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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 152. Köln, 25. November 1848.

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Fischer. Letzterer wurde auf Befehl des Landwehrmajors von dem Militär unter Mitwirkung des Borchschen Jägerkorps arretirt und unter den ärgsten Mißhandlungen auf das Rathhaus getrieben. -- Die Bürger Ehrlich, Pösche und Kaulfuß sind den allumfassenden Armen der "Gerechtigkeit" entgangen. Weitere Verhaftungen finden statt.

Naumburg (an der Saale) 20. Nov.

Die Landwehrversammlung vom gestrigen Tage faßte einstimmig den Beschluß: "Die preußische Landwehr gehorcht keinem hochverrätherischen Ministerium. Jeder Anwesende ist verpflichtet, vom Sammelplatz am morgenden Tage wegzubleiben, wer trotz dieses Beschlusses erscheint, betheiligt sich am Hochverrath des Ministeriums und ist selbst ein ehrloser Hochverräther." Heute früh 10 Uhr sollte die Versammlung statt finden. Von Weißenfels erschienen 3 Mann, von Eckardtsberga 5, von Stößen, Osterfeld, Gückau Niemand, aber ein Absagebrief. Von Naumburg kamen noch die Meisten, theils wortbrüchige (9 Mann) theils solche, die sich an der 300 Mann starken Wehrmänner-Versammlung am vorigen Tage nicht betheiligt hatten. Es war nicht möglich, eine Compagnie zusammen zu bringen. Auch diejenigen, welche sich zur Aushebung hatten notiren lassen, erklärten, als man sie einkleiden wollte, ohne ihnen Waffen zu verabfolgen, daß sie unter dieser Bedingung nicht marschiren würden. Sie blieben also uneingekleidet und gingen wieder nach Hause. Abends erschien eine Deputation der Kölledaer Wehrmänner, um die Erklärung abzugeben, daß sie dem Beispiele der Naumburger folgen würden.

-- Um die vielfachen falschen Gerüchte über das unter Stockmann';s Führung stehende Freikorps zu Bibra zu widerlegen, folgt hier die einfache Darlegung des Sachverhaltes: Stockmann hat in Bibra eine Freischaar errichtet zur Unterstützung der Nationalversammlung. Von Naumburg ist ein Corps von 80 Mann zu ihm gestoßen. Zwei Eskadrons Husaren wurden von Naumburg abgesandt, jene Schaaren zu zerstreuen. Stockmann ließ jedoch die Husaren "im Namen der Nationalversammlung auffordern, die Waffen abzugeben, widrigenfalls er dieselben mit Gewalt nehmen lassen werde." Die Husaren erwiderten, daß sie den Angriff erwarten wollten. Als nun ein Theil des Freikorps vorrückte, machten die Husaren Kehrt und sprengten zurück; ein Detaschement von 20 Mann jedoch, nebst einem Offizier monöverirte unglücklich und wurde ohne Blutvergießen gefangen genommen und entwaffnet. Der Rest der Husaren liegt in Saubach bei Bibra. Das Stockmann'sche wächst Corps wie eine Lavine. Unter seinen Mitgliedern befand sich eine Zeit lang auch der vom vereinigten Landtage her bekannte Graf Helldorf, hat sich jedoch später zurückgezogen.

(Hall. demokr. Z.)
* Stettin, 20. Nov.

Eins von den tausend Beispielen, wie perfid die preuß. Belagerungspartei bei ihrer auf Verwirrung des Volkes gerichteten Propaganda zu Werke geht, findet sich heute in der "Osts. Z." angeführt. Der Nr. 206 dieses zur Nat.-Vers. stehenden Blattes fand ein Abonnent in Jarmen ein reaktionäres Plakat beigelegt, überschrieben: "Pommersches Volksblatt Nr. 1. Die neuesten Ereignisse in Berlin" u. s. w. Die Redakt. der Zeit. fordert heute die betreffende Postbehörde auf, zu erklären, auf wessen Geheiß dieses pommersche Krautjunker-Blättchen ihrem Abonnenten in dieser Weise aufgedrungen worden.

War der Staatsanzeiger vor dem März wegen seiner unglücklichen Berichtigungen berüchtigt, so ist er's seit dem 9. November wegen seiner alle Schamlosigkeit übersteigenden Lügen noch mehr. Er hatte die Behauptung, daß das Ministerium an alle Landrathsämter ein Schema zu Vertrauensadressen für sich gesandt habe, als Lüge erklärt. Das "Cösliner Volksblatt" Nr. 93 weist ihm jetzt authentisch nach, daß er selbst aufs Frechste gelogen, als er dies Schema in Abrede gestellt. Dieses gedruckte und an alle Landräthe etc. gesandte Schema lautet:

"Dem unterm 11. d. M. erlassenen Königl. Aufrufe antworten wir mit Freudigkeit, daß wir zu unserm theuern Könige, der es stets gut mit uns meint und der uns alle verheißenen konstitutionellen Freiheiten mit seinem Königsworte verbürgt hat, treulich halten und ihm mit Gut und Blut beistehen wollen gegen alle diejenigen, welche in frevlerischem Ungehorsam sich von ihm abwenden und ihn in seinen landesväterlichen Absichten behindern möchten."

Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden:

1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und letztere unterzeichnen zu lassen, dieselben sodann aber an Se. Maj. den König unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu übersenden;

2) außerdem den betreffenden Magisträten und Ortsvorstehern eine angemessene Anzahl von Exemplaren zur schleunigen Sammlung von Unterschriften innerhalb ihres Geschäftsbezirks auszuhändigen und nach geschlossener möglichst zahlreicher Unterzeichnung mit der Versendung wie ad 1 gebeten, verfahren zu wollen."

Stralsund, 19. Nov.

So eben komme ich von der Landwehrversammlung nach Hause. Dort hätte die Reaktion bald die Freude erlebt, ein blutiges Zusammentreffen der Bürgerwehr mit der Landwehr zu sehen. Die Landwehr will sich hier nicht einkleiden lassen, sie will nicht gegen ihre Mitbürger ziehen; als sie lärmend das Haus umdrängte, in dessen Eingang die Offiziere standen, zog einer derselben blank und im Nu war der Tumult fertig; dazu die Tollheit, daß ein Angstmann gleich hinlief und Militär holte, welches in blindem Eifer mit gefälltem Bajonett auf -- die Bürgerwehr losging und beinah diese angegriffen hätte. Endlich sah Bürgerwehr und Landwehr ein, daß sie ja beide dasselbe wollen und sich daher ja nicht gegen einander brauchen lassen dürfen; beide haben sie erklärt, ganz entschieden nur für die Nationalversammlung zu stehen.

(Osts. Z.)
103 Oldenburg, 21. Nov.

In der heutigen Landtagssitzung wurde einstimmig, zum großen Verdruß des Hrn. Großherzogs und seiner Kamarilla folgender Beschluß gefaßt:

Art. 174: "Alles Domanialvermögen im Großherzogthum, welches bisher von der Hofverwaltung, von den Finanzbehörden des Staats oder sonst staatlich verwaltet oder benutzt ist, namentlich die Schlösser, die Kammergüter, die Forsten, das sonstige Grundeigenthum, auch die nutzbaren Berechtigungen, welchen historischen und rechtlichen Ursprungs sie sein mögen, sind Eigenthum des Staates."

Es ist darin übrigens kein Privateigenthum, kein Familien-, Haus- oder Chatullgut des Großherzogs oder des großherzogl. Hauses enthalten.

