Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 43. Mainz, 28. Juli 1848.

Bild:
erste Seite
Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 43. Freitag, den 28. Juli. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Der zwölfte Juli und der sechste August.

^ Wunderbar ist das Walten der Wiedervergeltung in der
Geschichte und es scheint ihr zu gefallen, oft selbst in kleinen,
scheinbar zufälligen Umständen eine Spur und ein Merkzeichen
ihres Waltens auszudrücken.

Am 12. Juli 1848 hat der Reichsverweser, Erzherzog Jo-
hann von Oesterreich sein Amt feierlich angetreten -- und am
künftigen 6. August wird er vollständig von seiner Gewalt Besitz
ergreifen, indem an diesem Tage die ganze bewaffnete Macht
Deutschlands ihm huldigen und dadurch alle bisherigen Landes-
und Bundestruppen in Reichstruppen verwandelt werden sollen.

Am 12. Juli des Jahres 1806 aber war es, wo der schmach-
vollste, und am 6. August desselben Jahres, wo der traurigste
Akt der ganzen deutschen Geschichte stattfand. Am 12. Juli 1806
nämlich schlossen die Könige von Bayern und Würtemberg, die
souverainen Fürsten von Regensburg, Baden, Berg, Hessen-
darmstadt, Nassau und andere größere Fürsten des südlichen und
westlichen Deutschlands in Paris den Rheinbund unter
dem Protektorate Napoleons,
und sagten sich dadurch
los vom deutschen Reich, und kündeten dem Kaiser, in Ueber-
einstimmung mit dem französischen Gesandten, ihre bisherige
Abhängigkeit auf. Um den eitlen Flitter einer scheinbaren Sou-
verainetät, und den Vortheil eigener Gebietsvergrößerungen,
die ihnen der französische Herrscher auf Kosten deutscher Mitstände
freigebig zuwarf, wurden sie aus freien Fürsten des deutschen
Reiches -- Vasallen des fremden Despoten. Das war auch die
Zeit, wo in all' diesen Ländern des s. g. Rheinbundes die letzten
Reste der alten Volksfreiheiten und der alten Landstände vernich-
tet und nach dem Vorbild des napoleonischen Musterabsolutismus,
der modern=aufgeklärte Polizeistaat vollständig eingerichtet ward.
Denn im Taumel der mit der tiefsten Schmach des Vaterlandes
erkauften neuen Souverainetät, schien es den Fürsten und ihren
Rathgebern mit ihrer souverainen Machtfülle unverträglich, daß
neben derselben irgend eine Beschränkung durch Volksrechte oder
irgend eine selbstständige Corporation "als ein Staat im Staate"
( mit welch banaler Phrase man bis auf diese Stunde im Jnter-
esse des Staatsabsolutismus Gemeinde=, Corporations= und
Kirchenfreiheit bekämpft ) bestehe.

Nachdem aber der Kaiser Franz die Kunde von diesem
Bund der Fürsten erhalten, erließ er am 6. August 1806 eine
Erklärung dahin gehend: "daß er es seinen Grundsätzen und
seiner Würde schuldig sey, auf eine Krone zu verzichten, welche
nur so lange Werth in seinen Augen gehabt, als er dem von den
Reichsständen ihm bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den
übernommenen Obliegenheiten Genüge zu leisten im Stande ge-
wesen. Demnach sehe er das Band, das ihn bisher an den deut-
schen Reichskörper gebunden, als gelöst an, lege die Kaiserkrone
nieder, entbinde alle Kurfürsten, Fürsten und Stände des ihm
geleisteten Eides, zähle aber auch seine sämmtlichen deutschen
Provinzen von allen Verpflichtungen gegen das deutsche Reich
los, um sie in Vereinigung mit dem ganzen österreichischen
Staatskörper als Kaiser von Oesterreich zu beherrschen." Hier-
mit war das tausendjährige deutsche Reich untergegangen, ver-
lassen und verleugnet von seinen Fürsten, aufgegeben von seinem
Kaiser. Und weil kein deutsches Reich, gab es auch kein Deutsch-
land mehr, sondern nur einzelne souveräne Staaten mit deutschen
Bewohnern. Und so blieb es auch nach der Bundesacte.

