Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 261. Mainz, 3. November 1849.

Bild:
erste Seite
Mainzer Journal.


Nro 261. Samstag, den 3. November. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Noch ein Beitrag zur Geschichte der Entsetzung
von Landau.

§ Vom Maine 30. October. Ein Kämpe des officiellen
Organes der Weisen und Edeln von Gotha, darüber entrüstet,
daß sich die bayrische Regierung herausnehme, sich dem Attentate
auf die ihr gebührenden Zollgefälle zu widersetzen, hat geglaubt
aus dem reichen Schatze der Erinnerungen seiner staatsmännischen
Wirksamkeit in der für ihn leider untergegangenen schöneren
Epoche nachmärzlicher Zeit den Beweis liefern zu sollen, daß die
preußische Hilfe für die Pfalz um Mitte Juni, als das bayrische
Armeekorps des Fürsten Taxis nur mehr ein paar Tagemärsche
vom Rheine entfernt war, -- wirklich eine dringende gewesen sey,
weil der Commandant von Landau am 17. Mai, also vier Wo-
chen früher, um eine Verstärkung der Besatzung dieser Festung
nachgesucht habe. Jst die Logik dieser Beweisführung schon an
sich sehr bemerkenswerth 1), so wird sie es noch mehr dadurch,
daß eben diese Festung, obwohl ihr keine Hilfe zukam, sich be-
kanntlich nicht nur bis zu dem einen vollen Monat später statt-
findenden Entsatz hielt, sondern sich sicher auch noch länger ge-
halten haben würde. Der edle Kämpe hat solches wohl selbst ge-
fühlt und hat daher im Sinne seiner Beweisführung dieselbe
auch noch durch die Behauptung bekräftigen zu müssen geglaubt,
daß der bayrische Bevollmächtigte damals einen benachbar-
ten kleinen Staat
flehentlich gebeten habe, Landau mit einem
Regimente zu Hilfe zu kommen.

Das Blatt der "Deutschen Zeitung" vom 27. October enthält
nun eine Beleuchtung und Zurückweisung jenes Artikels von Sei-
ten des bayrischen Bevollmächtigten Obersten von Xylander,
wodurch nachgewiesen wird, daß alle Hauptsätze jener Beweis-
führung unbegründet und unwahr sind, insbesondere daß
es an den nöthigen Truppen für Landau damals nicht gefehlt
haben würde, wenn man sie nur von Frankfurt aus hätte dahin
senden wollen, -- und daß der Bevollmächtigte sich an einen be-
nachbarten Staat nicht gewendet habe. Da wir zufällig in jener
Zeit zu Frankfurt anwesend waren und die ganze Angelegenheit
genau kennen zu lernen Gelegenheit hatten, so wollen wir es ver-
suchen einige Stellen der bayrischen Zurückweisung, welche uns
zu schonend gehalten zu seyn scheinen, etwas deutlicher aufzutra-
gen und dieselben zu ergänzen.

Die Zurückweisung ertheilt dem Verfasser jenes Artikels den
Rath, sich bei den Mitgliedern des damaligen Reichsministeriums
zu erkundigen, weshalb sich dasselbe fortwährend geweigert habe,
das bayrische Jägerbataillon nach der Pfalz zu senden. Diesem
Herrn wird jedoch das hierher Bezügliche schon längst bekannt
seyn, während dagegen dem größeren Publicum darüber noch die
nöthigen Aufschlüsse fehlen, und wir wollen es daher versuchen
wenigstens einige Andeutungen darüber zu liefern. Da wir aber
nicht so glücklich sind, unmittelbar aus der lauteren Quelle jener
Mitglieder des damaligen Reichsministeriums schöpfen zu können,
so bleibt uns freilich nur das Feld der Schlußfolgerungen. Das
Ministerium Gagern hat den Herrn Eisenstuck nach der
Pfalz geschickt, um den dort im Entstehen begriffenen Aufruhr
ins Geleise zu bringen. Wer Herrn Eisenstuck nach der Pfalz
schickte, konnte ein Bataillon treuer Bayern nicht ebenfalls dahin
senden. Das wäre eine Zweideutigkeit gewesen, deren das Mini-
sterium Gagern nicht fähig war. Herr Eisenstuck kam bekanntlich
noch gerade recht nach Landau, um das vom Reichskriegsminister
General von Peucker so einseitig als unzeitig dahin gesendete
preußische Bataillon vor dem Thore umkehren zu lassen, und es
wäre ganz unverständig gewesen, ein zuverlässiges bayrisches
Bataillon hinzuschicken. Dabei ist wohl zu erwägen, daß das
[Spaltenumbruch] verlorene Landau ein Gewinn für das Reich vom 28. März
1849, vielleicht sogar für den Erbkaiser werden konnte, --
denn es war damals noch nicht sicher, noch erschienen Streit-
schriften darüber, ob die Berliner Antwort als ja oder als nein
zu deuten sey. Landau konnte dem Erbkaiser zufallen, entweder
als Geschenk von Seite der polyglotten Vertheidiger der deutschen
Reichsverfassung in der Pfalz, oder in einem anderen Falle als
preußische Eroberung auf dieselbe Weise wie Rastatt.