121 Wien, 20. November.

Wie nunmehr auf das Bestimmteste verbürgt werden kann, ist der Urgrund der Oktoberrevolution kein Initiativ-Wienerischer, sondern lediglich ein Magyarischer. -- Als Jelachich die Gränze Kroatien's überschritten hatte, um die Magyaren anzugreifen, soll Kossuth ausgerufen haben: "Jetzt ein Krawall in Wien!" In Folge dieser Einsicht wendete er sich dann sofort an die Hauptleiter der Wiener Bewegung. Das in Wien befindliche Ungarische Unterstaatssekretariat des Auswärtigen soll dabei zur Stätte des gegenseitigen Einverständnisses gedient haben und reichliche Geldspenden unter die demokratischen Autoritäten Wien's von dort aus vertheilt worden sein. Man spricht von wöchentlichen 1200 Fl. K.-M. -- Die dabei betheiligten Persönlichkeiten vermag ich nicht näher zu bezeichnen; soviel ist aber gewiß, daß das Studentenkomite -- größtentheils aus Juden bestehend -- und der demokratische Verein -- ebenfalls lauter Juden -- bedeutende Summen empfingen, mithin auch instruktionsmäßig gewirkt haben müssen. Man hatte das Gewebe der sich vorbereitenden Militär-Reaktion durchschaut und in Latour deren obersten Leiter erkannt und wußte auch, daß Windischgrätz mit ihm im Bunde gestanden, um eines Theils die czechische, andern Theils die kroatische Bewegung mit Jellachich an der Spitze zum Zwecke der Kamarilla zu exploitiren. Beide, sowohl die Czechen als Jelachich gingen in die Falle. Der Sturm vom 6. Oktober mußte demnach heraufbeschworen werden, denn er war für Kossuth eine unabweisbare Kombination, weil durch das Gelingen desselben Ungarn Jelachich, seinen gefährlichsten Feind, zu beseitigen eine bedeutendere Aussicht bekam und dessen Verstärkung durch andere slavische oder deutsche Truppen, die Latour ihm am 6. Oktober zusenden wollte, vereitelt wurde. -- Die mit diesem Plan vertrauten Wiener hofften, um ihre Zwecke dadurch am ehsten zu erreichen, wenn sie sich bemühten, die Soldaten, welche Latour schon am 5. nach Ungarn kommandirt hatte, im Voraus mit Geld und Reden zu bearbeiten. Der 6. Oktober hat bewiesen, daß ihnen diese Mühe gehörige Früchte trug. Vor allen andern hatten sich die deutschen Grenadiere gewinnen lassen und viele von ihnen sollen mit Zehnguldennoten beschenkt worden sein. -- Nach dem Tode Latour's kam Alles darauf an, das Volk von Wien, den Reichstag und Gemeinderath im allgemein-demokratischen Sinne von der Nothwendigkeit des 6. Oktober zu überzeugen. Auch dies gelang, um so mehr, als das reaktionäre Netz sich auch vor den blödsinnigsten Augen immer deutlicher entfaltete und sub duce der akademischen Legion schon am 6. Oktober auch die Arbeiter zur Theilnahme am Kampfe veranlaßte. Daß der Reichstag sich in seinem Verfahren nur von dieser allgemeinen Rücksicht hat leiten lassen, glaube ich mit Gewißheit annehmen zu können. Er stand, glaube ich, in keinem Einvernehmen mit Kossuth und hat nur intellektuel für denselben sich interessiren können. Ob einzelne Deputirte eine Ausnahme gemacht haben, darüber wage ich kein Wort zu verlieren, weil ich nichts behaupten kann.

Erst dann, als Jelachich vor Wien erschienen war, begann der Reichstag sehnsüchtige Blicke nach dem ungarischen Heere zu werfen, ohne indessen zu wagen, direkt dessen Hülfe nachzusuchen. Er that es lediglich im Bewußtsein seines Rechts, welches er durch das Slavenheer der reaktionären Kamarilla bedroht sah. Auch die Wiener Bourgeoisie, von jeher eine erbitterte Feindin des Magyarischen, ihre Kram-Interessen höchlich gefahrdenden, Separatismus, stand außer aller Beziehung zu den in Wien von den Magyaren und den von ihnen bezahlten Juden verfolgten Zwecken, und folgte nur dem allgemeinen Impulse und den vom Reichstag getroffenen Anordnungen. Auf demselben Boden stand Messenhauser, der provisorische Oberkommandant der Garde, dessen Hinrichtung daher bekundet, daß der politische Blick des Herrn Windischgrätz nicht von allzubedeutender Wurfweite Zeugniß giebt. Unter diesen Umständen ist die ganze Bevölkerung Wien's erstaunt, daß Windischgrätz noch keinem der betheiligten, weil dafür bezahlten, Juden ein Haar gekrümmt hat, vielmehr die Untersuchung der Sache von dieser magyarisch-jüdischen pointe ganz abzuleiten sucht, um Leute zur Rechenschaft zu ziehen, die interessenlos und rein aus Freiheitsbegeisterung gehandelt haben. -- Die von hier in alle Winkel Europa's gefluchteten Juden werden nun aber nicht verabsäumen, vor allem als Wiener Freiheitskämpfer die öffentliche demokratische Meinung Deutschland's für ihren Säckel zu exploitiren, indem sie die Sache nur von dem ihnen allein erquicklichen Gesichtspunkte darzustellen nicht verfehlen werden.

Die Zwanziger werden hier so selten, daß man auf Papier kaum mehr wechseln kann und die Juden für 100 Fl. Zwanziger deren 15 Agio nehmen, um sie hinwiederum für 20 Fl. zu verkaufen. [unleserliches Material] Der Gärtner des Angarten wurde gestern, weil er auf die k. k. Truppen geschossen, zum Strang verurtheilt, dann aber zu 2 Jahren Schanzenarbeit begnadigt.

Die überall und darum auch hier ihr Interesse sehr wohl erkennende Bourgeoisie fängt allgemach an, zu begreifen, daß der Wiederaufbau des alten Oesterreichs auch ihr keinen Nutzen bringen kann. 1200 Millionen Fl. K.-M. Schulden, ein überall zerrüttetes, unter dem Standrecht und Soldaten-Despotismus stehendes Land stellt keine glückliche Zukunft in Aussicht. Die Wiener Bourgeoisie begreift auch, daß weder Frankreich, noch England, noch überhaupt Westeuropa, solange dort die Bourgeoisie herrscht, ein ernstliches Interesse haben, diesen Zustand mehr als scheinbar zu bedrohen. Wenn Oesterreich recht zahlreiche Armeen ernährt, wenn es in fortwährenden Konvulsionen und in einer Art asiatischer Barbarei stecken bleibt, so raisonniren die westeuropäischen Bourgeois, dann kann es niemals ein ernstlicher Konkurrent von uns werden. Darum werden Frankreich und England niemals in Italien interveniren, auch kein Polen restauriren; aber sie werden gegenüber den Mächten, die diese Länder besitzen, stets den Schein der Intervention behaupten, um sie auf diese Weise zur Unterhaltung gewaltiger Heere zu nöthigen, in fortwährendem Ruin zu erhalten.

102 Wien, 20. November.

Auf der Schmelz hat vorgestern eine feierliche Beerdigung Latour's stattgefunden, auf welche gestern beim Lagerberg unweit der Spinnerei am Kreuz ein Requiem für denselben gefolgt ist, dem 40,000 Mann Militär mit 18 Batterien beiwohnen mußten. Es bringt schon in äußerste Gefahr, den Namen Latour irgendwo auszusprechen. Eine Schneidersfrau hatte einen Hemdärmel von ihm gefunden und denselben gewaschen, um ihn zu bewahren. Es kommt heraus, die ganze Familie wird eingezogen und verschwindet wahrscheinlich im Standrecht.

Die Angehörigen und Freunde Messenhauser's haben die Erlaubniß erhalten, ihm ein Begräbniß halten zu dürfen. Es hat gestern stattgefunden. Blum's Leiche ist mit andern in ein Loch geworfen worden. -- Heute sollen am Neuthor 8 gehängt worden sein; ich will es nicht glauben.

