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Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] unsere Väter sagen, wenn wir zu diesen versammelt werden, ob
dieser Trauerbotschaft? Warum habet ihr unser Deutschland zer-
rissen? Wie werden die deutschen Fürsten 1) sich verantworten
können, wenn der Cherusker, wenn Karl der Große, wenn die
Ottonen, die Hohenstaufen sie vor Gericht ziehen? Glauben
etwa unsere Politiker sich da herauswinden zu können, wie in
ihren diplomatischen Congressen, auf den Tribunen und in Zei-
tungen? Glauben sie etwa, daß solcher Quark auch dort noch
gelte? Mag man immerhin von "Träumereien" reden, über das
Jenseits lächeln; meinen Glauben nimmt man mir nicht: wir
werden die Väter sehen und gerichtet werden; mag man auch die-
sen Glauben verhöhnen, Eines bleibt: die Schuld! Vor= und
Nachwelt werden uns richten, das Gewissen sicher uns strafen.

Jst es denn nicht möglich, gibt es denn kein Mittel, Deutsch-
land und Oesterreich zusammen zu halten? Geht Oesterreich, geht
Deutschland zu Grunde, wenn sie vereint werden? Was ge-
bietet
ihre Trennung? Wäre es nicht schnöder Eigensinn beider
Parteien, aus blosem Hochmuthe sich von dem Bruder Nichts
vorschreiben zu lassen? Thun wir Nichts aus kleinlicher Rache,
opfern wir unsere Eigenliebe dem Vaterlande, zeigen wir Oester-
reich, was Vaterlandsliebe, was Liebe zur Eintracht zu thun ver-
mag, geben wir nach, wo die Einheit es erheischt, und der gute
Geist der Oesterreicher wird uns, so Gott will, entgegenkommen.
Vereinen wir uns auf das innigste, wählen wir ihren Kai-
ser zu unserm Kaiser, Deutschland habe seine Ver-
fassung, dieslavischen und andere Länder die ihri-
gen.
Vereinigen wir uns auf irgend eine Art, damit auf uns
nicht die Schmach, die Schande, die Schuld komme, Deutschland
zerrissen zu haben!

Ohrdruff 23. December. ( D. A. Z. ) Unser Thüringerwald,
die Holzkammer vieler Millionen Menschen, ist jetzt dem gewissen-
losesten Frevel preisgegeben und Niemand wagt dem Uebel ent-
gegenzutreten; es scheint, als ob in unseren Waldstädtchen und
Dörfern der Holzdiebstahl aus der Liste der Verbrechen gestrichen
sey. Die Forstbeamten, wenn sie ihrer Pflicht nachkommen wol-
len, setzen sich den größten Gefahren aus -- so wurde ganz kürz-
lich ein Forstmeister im Walde erschossen, -- ja sie sind nicht ein-
mal an öffentlichen Orten tolerirt, denn zeigen sie sich in geschlosse-
nen Gesellschaften, auf den Schießhäusern oder in den Wirths-
häusern, so werden sie so lange verhöhnt, bis sie den Ort ver-
lassen. Als kürzlich eine Abtheilung sächsischen Militärs nach
Tambach gelegt worden, wurde der Abgeordnete für diesen Ort
bei der Ständeversammlung sogleich bedeutet, dagegen zu protesti-
ren, und dieser, obschon er das Unheil seiner Gegend recht wohl
kannte, versicherte, daß durchaus keine Veranlassung zu militäri-
scher Besetzung vorhanden sey, da sich Alles auf dem Boden des
Gesetzes bewege. Er konnte nicht anders, wenn er seine Familie
und sein Eigenthum nicht in Gefahr bringen wollte. Die Demo-
ralisation unserer Waldgrenzbewohner in dieser Beziehung ist so
allgemein und so intensiv, daß, wenn die Regierungen der thü-
ringer Staaten nicht ernstliche Maßregeln ergreifen, unsere
Waldcultur vielleicht für ein Jahrhundert großentheils vernichtet
werden kann.

