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Mainzer Journal. Nr. 39. Mainz, 24. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Partei in allen Gauen Deutschlands die Gerüchte verbreitet und
unterhalten werden, daß an diesem oder jenem Tage ein allge-
meiner Schlag zur Ausführung kommen werde, wie dies an den
verwichenen Pfingsten der Fall war? Oder sind etwa die statt-
findenden Werbungen für Hecker, die Bilder desselben, welche
allenthalben zum Verkaufe ausgeboten, die Gassenlieder, worin
seine Siegesthaten besungen werden, die geeigneten Mittel zur
Beruhigung der Gemüther und zum Wiederaufblühen des darnie-
derliegenden Handels? Oder tragen zu diesem Zwecke jene Män-
ner nach Kräften bei, die in Volksversammlungen oder durch
Flugschriften und Emissäre zur Auflehnung gegen die Gesetze, zu
gewaltsamen Demonstrationen, wie etwa zur Sprengung der
ersten Kammer, zur Verweigerung der Wehrpflicht, der Abgaben
u. s. w. geradezu und offen auffordern? Wird es den Handel,
die Gewerbe den Wohlstand fördern und beleben, wenn die
Staatsmaschine stille gestellt, das Gebäude aus allen Fugen ge-
rissen, die Grenzen des Vaterlandes ohne geübte Vertheidiger
seinen mächtigen Feinden preisgegeben werden? Jn der That,
wie und was jetzt so viele treiben, bringt von dem, was wir ver-
langen, was uns Noth thuet, so sehr das gerade Gegentheil, daß
man kaum den Verdacht ausschlagen kann, es sey mit Absicht und
Vorbedacht darauf angelegt, das Volk zur größtmöglichen Armuth
und durch diese zur Verzweifelung zu bringen, -- denn alsdann
erst können aus ihm gefügige Werkzeuge zu allen Planen gewon-
nen werden.

Was unter diesen Umständen jedem aufrichtigen Freunde des
Vaterlandes zu thun obliegt, bedarf kaum einer näheren Dar-
legung. Jene Presse, welche darauf ausgeht, Zwietracht zu
stiften und Mißtrauen zu erwecken, welche Verachtung der Gesetze
prediget und statt der wahren Freiheit nur Anarchie herbeiführen
will, muß gezügelt werden -- nicht durch Censur, sie sey auf
immer zu Grabe getragen und die Nachwelt möge nicht mehr
wissen, wohin man den Leichnam gelegt hat, sondern durch den
Willen des Volkes; dieses zeige darin seine Souveränetät, daß
es mit souveräner Verachtung jene Blätter und Flugschriften be-
legt, die durch Scheingründe und Trugschlüsse alle Begriffe von
Recht, Freiheit und Gesetz verkehren. Jenen Männern, die
lügenhafter Weise als die Freunde des Volkes sich [unleserliches Material - 13 Zeichen fehlen]hervordrängen,
statt über seine wahren Jnteressen es aufzuklären, nur blinde Lei-
denschaften wecken, muß das Vertrauen, das sie sich erschlichen,
einfach dadurch entzogen werden, daß man sie in ihrer wahren
Gestalt zeigt, daß man ihre versteckten Absichten an den Tag legt,
daß man sie brandmarkt als Diejenigen, welche durch ihre Bestre-
bungen den Armen noch ärmer und den Wohlhabenden zum Bett-
ler machen wollen. Den Versammlungen, die seither nur von
einer gewissen Partei berufen, geleitet und zu ihren Sonderin-
teressen ausgebeutet wurden, aus denen die Anwesenden statt mit
neuen Hoffnungen, mit neu geweckten Leidenschaften und Umsturz-
planen hinweggingen, müssen wahre Bürgervereine entge-
gengestellt werden, an deren Spitze aber Männer treten, welche
allgemeines Vertrauen genießen und dessen auch würdig sind.