Die Theuerung nimmt im bedrohlichsten Maßstabe zu. Salz kostet jetzt 20 Kr., früher 12; Waizen jetzt 16 bis 17 Fl., in 14 Tagen aber 30 Fl., früher 9 Fl. 30 Kr.; Türkischer Waizen jetzt 7 Fl., früher 2; Fleisch jetzt 12 Kr. K.-M., in 14 Tagen aber 24 Kr., früher 9 Kr. K.-M.; Schmalz jetzt 30 Kr. K.-M., früher 12 Kr. K.-M.; eine Gans kostet jetzt 8 Fl. Schein, früher 3 Fl.; zwei Eier kosteten früher 3 Kr. Schein, jetzt kostet eins deren 6 u. s. w. -- Der Krieg mit Ungarn wird ganz Niederösterreich in eine entsetzliche Hungersnoth stürzen, weil die ersten Lebensmittel aus Ungarn bezogen werden und die Vorräthe sich täglich mindern. Böhmen liefert nur etwas Hülsenfrüchte und Kartoffeln; das Getreide des Marchfeldes reicht nicht aus, und das übrige Mähren, wie Schlesien, versenden nichts hieher. Auch Galizien bedarf selbst seiner Frucht und schickt nur einiges Schlachtvieh nach Wien. Borstenvieh, da es aus Ungarn kommt, geht uns ebenfalls gänzlich ab.

Die übrigen Provinzen führen nichts nach Wien. Rundumher ist der Bauer vom Militär ganz abgefressen; er hat ihm alle seine Vorräthe gegen blose ad graecas calendas ausgestellte Bescheinigungen ausliefern müssen, die niemals bezahlt werden. Die Wintersaat ist gänzlich zertreten und dennoch soll der Bauer Steuern zahlen. Das Ende wird entsetzlich werden, wenn einmal die Kälte kommt. In der Stadt kein Verdienst, das Proletariat verhungert bei diesen Zuständen und es können Aufstände erfolgen, die von unberechenbaren Folgen sein werden. Darum wird die Stadt noch täglich fester gegen die Vorstädte verschanzt und verpallisadirt.

Die Ungarn, die natürlich an nichts Mangel leiden, sollen sich längs der ganzen Gränze so energisch verschanzt haben, daß 15,000 Kroaten, die durch Steiermark nach Kroatien heimkehren sollten, gestern hieher zurückkehren mußten, weil sie nicht durchzukommen vermochten. Alle Wege sind durch ungeheure Gräben abgesperrt, ebenso jede Stadt, jedes Dorf, jeder Weiler. General Bem soll mit 40,000 Mann bei Wieselburg stehen; 60,000 Sensenmänner sollen um Budapest liegen.

* Wien, 20. Nov.

Das amtliche Organ der jetzigen Mordregierung, die "Wiener Zeitung" gab als Grund, weshalb Brogini, aus Mähren gebürtig, am 16. erschossen worden, an: "weil er sich am 23. Nov. in einem Gasthause Schmähungen gegen das Militär und Drohungen über die nothwendige Ermordung hoher Personen erlaubt habe." Man weiß jetzt, worin die Drohungen bestanden. Der junge Mann, der dazu von Wein erhitzt war, äußerte im Feuer des Gesprächs: "Nun, für Windischgrätz und Jellachich werden sich wohl auch noch zwei Kugeln finden." Dies sein ganzes Verbrechen, genügend, daß ihn die Mordschaar zum Erschießen verurtheilte! Nach einer neuen Kundmachung des Gemeinderaths ist die Ablieferung der Waffen noch immer nicht vollständig. Deshalb habe die Kommandantur abermals 2 Tage bewilligt, an denen Jeder ohne Besorgniß vor Strafe seine Waffen abliefern könne. Die hündischen Ausdrücke des Gemeinderaths in dieser und andern Kundmachungen sind wahrhaft ekelerregend und empörend. In obiger Proklamation z. B. heißt es am Schluß:

"Mitbürger! Erkennt hierin abermals einen unzweideutigen Beweis der Langmuth und Milde des hohen k. k. Militärkommando's! Machet Euch derselben aber auch würdig durch willige und pünktliche Befolgung der Anordnung desselben und verspart sonach Euren Vertretern den Schmerz, das traurige Schicksal verirrter Mitbürger beweinen zu müssen."

35 Darmstadt, 21. Nov.

Heute hielt die hessische Ständeversammlung in alt hergebrachter Weise ihre erste diesjährige Sitzung. Neuwahlen hatten nicht stattgefunden; es sind dieselben Abgeordneten, welche schon in früheren Jahren das Wohl und Wehe des Vaterlandes ohne den geringsten Erfolg beriethen. Präsident ist der Oberappellationsrath Hesse von hier, welcher nicht versäumte, von seiner Autorität bereits heute den ausgedehntesten Gebrauch zu machen; eine Rede des Abgeordneten Heldmann wurde wiederholt von den Gallerien durch Hoch's auf Hecker unterbrochen, wodurch sich Hr. Hesse veranlaßt sah, die Sitzung zu schließen, weil ihm augenblicklich die geeigneten Mittel nicht zu Gebote standen, um die Gallerien gewünschtermaßen räumen zu lassen und sich dadurch Ruhe zu verschaffen. Auch die unschuldige unbedeutende hessische Ständeversammlung kann nicht einmal frei berathen, es müssen Reichstruppen zum Schutze der Versammlung herbeordert werden.

Beim Auseinandergehen wurden dem Bürger Zitz mehrere Vivats gebracht; auf heute Abend wird zu dessen Ehre ein Ständchen vorbereitet. Für Darmstadt ist dies mehr als man erwarten sollte!

Schweiz.
** Bern, 21. Nov.
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** Zürich, 20. Nov.

Die "Vorkehrungen" des Reichsministeriums treten schon in Kraft und es scheint sogar, als ob sie weiter gehen sollten als die "Entschließungen". 30 - 35 deutsche Soldaten haben bereits schweizerisches Gebiet verletzt, indem sie unter Anführung eines Unteroffiziers bewaffnet nach Sulgen, Kanton Zürich, zogen, wo sie ein Haus durchsuchen wollten, wo Flüchtlinge verborgen sein sollten. Die Einwohner vertrieben jedoch die Reichstruppen mit Steinen und Stöcken. Der Stationskommandant von Lottstetten hat sofort die Entschuldigung gestammelt, die Soldaten hätten nicht gewußt, daß sie auf schweizer Gebiet seien!!

* Uri, 19. Novbr.

Heute hat die Landsgemeinde die alten Abgeordneten Lusser, Muheim und Christer wieder in den Nationalrath gewählt, aber diesmal ohne Verwahrung gegen die neue Bundesverfassung einzulegen. (Sie sind schon in Bern und wohnten der Sitzung vom 21. bei.)

** Schaffhausen, 21. Nov.

Sie werden die Aktenstücke gelesen haben, die die deutsche Centralgewalt in der Frkf. O.-P.-A.-Z. zur Rechtfertigung ihrer Noten an die Schweiz gerichtet hat. Wie diese beschaffen, dafür hier ein Beweis: Die hiesige Regierung hat von der badischen sofort verlangt, daß der Amtmann von Instetten wegen des in diesem Aktenstücke citirten Lügenberichts sofort zur Strafe gezogen werde. Man sieht das Blättchen könnte sich leicht wenden und die Schweiz als beleidigter Theil auftreten (s. auch Zürich).

Italien.
* Turin.