Heute aber soll langjähriges Unrecht gut gemacht, uraltes
aber nie verjährtes Recht wieder hergestellt werden. Und siehe
da, an demselben Tage, wo die Fürsten ihrer Lostrennung vom
Reich das letzte und so schmachvolle Siegel aufgedrückt, wird die
[Spaltenumbruch] Majestät des Reiches wieder hergestellt und nimmt jene falsche
mit der Einheit des Reiches unverträgliche Souveränetät der
Einzelstaaten ein Ende. Aber noch mehr fordert die allausglei-
chende Nemesis: dieselben Fürsten, welche durch den Schimmer
der Souveränetät geblendet, in der Lostrennung vom Reich und
in der schon seit Jahrhunderten angestrebten immer größeren Er-
niedrigung der kaiserlichen Gewalt ihre eigene Herrlichkeit und
ihren Eigenvortheil gesucht, finden jetzt auch für ihre wohlbe-
gründeten Rechte nur Rettung durch die Rückkehr unter die Ober-
hoheit derselben Reichsgewalt: denn das sollte jetzt keinem von
ihnen mehr unklar seyn, daß nur die vollkommene und aufrichtige
Herstellung des Reiches und einer kräftigen Reichsgewalt -- sie
Alle vor dem gänzlichen Untergang bewahren kann, vor dem
Untergang in den Fluthen einer allumstürzenden Revolution und
der allverschlingenden Einen und untheilbaren Republik.

Jndem aber die Wiedervergeltung streng ist und Selbstver-
leugnung von Denen heischt, welche sie trifft, ist sie zugleich eine
Quelle wahren Segens: denn weit ruhmvoller und weit heil-
bringender wird es für alle edelgesinnten Fürsten seyn, des Einen
und freien Reiches erste Söhne und Würdeträger, als kleine und
halbdeutsche deutsche Fürsten zu seyn, welche immer unter einem
fremden Einfluß, sey es eines französischen Protectorates, oder
einer preußischen oder österreichischen Hegemonie stehen mußten,
während in diesen beiden deutschen Großmächten selbst das
deutsche Element an großer Schwäche litt und hier slavische, dort
russische Uebermacht stets gefahrvoll drohten.

Und wiederum an demselben Tage, wo Franz I. verzichtend
die verwitterte Krone des alten Reiches niederlegte, nimmt sein
Bruder, die alte mit der neuen Zeit verknüpfend, den frischen
Regentenstab, von der Nation ihm dargereicht, auf's Neue auf.
Weil aber auch Oesterreich theilgenommen an der Verleugnung
der deutschen Sache und zuletzt zwar, aber dann beharrlich sein
Sonderinteresse über das des Reiches hinausgesetzt, -- so mußte
auch es schwer büßen und wird vielleicht noch büßen müssen, um,
wie die anderen Fürsten und Länder auch, wiederum nur vom
Reiche Rettung, Sicherheit und Friede zu empfangen.



Deutschland.
Reichstag.

f Frankfurt 26. Juli. Die Debatten über die Polenfrage
sind geschlossen; morgen kommt es darüber zur Abstimmung.
Was die Sache so sehr verwickelt, ist der Zwiespalt, worin sich
die Politik und das Jnteresse für das unglückliche Polen, das
Wohl des eigenen Vaterlandes und das Rechtsgefühl befindet.
Dieser gar nicht oder kaum zu lösende Widerstreit erschwerte auch
den Rednern ihre Haltung, und Das ist der eigentliche Grund,
daß keine Rede ganz befriedigte, weil in jeder Richtiges mit Un-
richtigem, Mögliches mit Unmöglichem sich mischte, sowohl bei
denen, welche für, als bei denen, welche gegen die Einver-
leibung sprachen. Ruge sprach zuerst gegen die Einverleibung.
"Die Existenz der Polen in Europa ist nothwendig; sie sind ein
glückliches Element in der jetzigen Bildung Europas. Sie sind
nicht todt, wie auch die Juden nicht todt sind. Die Verträge
von 1815 wollten die Völker wiederherstellen gegenüber den
französischen Bestrebungen der Weltherrschaft. Diese Verträge
sollen jetzt fortgebildet werden. Die einzelnen Völker müssen
frei gegeben werden. Auch Polen und Jtalien muß frei werden,
und wir müssen wünschen, daß die Waffen der Tyrannen in
Jtalien geschlagen werden. ( Ungeheuerer Sturm: Herunter von
der Tribüne! ) Zu meiner Weltanschauung gehört auch die Be-
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 43. Freitag, den 28. Juli. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Der zwölfte Juli und der sechste August.

△ Wunderbar ist das Walten der Wiedervergeltung in der
Geschichte und es scheint ihr zu gefallen, oft selbst in kleinen,
scheinbar zufälligen Umständen eine Spur und ein Merkzeichen
ihres Waltens auszudrücken.

Am 12. Juli 1848 hat der Reichsverweser, Erzherzog Jo-
hann von Oesterreich sein Amt feierlich angetreten — und am
künftigen 6. August wird er vollständig von seiner Gewalt Besitz
ergreifen, indem an diesem Tage die ganze bewaffnete Macht
Deutschlands ihm huldigen und dadurch alle bisherigen Landes-
und Bundestruppen in Reichstruppen verwandelt werden sollen.