Auf vorstehende Weise könnte argumentirt werden und ist auch
schon von Vielen argumentirt worden. Wir sind jedoch weit entfernt,
damit übereinzustimmen. Heinrich v. Gagern und seine Genossen
waren einer solchen Handlungsweise nimmer fähig, dessen sind
wir überzeugt, wenigstens so lange nicht begründetere Beweise
beigebracht werden. Freilich gibt es Leute, welche der Meinung
sind, daß in der obigen Argumentation ganz und gar nichts
Auffallendes liege, da Herr von Gagern sammt seinen Freunden
bezüglich der Reichsverfassung bekanntlich mit Denjenigen einen
Pact geschlossen hat, welche sich selbst als die offenen Feinde der
bestehenden Ordnung der Dinge erklärt und offen dagegen auf-
getreten sind. Aber auch Dieses kann uns in unserer obigen An-
sicht nicht wankend machen, wir halten durchaus das Ministerium
Gagern solcher Handlungsweise nicht fähig; aber Das müssen
wir freilich beifügen, daß wir es auch in anderer Beziehung für
unfähig halten und zum Beweise Dessen dient uns eben die Sen-
dung des Herrn Eisenstuck. Unserer Ansicht nach gibt es bezüglich
dieser Sendung nur die Alternative: entweder sah das Ministe-
rium Gagern voraus, auf welche Weise Eisenstuck seine Voll-
macht benützen werde, oder es sah dies nicht voraus. Jm ersten
Falle hätte es auf eine unverantwortliche Weise gehandelt, welche
wir nicht näher bezeichnen wollen, weil wohl Jedermann das
rechte Wort dafür finden wird; im zweiten Falle aber eine Be-
schränktheit, eine Blindheit an den Tag gelegt, welche zu jeder
Leitung von Staatsangelegenheiten unfähig macht. Wer nun,
wie wir, das Erstere nicht glaubt, muß sich natürlich ans Letztere
halten.

Die Zurückweisung des bayrischen Bevollmächtigten zeigt
ferner ausführlich, daß derselbe gar nicht in dem Falle war,
eine Bitte an die Regierung des benachbarten kleinen Staates
zu stellen und eine solche daher auch nie gestellt habe, wie solches
ohnehin Jedem klar ist, der nur einiger Maßen in den höheren
wechselseitigen geschäftlichen Beziehungen bewandert ist. Diese
ganze Aufstellung des edeln Kämpen der kleindeutschen Zeitung
sammt der lächerlichen Behauptung von der flehentlichen Miene,
mit der jene Bitte, welche nie gestellt worden ist, begleitet wor-
den seyn soll, ist daher eine Unwahrheit, deren Entstehen sich
nur aus der Eitelkeit des kleinen Staatsmannes eines
kleinen Staates, weil man ihn in einer solchen Angelegen-
heit consultirt hat, -- erklären läßt.

Der Grund aber, weshalb die Absendung des verlangten
Regimentes nach Landau nicht erfolgte, welchen der Artikel nicht
aufführt und auf welchen ohne Zweifel die Zurückweisung des
Bevollmächtigten hinweist, bestand, wie solches damals im
Reichskriegsministerium allgemein bekannt war, darin, daß
Herr Hergenhan, der Vorstand des Ministeriums des be-
nachbarten Nassau erklärte, daß, wenn sich auch die herzog-
lichen Truppen in der letzten Zeit gut betragen haben, so müßte
doch bezweifelt werden, ob dieselben unter den obwaltenden Um-
ständen zur Besatzung der Festung Landau zu verwenden und ob
dabei auf ihre Zuverlässigkeit zu zählen seyn werde. Es ist klar,
daß nach einem solchen Geständnisse des Herrn Ministerialvor-
standes auf eine Verwendung dieses Regimentes verzichtet werden
mußte. Durch die Mittheilung Dessen, was derselbe damals ge-
äußert hat, wollen wir übrigens jenen Truppen nicht zu nahe
treten, denn wer könnte die beklagenswerthe Lage verkennen, in
welche die Truppen theils mehrerer kleineren Staaten durch die
Staatsmänner der nun doppelt verunglückten Reichsverfassungs-
oder Bundesstaatspartei, sowohl durch das Verlangen auf Ver-
[Ende Spaltensatz]

1) Aus der Anmerkung, welche die "Deutsche Zeitung" der im
Blatte vom 27. enthaltenen Entgegnung des Bevollmächtigten beifügt,
geht hervor, daß dieses Organ selbst jetzt noch nicht einsieht, daß es
sich um zwei wesentlich verschiedene Momente handele und, daß Lan-
dau
im Mai bedroht seyn konnte, ohne daß es im Juni der preußi-
schen Hilfe für die Pfalz bedurfte!
Mainzer Journal.


Nro 261. Samstag, den 3. November. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Noch ein Beitrag zur Geschichte der Entsetzung
von Landau.