Jeder Bürger muß es als seine Pflicht erkennen, jeden Unfug, in
so weit es an ihm liegt, im Keime zu ersticken, die Ordnung auf-
recht zu erhalten und die besonders dazu berufene Behörde kräf-
tigst zu unterstützen. Die Reichen dürfen nicht ihre Gelder in
Kasten verschließen und sie dem öffentlichen Verkehr ganz und gar
entziehen; sie tragen wesentlich zur allgemeinen Verarmung und
dadurch zu ihrem eigenen Verderben bei, wenn sie hartherzig oder
aus Furcht eines möglichen Verlustes, oder aus Besorgniß, daß
es über kurz oder lang ihnen selbst mangeln könne, dem Bürger,
dessen Redlichkeit und Vermögen hinreichende Garantie bietet,
ein Darleihen verweigern, ohne welches sein Geschäft nicht be-
stehen kann, sein Wohlstand für immer vernichtet wird. Dabei
darf Niemand den gegenwärtigen Druck, dessen Abkürzung und
Erleichterung in unsere Hände gelegt ist, durch nutzlose Klagen,
durch ängstliche Besorgnisse bis zum Unerträglichen steigern, viel-
mehr gegenseitig müssen wir uns Vertrauen einflößen und Vertrauen
zeigen, und dadurch Ruhe und Ordnung befestigen, unter deren
Schutz in kürzester Zeit die alten Leiden vergessen, Wohlstand und
Zufriedenheit zurückgeführt werden können.



Deutschland.

# Frankfurt 22. Juli. Die Verhandlungen der heutigen
Sitzung ( s. die Beilage von heute morgen ) bewerkstelligten aber-
mals eine Verschiebung der Posener Frage. Die Anträge über
unser Verhältniß zum Ausland consumirten die ganze Sitzungs-
zeit, obwohl die Vorschläge der betreffenden Commission und
die Erklärung des Reichsministers von Schmerling eine
schleunige Erledigung möglich gemacht hätten. Ruge ent-
wickelte den Plan eines europäischeu Völkercongresses zum
[Spaltenumbruch] Behufe einer allgemeinen Entwaffnung der stehenden Heere.
Vogt empfahl ein Schutz= und Trutzbündniß mit Frankreich und
blamirte die übrigen Mächte. Blum lieferte sein Meisterstück
und hielt eine halbstündige Rede, welcher nichts fehlte als der
Jnhalt. Bassermann argumentirte gegen Ruge und Vogt,
Wurm, Jahn, Beckerath, Wydenbruck
und Möring
( welcher auffallend die Herren v. Radowitz und Raveaux sich
als Muster gewählt zu haben schien ) , hielten auch noch
Reden, die wenigstens den vorausgegangenen nicht nach-
standen. So überflüssig aber auch nach der Stimmung der
Versammlung die meisten dieser Vorträge seyn mochten, so
ist doch nicht zu läugnen, daß dieselben eine erkleckliche An-
zahl von Bemerkungen enthielten, welche des Anhörens wohl
würdig und auch geeignet sind, etwas mehr Frische in unsere
parlamentarische Debatte zu bringen. Das Ergebniß bei der
Abstimmung war, daß die vorgeschlagenenen Grundsätze über
die internationalen Verhältnisse Billigung fanden, daß die Für-
sorge für die Verstärkung unserer Streitmacht im Osten der
Reichsgewalt übertragen, die Republik Frankreich anerkannt,
dagegen über ein Schutz= und Trutzbündniß mit derselben zu
motivirter Tagesordnung übergegangen wurde.

sqrt Frankfurt 22. Juli. Der zweite Ausschuß des hier ver-
sammelten Handwerker= und Gewerbecongresses hat
bereits gestern eine bedeutende Arbeit, die Grundzüge zur
Hebung des deutschen Handwerkerstandes vorge-
legt,
die auch für die Mehrzahl Jhrer Leser von hohem Jnteresse
seyn werden. Sie lauten wie folgt: I. Eine allgemein-
Handwerker=Ordnung für ganz Deutschland,
ge-
stützt auf folgende Grundsätze: a ) Der Betrieb eines Handwerks
ist bedingt durch Gewinnung des Meisterrechts. b ) Alle Meister
müssen zu Jnnungen zusammentreten. c ) Die Zulassung des
Beitritts hängt ab vom Nachweis der vollen Befähigung und
einem bestimmten Alter. d ) Mehrere Gewerbe darf Niemand
gleichzeitig betreiben. II. Schutz des Handwerksstandes:
A ) Nach Jnnen: a ) Beschränkung der Gewerbe auf die Städte,
in der Regel; b ) Haupthandel mit Handwerksartikeln ist unbe-
dingt zu verbieten; c ) Staatswerkstädten sind unzulässig; d ) die
Fabriken müssen zu Gunsten des Handwerkerstandes angemessen
besteuert werden; e ) nur dem Handwerkerstande ist der Kleinhan-
del mit den Fabrikaten seines Gewerbes gestattet. B ) Nach