Am 12. Juli des Jahres 1806 aber war es, wo der schmach-
vollste, und am 6. August desselben Jahres, wo der traurigste
Akt der ganzen deutschen Geschichte stattfand. Am 12. Juli 1806
nämlich schlossen die Könige von Bayern und Würtemberg, die
souverainen Fürsten von Regensburg, Baden, Berg, Hessen-
darmstadt, Nassau und andere größere Fürsten des südlichen und
westlichen Deutschlands in Paris den Rheinbund unter
dem Protektorate Napoleons,
und sagten sich dadurch
los vom deutschen Reich, und kündeten dem Kaiser, in Ueber-
einstimmung mit dem französischen Gesandten, ihre bisherige
Abhängigkeit auf. Um den eitlen Flitter einer scheinbaren Sou-
verainetät, und den Vortheil eigener Gebietsvergrößerungen,
die ihnen der französische Herrscher auf Kosten deutscher Mitstände
freigebig zuwarf, wurden sie aus freien Fürsten des deutschen
Reiches — Vasallen des fremden Despoten. Das war auch die
Zeit, wo in all' diesen Ländern des s. g. Rheinbundes die letzten
Reste der alten Volksfreiheiten und der alten Landstände vernich-
tet und nach dem Vorbild des napoleonischen Musterabsolutismus,
der modern=aufgeklärte Polizeistaat vollständig eingerichtet ward.
Denn im Taumel der mit der tiefsten Schmach des Vaterlandes
erkauften neuen Souverainetät, schien es den Fürsten und ihren
Rathgebern mit ihrer souverainen Machtfülle unverträglich, daß
neben derselben irgend eine Beschränkung durch Volksrechte oder
irgend eine selbstständige Corporation „als ein Staat im Staate“
( mit welch banaler Phrase man bis auf diese Stunde im Jnter-
esse des Staatsabsolutismus Gemeinde=, Corporations= und
Kirchenfreiheit bekämpft ) bestehe.

Nachdem aber der Kaiser Franz die Kunde von diesem
Bund der Fürsten erhalten, erließ er am 6. August 1806 eine
Erklärung dahin gehend: „daß er es seinen Grundsätzen und
seiner Würde schuldig sey, auf eine Krone zu verzichten, welche
nur so lange Werth in seinen Augen gehabt, als er dem von den
Reichsständen ihm bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den
übernommenen Obliegenheiten Genüge zu leisten im Stande ge-
wesen. Demnach sehe er das Band, das ihn bisher an den deut-
schen Reichskörper gebunden, als gelöst an, lege die Kaiserkrone
nieder, entbinde alle Kurfürsten, Fürsten und Stände des ihm
geleisteten Eides, zähle aber auch seine sämmtlichen deutschen
Provinzen von allen Verpflichtungen gegen das deutsche Reich
los, um sie in Vereinigung mit dem ganzen österreichischen
Staatskörper als Kaiser von Oesterreich zu beherrschen.“ Hier-
mit war das tausendjährige deutsche Reich untergegangen, ver-
lassen und verleugnet von seinen Fürsten, aufgegeben von seinem
Kaiser. Und weil kein deutsches Reich, gab es auch kein Deutsch-
land mehr, sondern nur einzelne souveräne Staaten mit deutschen
Bewohnern. Und so blieb es auch nach der Bundesacte.

Heute aber soll langjähriges Unrecht gut gemacht, uraltes
aber nie verjährtes Recht wieder hergestellt werden. Und siehe
da, an demselben Tage, wo die Fürsten ihrer Lostrennung vom
Reich das letzte und so schmachvolle Siegel aufgedrückt, wird die
[Spaltenumbruch] Majestät des Reiches wieder hergestellt und nimmt jene falsche
mit der Einheit des Reiches unverträgliche Souveränetät der
Einzelstaaten ein Ende. Aber noch mehr fordert die allausglei-
chende Nemesis: dieselben Fürsten, welche durch den Schimmer
der Souveränetät geblendet, in der Lostrennung vom Reich und
in der schon seit Jahrhunderten angestrebten immer größeren Er-
niedrigung der kaiserlichen Gewalt ihre eigene Herrlichkeit und
ihren Eigenvortheil gesucht, finden jetzt auch für ihre wohlbe-
gründeten Rechte nur Rettung durch die Rückkehr unter die Ober-
hoheit derselben Reichsgewalt: denn das sollte jetzt keinem von
ihnen mehr unklar seyn, daß nur die vollkommene und aufrichtige
Herstellung des Reiches und einer kräftigen Reichsgewalt — sie
Alle vor dem gänzlichen Untergang bewahren kann, vor dem
Untergang in den Fluthen einer allumstürzenden Revolution und
der allverschlingenden Einen und untheilbaren Republik.