§ Vom Maine 30. October. Ein Kämpe des officiellen
Organes der Weisen und Edeln von Gotha, darüber entrüstet,
daß sich die bayrische Regierung herausnehme, sich dem Attentate
auf die ihr gebührenden Zollgefälle zu widersetzen, hat geglaubt
aus dem reichen Schatze der Erinnerungen seiner staatsmännischen
Wirksamkeit in der für ihn leider untergegangenen schöneren
Epoche nachmärzlicher Zeit den Beweis liefern zu sollen, daß die
preußische Hilfe für die Pfalz um Mitte Juni, als das bayrische
Armeekorps des Fürsten Taxis nur mehr ein paar Tagemärsche
vom Rheine entfernt war, — wirklich eine dringende gewesen sey,
weil der Commandant von Landau am 17. Mai, also vier Wo-
chen früher, um eine Verstärkung der Besatzung dieser Festung
nachgesucht habe. Jst die Logik dieser Beweisführung schon an
sich sehr bemerkenswerth 1), so wird sie es noch mehr dadurch,
daß eben diese Festung, obwohl ihr keine Hilfe zukam, sich be-
kanntlich nicht nur bis zu dem einen vollen Monat später statt-
findenden Entsatz hielt, sondern sich sicher auch noch länger ge-
halten haben würde. Der edle Kämpe hat solches wohl selbst ge-
fühlt und hat daher im Sinne seiner Beweisführung dieselbe
auch noch durch die Behauptung bekräftigen zu müssen geglaubt,
daß der bayrische Bevollmächtigte damals einen benachbar-
ten kleinen Staat
flehentlich gebeten habe, Landau mit einem
Regimente zu Hilfe zu kommen.

Das Blatt der „Deutschen Zeitung“ vom 27. October enthält
nun eine Beleuchtung und Zurückweisung jenes Artikels von Sei-
ten des bayrischen Bevollmächtigten Obersten von Xylander,
wodurch nachgewiesen wird, daß alle Hauptsätze jener Beweis-
führung unbegründet und unwahr sind, insbesondere daß
es an den nöthigen Truppen für Landau damals nicht gefehlt
haben würde, wenn man sie nur von Frankfurt aus hätte dahin
senden wollen, — und daß der Bevollmächtigte sich an einen be-
nachbarten Staat nicht gewendet habe. Da wir zufällig in jener
Zeit zu Frankfurt anwesend waren und die ganze Angelegenheit
genau kennen zu lernen Gelegenheit hatten, so wollen wir es ver-
suchen einige Stellen der bayrischen Zurückweisung, welche uns
zu schonend gehalten zu seyn scheinen, etwas deutlicher aufzutra-
gen und dieselben zu ergänzen.

Die Zurückweisung ertheilt dem Verfasser jenes Artikels den
Rath, sich bei den Mitgliedern des damaligen Reichsministeriums
zu erkundigen, weshalb sich dasselbe fortwährend geweigert habe,
das bayrische Jägerbataillon nach der Pfalz zu senden. Diesem
Herrn wird jedoch das hierher Bezügliche schon längst bekannt
seyn, während dagegen dem größeren Publicum darüber noch die
nöthigen Aufschlüsse fehlen, und wir wollen es daher versuchen
wenigstens einige Andeutungen darüber zu liefern. Da wir aber
nicht so glücklich sind, unmittelbar aus der lauteren Quelle jener
Mitglieder des damaligen Reichsministeriums schöpfen zu können,
so bleibt uns freilich nur das Feld der Schlußfolgerungen. Das
Ministerium Gagern hat den Herrn Eisenstuck nach der
Pfalz geschickt, um den dort im Entstehen begriffenen Aufruhr
ins Geleise zu bringen. Wer Herrn Eisenstuck nach der Pfalz
schickte, konnte ein Bataillon treuer Bayern nicht ebenfalls dahin
senden. Das wäre eine Zweideutigkeit gewesen, deren das Mini-
sterium Gagern nicht fähig war. Herr Eisenstuck kam bekanntlich
noch gerade recht nach Landau, um das vom Reichskriegsminister
General von Peucker so einseitig als unzeitig dahin gesendete
preußische Bataillon vor dem Thore umkehren zu lassen, und es
wäre ganz unverständig gewesen, ein zuverlässiges bayrisches
Bataillon hinzuschicken. Dabei ist wohl zu erwägen, daß das
[Spaltenumbruch] verlorene Landau ein Gewinn für das Reich vom 28. März
1849, vielleicht sogar für den Erbkaiser werden konnte, —
denn es war damals noch nicht sicher, noch erschienen Streit-
schriften darüber, ob die Berliner Antwort als ja oder als nein
zu deuten sey. Landau konnte dem Erbkaiser zufallen, entweder
als Geschenk von Seite der polyglotten Vertheidiger der deutschen
Reichsverfassung in der Pfalz, oder in einem anderen Falle als
preußische Eroberung auf dieselbe Weise wie Rastatt.

