, daß von deutscher Seite die Räumung von Alsen von Seiten der Dänen und das Fortbestehen der provisorischen Regierung in unveränderter Weise als Be- dingungen des Waffenstillstandes mit Dänemark aufgestellt sind. Apenrade 13. Juli. ( S. H. Z. ) Von hier aus ist in Folge der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Addresse nach Rendsburg abgesandt worden: „An die hohe provisorische Re- gierung von Schleswig=Holstein. Das von den Zeitungen mit immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Be- wohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbit- terung erfüllt. Jn der Voraussetzung, daß jenes Gerücht be- gründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provi- sorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige, die ihr Mandat von der schleswig=holsteinischen Volksvertretung erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 34. Mainz, 19. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal034_1848/3>, abgerufen am 31.05.2024.