Jndem aber die Wiedervergeltung streng ist und Selbstver-
leugnung von Denen heischt, welche sie trifft, ist sie zugleich eine
Quelle wahren Segens: denn weit ruhmvoller und weit heil-
bringender wird es für alle edelgesinnten Fürsten seyn, des Einen
und freien Reiches erste Söhne und Würdeträger, als kleine und
halbdeutsche deutsche Fürsten zu seyn, welche immer unter einem
fremden Einfluß, sey es eines französischen Protectorates, oder
einer preußischen oder österreichischen Hegemonie stehen mußten,
während in diesen beiden deutschen Großmächten selbst das
deutsche Element an großer Schwäche litt und hier slavische, dort
russische Uebermacht stets gefahrvoll drohten.

Und wiederum an demselben Tage, wo Franz I. verzichtend
die verwitterte Krone des alten Reiches niederlegte, nimmt sein
Bruder, die alte mit der neuen Zeit verknüpfend, den frischen
Regentenstab, von der Nation ihm dargereicht, auf's Neue auf.
Weil aber auch Oesterreich theilgenommen an der Verleugnung
der deutschen Sache und zuletzt zwar, aber dann beharrlich sein
Sonderinteresse über das des Reiches hinausgesetzt, — so mußte
auch es schwer büßen und wird vielleicht noch büßen müssen, um,
wie die anderen Fürsten und Länder auch, wiederum nur vom
Reiche Rettung, Sicherheit und Friede zu empfangen.



Deutschland.
Reichstag.