Außen: a ) Schutzzölle; b ) Begünstigung der Einfuhr des in
Deutschland gar nicht, oder nicht hinlänglich erzeugten Rohma-
terials; d ) Handelsverträge mit dem Auslande. C. Verhältnisse
zum Staat: a ) Vertretung der Jnnungen durch Special= und
eine allgemeine deutsche Handwerkskammer; b ) ausschließliches
Recht der innern Selbstverwaltung der Jnnungen. D ) Hülfmit-
tel: a ) durch Schulen und Fortbildungsanstalten; b ) durch
Hülfskassen und Vorschußbanken; c ) durch zweckmäßige Credit-
gesetze. -- Nach einer mehrstündigen Debatte wurde statt a ) I. das
folgende Amendement angenommen: "Der Betrieb eines Hand-
werks oder technischen Gewerbes ist bedingt durch Gewinnung des
Meister- und Ortsbürgerrechts. " Der Antrag b ) I. wurde
in folgender abgeänderter Fassung angenommen. "Alle Hand-
werker treten zu Jnnungen zusammen." Ganz wie bei den Ver-
handlungen des Reichstages über die Grundrechte des deutschen
Volks soll auch über diese der künftigen Handwerkerordnung
wahrscheinlich zu Grunde zu legenden Principien zweimal abge-
stimmt werden.

Wien 18. Juli. ( Wien. Z. ) Auf Antrag des mit der Bildung
eines Ministeriums beauftragten provisorischen Minister des Jn-
nern hat Se. königl. Hoh. der Erzherzog Johann, als Stellver-
treter Sr. Majestät, die Zusammensetzung des Ministeriums in
folgender Weise genehmigt: Conseilpräsident, Minister des Hau-
ses und des Aeußern Frhr. v. Wessenberg; Minister des
Jnnern Frhr. v. Doblhoff; Minister der Justiz Dr. Alerander
Bach; Minister des Krieges Graf Latour; Minister der Fi-
nanzen Frhr. v. Kraus ( provisorisch ) ; Unterstaassecretär im Mi-
nisterium der Finanzen Frhr. v. Stifft; Minister des Handels
Theodor Hornbostl; Minister des Unterrichts Frhr. v. Dobl-
hoff
( provisorisch ) ; Unterstaatssecretär im Ministerium des
Unterrichts Dr. Frhr. v. Feuchtersleben; Minister der öffent-
lichen Arbeiten Ernst v. Schwarzer.

Jn dem Programm des neuen Ministeriums heißt es: Es
will die dauerhafte Begründung der constitutionell=volksthüm-
lichen Monarchie, auf der Grundlage des gesetzlich ausgespro-
chenen Gesammtwillens, indem es überzeugt ist, daß nur eine
Regierung kräftig ist, wenn sie im Volke wurzelt; nur dadurch
wird es möglich, den Staat in fortschreitender Entwicklung zu
erhalten... Um aber die Freiheit stark zu machen, muß auch die
Regierung stark seyn. Das Ministerium wird mit allen gerechten
Wünschen und Ansprüchen des Volkes Hand in Hand gehen; er-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Partei in allen Gauen Deutschlands die Gerüchte verbreitet und
unterhalten werden, daß an diesem oder jenem Tage ein allge-
meiner Schlag zur Ausführung kommen werde, wie dies an den
verwichenen Pfingsten der Fall war? Oder sind etwa die statt-
findenden Werbungen für Hecker, die Bilder desselben, welche
allenthalben zum Verkaufe ausgeboten, die Gassenlieder, worin
seine Siegesthaten besungen werden, die geeigneten Mittel zur
Beruhigung der Gemüther und zum Wiederaufblühen des darnie-
derliegenden Handels? Oder tragen zu diesem Zwecke jene Män-
ner nach Kräften bei, die in Volksversammlungen oder durch
Flugschriften und Emissäre zur Auflehnung gegen die Gesetze, zu
gewaltsamen Demonstrationen, wie etwa zur Sprengung der
ersten Kammer, zur Verweigerung der Wehrpflicht, der Abgaben
u. s. w. geradezu und offen auffordern? Wird es den Handel,
die Gewerbe den Wohlstand fördern und beleben, wenn die
Staatsmaschine stille gestellt, das Gebäude aus allen Fugen ge-
rissen, die Grenzen des Vaterlandes ohne geübte Vertheidiger
seinen mächtigen Feinden preisgegeben werden? Jn der That,
wie und was jetzt so viele treiben, bringt von dem, was wir ver-
langen, was uns Noth thuet, so sehr das gerade Gegentheil, daß
man kaum den Verdacht ausschlagen kann, es sey mit Absicht und
Vorbedacht darauf angelegt, das Volk zur größtmöglichen Armuth
und durch diese zur Verzweifelung zu bringen, — denn alsdann
erst können aus ihm gefügige Werkzeuge zu allen Planen gewon-
nen werden.