Frankfurt 22. December. ( Karlsr. Z. ) Die hannoversche
Regierung hat sich über die Grundrechte amtlich dahin erklärt,
daß sie in denselben zwar sehr viel Schönes und Gutes finde,
aber auch Manches, was für Hannover nicht passe und dem Lande
einen Verlust von vielen Millionen verursachen könne, namentlich
in Bezug auf das Güterwesen. Jn ähnlicher Weise soll Bayern
erklärt haben, daß es die neue Wechselordnung vor der Voll-
ziehung erst seinen Ständen vorlegen müsse.

Der neue österreichische Ausschuß will Verhandlung mit
Deutsch=Oesterreich durch Reichscommissäre und mit Außerdeutsch-
Oesterreich durch Gesandte. Da sie nur mit einer und derselben
Regierung zu verhandeln haben werden, so ist das ein Seitenstück
zu dem Marschall Soult, der, wenn man ihn als Ministerpräsi-
denten aufsuchte, einen schwarzen Frack, fragte man aber nach
[Spaltenumbruch] dem Kriegsminister, eine militärische Uniform anzog, und im
Falle beide Eigenschaften gleichzeitig in Anspruch genommen wur-
den, halb in einen militärischen, halb in einen Civilärmel
schlüpfte, -- in den Spottbildern der Witzblätter nämlich. Der
Hauptanstoß übrigens, nämlich, daß man von Oesterreich eine
Zerschneidung der österreichischen Monarchie verlangt, wird durch
die sinnreiche Einkleidung der Reichsdiplomatie in zweierlei Aer-
mel eher hervorgehoben und verstärkt, als bei Seite geschafft.
Und mit derartigen Auskunftsmitteln glaubt man eine welthisto= }
rische Frage zur Lösung zu bringen!

Oesterreichische Monarchie.

Aus Agram, der Hauptstadt Croatiens ist eine Erge-
benheitsadresse an den Kaiser Franz Joseph abgegangen, in
welcher es u. a. heißt: Die Königreiche ( Dalmatien, Croatien,
Slavonien ) haben in der neuerlich erfolgten gnädigsten Ernenn-
ung ihres Bans zum Gouverneur von Dalmatien und Fiume
dankbar eine neue Bürgschaft für die huldreiche Berücksichtigung
ihrer heiligsten Wünsche erkannt, die nie ein anderes Ziel als
Wahrung ihrer nationalen Selbstständigkeit und constitutionellen
Freiheit, die Kräftigung der Gesammtmonarchie, und die Be-
festigung der königlichen Macht und Würde anstreben können.
Genehmigen Euere Majestät diesen ungekünstelten Ausdruck der
loyalsten Gesinnung von der treugehorsamsten Banal=Conferenz
der Königreiche Croatien und Slavonien.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Neuyork 6. December. ( W. Z. ) Polks Abschiedsbot-
schaft
gehört zu den längsten Actenstücken, die je im Namen
eines amerikanischen Präsidenten ausgefertigt worden sind, und
das will viel sagen. Sie beginnt mit einem Blicke auf die aus-
wärtigen Angelegenheiten;
mit allen Mächten besteht ein
freundschaftliches Verhältniß, mit Mexiko ist der Friede herge-
stellt, mit Peru, Neugranada, Neapel, Belgien, Hannover,
Oldenburg und Mecklenburg=Schwerin sind Handelsverträge ab-
geschlossen. Die Gründung der französischen Republik
und Deutschlands Einheitsbestrebungen werden als
glückliche Ereignisse begrüßt. Der Präsident ist überzeugt, daß die
Ausdehnung ihres Gebietes die Union nicht schwächen, sondern
jeder neu hinzukommende Staat für sie ein neues Element der
Stärke seyn wird. Der Schatzsecretär wird in seinem Jahres-
berichte den sehr befriedigenden Finanzzustand des
Landes darlegen. Das Land hat im letzten Finanzjahre über
134 Millionen Dollars imponirt und für 135 Millionen ex-
portirt; 21 Millionen betrug der Werth des Zwischenhandels.
Der Schatz bezog in derselben Zeit 31,757,000 Dollars an
Zöllen, 3,328,000 aus dem Verkaufe von Staatsländereien.