f Frankfurt 26. Juli. Die Debatten über die Polenfrage
sind geschlossen; morgen kommt es darüber zur Abstimmung.
Was die Sache so sehr verwickelt, ist der Zwiespalt, worin sich
die Politik und das Jnteresse für das unglückliche Polen, das
Wohl des eigenen Vaterlandes und das Rechtsgefühl befindet.
Dieser gar nicht oder kaum zu lösende Widerstreit erschwerte auch
den Rednern ihre Haltung, und Das ist der eigentliche Grund,
daß keine Rede ganz befriedigte, weil in jeder Richtiges mit Un-
richtigem, Mögliches mit Unmöglichem sich mischte, sowohl bei
denen, welche für, als bei denen, welche gegen die Einver-
leibung sprachen. Ruge sprach zuerst gegen die Einverleibung.
„Die Existenz der Polen in Europa ist nothwendig; sie sind ein
glückliches Element in der jetzigen Bildung Europas. Sie sind
nicht todt, wie auch die Juden nicht todt sind. Die Verträge
von 1815 wollten die Völker wiederherstellen gegenüber den
französischen Bestrebungen der Weltherrschaft. Diese Verträge
sollen jetzt fortgebildet werden. Die einzelnen Völker müssen
frei gegeben werden. Auch Polen und Jtalien muß frei werden,
und wir müssen wünschen, daß die Waffen der Tyrannen in
Jtalien geschlagen werden. ( Ungeheuerer Sturm: Herunter von
der Tribüne! ) Zu meiner Weltanschauung gehört auch die Be-
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001"/>
      <titlePage xml:id="tb01" type="heading" next="#tb02">
        <docTitle>
          <titlePart type="main"> <hi rendition="#fr">Mainzer Journal.</hi> </titlePart>
        </docTitle>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jExpedition">
        <p>Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den &#x201E;Rheinischen Unterhaltungs-<lb/>
blättern &#x201C; schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;<lb/>
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von <hi rendition="#g">Kirchheim, Schott</hi> und <hi rendition="#g">Thielmann</hi> am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz<lb/>
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-<lb/>
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <titlePage xml:id="tb02" prev="#tb01" type="heading">
        <docImprint>N<hi rendition="#sup">ro</hi> 43.              <docDate><hi rendition="#c">Freitag, den 28. Juli.</hi><hi rendition="#right">1848.</hi></docDate></docImprint>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Der zwölfte Juli und der sechste August.</head><lb/>
        <p>&#x25B3; Wunderbar ist das Walten der Wiedervergeltung in der<lb/>
Geschichte und es scheint ihr zu gefallen, oft selbst in kleinen,<lb/>
scheinbar zufälligen Umständen eine Spur und ein Merkzeichen<lb/>
ihres Waltens auszudrücken.</p><lb/>
        <p>Am 12. Juli 1848 hat der Reichsverweser, Erzherzog Jo-<lb/>
hann von Oesterreich sein Amt feierlich angetreten &#x2014; und am<lb/>
künftigen 6. August wird er vollständig von seiner Gewalt Besitz<lb/>
ergreifen, indem an diesem Tage die ganze bewaffnete Macht<lb/>
Deutschlands ihm huldigen und dadurch alle bisherigen Landes-<lb/>
und Bundestruppen in Reichstruppen verwandelt werden sollen.</p><lb/>
        <p>Am 12. Juli des Jahres 1806 aber war es, wo der schmach-<lb/>
vollste, und am 6. August desselben Jahres, wo der traurigste<lb/>
Akt der ganzen deutschen Geschichte stattfand. Am 12. Juli 1806<lb/>
nämlich schlossen die Könige von Bayern und Würtemberg, die<lb/>
souverainen Fürsten von Regensburg, Baden, Berg, Hessen-<lb/>
darmstadt, Nassau und andere größere Fürsten des südlichen und<lb/>
westlichen Deutschlands <hi rendition="#g">in Paris den Rheinbund unter<lb/>
dem Protektorate Napoleons,</hi> und sagten sich dadurch<lb/>
los vom deutschen Reich, und kündeten dem Kaiser, in Ueber-<lb/>
einstimmung mit dem französischen Gesandten, ihre bisherige<lb/>
Abhängigkeit auf. Um den eitlen Flitter einer scheinbaren Sou-<lb/>
verainetät, und den Vortheil eigener Gebietsvergrößerungen,<lb/>
die ihnen der französische Herrscher auf Kosten deutscher Mitstände<lb/>
freigebig zuwarf, wurden sie aus freien Fürsten des deutschen<lb/>
Reiches &#x2014; Vasallen des fremden Despoten. Das war auch die<lb/>
Zeit, wo in all' diesen Ländern des s. g. Rheinbundes die letzten<lb/>
Reste der alten Volksfreiheiten und der alten Landstände vernich-<lb/>
tet und nach dem Vorbild des napoleonischen Musterabsolutismus,<lb/>
der modern=aufgeklärte Polizeistaat vollständig eingerichtet ward.<lb/>
Denn im Taumel der mit der tiefsten Schmach des Vaterlandes<lb/>
erkauften neuen Souverainetät, schien es den Fürsten und ihren<lb/>
Rathgebern mit ihrer souverainen Machtfülle unverträglich, daß<lb/>