Was unter diesen Umständen jedem aufrichtigen Freunde des
Vaterlandes zu thun obliegt, bedarf kaum einer näheren Dar-
legung. Jene Presse, welche darauf ausgeht, Zwietracht zu
stiften und Mißtrauen zu erwecken, welche Verachtung der Gesetze
prediget und statt der wahren Freiheit nur Anarchie herbeiführen
will, muß gezügelt werden — nicht durch Censur, sie sey auf
immer zu Grabe getragen und die Nachwelt möge nicht mehr
wissen, wohin man den Leichnam gelegt hat, sondern durch den
Willen des Volkes; dieses zeige darin seine Souveränetät, daß
es mit souveräner Verachtung jene Blätter und Flugschriften be-
legt, die durch Scheingründe und Trugschlüsse alle Begriffe von
Recht, Freiheit und Gesetz verkehren. Jenen Männern, die
lügenhafter Weise als die Freunde des Volkes sich [unleserliches Material – 13 Zeichen fehlen]hervordrängen,
statt über seine wahren Jnteressen es aufzuklären, nur blinde Lei-
denschaften wecken, muß das Vertrauen, das sie sich erschlichen,
einfach dadurch entzogen werden, daß man sie in ihrer wahren
Gestalt zeigt, daß man ihre versteckten Absichten an den Tag legt,
daß man sie brandmarkt als Diejenigen, welche durch ihre Bestre-
bungen den Armen noch ärmer und den Wohlhabenden zum Bett-
ler machen wollen. Den Versammlungen, die seither nur von
einer gewissen Partei berufen, geleitet und zu ihren Sonderin-
teressen ausgebeutet wurden, aus denen die Anwesenden statt mit
neuen Hoffnungen, mit neu geweckten Leidenschaften und Umsturz-
planen hinweggingen, müssen wahre Bürgervereine entge-
gengestellt werden, an deren Spitze aber Männer treten, welche
allgemeines Vertrauen genießen und dessen auch würdig sind.
Jeder Bürger muß es als seine Pflicht erkennen, jeden Unfug, in
so weit es an ihm liegt, im Keime zu ersticken, die Ordnung auf-
recht zu erhalten und die besonders dazu berufene Behörde kräf-
tigst zu unterstützen. Die Reichen dürfen nicht ihre Gelder in
Kasten verschließen und sie dem öffentlichen Verkehr ganz und gar
entziehen; sie tragen wesentlich zur allgemeinen Verarmung und
dadurch zu ihrem eigenen Verderben bei, wenn sie hartherzig oder
aus Furcht eines möglichen Verlustes, oder aus Besorgniß, daß
es über kurz oder lang ihnen selbst mangeln könne, dem Bürger,
dessen Redlichkeit und Vermögen hinreichende Garantie bietet,
ein Darleihen verweigern, ohne welches sein Geschäft nicht be-
stehen kann, sein Wohlstand für immer vernichtet wird. Dabei
darf Niemand den gegenwärtigen Druck, dessen Abkürzung und
Erleichterung in unsere Hände gelegt ist, durch nutzlose Klagen,
durch ängstliche Besorgnisse bis zum Unerträglichen steigern, viel-
mehr gegenseitig müssen wir uns Vertrauen einflößen und Vertrauen
zeigen, und dadurch Ruhe und Ordnung befestigen, unter deren
Schutz in kürzester Zeit die alten Leiden vergessen, Wohlstand und
Zufriedenheit zurückgeführt werden können.



Deutschland.

# Frankfurt 22. Juli. Die Verhandlungen der heutigen
Sitzung ( s. die Beilage von heute morgen ) bewerkstelligten aber-
mals eine Verschiebung der Posener Frage. Die Anträge über
unser Verhältniß zum Ausland consumirten die ganze Sitzungs-
zeit, obwohl die Vorschläge der betreffenden Commission und
die Erklärung des Reichsministers von Schmerling eine
schleunige Erledigung möglich gemacht hätten. Ruge ent-
wickelte den Plan eines europäischeu Völkercongresses zum
[Spaltenumbruch] Behufe einer allgemeinen Entwaffnung der stehenden Heere.