Auf vorstehende Weise könnte argumentirt werden und ist auch
schon von Vielen argumentirt worden. Wir sind jedoch weit entfernt,
damit übereinzustimmen. Heinrich v. Gagern und seine Genossen
waren einer solchen Handlungsweise nimmer fähig, dessen sind
wir überzeugt, wenigstens so lange nicht begründetere Beweise
beigebracht werden. Freilich gibt es Leute, welche der Meinung
sind, daß in der obigen Argumentation ganz und gar nichts
Auffallendes liege, da Herr von Gagern sammt seinen Freunden
bezüglich der Reichsverfassung bekanntlich mit Denjenigen einen
Pact geschlossen hat, welche sich selbst als die offenen Feinde der
bestehenden Ordnung der Dinge erklärt und offen dagegen auf-
getreten sind. Aber auch Dieses kann uns in unserer obigen An-
sicht nicht wankend machen, wir halten durchaus das Ministerium
Gagern solcher Handlungsweise nicht fähig; aber Das müssen
wir freilich beifügen, daß wir es auch in anderer Beziehung für
unfähig halten und zum Beweise Dessen dient uns eben die Sen-
dung des Herrn Eisenstuck. Unserer Ansicht nach gibt es bezüglich
dieser Sendung nur die Alternative: entweder sah das Ministe-
rium Gagern voraus, auf welche Weise Eisenstuck seine Voll-
macht benützen werde, oder es sah dies nicht voraus. Jm ersten
Falle hätte es auf eine unverantwortliche Weise gehandelt, welche
wir nicht näher bezeichnen wollen, weil wohl Jedermann das
rechte Wort dafür finden wird; im zweiten Falle aber eine Be-
schränktheit, eine Blindheit an den Tag gelegt, welche zu jeder
Leitung von Staatsangelegenheiten unfähig macht. Wer nun,
wie wir, das Erstere nicht glaubt, muß sich natürlich ans Letztere
halten.

Die Zurückweisung des bayrischen Bevollmächtigten zeigt
ferner ausführlich, daß derselbe gar nicht in dem Falle war,
eine Bitte an die Regierung des benachbarten kleinen Staates
zu stellen und eine solche daher auch nie gestellt habe, wie solches
ohnehin Jedem klar ist, der nur einiger Maßen in den höheren
wechselseitigen geschäftlichen Beziehungen bewandert ist. Diese
ganze Aufstellung des edeln Kämpen der kleindeutschen Zeitung
sammt der lächerlichen Behauptung von der flehentlichen Miene,
mit der jene Bitte, welche nie gestellt worden ist, begleitet wor-
den seyn soll, ist daher eine Unwahrheit, deren Entstehen sich
nur aus der Eitelkeit des kleinen Staatsmannes eines
kleinen Staates, weil man ihn in einer solchen Angelegen-
heit consultirt hat, — erklären läßt.

Der Grund aber, weshalb die Absendung des verlangten
Regimentes nach Landau nicht erfolgte, welchen der Artikel nicht
aufführt und auf welchen ohne Zweifel die Zurückweisung des
Bevollmächtigten hinweist, bestand, wie solches damals im
Reichskriegsministerium allgemein bekannt war, darin, daß
Herr Hergenhan, der Vorstand des Ministeriums des be-
nachbarten Nassau erklärte, daß, wenn sich auch die herzog-
lichen Truppen in der letzten Zeit gut betragen haben, so müßte
doch bezweifelt werden, ob dieselben unter den obwaltenden Um-
ständen zur Besatzung der Festung Landau zu verwenden und ob
dabei auf ihre Zuverlässigkeit zu zählen seyn werde. Es ist klar,
daß nach einem solchen Geständnisse des Herrn Ministerialvor-
standes auf eine Verwendung dieses Regimentes verzichtet werden
mußte. Durch die Mittheilung Dessen, was derselbe damals ge-
äußert hat, wollen wir übrigens jenen Truppen nicht zu nahe
treten, denn wer könnte die beklagenswerthe Lage verkennen, in
welche die Truppen theils mehrerer kleineren Staaten durch die
Staatsmänner der nun doppelt verunglückten Reichsverfassungs-
oder Bundesstaatspartei, sowohl durch das Verlangen auf Ver-
[Ende Spaltensatz]