neben derselben irgend eine Beschränkung durch Volksrechte oder<lb/>
irgend eine selbstständige Corporation &#x201E;als ein Staat im Staate&#x201C;<lb/>
( mit welch banaler Phrase man bis auf diese Stunde im Jnter-<lb/>
esse des Staatsabsolutismus Gemeinde=, Corporations= und<lb/>
Kirchenfreiheit bekämpft ) bestehe.</p><lb/>
        <p>Nachdem aber der Kaiser <hi rendition="#g">Franz</hi> die Kunde von diesem<lb/>
Bund der Fürsten erhalten, erließ er am 6. August 1806 eine<lb/>
Erklärung dahin gehend: &#x201E;daß er es seinen Grundsätzen und<lb/>
seiner Würde schuldig sey, auf eine Krone zu verzichten, welche<lb/>
nur so lange Werth in seinen Augen gehabt, als er dem von den<lb/>
Reichsständen ihm bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den<lb/>
übernommenen Obliegenheiten Genüge zu leisten im Stande ge-<lb/>
wesen. Demnach sehe er das Band, das ihn bisher an den deut-<lb/>
schen Reichskörper gebunden, als gelöst an, lege die Kaiserkrone<lb/>
nieder, entbinde alle Kurfürsten, Fürsten und Stände des ihm<lb/>
geleisteten Eides, zähle aber auch seine sämmtlichen deutschen<lb/>
Provinzen von allen Verpflichtungen gegen das deutsche Reich<lb/>
los, um sie in Vereinigung mit dem ganzen österreichischen<lb/>
Staatskörper als Kaiser von Oesterreich zu beherrschen.&#x201C; Hier-<lb/>
mit war das tausendjährige deutsche Reich untergegangen, ver-<lb/>
lassen und verleugnet von seinen Fürsten, aufgegeben von seinem<lb/>
Kaiser. Und weil kein deutsches Reich, gab es auch kein Deutsch-<lb/>
land mehr, sondern nur einzelne souveräne Staaten mit deutschen<lb/>
Bewohnern. Und so blieb es auch nach der Bundesacte.</p><lb/>
        <p>Heute aber soll langjähriges Unrecht gut gemacht, uraltes<lb/>
aber nie verjährtes Recht wieder hergestellt werden. Und siehe<lb/>
da, an demselben Tage, wo die Fürsten ihrer Lostrennung vom<lb/>
Reich das letzte und so schmachvolle Siegel aufgedrückt, wird die<lb/><cb n="2"/>
Majestät des Reiches wieder hergestellt und nimmt jene falsche<lb/>
mit der Einheit des Reiches unverträgliche Souveränetät der<lb/>
Einzelstaaten ein Ende. Aber noch mehr fordert die allausglei-<lb/>
chende Nemesis: dieselben Fürsten, welche durch den Schimmer<lb/>
der Souveränetät geblendet, in der Lostrennung vom Reich und<lb/>
in der schon seit Jahrhunderten angestrebten immer größeren Er-<lb/>
niedrigung der kaiserlichen Gewalt ihre eigene Herrlichkeit und<lb/>
ihren Eigenvortheil gesucht, finden jetzt auch für ihre wohlbe-<lb/>
gründeten Rechte nur Rettung durch die Rückkehr unter die Ober-<lb/>
hoheit derselben Reichsgewalt: denn das sollte jetzt keinem von<lb/>
ihnen mehr unklar seyn, daß nur die vollkommene und aufrichtige<lb/>
Herstellung des Reiches und einer kräftigen Reichsgewalt &#x2014; sie<lb/>
Alle vor dem gänzlichen Untergang bewahren kann, vor dem<lb/>
Untergang in den Fluthen einer allumstürzenden Revolution und<lb/>
der allverschlingenden Einen und untheilbaren Republik.</p><lb/>
        <p>Jndem aber die Wiedervergeltung streng ist und Selbstver-<lb/>
leugnung von Denen heischt, welche sie trifft, ist sie zugleich eine<lb/>
Quelle wahren Segens: denn weit ruhmvoller und weit heil-<lb/>
bringender wird es für alle edelgesinnten Fürsten seyn, des Einen<lb/>
und freien Reiches erste Söhne und Würdeträger, als kleine und<lb/>
halbdeutsche deutsche Fürsten zu seyn, welche immer unter einem<lb/>
fremden Einfluß, sey es eines französischen Protectorates, oder<lb/>
einer preußischen oder österreichischen Hegemonie stehen mußten,<lb/>
während in diesen beiden deutschen Großmächten selbst das<lb/>
deutsche Element an großer Schwäche litt und hier slavische, dort<lb/>
russische Uebermacht stets gefahrvoll drohten.</p><lb/>
        <p>Und wiederum an demselben Tage, wo Franz <hi rendition="#aq">I</hi>. verzichtend<lb/>
die verwitterte Krone des alten Reiches niederlegte, nimmt sein<lb/>
Bruder, die alte mit der neuen Zeit verknüpfend, den frischen<lb/>
Regentenstab, von der Nation ihm dargereicht, auf's Neue auf.<lb/>
Weil aber auch Oesterreich theilgenommen an der Verleugnung<lb/>
der deutschen Sache und zuletzt zwar, aber dann beharrlich sein<lb/>
Sonderinteresse über das des Reiches hinausgesetzt, &#x2014; so mußte<lb/>
auch es schwer büßen und wird vielleicht noch büßen müssen, um,<lb/>
wie die anderen Fürsten und Länder auch, wiederum nur vom<lb/>
Reiche Rettung, Sicherheit und Friede zu empfangen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Deutschland.<lb/>
Reichstag.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><foreign xml:lang="el">f</foreign> Frankfurt 26. Juli. Die Debatten über die Polenfrage<lb/>