Vogt empfahl ein Schutz= und Trutzbündniß mit Frankreich und
blamirte die übrigen Mächte. Blum lieferte sein Meisterstück
und hielt eine halbstündige Rede, welcher nichts fehlte als der
Jnhalt. Bassermann argumentirte gegen Ruge und Vogt,
Wurm, Jahn, Beckerath, Wydenbruck
und Möring
( welcher auffallend die Herren v. Radowitz und Raveaux sich
als Muster gewählt zu haben schien ) , hielten auch noch
Reden, die wenigstens den vorausgegangenen nicht nach-
standen. So überflüssig aber auch nach der Stimmung der
Versammlung die meisten dieser Vorträge seyn mochten, so
ist doch nicht zu läugnen, daß dieselben eine erkleckliche An-
zahl von Bemerkungen enthielten, welche des Anhörens wohl
würdig und auch geeignet sind, etwas mehr Frische in unsere
parlamentarische Debatte zu bringen. Das Ergebniß bei der
Abstimmung war, daß die vorgeschlagenenen Grundsätze über
die internationalen Verhältnisse Billigung fanden, daß die Für-
sorge für die Verstärkung unserer Streitmacht im Osten der
Reichsgewalt übertragen, die Republik Frankreich anerkannt,
dagegen über ein Schutz= und Trutzbündniß mit derselben zu
motivirter Tagesordnung übergegangen wurde.

√ Frankfurt 22. Juli. Der zweite Ausschuß des hier ver-
sammelten Handwerker= und Gewerbecongresses hat
bereits gestern eine bedeutende Arbeit, die Grundzüge zur
Hebung des deutschen Handwerkerstandes vorge-
legt,
die auch für die Mehrzahl Jhrer Leser von hohem Jnteresse
seyn werden. Sie lauten wie folgt: I. Eine allgemein-
Handwerker=Ordnung für ganz Deutschland,
ge-
stützt auf folgende Grundsätze: a ) Der Betrieb eines Handwerks
ist bedingt durch Gewinnung des Meisterrechts. b ) Alle Meister
müssen zu Jnnungen zusammentreten. c ) Die Zulassung des
Beitritts hängt ab vom Nachweis der vollen Befähigung und
einem bestimmten Alter. d ) Mehrere Gewerbe darf Niemand
gleichzeitig betreiben. II. Schutz des Handwerksstandes:
A ) Nach Jnnen: a ) Beschränkung der Gewerbe auf die Städte,
in der Regel; b ) Haupthandel mit Handwerksartikeln ist unbe-
dingt zu verbieten; c ) Staatswerkstädten sind unzulässig; d ) die
Fabriken müssen zu Gunsten des Handwerkerstandes angemessen
besteuert werden; e ) nur dem Handwerkerstande ist der Kleinhan-
del mit den Fabrikaten seines Gewerbes gestattet. B ) Nach
Außen: a ) Schutzzölle; b ) Begünstigung der Einfuhr des in
Deutschland gar nicht, oder nicht hinlänglich erzeugten Rohma-
terials; d ) Handelsverträge mit dem Auslande. C. Verhältnisse
zum Staat: a ) Vertretung der Jnnungen durch Special= und
eine allgemeine deutsche Handwerkskammer; b ) ausschließliches
Recht der innern Selbstverwaltung der Jnnungen. D ) Hülfmit-
tel: a ) durch Schulen und Fortbildungsanstalten; b ) durch
Hülfskassen und Vorschußbanken; c ) durch zweckmäßige Credit-
gesetze. — Nach einer mehrstündigen Debatte wurde statt a ) I. das
folgende Amendement angenommen: „Der Betrieb eines Hand-
werks oder technischen Gewerbes ist bedingt durch Gewinnung des
Meister- und Ortsbürgerrechts. “ Der Antrag b ) I. wurde
in folgender abgeänderter Fassung angenommen. „Alle Hand-
werker treten zu Jnnungen zusammen.“ Ganz wie bei den Ver-
handlungen des Reichstages über die Grundrechte des deutschen
Volks soll auch über diese der künftigen Handwerkerordnung
wahrscheinlich zu Grunde zu legenden Principien zweimal abge-
stimmt werden.