1) Aus der Anmerkung, welche die „Deutsche Zeitung“ der im
Blatte vom 27. enthaltenen Entgegnung des Bevollmächtigten beifügt,
geht hervor, daß dieses Organ selbst jetzt noch nicht einsieht, daß es
sich um zwei wesentlich verschiedene Momente handele und, daß Lan-
dau
im Mai bedroht seyn konnte, ohne daß es im Juni der preußi-
schen Hilfe für die Pfalz bedurfte!
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001"/>
      <titlePage type="heading">
        <docTitle>
          <titlePart type="main"> <hi rendition="#fr">Mainzer Journal.</hi> </titlePart>
        </docTitle>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <docImprint>N<hi rendition="#sup">ro</hi> 261.                <docDate><hi rendition="#c">Samstag, den 3. November.</hi><hi rendition="#right">1849.</hi></docDate></docImprint>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Noch ein Beitrag zur Geschichte der Entsetzung<lb/>
von Landau.</head><lb/>
        <p>§ Vom Maine 30. October. Ein Kämpe des officiellen<lb/>
Organes der Weisen und Edeln von Gotha, darüber entrüstet,<lb/>
daß sich die bayrische Regierung herausnehme, sich dem Attentate<lb/>
auf die ihr gebührenden Zollgefälle zu widersetzen, hat geglaubt<lb/>
aus dem reichen Schatze der Erinnerungen seiner staatsmännischen<lb/>
Wirksamkeit in der für ihn leider untergegangenen schöneren<lb/>
Epoche nachmärzlicher Zeit den Beweis liefern zu sollen, daß die<lb/>
preußische Hilfe für die Pfalz um Mitte Juni, als das bayrische<lb/>
Armeekorps des Fürsten Taxis nur mehr ein paar Tagemärsche<lb/>
vom Rheine entfernt war, &#x2014; wirklich eine dringende gewesen sey,<lb/>
weil der Commandant von Landau am 17. Mai, also vier Wo-<lb/>
chen früher, um eine Verstärkung der Besatzung dieser Festung<lb/>
nachgesucht habe. Jst die Logik dieser Beweisführung schon an<lb/>
sich sehr bemerkenswerth <note place="foot" n="1)">Aus der Anmerkung, welche die &#x201E;Deutsche Zeitung&#x201C; der im<lb/>
Blatte vom 27. enthaltenen Entgegnung des Bevollmächtigten beifügt,<lb/>
geht hervor, daß dieses Organ selbst jetzt noch nicht einsieht, daß es<lb/>
sich um zwei wesentlich verschiedene Momente handele und, daß <hi rendition="#g">Lan-<lb/>
dau</hi> im Mai bedroht seyn konnte, ohne daß es im Juni der preußi-<lb/>
schen Hilfe <hi rendition="#g">für die Pfalz</hi> bedurfte!</note>, so wird sie es noch mehr dadurch,<lb/>
daß eben diese Festung, obwohl ihr keine Hilfe zukam, sich be-<lb/>
kanntlich nicht nur bis zu dem einen vollen Monat später statt-<lb/>
findenden Entsatz hielt, sondern sich sicher auch noch länger ge-<lb/>
halten haben würde. Der edle Kämpe hat solches wohl selbst ge-<lb/>
fühlt und hat daher im Sinne seiner Beweisführung dieselbe<lb/>
auch noch durch die Behauptung bekräftigen zu müssen geglaubt,<lb/>
daß der bayrische Bevollmächtigte damals <hi rendition="#g">einen benachbar-<lb/>
ten kleinen Staat</hi> flehentlich gebeten habe, Landau mit einem<lb/>
Regimente zu Hilfe zu kommen.</p><lb/>
        <p>Das Blatt der &#x201E;Deutschen Zeitung&#x201C; vom 27. October enthält<lb/>
nun eine Beleuchtung und Zurückweisung jenes Artikels von Sei-<lb/>
ten des bayrischen Bevollmächtigten Obersten <hi rendition="#g">von Xylander,</hi><lb/>
wodurch nachgewiesen wird, daß alle Hauptsätze jener Beweis-<lb/>
führung <hi rendition="#g">unbegründet</hi> und <hi rendition="#g">unwahr</hi> sind, insbesondere daß<lb/>
es an den nöthigen Truppen für Landau damals <hi rendition="#g">nicht</hi> gefehlt<lb/>
haben würde, wenn man sie nur von Frankfurt aus hätte dahin<lb/>
senden wollen, &#x2014; und daß der Bevollmächtigte sich an einen be-<lb/>
nachbarten Staat <hi rendition="#g">nicht</hi> gewendet habe. Da wir zufällig in jener<lb/>
Zeit zu Frankfurt anwesend waren und die ganze Angelegenheit<lb/>
genau kennen zu lernen Gelegenheit hatten, so wollen wir es ver-<lb/>
suchen einige Stellen der bayrischen Zurückweisung, welche uns<lb/>
zu schonend gehalten zu seyn scheinen, etwas deutlicher aufzutra-<lb/>
gen und dieselben zu ergänzen.</p><lb/>
        <p>Die Zurückweisung ertheilt dem Verfasser jenes Artikels den<lb/>
Rath, sich bei den Mitgliedern des damaligen Reichsministeriums<lb/>
zu erkundigen, weshalb sich dasselbe fortwährend geweigert habe,<lb/>
das bayrische Jägerbataillon nach der Pfalz zu senden. Diesem<lb/>
Herrn wird jedoch das hierher Bezügliche schon längst bekannt<lb/>
seyn, während dagegen dem größeren Publicum darüber noch die<lb/>
nöthigen Aufschlüsse fehlen, und wir wollen es daher versuchen<lb/>
wenigstens einige Andeutungen darüber zu liefern. Da wir aber<lb/>
nicht so glücklich sind, unmittelbar aus der lauteren Quelle jener<lb/>