Mit Rücksicht auf die Goldminen von Californien
empfiehlt der Präsident dem Congresse die Errichtung einer
Filialmünzanstalt. -- Die Reformen des Zolltarifs im Jahre
1846 ( im Sinne der Handelsfreiheit ) haben sehr günstig gewirkt;
Großbritannien und andere Nationen sind dem liberalen Bei-
spiele gefolgt und Amerika's Handel hat seitdem einen bedeutenden
Aufschwung genommen. Die Staatseinkünfte haben den Voran-
schlag um1 1 / 4 Millionen überstiegen. -- Trotz der europäischen
Erschütterungen sind die Ver. St. von einer Krisis des öffent-
lichen und Privatcredits
verschont geblieben. Der Präsi-
dent schreibt dies glückliche Resultat dem neuen Schatzsysteme zu,
wodurch verhindert wurde, daß das im Jahre 1847 importirte
Geld in die Banken ging und zur Grundlage einer übertriebenen
Papiercirculation und eines unnatürlichen Scheinreichthumes ge-
macht wurde. Die nothwendig daraus folgende Reaction ist ver-
mieden und "nicht ein Dollar durch Entwertung der Circulati-
onsmittel verloren worden." Die Anleihen für den mexicanischen
Krieg sind über Pari abgeschlossen worden und haben der Re-
gierung eine reiche Prämie abgeworfen. Das neue System ist
durch eine zweijährige Erfahrung erprobt worden und seine Er-
haltung unter den nothwendigen aber unwesentlichen Modificatio-
nen wird dringend empfohlen. -- Die Verträge wegen Postbe-
förderung in kriegsfähigen Dampfbooten
verspre-
chen in jeder Beziehung der Flotte wie dem Handel den erwarte-
ten Nutzen zu bringen. Die Portoeinnahmen steigern sich rasch;
während des letzten Finanzjahres betrugen sie 4,371,000 Dollars
oder 425,000 Dollars mehr als im Jahre 1847. Der Präsident
erwähnt schließlich der Vetogewalt, in deren voller Anwen-
dung ihn das Beispiel von vieren seiner Vorgänger rechtfertige.
Diese Gewalt, sagt er, ist nie mißbraucht worden, und die Gefahr
des Mißbrauches ist sehr gering.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Hier glauben wir auf einen Anachronismus aufmerksam machen
zu müssen. Nach den Veränderungen dieses Jahres gibt es keinen
Staat mehr in Deutschland, wo nicht das verantwortliche Ministerium
mit der Kammermehrheit die Politik der Regierung bestimmte; wenn
also ein deutscher Einzelstaat sich gegen die Jnteressen der Einheit auf-
lehnen sollte, so kann Dies nur durch die Volksvertretung geschehen
und die Schuld davon fiele nicht auf die Fürsten, sondern lediglich auf
das Volk selbst, das freilich bei seinen Wahlen mitunter mehr auf
seichte Schwätzer und Krakeeler, als auf Männer von Nationalsinn
und politischem Charakter zu sehen schien.     A. d. R.

[Beginn Spaltensatz] unsere Väter sagen, wenn wir zu diesen versammelt werden, ob
dieser Trauerbotschaft? Warum habet ihr unser Deutschland zer-
rissen? Wie werden die deutschen Fürsten 1) sich verantworten
können, wenn der Cherusker, wenn Karl der Große, wenn die
Ottonen, die Hohenstaufen sie vor Gericht ziehen? Glauben
etwa unsere Politiker sich da herauswinden zu können, wie in
ihren diplomatischen Congressen, auf den Tribunen und in Zei-
tungen? Glauben sie etwa, daß solcher Quark auch dort noch
gelte? Mag man immerhin von „Träumereien“ reden, über das
Jenseits lächeln; meinen Glauben nimmt man mir nicht: wir
werden die Väter sehen und gerichtet werden; mag man auch die-
sen Glauben verhöhnen, Eines bleibt: die Schuld! Vor= und
Nachwelt werden uns richten, das Gewissen sicher uns strafen.