Wien 18. Juli. ( Wien. Z. ) Auf Antrag des mit der Bildung
eines Ministeriums beauftragten provisorischen Minister des Jn-
nern hat Se. königl. Hoh. der Erzherzog Johann, als Stellver-
treter Sr. Majestät, die Zusammensetzung des Ministeriums in
folgender Weise genehmigt: Conseilpräsident, Minister des Hau-
ses und des Aeußern Frhr. v. Wessenberg; Minister des
Jnnern Frhr. v. Doblhoff; Minister der Justiz Dr. Alerander
Bach; Minister des Krieges Graf Latour; Minister der Fi-
nanzen Frhr. v. Kraus ( provisorisch ) ; Unterstaassecretär im Mi-
nisterium der Finanzen Frhr. v. Stifft; Minister des Handels
Theodor Hornbostl; Minister des Unterrichts Frhr. v. Dobl-
hoff
( provisorisch ) ; Unterstaatssecretär im Ministerium des
Unterrichts Dr. Frhr. v. Feuchtersleben; Minister der öffent-
lichen Arbeiten Ernst v. Schwarzer.

Jn dem Programm des neuen Ministeriums heißt es: Es
will die dauerhafte Begründung der constitutionell=volksthüm-
lichen Monarchie, auf der Grundlage des gesetzlich ausgespro-
chenen Gesammtwillens, indem es überzeugt ist, daß nur eine
Regierung kräftig ist, wenn sie im Volke wurzelt; nur dadurch
wird es möglich, den Staat in fortschreitender Entwicklung zu
erhalten... Um aber die Freiheit stark zu machen, muß auch die
Regierung stark seyn. Das Ministerium wird mit allen gerechten
Wünschen und Ansprüchen des Volkes Hand in Hand gehen; er-
[Ende Spaltensatz]

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[0002] Partei in allen Gauen Deutschlands die Gerüchte verbreitet und unterhalten werden, daß an diesem oder jenem Tage ein allge- meiner Schlag zur Ausführung kommen werde, wie dies an den verwichenen Pfingsten der Fall war? Oder sind etwa die statt- findenden Werbungen für Hecker, die Bilder desselben, welche allenthalben zum Verkaufe ausgeboten, die Gassenlieder, worin seine Siegesthaten besungen werden, die geeigneten Mittel zur Beruhigung der Gemüther und zum Wiederaufblühen des darnie- derliegenden Handels? Oder tragen zu diesem Zwecke jene Män- ner nach Kräften bei, die in Volksversammlungen oder durch Flugschriften und Emissäre zur Auflehnung gegen die Gesetze, zu gewaltsamen Demonstrationen, wie etwa zur Sprengung der ersten Kammer, zur Verweigerung der Wehrpflicht, der Abgaben u. s. w. geradezu und offen auffordern? Wird es den Handel, die Gewerbe den Wohlstand fördern und beleben, wenn die Staatsmaschine stille gestellt, das Gebäude aus allen Fugen ge- rissen, die Grenzen des Vaterlandes ohne geübte Vertheidiger seinen mächtigen Feinden preisgegeben werden? Jn der That, wie und was jetzt so viele treiben, bringt von dem, was wir ver- langen, was uns Noth thuet, so sehr das gerade Gegentheil, daß man kaum den Verdacht ausschlagen kann, es sey mit Absicht und Vorbedacht darauf angelegt, das Volk zur größtmöglichen Armuth und durch diese zur Verzweifelung zu bringen, — denn alsdann erst können aus ihm gefügige Werkzeuge zu allen Planen gewon- nen werden. Was unter diesen Umständen jedem aufrichtigen Freunde des Vaterlandes zu thun obliegt, bedarf kaum einer näheren Dar- legung. Jene Presse, welche darauf ausgeht, Zwietracht zu stiften und Mißtrauen zu erwecken, welche Verachtung der Gesetze prediget und statt der wahren Freiheit nur Anarchie herbeiführen will, muß gezügelt werden — nicht durch Censur, sie sey auf immer zu Grabe getragen und die Nachwelt möge nicht mehr wissen, wohin man den Leichnam gelegt hat, sondern durch den Willen des Volkes; dieses zeige darin seine Souveränetät, daß es mit souveräner Verachtung jene Blätter und Flugschriften be- legt, die durch Scheingründe und Trugschlüsse alle Begriffe von Recht, Freiheit und Gesetz verkehren. Jenen Männern, die lügenhafter Weise als die Freunde des