Die hier erscheinende "Opinione" ist mit Beschlag belegt und in Anklagezustand versetzt worden. Die Anklage lautet auf Majestätsbeleidigung und auf Aufreizung der mit dem Königreiche durch Staatsvertrag verbundenen lombardischen Provinzen zur Losreißung von Sardinien und zur Bildung eines eignen Staates. Die "Opinione" weist beide Vorwürfe mit Entrüstung zurück, und verspricht in einem spätern Artikel den Beweis zu führen, daß nicht sie, sondern daß das Ministerium selbst sich der ihr in die Schuh geschobenen Fakten schuldig gemacht hat. --

Man schreibt der "Opinione" unterm 15. Nov. aus Mailand:

Ein reicher jüdischer Kaufmann, der in regem Verkehr mit der russischen Kaiserfamilie steht, hat kürzlich einen Brief von einen Sekretär des Kaisers erhalten. Er wird darin befragt, was man in der Lombardei von einer Combination im Interesse des Herzogs von Leuchtenberg hält. Man spricht hier von dieser Combination wie von einer ausgemachten Sache. Während Paris und London mit Wien unterhandeln, negociirt Radetzki offen mit St. Petersburg.

* Bologna, 13. Novbr.

Die päbstliche Regierung hat der Garibaldischen Legion endlich den Durchgang durch ihr Gebiet gestattet, unter der Bedingung jedoch, daß sie beim Eintritt ihre Waffen abzulegen hat, um sie beim Austritt wieder zu empfangen.

Französische Republik.
Paris, 22. November.

Auf Befehl des Präsidenten der Nationalversammlung hat der Minister des Innern gestern Abend die auf Urlaub befindlichen Glieder der Nationalversammlung Lamartine (Mitglied der ehemaligen Exekutiv-Kommission) und Marie, Justizminister und ebenfalls Mitglied jener Kommission, mittels des Telegraphen nach Paris zurückgerufen. Lamartine ist in Macon, wo er am 19. Nov. die Verfassung proklamirte und dabei eine schrecklich theatralische Rede hielt, welche heute das Bien public mittheilt. Marie befindet sich Auterre (Yone Departement) Beide werden bis Freitag eintreffen.

-- Wenn irgend Jemand Veranlassung hat über die Taktlosigkeit des Cavaignac'schen Kabinets zu klagen, so ist es Hr. v. Raumer. Derselbe wurde bekanntlich von der sogenannten Frankfurter Centralgewalt hierher geschickt, um die deutsche Einigkeit offiziell

Fischer. Letzterer wurde auf Befehl des Landwehrmajors von dem Militär unter Mitwirkung des Borchschen Jägerkorps arretirt und unter den ärgsten Mißhandlungen auf das Rathhaus getrieben. — Die Bürger Ehrlich, Pösche und Kaulfuß sind den allumfassenden Armen der „Gerechtigkeit“ entgangen. Weitere Verhaftungen finden statt.

Naumburg (an der Saale) 20. Nov.

Die Landwehrversammlung vom gestrigen Tage faßte einstimmig den Beschluß: „Die preußische Landwehr gehorcht keinem hochverrätherischen Ministerium. Jeder Anwesende ist verpflichtet, vom Sammelplatz am morgenden Tage wegzubleiben, wer trotz dieses Beschlusses erscheint, betheiligt sich am Hochverrath des Ministeriums und ist selbst ein ehrloser Hochverräther.“ Heute früh 10 Uhr sollte die Versammlung statt finden. Von Weißenfels erschienen 3 Mann, von Eckardtsberga 5, von Stößen, Osterfeld, Gückau Niemand, aber ein Absagebrief. Von Naumburg kamen noch die Meisten, theils wortbrüchige (9 Mann) theils solche, die sich an der 300 Mann starken Wehrmänner-Versammlung am vorigen Tage nicht betheiligt hatten. Es war nicht möglich, eine Compagnie zusammen zu bringen. Auch diejenigen, welche sich zur Aushebung hatten notiren lassen, erklärten, als man sie einkleiden wollte, ohne ihnen Waffen zu verabfolgen, daß sie unter dieser Bedingung nicht marschiren würden. Sie blieben also uneingekleidet und gingen wieder nach Hause. Abends erschien eine Deputation der Kölledaer Wehrmänner, um die Erklärung abzugeben, daß sie dem Beispiele der Naumburger folgen würden.

— Um die vielfachen falschen Gerüchte über das unter Stockmann';s Führung stehende Freikorps zu Bibra zu widerlegen, folgt hier die einfache Darlegung des Sachverhaltes: Stockmann hat in Bibra eine Freischaar errichtet zur Unterstützung der Nationalversammlung. Von Naumburg ist ein Corps von 80 Mann zu ihm gestoßen. Zwei Eskadrons Husaren wurden von Naumburg abgesandt, jene Schaaren zu zerstreuen. Stockmann ließ jedoch die Husaren „im Namen der Nationalversammlung auffordern, die Waffen abzugeben, widrigenfalls er dieselben mit Gewalt nehmen lassen werde.“ Die Husaren erwiderten, daß sie den Angriff erwarten wollten. Als nun ein Theil des Freikorps vorrückte, machten die Husaren Kehrt und sprengten zurück; ein Detaschement von 20 Mann jedoch, nebst einem Offizier monöverirte unglücklich und wurde ohne Blutvergießen gefangen genommen und entwaffnet. Der Rest der Husaren liegt in Saubach bei Bibra. Das Stockmann'sche wächst Corps wie eine Lavine. Unter seinen Mitgliedern befand sich eine Zeit lang auch der vom vereinigten Landtage her bekannte Graf Helldorf, hat sich jedoch später zurückgezogen.

(Hall. demokr. Z.)
* Stettin, 20. Nov.

Eins von den tausend Beispielen, wie perfid die preuß. Belagerungspartei bei ihrer auf Verwirrung des Volkes gerichteten Propaganda zu Werke geht, findet sich heute in der „Osts. Z.“ angeführt. Der Nr. 206 dieses zur Nat.-Vers. stehenden Blattes fand ein Abonnent in Jarmen ein reaktionäres Plakat beigelegt, überschrieben: „Pommersches Volksblatt Nr. 1. Die neuesten Ereignisse in Berlin“ u. s. w. Die Redakt. der Zeit. fordert heute die betreffende Postbehörde auf, zu erklären, auf wessen Geheiß dieses pommersche Krautjunker-Blättchen ihrem Abonnenten in dieser Weise aufgedrungen worden.

War der Staatsanzeiger vor dem März wegen seiner unglücklichen Berichtigungen berüchtigt, so ist er's seit dem 9. November wegen seiner alle Schamlosigkeit übersteigenden Lügen noch mehr. Er hatte die Behauptung, daß das Ministerium an alle Landrathsämter ein Schema zu Vertrauensadressen für sich gesandt habe, als Lüge erklärt. Das „Cösliner Volksblatt“ Nr. 93 weist ihm jetzt authentisch nach, daß er selbst aufs Frechste gelogen, als er dies Schema in Abrede gestellt. Dieses gedruckte und an alle Landräthe etc. gesandte Schema lautet:

„Dem unterm 11. d. M. erlassenen Königl. Aufrufe antworten wir mit Freudigkeit, daß wir zu unserm theuern Könige, der es stets gut mit uns meint und der uns alle verheißenen konstitutionellen Freiheiten mit seinem Königsworte verbürgt hat, treulich halten und ihm mit Gut und Blut beistehen wollen gegen alle diejenigen, welche in frevlerischem Ungehorsam sich von ihm abwenden und ihn in seinen landesväterlichen Absichten behindern möchten.“

Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden:

1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und letztere unterzeichnen zu lassen, dieselben sodann aber an Se. Maj. den König unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu übersenden;

2) außerdem den betreffenden Magisträten und Ortsvorstehern eine angemessene Anzahl von Exemplaren zur schleunigen Sammlung von Unterschriften innerhalb ihres Geschäftsbezirks auszuhändigen und nach geschlossener möglichst zahlreicher Unterzeichnung mit der Versendung wie ad 1 gebeten, verfahren zu wollen.“

Stralsund, 19. Nov.