Jst es denn nicht möglich, gibt es denn kein Mittel, Deutsch-
land und Oesterreich zusammen zu halten? Geht Oesterreich, geht
Deutschland zu Grunde, wenn sie vereint werden? Was ge-
bietet
ihre Trennung? Wäre es nicht schnöder Eigensinn beider
Parteien, aus blosem Hochmuthe sich von dem Bruder Nichts
vorschreiben zu lassen? Thun wir Nichts aus kleinlicher Rache,
opfern wir unsere Eigenliebe dem Vaterlande, zeigen wir Oester-
reich, was Vaterlandsliebe, was Liebe zur Eintracht zu thun ver-
mag, geben wir nach, wo die Einheit es erheischt, und der gute
Geist der Oesterreicher wird uns, so Gott will, entgegenkommen.
Vereinen wir uns auf das innigste, wählen wir ihren Kai-
ser zu unserm Kaiser, Deutschland habe seine Ver-
fassung, dieslavischen und andere Länder die ihri-
gen.
Vereinigen wir uns auf irgend eine Art, damit auf uns
nicht die Schmach, die Schande, die Schuld komme, Deutschland
zerrissen zu haben!

Ohrdruff 23. December. ( D. A. Z. ) Unser Thüringerwald,
die Holzkammer vieler Millionen Menschen, ist jetzt dem gewissen-
losesten Frevel preisgegeben und Niemand wagt dem Uebel ent-
gegenzutreten; es scheint, als ob in unseren Waldstädtchen und
Dörfern der Holzdiebstahl aus der Liste der Verbrechen gestrichen
sey. Die Forstbeamten, wenn sie ihrer Pflicht nachkommen wol-
len, setzen sich den größten Gefahren aus — so wurde ganz kürz-
lich ein Forstmeister im Walde erschossen, — ja sie sind nicht ein-
mal an öffentlichen Orten tolerirt, denn zeigen sie sich in geschlosse-
nen Gesellschaften, auf den Schießhäusern oder in den Wirths-
häusern, so werden sie so lange verhöhnt, bis sie den Ort ver-
lassen. Als kürzlich eine Abtheilung sächsischen Militärs nach
Tambach gelegt worden, wurde der Abgeordnete für diesen Ort
bei der Ständeversammlung sogleich bedeutet, dagegen zu protesti-
ren, und dieser, obschon er das Unheil seiner Gegend recht wohl
kannte, versicherte, daß durchaus keine Veranlassung zu militäri-
scher Besetzung vorhanden sey, da sich Alles auf dem Boden des
Gesetzes bewege. Er konnte nicht anders, wenn er seine Familie
und sein Eigenthum nicht in Gefahr bringen wollte. Die Demo-
ralisation unserer Waldgrenzbewohner in dieser Beziehung ist so
allgemein und so intensiv, daß, wenn die Regierungen der thü-
ringer Staaten nicht ernstliche Maßregeln ergreifen, unsere
Waldcultur vielleicht für ein Jahrhundert großentheils vernichtet
werden kann.

Frankfurt 22. December. ( Karlsr. Z. ) Die hannoversche
Regierung hat sich über die Grundrechte amtlich dahin erklärt,
daß sie in denselben zwar sehr viel Schönes und Gutes finde,
aber auch Manches, was für Hannover nicht passe und dem Lande
einen Verlust von vielen Millionen verursachen könne, namentlich
in Bezug auf das Güterwesen. Jn ähnlicher Weise soll Bayern
erklärt haben, daß es die neue Wechselordnung vor der Voll-
ziehung erst seinen Ständen vorlegen müsse.

Der neue österreichische Ausschuß will Verhandlung mit
Deutsch=Oesterreich durch Reichscommissäre und mit Außerdeutsch-
Oesterreich durch Gesandte. Da sie nur mit einer und derselben
Regierung zu verhandeln haben werden, so ist das ein Seitenstück
zu dem Marschall Soult, der, wenn man ihn als Ministerpräsi-
denten aufsuchte, einen schwarzen Frack, fragte man aber nach
[Spaltenumbruch] dem Kriegsminister, eine militärische Uniform anzog, und im
Falle beide Eigenschaften gleichzeitig in Anspruch genommen wur-
den, halb in einen militärischen, halb in einen Civilärmel
schlüpfte, — in den Spottbildern der Witzblätter nämlich. Der
Hauptanstoß übrigens, nämlich, daß man von Oesterreich eine
Zerschneidung der österreichischen Monarchie verlangt, wird durch
die sinnreiche Einkleidung der Reichsdiplomatie in zweierlei Aer-
mel eher hervorgehoben und verstärkt, als bei Seite geschafft.