sind geschlossen; morgen kommt es darüber zur Abstimmung.<lb/>
Was die Sache so sehr verwickelt, ist der Zwiespalt, worin sich<lb/>
die Politik und das Jnteresse für das unglückliche Polen, das<lb/>
Wohl des eigenen Vaterlandes und das Rechtsgefühl befindet.<lb/>
Dieser gar nicht oder kaum zu lösende Widerstreit erschwerte auch<lb/>
den Rednern ihre Haltung, und Das ist der eigentliche Grund,<lb/>
daß keine Rede ganz befriedigte, weil in jeder Richtiges mit Un-<lb/>
richtigem, Mögliches mit Unmöglichem sich mischte, sowohl bei<lb/>
denen, welche <hi rendition="#g">für,</hi> als bei denen, welche <hi rendition="#g">gegen</hi> die Einver-<lb/>
leibung sprachen. <hi rendition="#g">Ruge</hi> sprach zuerst gegen die Einverleibung.<lb/>
&#x201E;Die Existenz der Polen in Europa ist nothwendig; sie sind ein<lb/>
glückliches Element in der jetzigen Bildung Europas. Sie sind<lb/>
nicht todt, wie auch die Juden nicht todt sind. Die Verträge<lb/>
von 1815 wollten die Völker wiederherstellen gegenüber den<lb/>
französischen Bestrebungen der Weltherrschaft. Diese Verträge<lb/>
sollen jetzt fortgebildet werden. Die einzelnen Völker müssen<lb/>
frei gegeben werden. Auch Polen und Jtalien muß frei werden,<lb/>
und wir müssen wünschen, daß die Waffen der Tyrannen in<lb/>
Jtalien geschlagen werden. ( Ungeheuerer Sturm: Herunter von<lb/>
der Tribüne! ) Zu meiner Weltanschauung gehört auch die Be-<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0001] Mainzer Journal. Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs- blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an; für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben- falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet. Nro 43. Freitag, den 28. Juli. 1848. Der zwölfte Juli und der sechste August. △ Wunderbar ist das Walten der Wiedervergeltung in der Geschichte und es scheint ihr zu gefallen, oft selbst in kleinen, scheinbar zufälligen Umständen eine Spur und ein Merkzeichen ihres Waltens auszudrücken. Am 12. Juli 1848 hat der Reichsverweser, Erzherzog Jo- hann von Oesterreich sein Amt feierlich angetreten — und am künftigen 6. August wird er vollständig von seiner Gewalt Besitz ergreifen, indem an diesem Tage die ganze bewaffnete Macht Deutschlands ihm huldigen und dadurch alle bisherigen Landes- und Bundestruppen in Reichstruppen verwandelt werden sollen. Am 12. Juli des Jahres 1806 aber war es, wo der schmach- vollste, und am 6. August desselben Jahres, wo der traurigste Akt der ganzen deutschen Geschichte stattfand. Am 12. Juli 1806 nämlich schlossen die Könige von Bayern und Würtemberg, die souverainen Fürsten von Regensburg, Baden, Berg, Hessen- darmstadt, Nassau und andere größere Fürsten des südlichen und westlichen Deutschlands in Paris den Rheinbund unter dem Protektorate Napoleons, und sagten sich dadurch los vom deutschen Reich, und kündeten dem Kaiser, in Ueber- einstimmung mit dem französischen Gesandten, ihre bisherige Abhängigkeit auf. Um den eitlen Flitter einer scheinbaren Sou- verainetät, und den Vortheil eigener Gebietsvergrößerungen, die ihnen der französische Herrscher auf Kosten deutscher Mitstände freigebig zuwarf, wurden sie aus freien Fürsten des deutschen Reiches — Vasallen des fremden Despoten. Das war auch die Zeit, wo in all' diesen Ländern des s. g. Rheinbundes die letzten Reste der alten Volksfreiheiten und der alten Landstände vernich- tet und nach dem Vorbild des napoleonischen Musterabsolutismus, der modern=aufgeklärte Polizeistaat vollständig eingerichtet ward. Denn im Taumel der mit der tiefsten Schmach des Vaterlandes erkauften neuen Souverainetät, schien es den Fürsten und ihren Rathgebern mit ihrer souverainen Machtfülle unverträglich, daß neben derselben irgend eine Beschränkung durch Volksrechte oder irgend eine selbstständige Corporation „als ein Staat im Staate“ ( mit welch banaler Phrase man bis auf diese Stunde im Jnter- esse des Staatsabsolutismus Gemeinde=, Corporations= und Kirchenfreiheit bekämpft ) bestehe. Nachdem aber der Kaiser Franz die Kunde von diesem Bund der Fürsten erhalten, erließ er am 6. August 1806 eine Erklärung dahin gehend: „daß er es seinen Grundsätzen und seiner Würde schuldig sey, auf eine Krone zu verzichten, welche nur so lange Werth in seinen Augen gehabt, als er dem von den Reichsständen ihm bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den übernommenen Obliegenheiten Genüge zu leisten im Stande ge- wesen. Demnach sehe er das Band, das ihn bisher an den deut- schen Reichskörper gebunden, als gelöst an, lege die Kaiserkrone nieder, entbinde alle Kurfürsten, Fürsten und Stände des ihm geleisteten Eides, zähle aber auch seine sämmtlichen deutschen Provinzen von allen Verpflichtungen gegen das deutsche Reich los, um sie in Vereinigung mit dem ganzen österreichischen Staatskörper als Kaiser von Oesterreich zu beherrschen.