So eben komme ich von der Landwehrversammlung nach Hause. Dort hätte die Reaktion bald die Freude erlebt, ein blutiges Zusammentreffen der Bürgerwehr mit der Landwehr zu sehen. Die Landwehr will sich hier nicht einkleiden lassen, sie will nicht gegen ihre Mitbürger ziehen; als sie lärmend das Haus umdrängte, in dessen Eingang die Offiziere standen, zog einer derselben blank und im Nu war der Tumult fertig; dazu die Tollheit, daß ein Angstmann gleich hinlief und Militär holte, welches in blindem Eifer mit gefälltem Bajonett auf — die Bürgerwehr losging und beinah diese angegriffen hätte. Endlich sah Bürgerwehr und Landwehr ein, daß sie ja beide dasselbe wollen und sich daher ja nicht gegen einander brauchen lassen dürfen; beide haben sie erklärt, ganz entschieden nur für die Nationalversammlung zu stehen.

(Osts. Z.)
103 Oldenburg, 21. Nov.

In der heutigen Landtagssitzung wurde einstimmig, zum großen Verdruß des Hrn. Großherzogs und seiner Kamarilla folgender Beschluß gefaßt:

Art. 174: „Alles Domanialvermögen im Großherzogthum, welches bisher von der Hofverwaltung, von den Finanzbehörden des Staats oder sonst staatlich verwaltet oder benutzt ist, namentlich die Schlösser, die Kammergüter, die Forsten, das sonstige Grundeigenthum, auch die nutzbaren Berechtigungen, welchen historischen und rechtlichen Ursprungs sie sein mögen, sind Eigenthum des Staates.“

Es ist darin übrigens kein Privateigenthum, kein Familien-, Haus- oder Chatullgut des Großherzogs oder des großherzogl. Hauses enthalten.

121 Wien, 20. November.

Wie nunmehr auf das Bestimmteste verbürgt werden kann, ist der Urgrund der Oktoberrevolution kein Initiativ-Wienerischer, sondern lediglich ein Magyarischer. — Als Jelachich die Gränze Kroatien's überschritten hatte, um die Magyaren anzugreifen, soll Kossuth ausgerufen haben: „Jetzt ein Krawall in Wien!“ In Folge dieser Einsicht wendete er sich dann sofort an die Hauptleiter der Wiener Bewegung. Das in Wien befindliche Ungarische Unterstaatssekretariat des Auswärtigen soll dabei zur Stätte des gegenseitigen Einverständnisses gedient haben und reichliche Geldspenden unter die demokratischen Autoritäten Wien's von dort aus vertheilt worden sein. Man spricht von wöchentlichen 1200 Fl. K.-M. — Die dabei betheiligten Persönlichkeiten vermag ich nicht näher zu bezeichnen; soviel ist aber gewiß, daß das Studentenkomite — größtentheils aus Juden bestehend — und der demokratische Verein — ebenfalls lauter Juden — bedeutende Summen empfingen, mithin auch instruktionsmäßig gewirkt haben müssen. Man hatte das Gewebe der sich vorbereitenden Militär-Reaktion durchschaut und in Latour deren obersten Leiter erkannt und wußte auch, daß Windischgrätz mit ihm im Bunde gestanden, um eines Theils die czechische, andern Theils die kroatische Bewegung mit Jellachich an der Spitze zum Zwecke der Kamarilla zu exploitiren. Beide, sowohl die Czechen als Jelachich gingen in die Falle. Der Sturm vom 6. Oktober mußte demnach heraufbeschworen werden, denn er war für Kossuth eine unabweisbare Kombination, weil durch das Gelingen desselben Ungarn Jelachich, seinen gefährlichsten Feind, zu beseitigen eine bedeutendere Aussicht bekam und dessen Verstärkung durch andere slavische oder deutsche Truppen, die Latour ihm am 6. Oktober zusenden wollte, vereitelt wurde. — Die mit diesem Plan vertrauten Wiener hofften, um ihre Zwecke dadurch am ehsten zu erreichen, wenn sie sich bemühten, die Soldaten, welche Latour schon am 5. nach Ungarn kommandirt hatte, im Voraus mit Geld und Reden zu bearbeiten. Der 6. Oktober hat bewiesen, daß ihnen diese Mühe gehörige Früchte trug. Vor allen andern hatten sich die deutschen Grenadiere gewinnen lassen und viele von ihnen sollen mit Zehnguldennoten beschenkt worden sein. — Nach dem Tode Latour's kam Alles darauf an, das Volk von Wien, den Reichstag und Gemeinderath im allgemein-demokratischen Sinne von der Nothwendigkeit des 6. Oktober zu überzeugen. Auch dies gelang, um so mehr, als das reaktionäre Netz sich auch vor den blödsinnigsten Augen immer deutlicher entfaltete und sub duce der akademischen Legion schon am 6. Oktober auch die Arbeiter zur Theilnahme am Kampfe veranlaßte. Daß der Reichstag sich in seinem Verfahren nur von dieser allgemeinen Rücksicht hat leiten lassen, glaube ich mit Gewißheit annehmen zu können. Er stand, glaube ich, in keinem Einvernehmen mit Kossuth und hat nur intellektuel für denselben sich interessiren können. Ob einzelne Deputirte eine Ausnahme gemacht haben, darüber wage ich kein Wort zu verlieren, weil ich nichts behaupten kann.

Erst dann, als Jelachich vor Wien erschienen war, begann der Reichstag sehnsüchtige Blicke nach dem ungarischen Heere zu werfen, ohne indessen zu wagen, direkt dessen Hülfe nachzusuchen. Er that es lediglich im Bewußtsein seines Rechts, welches er durch das Slavenheer der reaktionären Kamarilla bedroht sah. Auch die Wiener Bourgeoisie, von jeher eine erbitterte Feindin des Magyarischen, ihre Kram-Interessen höchlich gefahrdenden, Separatismus, stand außer aller Beziehung zu den in Wien von den Magyaren und den von ihnen bezahlten Juden verfolgten Zwecken, und folgte nur dem allgemeinen Impulse und den vom Reichstag getroffenen Anordnungen. Auf demselben Boden stand Messenhauser, der provisorische Oberkommandant der Garde, dessen Hinrichtung daher bekundet, daß der politische Blick des Herrn Windischgrätz nicht von allzubedeutender Wurfweite Zeugniß giebt. Unter diesen Umständen ist die ganze Bevölkerung Wien's erstaunt, daß Windischgrätz noch keinem der betheiligten, weil dafür bezahlten, Juden ein Haar gekrümmt hat, vielmehr die Untersuchung der Sache von dieser magyarisch-jüdischen pointe ganz abzuleiten sucht, um Leute zur Rechenschaft zu ziehen, die interessenlos und rein aus Freiheitsbegeisterung gehandelt haben. — Die von hier in alle Winkel Europa's gefluchteten Juden werden nun aber nicht verabsäumen, vor allem als Wiener Freiheitskämpfer die öffentliche demokratische Meinung Deutschland's für ihren Säckel zu exploitiren, indem sie die Sache nur von dem ihnen allein erquicklichen Gesichtspunkte darzustellen nicht verfehlen werden.

Die Zwanziger werden hier so selten, daß man auf Papier kaum mehr wechseln kann und die Juden für 100 Fl. Zwanziger deren 15 Agio nehmen, um sie hinwiederum für 20 Fl. zu verkaufen. [unleserliches Material] Der Gärtner des Angarten wurde gestern, weil er auf die k. k. Truppen geschossen, zum Strang verurtheilt, dann aber zu 2 Jahren Schanzenarbeit begnadigt.