Mitglieder des damaligen Reichsministeriums schöpfen zu können,<lb/>
so bleibt uns freilich nur das Feld der Schlußfolgerungen. Das<lb/>
Ministerium <hi rendition="#g">Gagern</hi> hat den Herrn <hi rendition="#g">Eisenstuck</hi> nach der<lb/>
Pfalz geschickt, um den dort im Entstehen begriffenen Aufruhr<lb/>
ins Geleise zu bringen. Wer Herrn Eisenstuck nach der Pfalz<lb/>
schickte, konnte ein Bataillon treuer Bayern nicht ebenfalls dahin<lb/>
senden. Das wäre eine Zweideutigkeit gewesen, deren das Mini-<lb/>
sterium Gagern nicht fähig war. Herr Eisenstuck kam bekanntlich<lb/>
noch gerade recht nach Landau, um das vom Reichskriegsminister<lb/>
General von Peucker so einseitig als unzeitig dahin gesendete<lb/>
preußische Bataillon vor dem Thore umkehren zu lassen, und es<lb/>
wäre ganz unverständig gewesen, ein zuverlässiges bayrisches<lb/>
Bataillon hinzuschicken. Dabei ist wohl zu erwägen, daß das<lb/><cb n="2"/>
verlorene Landau ein Gewinn <hi rendition="#g">für das Reich</hi> vom 28. März<lb/>
1849, vielleicht sogar <hi rendition="#g">für den Erbkaiser</hi> werden konnte, &#x2014;<lb/>
denn es war damals noch nicht sicher, noch erschienen Streit-<lb/>
schriften darüber, ob die Berliner Antwort als <hi rendition="#g">ja</hi> oder als <hi rendition="#g">nein</hi><lb/>
zu deuten sey. Landau konnte dem Erbkaiser zufallen, entweder<lb/>
als Geschenk von Seite der polyglotten Vertheidiger der deutschen<lb/>
Reichsverfassung in der Pfalz, oder in einem anderen Falle als<lb/>
preußische Eroberung auf dieselbe Weise wie Rastatt.</p><lb/>
        <p>Auf vorstehende Weise könnte argumentirt werden und ist auch<lb/>
schon von Vielen argumentirt worden. Wir sind jedoch weit entfernt,<lb/>
damit übereinzustimmen. Heinrich v. Gagern und seine Genossen<lb/>
waren einer solchen Handlungsweise nimmer fähig, dessen sind<lb/>
wir überzeugt, wenigstens so lange nicht begründetere Beweise<lb/>
beigebracht werden. Freilich gibt es Leute, welche der Meinung<lb/>
sind, daß in der obigen Argumentation ganz und gar nichts<lb/>
Auffallendes liege, da Herr von Gagern sammt seinen Freunden<lb/>
bezüglich der Reichsverfassung bekanntlich mit Denjenigen einen<lb/>
Pact geschlossen hat, welche sich selbst als die offenen Feinde der<lb/>
bestehenden Ordnung der Dinge erklärt und offen dagegen auf-<lb/>
getreten sind. Aber auch Dieses kann uns in unserer obigen An-<lb/>
sicht nicht wankend machen, wir halten durchaus das Ministerium<lb/>
Gagern solcher Handlungsweise nicht fähig; aber Das müssen<lb/>
wir freilich beifügen, daß wir es auch in anderer Beziehung für<lb/>
unfähig halten und zum Beweise Dessen dient uns eben die Sen-<lb/>
dung des Herrn Eisenstuck. Unserer Ansicht nach gibt es bezüglich<lb/>
dieser Sendung nur die Alternative: entweder sah das Ministe-<lb/>
rium Gagern voraus, auf welche Weise Eisenstuck seine Voll-<lb/>
macht benützen werde, oder es sah dies nicht voraus. Jm ersten<lb/>
Falle hätte es auf eine unverantwortliche Weise gehandelt, welche<lb/>
wir nicht näher bezeichnen wollen, weil wohl Jedermann das<lb/>
rechte Wort dafür finden wird; im zweiten Falle aber eine Be-<lb/>
schränktheit, eine Blindheit an den Tag gelegt, welche zu jeder<lb/>
Leitung von Staatsangelegenheiten unfähig macht. Wer nun,<lb/>
wie wir, das Erstere nicht glaubt, muß sich natürlich ans Letztere<lb/>
halten.</p><lb/>
        <p>Die Zurückweisung des bayrischen Bevollmächtigten zeigt<lb/>
ferner ausführlich, daß derselbe gar nicht in dem Falle war,<lb/>
eine Bitte an die Regierung des benachbarten kleinen Staates<lb/>
zu stellen und eine solche daher auch nie gestellt habe, wie solches<lb/>
ohnehin Jedem klar ist, der nur einiger Maßen in den höheren<lb/>
wechselseitigen geschäftlichen Beziehungen bewandert ist. Diese<lb/>
ganze Aufstellung des edeln Kämpen der kleindeutschen Zeitung<lb/>
sammt der lächerlichen Behauptung von der flehentlichen Miene,<lb/>
mit der jene Bitte, welche <hi rendition="#g">nie</hi> gestellt worden ist, begleitet wor-<lb/>
den seyn soll, ist daher eine Unwahrheit, deren Entstehen sich<lb/>
nur aus der Eitelkeit <hi rendition="#g">des kleinen Staatsmannes</hi> eines<lb/><hi rendition="#g">kleinen Staates,</hi> weil man ihn in einer solchen Angelegen-<lb/>
heit consultirt hat, &#x2014; erklären läßt.</p><lb/>
        <p>Der Grund aber, weshalb die Absendung des verlangten<lb/>
Regimentes nach Landau nicht erfolgte, welchen der Artikel nicht<lb/>
aufführt und auf welchen ohne Zweifel die Zurückweisung des<lb/>
Bevollmächtigten hinweist, bestand, wie solches damals im<lb/>
Reichskriegsministerium allgemein bekannt war, darin, daß<lb/>
Herr <hi rendition="#g">Hergenhan,</hi> der Vorstand des Ministeriums des be-<lb/>