Und mit derartigen Auskunftsmitteln glaubt man eine welthisto= }
rische Frage zur Lösung zu bringen!

Oesterreichische Monarchie.

Aus Agram, der Hauptstadt Croatiens ist eine Erge-
benheitsadresse an den Kaiser Franz Joseph abgegangen, in
welcher es u. a. heißt: Die Königreiche ( Dalmatien, Croatien,
Slavonien ) haben in der neuerlich erfolgten gnädigsten Ernenn-
ung ihres Bans zum Gouverneur von Dalmatien und Fiume
dankbar eine neue Bürgschaft für die huldreiche Berücksichtigung
ihrer heiligsten Wünsche erkannt, die nie ein anderes Ziel als
Wahrung ihrer nationalen Selbstständigkeit und constitutionellen
Freiheit, die Kräftigung der Gesammtmonarchie, und die Be-
festigung der königlichen Macht und Würde anstreben können.
Genehmigen Euere Majestät diesen ungekünstelten Ausdruck der
loyalsten Gesinnung von der treugehorsamsten Banal=Conferenz
der Königreiche Croatien und Slavonien.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Neuyork 6. December. ( W. Z. ) Polks Abschiedsbot-
schaft
gehört zu den längsten Actenstücken, die je im Namen
eines amerikanischen Präsidenten ausgefertigt worden sind, und
das will viel sagen. Sie beginnt mit einem Blicke auf die aus-
wärtigen Angelegenheiten;
mit allen Mächten besteht ein
freundschaftliches Verhältniß, mit Mexiko ist der Friede herge-
stellt, mit Peru, Neugranada, Neapel, Belgien, Hannover,
Oldenburg und Mecklenburg=Schwerin sind Handelsverträge ab-
geschlossen. Die Gründung der französischen Republik
und Deutschlands Einheitsbestrebungen werden als
glückliche Ereignisse begrüßt. Der Präsident ist überzeugt, daß die
Ausdehnung ihres Gebietes die Union nicht schwächen, sondern
jeder neu hinzukommende Staat für sie ein neues Element der
Stärke seyn wird. Der Schatzsecretär wird in seinem Jahres-
berichte den sehr befriedigenden Finanzzustand des
Landes darlegen. Das Land hat im letzten Finanzjahre über
134 Millionen Dollars imponirt und für 135 Millionen ex-
portirt; 21 Millionen betrug der Werth des Zwischenhandels.
Der Schatz bezog in derselben Zeit 31,757,000 Dollars an
Zöllen, 3,328,000 aus dem Verkaufe von Staatsländereien.
Mit Rücksicht auf die Goldminen von Californien
empfiehlt der Präsident dem Congresse die Errichtung einer
Filialmünzanstalt. — Die Reformen des Zolltarifs im Jahre
1846 ( im Sinne der Handelsfreiheit ) haben sehr günstig gewirkt;
Großbritannien und andere Nationen sind dem liberalen Bei-
spiele gefolgt und Amerika's Handel hat seitdem einen bedeutenden
Aufschwung genommen. Die Staatseinkünfte haben den Voran-
schlag um1 1 / 4 Millionen überstiegen. — Trotz der europäischen
Erschütterungen sind die Ver. St. von einer Krisis des öffent-
lichen und Privatcredits
verschont geblieben. Der Präsi-
dent schreibt dies glückliche Resultat dem neuen Schatzsysteme zu,
wodurch verhindert wurde, daß das im Jahre 1847 importirte
Geld in die Banken ging und zur Grundlage einer übertriebenen
Papiercirculation und eines unnatürlichen Scheinreichthumes ge-
macht wurde. Die nothwendig daraus folgende Reaction ist ver-
mieden und „nicht ein Dollar durch Entwertung der Circulati-
onsmittel verloren worden.“ Die Anleihen für den mexicanischen
Krieg sind über Pari abgeschlossen worden und haben der Re-
gierung eine reiche Prämie abgeworfen. Das neue System ist
durch eine zweijährige Erfahrung erprobt worden und seine Er-
haltung unter den nothwendigen aber unwesentlichen Modificatio-
nen wird dringend empfohlen. — Die Verträge wegen Postbe-
förderung in kriegsfähigen Dampfbooten
verspre-
chen in jeder Beziehung der Flotte wie dem Handel den erwarte-
ten Nutzen zu bringen. Die Portoeinnahmen steigern sich rasch;
während des letzten Finanzjahres betrugen sie 4,371,000 Dollars
oder 425,000 Dollars mehr als im Jahre 1847. Der Präsident
erwähnt schließlich der Vetogewalt, in deren voller Anwen-
dung ihn das Beispiel von vieren seiner Vorgänger rechtfertige.