Die überall und darum auch hier ihr Interesse sehr wohl erkennende Bourgeoisie fängt allgemach an, zu begreifen, daß der Wiederaufbau des alten Oesterreichs auch ihr keinen Nutzen bringen kann. 1200 Millionen Fl. K.-M. Schulden, ein überall zerrüttetes, unter dem Standrecht und Soldaten-Despotismus stehendes Land stellt keine glückliche Zukunft in Aussicht. Die Wiener Bourgeoisie begreift auch, daß weder Frankreich, noch England, noch überhaupt Westeuropa, solange dort die Bourgeoisie herrscht, ein ernstliches Interesse haben, diesen Zustand mehr als scheinbar zu bedrohen. Wenn Oesterreich recht zahlreiche Armeen ernährt, wenn es in fortwährenden Konvulsionen und in einer Art asiatischer Barbarei stecken bleibt, so raisonniren die westeuropäischen Bourgeois, dann kann es niemals ein ernstlicher Konkurrent von uns werden. Darum werden Frankreich und England niemals in Italien interveniren, auch kein Polen restauriren; aber sie werden gegenüber den Mächten, die diese Länder besitzen, stets den Schein der Intervention behaupten, um sie auf diese Weise zur Unterhaltung gewaltiger Heere zu nöthigen, in fortwährendem Ruin zu erhalten.

102 Wien, 20. November.

Auf der Schmelz hat vorgestern eine feierliche Beerdigung Latour's stattgefunden, auf welche gestern beim Lagerberg unweit der Spinnerei am Kreuz ein Requiem für denselben gefolgt ist, dem 40,000 Mann Militär mit 18 Batterien beiwohnen mußten. Es bringt schon in äußerste Gefahr, den Namen Latour irgendwo auszusprechen. Eine Schneidersfrau hatte einen Hemdärmel von ihm gefunden und denselben gewaschen, um ihn zu bewahren. Es kommt heraus, die ganze Familie wird eingezogen und verschwindet wahrscheinlich im Standrecht.

Die Angehörigen und Freunde Messenhauser's haben die Erlaubniß erhalten, ihm ein Begräbniß halten zu dürfen. Es hat gestern stattgefunden. Blum's Leiche ist mit andern in ein Loch geworfen worden. — Heute sollen am Neuthor 8 gehängt worden sein; ich will es nicht glauben.

Die Theuerung nimmt im bedrohlichsten Maßstabe zu. Salz kostet jetzt 20 Kr., früher 12; Waizen jetzt 16 bis 17 Fl., in 14 Tagen aber 30 Fl., früher 9 Fl. 30 Kr.; Türkischer Waizen jetzt 7 Fl., früher 2; Fleisch jetzt 12 Kr. K.-M., in 14 Tagen aber 24 Kr., früher 9 Kr. K.-M.; Schmalz jetzt 30 Kr. K.-M., früher 12 Kr. K.-M.; eine Gans kostet jetzt 8 Fl. Schein, früher 3 Fl.; zwei Eier kosteten früher 3 Kr. Schein, jetzt kostet eins deren 6 u. s. w. — Der Krieg mit Ungarn wird ganz Niederösterreich in eine entsetzliche Hungersnoth stürzen, weil die ersten Lebensmittel aus Ungarn bezogen werden und die Vorräthe sich täglich mindern. Böhmen liefert nur etwas Hülsenfrüchte und Kartoffeln; das Getreide des Marchfeldes reicht nicht aus, und das übrige Mähren, wie Schlesien, versenden nichts hieher. Auch Galizien bedarf selbst seiner Frucht und schickt nur einiges Schlachtvieh nach Wien. Borstenvieh, da es aus Ungarn kommt, geht uns ebenfalls gänzlich ab.

Die übrigen Provinzen führen nichts nach Wien. Rundumher ist der Bauer vom Militär ganz abgefressen; er hat ihm alle seine Vorräthe gegen blose ad graecas calendas ausgestellte Bescheinigungen ausliefern müssen, die niemals bezahlt werden. Die Wintersaat ist gänzlich zertreten und dennoch soll der Bauer Steuern zahlen. Das Ende wird entsetzlich werden, wenn einmal die Kälte kommt. In der Stadt kein Verdienst, das Proletariat verhungert bei diesen Zuständen und es können Aufstände erfolgen, die von unberechenbaren Folgen sein werden. Darum wird die Stadt noch täglich fester gegen die Vorstädte verschanzt und verpallisadirt.

Die Ungarn, die natürlich an nichts Mangel leiden, sollen sich längs der ganzen Gränze so energisch verschanzt haben, daß 15,000 Kroaten, die durch Steiermark nach Kroatien heimkehren sollten, gestern hieher zurückkehren mußten, weil sie nicht durchzukommen vermochten. Alle Wege sind durch ungeheure Gräben abgesperrt, ebenso jede Stadt, jedes Dorf, jeder Weiler. General Bem soll mit 40,000 Mann bei Wieselburg stehen; 60,000 Sensenmänner sollen um Budapest liegen.

* Wien, 20. Nov.

Das amtliche Organ der jetzigen Mordregierung, die „Wiener Zeitung“ gab als Grund, weshalb Brogini, aus Mähren gebürtig, am 16. erschossen worden, an: „weil er sich am 23. Nov. in einem Gasthause Schmähungen gegen das Militär und Drohungen über die nothwendige Ermordung hoher Personen erlaubt habe.“ Man weiß jetzt, worin die Drohungen bestanden. Der junge Mann, der dazu von Wein erhitzt war, äußerte im Feuer des Gesprächs: „Nun, für Windischgrätz und Jellachich werden sich wohl auch noch zwei Kugeln finden.“ Dies sein ganzes Verbrechen, genügend, daß ihn die Mordschaar zum Erschießen verurtheilte! Nach einer neuen Kundmachung des Gemeinderaths ist die Ablieferung der Waffen noch immer nicht vollständig. Deshalb habe die Kommandantur abermals 2 Tage bewilligt, an denen Jeder ohne Besorgniß vor Strafe seine Waffen abliefern könne. Die hündischen Ausdrücke des Gemeinderaths in dieser und andern Kundmachungen sind wahrhaft ekelerregend und empörend. In obiger Proklamation z. B. heißt es am Schluß:

„Mitbürger! Erkennt hierin abermals einen unzweideutigen Beweis der Langmuth und Milde des hohen k. k. Militärkommando's! Machet Euch derselben aber auch würdig durch willige und pünktliche Befolgung der Anordnung desselben und verspart sonach Euren Vertretern den Schmerz, das traurige Schicksal verirrter Mitbürger beweinen zu müssen.“

35 Darmstadt, 21. Nov.

Heute hielt die hessische Ständeversammlung in alt hergebrachter Weise ihre erste diesjährige Sitzung. Neuwahlen hatten nicht stattgefunden; es sind dieselben Abgeordneten, welche schon in früheren Jahren das Wohl und Wehe des Vaterlandes ohne den geringsten Erfolg beriethen. Präsident ist der Oberappellationsrath Hesse von hier, welcher nicht versäumte, von seiner Autorität bereits heute den ausgedehntesten Gebrauch zu machen; eine Rede des Abgeordneten Heldmann wurde wiederholt von den Gallerien durch Hoch's auf Hecker unterbrochen, wodurch sich Hr. Hesse veranlaßt sah, die Sitzung zu schließen, weil ihm augenblicklich die geeigneten Mittel nicht zu Gebote standen, um die Gallerien gewünschtermaßen räumen zu lassen und sich dadurch Ruhe zu verschaffen. Auch die unschuldige unbedeutende hessische Ständeversammlung kann nicht einmal frei berathen, es müssen Reichstruppen zum Schutze der Versammlung herbeordert werden.

Beim Auseinandergehen wurden dem Bürger Zitz mehrere Vivats gebracht; auf heute Abend wird zu dessen Ehre ein Ständchen vorbereitet. Für Darmstadt ist dies mehr als man erwarten sollte!

Schweiz.
** Bern, 21. Nov.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
** Zürich, 20. Nov.