nachbarten <hi rendition="#g">Nassau</hi> erklärte, daß, wenn sich auch die herzog-<lb/>
lichen Truppen in der letzten Zeit gut betragen haben, so müßte<lb/>
doch bezweifelt werden, ob dieselben unter den obwaltenden Um-<lb/>
ständen zur Besatzung der Festung Landau zu verwenden und ob<lb/>
dabei auf ihre Zuverlässigkeit zu zählen seyn werde. Es ist klar,<lb/>
daß nach einem solchen Geständnisse des Herrn Ministerialvor-<lb/>
standes auf eine Verwendung dieses Regimentes verzichtet werden<lb/>
mußte. Durch die Mittheilung Dessen, was derselbe damals ge-<lb/>
äußert hat, wollen wir übrigens jenen Truppen nicht zu nahe<lb/>
treten, denn wer könnte die beklagenswerthe Lage verkennen, in<lb/>
welche die Truppen theils mehrerer kleineren Staaten durch die<lb/>
Staatsmänner der nun doppelt verunglückten Reichsverfassungs-<lb/>
oder Bundesstaatspartei, sowohl durch das Verlangen auf Ver-<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0001] Mainzer Journal. Nro 261. Samstag, den 3. November. 1849. Noch ein Beitrag zur Geschichte der Entsetzung von Landau. § Vom Maine 30. October. Ein Kämpe des officiellen Organes der Weisen und Edeln von Gotha, darüber entrüstet, daß sich die bayrische Regierung herausnehme, sich dem Attentate auf die ihr gebührenden Zollgefälle zu widersetzen, hat geglaubt aus dem reichen Schatze der Erinnerungen seiner staatsmännischen Wirksamkeit in der für ihn leider untergegangenen schöneren Epoche nachmärzlicher Zeit den Beweis liefern zu sollen, daß die preußische Hilfe für die Pfalz um Mitte Juni, als das bayrische Armeekorps des Fürsten Taxis nur mehr ein paar Tagemärsche vom Rheine entfernt war, — wirklich eine dringende gewesen sey, weil der Commandant von Landau am 17. Mai, also vier Wo- chen früher, um eine Verstärkung der Besatzung dieser Festung nachgesucht habe. Jst die Logik dieser Beweisführung schon an sich sehr bemerkenswerth 1), so wird sie es noch mehr dadurch, daß eben diese Festung, obwohl ihr keine Hilfe zukam, sich be- kanntlich nicht nur bis zu dem einen vollen Monat später statt- findenden Entsatz hielt, sondern sich sicher auch noch länger ge- halten haben würde. Der edle Kämpe hat solches wohl selbst ge- fühlt und hat daher im Sinne seiner Beweisführung dieselbe auch noch durch die Behauptung bekräftigen zu müssen geglaubt, daß der bayrische Bevollmächtigte damals einen benachbar- ten kleinen Staat flehentlich gebeten habe, Landau mit einem Regimente zu Hilfe zu kommen. Das Blatt der „Deutschen Zeitung“ vom 27. October enthält nun eine Beleuchtung und Zurückweisung jenes Artikels von Sei- ten des bayrischen Bevollmächtigten Obersten von Xylander, wodurch nachgewiesen wird, daß alle Hauptsätze jener Beweis- führung unbegründet und unwahr sind, insbesondere daß es an den nöthigen Truppen für Landau damals nicht gefehlt haben würde, wenn man sie nur von Frankfurt aus hätte dahin senden wollen, — und daß der Bevollmächtigte sich an einen be- nachbarten Staat nicht gewendet habe. Da wir zufällig in jener Zeit zu Frankfurt anwesend waren und die ganze Angelegenheit genau kennen zu lernen Gelegenheit hatten, so wollen wir es ver- suchen einige Stellen der bayrischen Zurückweisung, welche uns zu schonend gehalten zu seyn scheinen, etwas deutlicher aufzutra- gen und dieselben zu ergänzen. Die Zurückweisung ertheilt dem Verfasser jenes Artikels den Rath, sich bei den Mitgliedern des damaligen Reichsministeriums zu erkundigen, weshalb sich dasselbe fortwährend geweigert habe, das bayrische Jägerbataillon nach der Pfalz zu senden. Diesem Herrn wird jedoch das hierher Bezügliche schon längst bekannt seyn, während dagegen dem größeren Publicum darüber noch die nöthigen Aufschlüsse fehlen, und wir wollen es daher versuchen wenigstens einige Andeutungen darüber zu liefern. Da wir aber nicht so glücklich sind, unmittelbar aus der lauteren Quelle jener Mitglieder des damaligen Reichsministeriums schöpfen zu können, so bleibt uns freilich nur das Feld der Schlußfolgerungen. Das Ministerium Gagern hat den Herrn Eisenstuck nach der Pfalz geschickt, um den dort im Entstehen begriffenen Aufruhr ins Geleise zu bringen. Wer Herrn Eisenstuck nach der Pfalz schickte, konnte ein Bataillon treuer Bayern nicht ebenfalls dahin senden. Das wäre eine Zweideutigkeit gewesen, deren das Mini- sterium Gagern nicht fähig war. Herr Eisenstuck kam bekanntlich noch gerade recht nach Landau, um das vom Reichskriegsminister General von Peucker so einseitig als unzeitig dahin gesendete preußische Bataillon vor dem Thore umkehren zu lassen, und es wäre ganz unverständig gewesen, ein zuverlässiges bayrisches Bataillon hinzuschicken. Dabei ist wohl zu erwägen, daß das verlorene Landau ein Gewinn für das Reich vom 