Diese Gewalt, sagt er, ist nie mißbraucht worden, und die Gefahr
des Mißbrauches ist sehr gering.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

1) Hier glauben wir auf einen Anachronismus aufmerksam machen
zu müssen. Nach den Veränderungen dieses Jahres gibt es keinen
Staat mehr in Deutschland, wo nicht das verantwortliche Ministerium
mit der Kammermehrheit die Politik der Regierung bestimmte; wenn
also ein deutscher Einzelstaat sich gegen die Jnteressen der Einheit auf-
lehnen sollte, so kann Dies nur durch die Volksvertretung geschehen
und die Schuld davon fiele nicht auf die Fürsten, sondern lediglich auf
das Volk selbst, das freilich bei seinen Wahlen mitunter mehr auf
seichte Schwätzer und Krakeeler, als auf Männer von Nationalsinn
und politischem Charakter zu sehen schien.     A. d. R.
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[0006] unsere Väter sagen, wenn wir zu diesen versammelt werden, ob dieser Trauerbotschaft? Warum habet ihr unser Deutschland zer- rissen? Wie werden die deutschen Fürsten 1) sich verantworten können, wenn der Cherusker, wenn Karl der Große, wenn die Ottonen, die Hohenstaufen sie vor Gericht ziehen? Glauben etwa unsere Politiker sich da herauswinden zu können, wie in ihren diplomatischen Congressen, auf den Tribunen und in Zei- tungen? Glauben sie etwa, daß solcher Quark auch dort noch gelte? Mag man immerhin von „Träumereien“ reden, über das Jenseits lächeln; meinen Glauben nimmt man mir nicht: wir werden die Väter sehen und gerichtet werden; mag man auch die- sen Glauben verhöhnen, Eines bleibt: die Schuld! Vor= und Nachwelt werden uns richten, das Gewissen sicher uns strafen. Jst es denn nicht möglich, gibt es denn kein Mittel, Deutsch- land und Oesterreich zusammen zu halten? Geht Oesterreich, geht Deutschland zu Grunde, wenn sie vereint werden? Was ge- bietet ihre Trennung? Wäre es nicht schnöder Eigensinn beider Parteien, aus blosem Hochmuthe sich von dem Bruder Nichts vorschreiben zu lassen? Thun wir Nichts aus kleinlicher Rache, opfern wir unsere Eigenliebe dem Vaterlande, zeigen wir Oester- reich, was Vaterlandsliebe, was Liebe zur Eintracht zu thun ver- mag, geben wir nach, wo die Einheit es erheischt, und der gute Geist der Oesterreicher wird uns, so Gott will, entgegenkommen. Vereinen wir uns auf das innigste, wählen wir ihren Kai- ser zu unserm Kaiser, Deutschland habe seine Ver- fassung, dieslavischen und andere Länder die ihri- gen. Vereinigen wir uns auf irgend eine Art, damit auf uns nicht die Schmach, die Schande, die Schuld komme, Deutschland zerrissen zu haben! Ohrdruff 23. December. ( D. A. Z. ) Unser Thüringerwald, die Holzkammer vieler Millionen Menschen, ist jetzt dem gewissen- losesten Frevel preisgegeben und Niemand wagt dem Uebel ent- gegenzutreten; es scheint, als ob in unseren Waldstädtchen und Dörfern der Holzdiebstahl aus der Liste der Verbrechen gestrichen sey. Die Forstbeamten, wenn sie ihrer Pflicht nachkommen wol- len, setzen sich den größten Gefahren aus — so wurde ganz kürz- lich ein Forstmeister im Walde erschossen, — ja sie sind nicht ein- mal an öffentlichen Orten tolerirt, denn zeigen sie sich in geschlosse- nen Gesellschaften, auf den Schießhäusern oder in den Wirths- häusern, so werden sie so lange verhöhnt, bis sie den Ort ver- lassen. Als kürzlich eine Abtheilung sächsischen Militärs nach Tambach gelegt worden, wurde der