Die „Vorkehrungen“ des Reichsministeriums treten schon in Kraft und es scheint sogar, als ob sie weiter gehen sollten als die „Entschließungen“. 30 - 35 deutsche Soldaten haben bereits schweizerisches Gebiet verletzt, indem sie unter Anführung eines Unteroffiziers bewaffnet nach Sulgen, Kanton Zürich, zogen, wo sie ein Haus durchsuchen wollten, wo Flüchtlinge verborgen sein sollten. Die Einwohner vertrieben jedoch die Reichstruppen mit Steinen und Stöcken. Der Stationskommandant von Lottstetten hat sofort die Entschuldigung gestammelt, die Soldaten hätten nicht gewußt, daß sie auf schweizer Gebiet seien!!

* Uri, 19. Novbr.

Heute hat die Landsgemeinde die alten Abgeordneten Lusser, Muheim und Christer wieder in den Nationalrath gewählt, aber diesmal ohne Verwahrung gegen die neue Bundesverfassung einzulegen. (Sie sind schon in Bern und wohnten der Sitzung vom 21. bei.)

** Schaffhausen, 21. Nov.

Sie werden die Aktenstücke gelesen haben, die die deutsche Centralgewalt in der Frkf. O.-P.-A.-Z. zur Rechtfertigung ihrer Noten an die Schweiz gerichtet hat. Wie diese beschaffen, dafür hier ein Beweis: Die hiesige Regierung hat von der badischen sofort verlangt, daß der Amtmann von Instetten wegen des in diesem Aktenstücke citirten Lügenberichts sofort zur Strafe gezogen werde. Man sieht das Blättchen könnte sich leicht wenden und die Schweiz als beleidigter Theil auftreten (s. auch Zürich).

Italien.
* Turin.

Die hier erscheinende „Opinione“ ist mit Beschlag belegt und in Anklagezustand versetzt worden. Die Anklage lautet auf Majestätsbeleidigung und auf Aufreizung der mit dem Königreiche durch Staatsvertrag verbundenen lombardischen Provinzen zur Losreißung von Sardinien und zur Bildung eines eignen Staates. Die „Opinione“ weist beide Vorwürfe mit Entrüstung zurück, und verspricht in einem spätern Artikel den Beweis zu führen, daß nicht sie, sondern daß das Ministerium selbst sich der ihr in die Schuh geschobenen Fakten schuldig gemacht hat. —

Man schreibt der „Opinione“ unterm 15. Nov. aus Mailand:

Ein reicher jüdischer Kaufmann, der in regem Verkehr mit der russischen Kaiserfamilie steht, hat kürzlich einen Brief von einen Sekretär des Kaisers erhalten. Er wird darin befragt, was man in der Lombardei von einer Combination im Interesse des Herzogs von Leuchtenberg hält. Man spricht hier von dieser Combination wie von einer ausgemachten Sache. Während Paris und London mit Wien unterhandeln, negociirt Radetzki offen mit St. Petersburg.

* Bologna, 13. Novbr.

Die päbstliche Regierung hat der Garibaldischen Legion endlich den Durchgang durch ihr Gebiet gestattet, unter der Bedingung jedoch, daß sie beim Eintritt ihre Waffen abzulegen hat, um sie beim Austritt wieder zu empfangen.

Französische Republik.
Paris, 22. November.

Auf Befehl des Präsidenten der Nationalversammlung hat der Minister des Innern gestern Abend die auf Urlaub befindlichen Glieder der Nationalversammlung Lamartine (Mitglied der ehemaligen Exekutiv-Kommission) und Marie, Justizminister und ebenfalls Mitglied jener Kommission, mittels des Telegraphen nach Paris zurückgerufen. Lamartine ist in Macon, wo er am 19. Nov. die Verfassung proklamirte und dabei eine schrecklich theatralische Rede hielt, welche heute das Bien public mittheilt. Marie befindet sich Auterre (Yone Departement) Beide werden bis Freitag eintreffen.

— Wenn irgend Jemand Veranlassung hat über die Taktlosigkeit des Cavaignac'schen Kabinets zu klagen, so ist es Hr. v. Raumer. Derselbe wurde bekanntlich von der sogenannten Frankfurter Centralgewalt hierher geschickt, um die deutsche Einigkeit offiziell

