Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

In das größte Erstaunen versetzt aber die merkwürdige Uebereinstimmung der
Arten, welche in den tiefen Alpenseen, jenen abgeschlossenen Behältern, in einer
Höhe von 7-, 8-, ja 10,000 Fuß, angetroffen wird. Herr Ramond hat in den
Pyrenäen, auf Höhen von 7000', wo die mittlere Temperatur 1° R. ist, die Be-
merkungen bestätigt gefunden, welche ich in dieser Hinsicht auf den Bergebnen
in der Nähe des Aequators gemacht habe. An Wanderungen von einem Punkte
zum andern, ist in diesem Falle nicht zu denken, und man kann diese Erschei-
nung nur durch die Vermuthung erklären, daß vielleicht frühere Verbindun-
gen, den späteren Hebungen der Erdoberfläche vorhergegangen sind.

Ich will es nunmehr versuchen eine Uebersicht der Thiere der Zahl nach,
gewissermaßen ein Inventarium der Thiere zu geben, das Dank den neueren
Entdeckungen so viel großartiger und reichhaltiger ausfallen wird. - Wie
es uns gelingt, in die Himmelsräume immer tiefer einzudringen, und nach
dieser Richtung unsern Gesichtskreis zu erweitern, (indem ich nur anführen will,
daß Struve in Dorpat mit dem ausgezeichneten Frauenhoferschen Refraktor, allein
2300 neue Doppelsterne entdeckt hat, und daß, seit noch nicht 50 Jahren unser
Sonnensystem uns 15 neue Weltkörper zeigt: 5 Planeten, 8 Satelliten, und
2 planetarische Kometen) so lehrt der rege Forschungsgeist wissenschaftlich ge-
bildeter Männer uns eine immer größere Mannigfaltigkeit der Gebilde
auf der Erdoberfläche erkennen. - Wie schon erwähnt hat sich die Zahl der
bekannten Pflanzenspecies seit Linne von 10,000 auf 60,000 vermehrt; so zählte
Fabricius 11,000 Insektenspecies, da jetzt Latreille und Kluge 44,000 erkennen,
von denen die reiche Sammlung auf der hiesigen Universität allein 30,000

Arten

In das größte Erstaunen versetzt aber die merkwürdige Uebereinstimmung der
Arten, welche in den tiefen Alpenseen, jenen abgeschlossenen Behältern, in einer
Höhe von 7–, 8–, ja 10,000 Fuß, angetroffen wird. Herr Ramond hat in den
Pyrenäen, auf Höhen von 7000′, wo die mittlere Temperatur 1° R. ist, die Be-
merkungen bestätigt gefunden, welche ich in dieser Hinsicht auf den Bergebnen
in der Nähe des Aequators gemacht habe. An Wanderungen von einem Punkte
zum andern, ist in diesem Falle nicht zu denken, und man kann diese Erschei-
nung nur durch die Vermuthung erklären, daß vielleicht frühere Verbindun-
gen, den späteren Hebungen der Erdoberfläche vorhergegangen sind.

Ich will es nunmehr versuchen eine Uebersicht der Thiere der Zahl nach,
gewissermaßen ein Inventarium der Thiere zu geben, das Dank den neueren
Entdeckungen so viel großartiger und reichhaltiger ausfallen wird. – Wie
es uns gelingt, in die Himmelsräume immer tiefer einzudringen, und nach
dieser Richtung unsern Gesichtskreis zu erweitern, (indem ich nur anführen will,
daß Struve in Dorpat mit dem ausgezeichneten Frauenhoferschen Refraktor, allein
2300 neue Doppelsterne entdeckt hat, und daß, seit noch nicht 50 Jahren unser
Sonnensystem uns 15 neue Weltkörper zeigt: 5 Planeten, 8 Satelliten, und
2 planetarische Kometen) so lehrt der rege Forschungsgeist wissenschaftlich ge-
bildeter Männer uns eine immer größere Mannigfaltigkeit der Gebilde
auf der Erdoberfläche erkennen. – Wie schon erwähnt hat sich die Zahl der
bekannten Pflanzenspecies seit Linné von 10,000 auf 60,000 vermehrt; so zählte
Fabricius 11,000 Insektenspecies, da jetzt Latreille und Kluge 44,000 erkennen,
von denen die reiche Sammlung auf der hiesigen Universität allein 30,000