Volkes sich _____________hervordrängen, statt über seine wahren Jnteressen es aufzuklären, nur blinde Lei- denschaften wecken, muß das Vertrauen, das sie sich erschlichen, einfach dadurch entzogen werden, daß man sie in ihrer wahren Gestalt zeigt, daß man ihre versteckten Absichten an den Tag legt, daß man sie brandmarkt als Diejenigen, welche durch ihre Bestre- bungen den Armen noch ärmer und den Wohlhabenden zum Bett- ler machen wollen. Den Versammlungen, die seither nur von einer gewissen Partei berufen, geleitet und zu ihren Sonderin- teressen ausgebeutet wurden, aus denen die Anwesenden statt mit neuen Hoffnungen, mit neu geweckten Leidenschaften und Umsturz- planen hinweggingen, müssen wahre Bürgervereine entge- gengestellt werden, an deren Spitze aber Männer treten, welche allgemeines Vertrauen genießen und dessen auch würdig sind. Jeder Bürger muß es als seine Pflicht erkennen, jeden Unfug, in so weit es an ihm liegt, im Keime zu ersticken, die Ordnung auf- recht zu erhalten und die besonders dazu berufene Behörde kräf- tigst zu unterstützen. Die Reichen dürfen nicht ihre Gelder in Kasten verschließen und sie dem öffentlichen Verkehr ganz und gar entziehen; sie tragen wesentlich zur allgemeinen Verarmung und dadurch zu ihrem eigenen Verderben bei, wenn sie hartherzig oder aus Furcht eines möglichen Verlustes, oder aus Besorgniß, daß es über kurz oder lang ihnen selbst mangeln könne, dem Bürger, dessen Redlichkeit und Vermögen hinreichende Garantie bietet, ein Darleihen verweigern, ohne welches sein Geschäft nicht be- stehen kann, sein Wohlstand für immer vernichtet wird. Dabei darf Niemand den gegenwärtigen Druck, dessen Abkürzung und Erleichterung in unsere Hände gelegt ist, durch nutzlose Klagen, durch ängstliche Besorgnisse bis zum Unerträglichen steigern, viel- mehr gegenseitig müssen wir uns Vertrauen einflößen und Vertrauen zeigen, und dadurch Ruhe und Ordnung befestigen, unter deren Schutz in kürzester Zeit die alten Leiden vergessen, Wohlstand und Zufriedenheit zurückgeführt werden können. Deutschland. # Frankfurt 22. Juli. Die Verhandlungen der heutigen Sitzung ( s. die Beilage von heute morgen ) bewerkstelligten aber- mals eine Verschiebung der Posener Frage. Die Anträge über unser Verhältniß zum Ausland consumirten die ganze Sitzungs- zeit, obwohl die Vorschläge der betreffenden Commission und die Erklärung des Reichsministers von Schmerling eine schleunige Erledigung möglich gemacht hätten. Ruge ent- wickelte den Plan eines europäischeu Völkercongresses zum Behufe einer allgemeinen Entwaffnung der stehenden Heere. Vogt empfahl ein Schutz= und Trutzbündniß mit Frankreich und blamirte die übrigen Mächte. Blum lieferte sein Meisterstück und hielt eine halbstündige Rede, welcher nichts fehlte als der Jnhalt. Bassermann argumentirte gegen Ruge und Vogt, Wurm, Jahn, Beckerath, Wydenbruck und Möring ( welcher auffallend die Herren v. Radowitz und Raveaux sich als Muster gewählt zu haben schien ) , hielten auch noch Reden, die wenigstens den vorausgegangenen nicht nach- standen. So überflüssig aber auch nach der Stimmung der Versammlung die meisten dieser Vorträge seyn mochten, so ist doch nicht zu läugnen, daß dieselben eine erkleckliche An- zahl von Bemerkungen enthielten, welche des Anhörens wohl würdig und auch geeignet sind, etwas mehr Frische in unsere parlamentarische Debatte zu bringen. Das Ergebniß bei der Abstimmung war, daß die vorgeschlagenenen Grundsätze über die internationalen Verhältnisse Billigung fanden, daß die Für- sorge für die Verstärkung unserer Streitmacht im Osten der Reichsgewalt übertragen, die Republik Frankreich anerkannt, dagegen über ein Schutz= und Trutzbündniß mit derselben zu motivirter Tagesordnung