“ Hier- mit war das tausendjährige deutsche Reich untergegangen, ver- lassen und verleugnet von seinen Fürsten, aufgegeben von seinem Kaiser. Und weil kein deutsches Reich, gab es auch kein Deutsch- land mehr, sondern nur einzelne souveräne Staaten mit deutschen Bewohnern. Und so blieb es auch nach der Bundesacte. Heute aber soll langjähriges Unrecht gut gemacht, uraltes aber nie verjährtes Recht wieder hergestellt werden. Und siehe da, an demselben Tage, wo die Fürsten ihrer Lostrennung vom Reich das letzte und so schmachvolle Siegel aufgedrückt, wird die Majestät des Reiches wieder hergestellt und nimmt jene falsche mit der Einheit des Reiches unverträgliche Souveränetät der Einzelstaaten ein Ende. Aber noch mehr fordert die allausglei- chende Nemesis: dieselben Fürsten, welche durch den Schimmer der Souveränetät geblendet, in der Lostrennung vom Reich und in der schon seit Jahrhunderten angestrebten immer größeren Er- niedrigung der kaiserlichen Gewalt ihre eigene Herrlichkeit und ihren Eigenvortheil gesucht, finden jetzt auch für ihre wohlbe- gründeten Rechte nur Rettung durch die Rückkehr unter die Ober- hoheit derselben Reichsgewalt: denn das sollte jetzt keinem von ihnen mehr unklar seyn, daß nur die vollkommene und aufrichtige Herstellung des Reiches und einer kräftigen Reichsgewalt — sie Alle vor dem gänzlichen Untergang bewahren kann, vor dem Untergang in den Fluthen einer allumstürzenden Revolution und der allverschlingenden Einen und untheilbaren Republik. Jndem aber die Wiedervergeltung streng ist und Selbstver- leugnung von Denen heischt, welche sie trifft, ist sie zugleich eine Quelle wahren Segens: denn weit ruhmvoller und weit heil- bringender wird es für alle edelgesinnten Fürsten seyn, des Einen und freien Reiches erste Söhne und Würdeträger, als kleine und halbdeutsche deutsche Fürsten zu seyn, welche immer unter einem fremden Einfluß, sey es eines französischen Protectorates, oder einer preußischen oder österreichischen Hegemonie stehen mußten, während in diesen beiden deutschen Großmächten selbst das deutsche Element an großer Schwäche litt und hier slavische, dort russische Uebermacht stets gefahrvoll drohten. Und wiederum an demselben Tage, wo Franz I. verzichtend die verwitterte Krone des alten Reiches niederlegte, nimmt sein Bruder, die alte mit der neuen Zeit verknüpfend, den frischen Regentenstab, von der Nation ihm dargereicht, auf's Neue auf. Weil aber auch Oesterreich theilgenommen an der Verleugnung der deutschen Sache und zuletzt zwar, aber dann beharrlich sein Sonderinteresse über das des Reiches hinausgesetzt, — so mußte auch es schwer büßen und wird vielleicht noch büßen müssen, um, wie die anderen Fürsten und Länder auch, wiederum nur vom Reiche Rettung, Sicherheit und Friede zu empfangen. Deutschland. Reichstag. f Frankfurt 26. Juli. Die Debatten über die Polenfrage sind geschlossen; morgen kommt es darüber zur Abstimmung. Was die Sache so sehr verwickelt, ist der Zwiespalt, worin sich die Politik und das Jnteresse für das unglückliche Polen, das Wohl des eigenen Vaterlandes und das Rechtsgefühl befindet. Dieser gar nicht oder kaum zu lösende Widerstreit erschwerte auch den Rednern ihre Haltung, und Das ist der eigentliche Grund, daß keine Rede ganz befriedigte, weil in jeder Richtiges mit Un- richtigem, Mögliches mit Unmöglichem sich mischte, sowohl bei denen, welche für, als bei denen, welche gegen die Einver- leibung sprachen. Ruge sprach zuerst gegen die Einverleibung. „Die Existenz der Polen in Europa ist nothwendig; sie sind ein glückliches Element in der jetzigen Bildung Europas. Sie sind nicht todt, wie auch die Juden nicht todt sind. Die Verträge von 1815 wollten die Völker wiederherstellen gegenüber den französischen Bestrebungen der Weltherrschaft. Diese Verträge sollen jetzt fortgebildet werden. Die einzelnen Völker müssen frei gegeben werden. Auch Polen und Jtalien muß frei werden, und wir müssen wünschen, daß die Waffen der Tyrannen in Jtalien geschlagen werden. ( Ungeheuerer Sturm: Herunter von der Tribüne! ) Zu meiner Weltanschauung gehört auch die Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal043_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal043_1848/1
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 43. Mainz, 28. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal043_1848/1>, abgerufen am 09.05.2024.