28. März 1849, vielleicht sogar für den Erbkaiser werden konnte, — denn es war damals noch nicht sicher, noch erschienen Streit- schriften darüber, ob die Berliner Antwort als ja oder als nein zu deuten sey. Landau konnte dem Erbkaiser zufallen, entweder als Geschenk von Seite der polyglotten Vertheidiger der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz, oder in einem anderen Falle als preußische Eroberung auf dieselbe Weise wie Rastatt. Auf vorstehende Weise könnte argumentirt werden und ist auch schon von Vielen argumentirt worden. Wir sind jedoch weit entfernt, damit übereinzustimmen. Heinrich v. Gagern und seine Genossen waren einer solchen Handlungsweise nimmer fähig, dessen sind wir überzeugt, wenigstens so lange nicht begründetere Beweise beigebracht werden. Freilich gibt es Leute, welche der Meinung sind, daß in der obigen Argumentation ganz und gar nichts Auffallendes liege, da Herr von Gagern sammt seinen Freunden bezüglich der Reichsverfassung bekanntlich mit Denjenigen einen Pact geschlossen hat, welche sich selbst als die offenen Feinde der bestehenden Ordnung der Dinge erklärt und offen dagegen auf- getreten sind. Aber auch Dieses kann uns in unserer obigen An- sicht nicht wankend machen, wir halten durchaus das Ministerium Gagern solcher Handlungsweise nicht fähig; aber Das müssen wir freilich beifügen, daß wir es auch in anderer Beziehung für unfähig halten und zum Beweise Dessen dient uns eben die Sen- dung des Herrn Eisenstuck. Unserer Ansicht nach gibt es bezüglich dieser Sendung nur die Alternative: entweder sah das Ministe- rium Gagern voraus, auf welche Weise Eisenstuck seine Voll- macht benützen werde, oder es sah dies nicht voraus. Jm ersten Falle hätte es auf eine unverantwortliche Weise gehandelt, welche wir nicht näher bezeichnen wollen, weil wohl Jedermann das rechte Wort dafür finden wird; im zweiten Falle aber eine Be- schränktheit, eine Blindheit an den Tag gelegt, welche zu jeder Leitung von Staatsangelegenheiten unfähig macht. Wer nun, wie wir, das Erstere nicht glaubt, muß sich natürlich ans Letztere halten. Die Zurückweisung des bayrischen Bevollmächtigten zeigt ferner ausführlich, daß derselbe gar nicht in dem Falle war, eine Bitte an die Regierung des benachbarten kleinen Staates zu stellen und eine solche daher auch nie gestellt habe, wie solches ohnehin Jedem klar ist, der nur einiger Maßen in den höheren wechselseitigen geschäftlichen Beziehungen bewandert ist. Diese ganze Aufstellung des edeln Kämpen der kleindeutschen Zeitung sammt der lächerlichen Behauptung von der flehentlichen Miene, mit der jene Bitte, welche nie gestellt worden ist, begleitet wor- den seyn soll, ist daher eine Unwahrheit, deren Entstehen sich nur aus der Eitelkeit des kleinen Staatsmannes eines kleinen Staates, weil man ihn in einer solchen Angelegen- heit consultirt hat, — erklären läßt. Der Grund aber, weshalb die Absendung des verlangten Regimentes nach Landau nicht erfolgte, welchen der Artikel nicht aufführt und auf welchen ohne Zweifel die Zurückweisung des Bevollmächtigten hinweist, bestand, wie solches damals im Reichskriegsministerium allgemein bekannt war, darin, daß Herr Hergenhan, der Vorstand des Ministeriums des be- nachbarten Nassau erklärte, daß, wenn sich auch die herzog- lichen Truppen in der letzten Zeit gut betragen haben, so müßte doch bezweifelt werden, ob dieselben unter den obwaltenden Um- ständen zur Besatzung der Festung Landau zu verwenden und ob dabei auf ihre Zuverlässigkeit zu zählen seyn werde. Es ist klar, daß nach einem solchen Geständnisse des Herrn Ministerialvor- standes auf eine Verwendung dieses Regimentes verzichtet werden mußte. Durch die Mittheilung Dessen, was derselbe damals ge- äußert hat, wollen wir übrigens jenen Truppen nicht zu nahe treten, denn wer könnte die beklagenswerthe Lage verkennen, in welche die Truppen theils mehrerer kleineren Staaten durch die Staatsmänner der nun doppelt verunglückten Reichsverfassungs- oder Bundesstaatspartei, sowohl durch das Verlangen auf Ver- 1) Aus der Anmerkung, welche die „Deutsche Zeitung“ der im Blatte vom 27. enthaltenen Entgegnung des Bevollmächtigten beifügt, geht hervor, daß dieses Organ selbst jetzt noch nicht einsieht, daß es sich um zwei wesentlich verschiedene Momente handele und, daß Lan- dau im Mai bedroht seyn konnte, ohne daß es im Juni der preußi- schen Hilfe für die Pfalz bedurfte!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal261_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal261_1849/1
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 261. Mainz, 3. November 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal261_1849/1>, abgerufen am 06.10.2024.