übergegangen wurde. √ Frankfurt 22. Juli. Der zweite Ausschuß des hier ver- sammelten Handwerker= und Gewerbecongresses hat bereits gestern eine bedeutende Arbeit, die Grundzüge zur Hebung des deutschen Handwerkerstandes vorge- legt, die auch für die Mehrzahl Jhrer Leser von hohem Jnteresse seyn werden. Sie lauten wie folgt: I. Eine allgemein- Handwerker=Ordnung für ganz Deutschland, ge- stützt auf folgende Grundsätze: a ) Der Betrieb eines Handwerks ist bedingt durch Gewinnung des Meisterrechts. b ) Alle Meister müssen zu Jnnungen zusammentreten. c ) Die Zulassung des Beitritts hängt ab vom Nachweis der vollen Befähigung und einem bestimmten Alter. d ) Mehrere Gewerbe darf Niemand gleichzeitig betreiben. II. Schutz des Handwerksstandes: A ) Nach Jnnen: a ) Beschränkung der Gewerbe auf die Städte, in der Regel; b ) Haupthandel mit Handwerksartikeln ist unbe- dingt zu verbieten; c ) Staatswerkstädten sind unzulässig; d ) die Fabriken müssen zu Gunsten des Handwerkerstandes angemessen besteuert werden; e ) nur dem Handwerkerstande ist der Kleinhan- del mit den Fabrikaten seines Gewerbes gestattet. B ) Nach Außen: a ) Schutzzölle; b ) Begünstigung der Einfuhr des in Deutschland gar nicht, oder nicht hinlänglich erzeugten Rohma- terials; d ) Handelsverträge mit dem Auslande. C. Verhältnisse zum Staat: a ) Vertretung der Jnnungen durch Special= und eine allgemeine deutsche Handwerkskammer; b ) ausschließliches Recht der innern Selbstverwaltung der Jnnungen. D ) Hülfmit- tel: a ) durch Schulen und Fortbildungsanstalten; b ) durch Hülfskassen und Vorschußbanken; c ) durch zweckmäßige Credit- gesetze. — Nach einer mehrstündigen Debatte wurde statt a ) I. das folgende Amendement angenommen: „Der Betrieb eines Hand- werks oder technischen Gewerbes ist bedingt durch Gewinnung des Meister- und Ortsbürgerrechts. “ Der Antrag b ) I. wurde in folgender abgeänderter Fassung angenommen. „Alle Hand- werker treten zu Jnnungen zusammen.“ Ganz wie bei den Ver- handlungen des Reichstages über die Grundrechte des deutschen Volks soll auch über diese der künftigen Handwerkerordnung wahrscheinlich zu Grunde zu legenden Principien zweimal abge- stimmt werden. Wien 18. Juli. ( Wien. Z. ) Auf Antrag des mit der Bildung eines Ministeriums beauftragten provisorischen Minister des Jn- nern hat Se. königl. Hoh. der Erzherzog Johann, als Stellver- treter Sr. Majestät, die Zusammensetzung des Ministeriums in folgender Weise genehmigt: Conseilpräsident, Minister des Hau- ses und des Aeußern Frhr. v. Wessenberg; Minister des Jnnern Frhr. v. Doblhoff; Minister der Justiz Dr. Alerander Bach; Minister des Krieges Graf Latour; Minister der Fi- nanzen Frhr. v. Kraus ( provisorisch ) ; Unterstaassecretär im Mi- nisterium der Finanzen Frhr. v. Stifft; Minister des Handels Theodor Hornbostl; Minister des Unterrichts Frhr. v. Dobl- hoff ( provisorisch ) ; Unterstaatssecretär im Ministerium des Unterrichts Dr. Frhr. v. Feuchtersleben; Minister der öffent- lichen Arbeiten Ernst v. Schwarzer. Jn dem Programm des neuen Ministeriums heißt es: Es will die dauerhafte Begründung der constitutionell=volksthüm- lichen Monarchie, auf der Grundlage des gesetzlich ausgespro- chenen Gesammtwillens, indem es überzeugt ist, daß nur eine Regierung kräftig ist, wenn sie im Volke wurzelt; nur dadurch wird es möglich, den Staat in fortschreitender Entwicklung zu erhalten... Um aber die Freiheit stark zu machen, muß auch die Regierung stark seyn. Das Ministerium wird mit allen gerechten Wünschen und Ansprüchen des Volkes Hand in Hand gehen; er-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 39. Mainz, 24. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal039_1848/2>, abgerufen am 27.04.2024.