Abgeordnete für diesen Ort bei der Ständeversammlung sogleich bedeutet, dagegen zu protesti- ren, und dieser, obschon er das Unheil seiner Gegend recht wohl kannte, versicherte, daß durchaus keine Veranlassung zu militäri- scher Besetzung vorhanden sey, da sich Alles auf dem Boden des Gesetzes bewege. Er konnte nicht anders, wenn er seine Familie und sein Eigenthum nicht in Gefahr bringen wollte. Die Demo- ralisation unserer Waldgrenzbewohner in dieser Beziehung ist so allgemein und so intensiv, daß, wenn die Regierungen der thü- ringer Staaten nicht ernstliche Maßregeln ergreifen, unsere Waldcultur vielleicht für ein Jahrhundert großentheils vernichtet werden kann. Frankfurt 22. December. ( Karlsr. Z. ) Die hannoversche Regierung hat sich über die Grundrechte amtlich dahin erklärt, daß sie in denselben zwar sehr viel Schönes und Gutes finde, aber auch Manches, was für Hannover nicht passe und dem Lande einen Verlust von vielen Millionen verursachen könne, namentlich in Bezug auf das Güterwesen. Jn ähnlicher Weise soll Bayern erklärt haben, daß es die neue Wechselordnung vor der Voll- ziehung erst seinen Ständen vorlegen müsse. Der neue österreichische Ausschuß will Verhandlung mit Deutsch=Oesterreich durch Reichscommissäre und mit Außerdeutsch- Oesterreich durch Gesandte. Da sie nur mit einer und derselben Regierung zu verhandeln haben werden, so ist das ein Seitenstück zu dem Marschall Soult, der, wenn man ihn als Ministerpräsi- denten aufsuchte, einen schwarzen Frack, fragte man aber nach dem Kriegsminister, eine militärische Uniform anzog, und im Falle beide Eigenschaften gleichzeitig in Anspruch genommen wur- den, halb in einen militärischen, halb in einen Civilärmel schlüpfte, — in den Spottbildern der Witzblätter nämlich. Der Hauptanstoß übrigens, nämlich, daß man von Oesterreich eine Zerschneidung der österreichischen Monarchie verlangt, wird durch die sinnreiche Einkleidung der Reichsdiplomatie in zweierlei Aer- mel eher hervorgehoben und verstärkt, als bei Seite geschafft. Und mit derartigen Auskunftsmitteln glaubt man eine welthisto= } rische Frage zur Lösung zu bringen! Oesterreichische Monarchie. Aus Agram, der Hauptstadt Croatiens ist eine Erge- benheitsadresse an den Kaiser Franz Joseph abgegangen, in welcher es u. a. heißt: Die Königreiche ( Dalmatien, Croatien, Slavonien ) haben in der neuerlich erfolgten gnädigsten Ernenn- ung ihres Bans zum Gouverneur von Dalmatien und Fiume dankbar eine neue Bürgschaft für die huldreiche Berücksichtigung ihrer heiligsten Wünsche erkannt, die nie ein anderes Ziel als Wahrung ihrer nationalen Selbstständigkeit und constitutionellen Freiheit, die Kräftigung der Gesammtmonarchie, und die Be- festigung der königlichen Macht und Würde anstreben können. Genehmigen Euere Majestät diesen ungekünstelten Ausdruck der loyalsten Gesinnung von der treugehorsamsten Banal=Conferenz der Königreiche Croatien und Slavonien. Vereinigte Staaten von Nordamerika. Neuyork 6. December. ( W. Z. ) Polks Abschiedsbot- schaft gehört zu den längsten Actenstücken, die je im Namen eines amerikanischen Präsidenten ausgefertigt worden sind, und das will viel sagen. Sie beginnt mit einem Blicke auf die aus- wärtigen Angelegenheiten; mit allen Mächten besteht ein freundschaftliches Verhältniß, mit Mexiko ist der Friede herge- stellt, mit Peru, Neugranada, Neapel, Belgien, Hannover, Oldenburg und