Arten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="9">
        <pb facs="#f0079" n="38r"/>
        <p>In das größte Erstaunen versetzt aber die merkwürdige Uebereinstimmung der<lb/>
Arten, welche in den tiefen Alpenseen, jenen abgeschlossenen Behältern, in einer<lb/>
Höhe von <choice><orig>7&#x2013; 8&#x2013;</orig><reg resp="#CT">7&#x2013;, 8&#x2013;,</reg></choice> ja 10,000 Fuß, angetroffen wird. <choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#CT">Herr</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118787802 http://d-nb.info/gnd/118787802">Ramond</persName></hi> hat in den<lb/>
Pyrenäen, auf Höhen von 7000&#x2032;, wo die mittlere Temperatur 1° <hi rendition="#aq">R.</hi> ist, die Be-<lb/>
merkungen bestätigt gefunden, welche ich in dieser Hinsicht auf den Bergebnen<lb/>
in der Nähe des Aequators gemacht habe. An Wanderungen von einem Punkte<lb/>
zum andern,<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 118: Komma fehlt.</note> ist in diesem Falle nicht zu denken, und man kann diese Erschei-<lb/>
nung nur durch die Vermuthung erklären, daß vielleicht frühere Verbindun-<lb/>
gen, den späteren Hebungen der Erdoberfläche vorhergegangen sind.</p><lb/>
        <p>Ich will es nunmehr versuchen eine Uebersicht der Thiere der Zahl nach,<lb/>
gewissermaßen ein <hi rendition="#aq">Inventarium</hi> der Thiere zu geben, das Dank den neueren<lb/>
Entdeckungen so viel großartiger und reichhaltiger ausfallen wird. &#x2013; Wie<lb/>
es uns gelingt, in die Himmelsräume immer tiefer einzudringen, und nach<lb/>
dieser Richtung unsern Gesichtskreis zu erweitern, (indem ich nur anführen will,<lb/>
daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118988255 http://d-nb.info/gnd/118988255">Struve</persName></hi> in <hi rendition="#aq">Dorpat</hi> mit dem ausgezeichneten <hi rendition="#aq">Frauenhofer</hi>schen Refraktor, allein<lb/>
2300 neue Doppelsterne entdeckt hat, und daß, seit noch nicht 50 Jahren unser<lb/>
Sonnensystem uns 15 neue Weltkörper zeigt: 5 Planeten, 8 Satelliten, und<lb/>
2 planetarische Kometen) so lehrt der rege Forschungsgeist<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 118: "Forschergeist".</note> wissenschaftlich ge-<lb/>
bildeter Männer uns eine immer größere Mannigfaltigkeit der Gebilde<lb/>
auf der Erdoberfläche erkennen. &#x2013; Wie schon erwähnt hat sich die Zahl der<lb/>
bekannten Pflanzenspecies seit <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118573349 http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName></hi> von 10,000 auf 60,000 vermehrt; so zählte<lb/><hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-115636978 http://d-nb.info/gnd/115636978">Fabricius</persName></hi> 11,000 Insektenspecies, da jetzt <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116862831 http://d-nb.info/gnd/116862831">Latreille</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116240792 http://d-nb.info/gnd/116240792">Kluge</persName></hi> 44,000 erkennen,<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 118: Komma fehlt.</note><lb/>
von denen die reiche Sammlung auf der hiesigen Universität allein 30,000<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Arten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38r/0079] In das größte Erstaunen versetzt aber die merkwürdige Uebereinstimmung der Arten, welche in den tiefen Alpenseen, jenen abgeschlossenen Behältern, in einer Höhe von 7– 8– ja 10,000 Fuß, angetroffen wird. H. Ramond hat in den Pyrenäen, auf Höhen von 7000′, wo die mittlere Temperatur 1° R. ist, die Be- merkungen bestätigt gefunden, welche ich in dieser Hinsicht auf den Bergebnen in der Nähe des Aequators gemacht habe. An Wanderungen von einem Punkte zum andern, ist in diesem Falle nicht zu denken, und man kann diese Erschei- nung nur durch die Vermuthung erklären, daß vielleicht frühere Verbindun- gen, den späteren Hebungen der Erdoberfläche vorhergegangen sind. Ich will es nunmehr versuchen eine Uebersicht der Thiere der Zahl nach, gewissermaßen ein Inventarium der Thiere zu geben, das Dank den neueren Entdeckungen so viel großartiger und reichhaltiger ausfallen wird. – Wie es uns gelingt, in die Himmelsräume immer tiefer einzudringen, und nach dieser Richtung unsern Gesichtskreis zu erweitern, (indem ich nur anführen will, daß Struve in Dorpat mit dem ausgezeichneten Frauenhoferschen Refraktor, allein 2300 neue Doppelsterne entdeckt hat, und daß, seit noch nicht 50 Jahren unser Sonnensystem uns 15 neue Weltkörper zeigt: 5 Planeten, 8 Satelliten, und 2 planetarische Kometen) so lehrt der rege Forschungsgeist wissenschaftlich ge- bildeter Männer uns eine immer größere Mannigfaltigkeit der Gebilde auf der Erdoberfläche erkennen. – Wie schon erwähnt hat sich die Zahl der bekannten Pflanzenspecies seit Linné von 10,000 auf 60,000 vermehrt; so zählte Fabricius 11,000 Insektenspecies, da jetzt Latreille und Kluge 44,000 erkennen, von denen die reiche Sammlung auf der hiesigen Universität allein 30,000 Arten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/79
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 38r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/79>, abgerufen am 02.05.2024.