Mecklenburg=Schwerin sind Handelsverträge ab- geschlossen. Die Gründung der französischen Republik und Deutschlands Einheitsbestrebungen werden als glückliche Ereignisse begrüßt. Der Präsident ist überzeugt, daß die Ausdehnung ihres Gebietes die Union nicht schwächen, sondern jeder neu hinzukommende Staat für sie ein neues Element der Stärke seyn wird. Der Schatzsecretär wird in seinem Jahres- berichte den sehr befriedigenden Finanzzustand des Landes darlegen. Das Land hat im letzten Finanzjahre über 134 Millionen Dollars imponirt und für 135 Millionen ex- portirt; 21 Millionen betrug der Werth des Zwischenhandels. Der Schatz bezog in derselben Zeit 31,757,000 Dollars an Zöllen, 3,328,000 aus dem Verkaufe von Staatsländereien. Mit Rücksicht auf die Goldminen von Californien empfiehlt der Präsident dem Congresse die Errichtung einer Filialmünzanstalt. — Die Reformen des Zolltarifs im Jahre 1846 ( im Sinne der Handelsfreiheit ) haben sehr günstig gewirkt; Großbritannien und andere Nationen sind dem liberalen Bei- spiele gefolgt und Amerika's Handel hat seitdem einen bedeutenden Aufschwung genommen. Die Staatseinkünfte haben den Voran- schlag um1 1 / 4 Millionen überstiegen. — Trotz der europäischen Erschütterungen sind die Ver. St. von einer Krisis des öffent- lichen und Privatcredits verschont geblieben. Der Präsi- dent schreibt dies glückliche Resultat dem neuen Schatzsysteme zu, wodurch verhindert wurde, daß das im Jahre 1847 importirte Geld in die Banken ging und zur Grundlage einer übertriebenen Papiercirculation und eines unnatürlichen Scheinreichthumes ge- macht wurde. Die nothwendig daraus folgende Reaction ist ver- mieden und „nicht ein Dollar durch Entwertung der Circulati- onsmittel verloren worden.“ Die Anleihen für den mexicanischen Krieg sind über Pari abgeschlossen worden und haben der Re- gierung eine reiche Prämie abgeworfen. Das neue System ist durch eine zweijährige Erfahrung erprobt worden und seine Er- haltung unter den nothwendigen aber unwesentlichen Modificatio- nen wird dringend empfohlen. — Die Verträge wegen Postbe- förderung in kriegsfähigen Dampfbooten verspre- chen in jeder Beziehung der Flotte wie dem Handel den erwarte- ten Nutzen zu bringen. Die Portoeinnahmen steigern sich rasch; während des letzten Finanzjahres betrugen sie 4,371,000 Dollars oder 425,000 Dollars mehr als im Jahre 1847. Der Präsident erwähnt schließlich der Vetogewalt, in deren voller Anwen- dung ihn das Beispiel von vieren seiner Vorgänger rechtfertige. Diese Gewalt, sagt er, ist nie mißbraucht worden, und die Gefahr des Mißbrauches ist sehr gering. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Hier glauben wir auf einen Anachronismus aufmerksam machen zu müssen. Nach den Veränderungen dieses Jahres gibt es keinen Staat mehr in Deutschland, wo nicht das verantwortliche Ministerium mit der Kammermehrheit die Politik der Regierung bestimmte; wenn also ein deutscher Einzelstaat sich gegen die Jnteressen der Einheit auf- lehnen sollte, so kann Dies nur durch die Volksvertretung geschehen und die Schuld davon fiele nicht auf die Fürsten, sondern lediglich auf das Volk selbst, das freilich bei seinen Wahlen mitunter mehr auf seichte Schwätzer und Krakeeler, als auf Männer von Nationalsinn und politischem Charakter zu sehen schien. A. d. R.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal173_1848/6>, abgerufen am 31.05.2024.