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          <p><pb facs="#f0003" n="0799"/>
Fischer. Letzterer wurde auf Befehl des Landwehrmajors von dem Militär unter Mitwirkung des Borchschen Jägerkorps arretirt und unter den ärgsten Mißhandlungen auf das Rathhaus getrieben. &#x2014; Die Bürger Ehrlich, Pösche und Kaulfuß sind den allumfassenden Armen der &#x201E;Gerechtigkeit&#x201C; entgangen. Weitere Verhaftungen finden statt.</p>
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          <head>Naumburg (an der Saale) 20. Nov.</head>
          <p>Die Landwehrversammlung vom gestrigen Tage faßte einstimmig den Beschluß: &#x201E;Die preußische Landwehr gehorcht keinem hochverrätherischen Ministerium. Jeder Anwesende ist verpflichtet, vom Sammelplatz am morgenden Tage wegzubleiben, wer trotz dieses Beschlusses erscheint, betheiligt sich am Hochverrath des Ministeriums und ist selbst ein ehrloser Hochverräther.&#x201C; Heute früh 10 Uhr sollte die Versammlung statt finden. Von Weißenfels erschienen 3 Mann, von Eckardtsberga 5, von Stößen, Osterfeld, Gückau <hi rendition="#g">Niemand</hi>, aber ein Absagebrief. Von Naumburg kamen noch die Meisten, theils wortbrüchige (9 Mann) theils solche, die sich an der 300 Mann starken Wehrmänner-Versammlung am vorigen Tage nicht betheiligt hatten. Es war nicht möglich, eine Compagnie zusammen zu bringen. Auch diejenigen, welche sich zur Aushebung hatten notiren lassen, erklärten, als man sie einkleiden wollte, ohne ihnen Waffen zu verabfolgen, daß sie unter dieser Bedingung nicht marschiren würden. Sie blieben also uneingekleidet und gingen wieder nach Hause. Abends erschien eine Deputation der Kölledaer Wehrmänner, um die Erklärung abzugeben, daß sie dem Beispiele der Naumburger folgen würden.</p>
          <p>&#x2014; Um die vielfachen falschen Gerüchte über das unter Stockmann';s Führung stehende Freikorps zu Bibra zu widerlegen, folgt hier die einfache Darlegung des Sachverhaltes: Stockmann hat in Bibra eine Freischaar errichtet zur Unterstützung der Nationalversammlung. Von Naumburg ist ein Corps von 80 Mann zu ihm gestoßen. Zwei Eskadrons Husaren wurden von Naumburg abgesandt, jene Schaaren zu zerstreuen. Stockmann ließ jedoch die Husaren &#x201E;im Namen der Nationalversammlung auffordern, die Waffen abzugeben, widrigenfalls er dieselben mit Gewalt nehmen lassen werde.&#x201C; Die Husaren erwiderten, daß sie den Angriff erwarten wollten. Als nun ein Theil des Freikorps vorrückte, machten die Husaren Kehrt und sprengten zurück; ein Detaschement von 20 Mann jedoch, nebst einem Offizier monöverirte unglücklich und wurde <hi rendition="#g">ohne Blutvergießen</hi> gefangen genommen und entwaffnet. Der Rest der Husaren liegt in Saubach bei Bibra. Das Stockmann'sche wächst Corps wie eine Lavine. Unter seinen Mitgliedern befand sich eine Zeit lang auch der vom vereinigten Landtage her bekannte Graf Helldorf, hat sich jedoch später zurückgezogen.</p>
          <bibl>(Hall. demokr. Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Stettin, 20. Nov.</head>
          <p>Eins von den tausend Beispielen, wie perfid die preuß. Belagerungspartei bei ihrer auf Verwirrung des Volkes gerichteten Propaganda zu Werke geht, findet sich heute in der &#x201E;Osts. Z.&#x201C; angeführt. Der Nr. 206 dieses zur Nat.-Vers. stehenden Blattes fand ein Abonnent in Jarmen ein reaktionäres Plakat beigelegt, überschrieben: &#x201E;Pommersches Volksblatt Nr. 1. Die neuesten Ereignisse in Berlin&#x201C; u. s. w. Die Redakt. der Zeit. fordert heute die betreffende Postbehörde auf, zu erklären, auf wessen Geheiß dieses pommersche Krautjunker-Blättchen ihrem Abonnenten in dieser Weise aufgedrungen worden.</p>
          <p>War der Staatsanzeiger vor dem März wegen seiner unglücklichen Berichtigungen berüchtigt, so ist er's seit dem 9. November wegen seiner alle Schamlosigkeit übersteigenden Lügen noch mehr. Er hatte die Behauptung, daß das Ministerium an alle Landrathsämter ein <hi rendition="#g">Schema</hi> zu Vertrauensadressen für sich gesandt habe, als Lüge erklärt. Das &#x201E;Cösliner Volksblatt&#x201C; Nr. 93 weist ihm jetzt authentisch nach, daß er selbst aufs Frechste gelogen, als er dies Schema in Abrede gestellt. Dieses gedruckte und an alle Landräthe etc. gesandte Schema lautet:</p>
          <p>&#x201E;Dem unterm 11. d. M. erlassenen Königl. Aufrufe antworten wir mit Freudigkeit, daß wir zu unserm theuern Könige, der es stets gut mit uns meint und der uns alle verheißenen konstitutionellen Freiheiten mit seinem Königsworte verbürgt hat, treulich halten und ihm mit Gut und Blut beistehen wollen gegen alle diejenigen, welche in frevlerischem Ungehorsam sich von ihm abwenden und ihn in seinen landesväterlichen Absichten behindern möchten.&#x201C;</p>
          <p>Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden:</p>
          <p>1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und letztere unterzeichnen zu lassen, dieselben sodann aber an <hi rendition="#b">S</hi>e. Maj. den König unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu übersenden;</p>
          <p>2) außerdem den betreffenden Magisträten und Ortsvorstehern eine angemessene Anzahl von Exemplaren zur schleunigen Sammlung von Unterschriften innerhalb ihres Geschäftsbezirks auszuhändigen und nach geschlossener möglichst zahlreicher Unterzeichnung mit der Versendung wie ad 1 gebeten, verfahren zu wollen.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head>Stralsund, 19. Nov.</head>
          <p>So eben komme ich von der Landwehrversammlung nach Hause. Dort hätte die Reaktion bald die Freude erlebt, ein blutiges Zusammentreffen der Bürgerwehr mit der Landwehr zu sehen. Die Landwehr will sich hier nicht einkleiden lassen, sie will nicht gegen ihre Mitbürger ziehen; als sie lärmend das Haus umdrängte, in dessen Eingang die Offiziere standen, zog einer derselben blank und im Nu war der Tumult fertig; dazu die Tollheit, daß ein Angstmann gleich hinlief und Militär holte, welches in blindem Eifer mit gefälltem Bajonett auf &#x2014; die Bürgerwehr losging und beinah diese angegriffen hätte. Endlich sah Bürgerwehr und Landwehr ein, daß sie ja beide dasselbe wollen und sich daher ja nicht gegen einander brauchen lassen dürfen; beide haben sie erklärt, ganz entschieden nur für die Nationalversammlung zu stehen.</p>
          <bibl>(Osts. Z.)</bibl>
        </div>
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Oldenburg, 21. Nov.</head>
          <p>In der heutigen Landtagssitzung wurde <hi rendition="#g">einstimmig,</hi> zum großen Verdruß des Hrn. Großherzogs und seiner Kamarilla folgender Beschluß gefaßt:</p>
          <p>Art. 174: &#x201E;Alles Domanialvermögen im Großherzogthum, welches bisher von der Hofverwaltung, von den Finanzbehörden des Staats oder sonst staatlich verwaltet oder benutzt ist, namentlich die Schlösser, die Kammergüter, die Forsten, das sonstige Grundeigenthum, auch die nutzbaren Berechtigungen, welchen historischen und rechtlichen Ursprungs sie sein mögen, sind Eigenthum des Staates.&#x201C;</p>
          <p>Es ist darin übrigens kein Privateigenthum, kein Familien-, Haus- oder Chatullgut des Großherzogs oder des großherzogl. Hauses enthalten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_023" type="jArticle">
          <head><bibl><author>121</author></bibl> Wien, 20. November.</head>
          <p>Wie nunmehr auf das Bestimmteste verbürgt werden kann, ist der Urgrund der Oktoberrevolution kein Initiativ-Wienerischer, sondern lediglich ein Magyarischer. &#x2014; Als Jelachich die Gränze Kroatien's überschritten hatte, um die Magyaren anzugreifen, soll Kossuth ausgerufen haben: &#x201E;Jetzt ein Krawall in Wien!&#x201C; In Folge dieser Einsicht wendete er sich dann sofort an die Hauptleiter der Wiener Bewegung. Das in Wien befindliche Ungarische Unterstaatssekretariat des Auswärtigen soll dabei zur Stätte des gegenseitigen Einverständnisses gedient haben und reichliche Geldspenden unter die demokratischen Autoritäten Wien's von dort aus vertheilt worden sein. Man spricht von wöchentlichen 1200 Fl. K.-M. &#x2014; Die dabei betheiligten Persönlichkeiten vermag ich nicht näher zu bezeichnen; soviel ist aber gewiß, daß das Studentenkomite &#x2014; größtentheils aus Juden bestehend &#x2014; und der demokratische Verein &#x2014; ebenfalls lauter Juden &#x2014; bedeutende Summen empfingen, mithin auch instruktionsmäßig gewirkt haben müssen. Man hatte das Gewebe der sich vorbereitenden Militär-Reaktion durchschaut und in Latour deren obersten Leiter erkannt und wußte auch, daß Windischgrätz mit ihm im Bunde gestanden, um eines Theils die czechische, andern Theils die kroatische Bewegung mit Jellachich an der Spitze zum Zwecke der Kamarilla zu exploitiren. Beide, sowohl die Czechen als Jelachich gingen in die Falle. Der Sturm vom 6. Oktober mußte demnach heraufbeschworen werden, denn er war für Kossuth eine unabweisbare Kombination, weil durch das Gelingen desselben Ungarn Jelachich, seinen gefährlichsten Feind, zu beseitigen eine bedeutendere Aussicht bekam und dessen Verstärkung durch andere slavische oder deutsche Truppen, die Latour ihm am 6. Oktober zusenden wollte, vereitelt wurde. &#x2014; Die mit diesem Plan vertrauten Wiener hofften, um ihre Zwecke dadurch am ehsten zu erreichen, wenn sie sich bemühten, die Soldaten, welche Latour schon am 5. nach Ungarn kommandirt hatte, im Voraus mit Geld und Reden zu bearbeiten. Der 6. Oktober hat bewiesen, daß ihnen diese Mühe gehörige Früchte trug. Vor allen andern hatten sich die deutschen Grenadiere gewinnen lassen und viele von ihnen sollen mit Zehnguldennoten beschenkt worden sein. &#x2014; Nach dem Tode Latour's kam Alles darauf an, das Volk von Wien, den Reichstag und Gemeinderath im allgemein-demokratischen Sinne von der Nothwendigkeit des 6. Oktober zu überzeugen. Auch dies gelang, um so mehr, als das reaktionäre Netz sich auch vor den blödsinnigsten Augen immer deutlicher entfaltete und sub duce der akademischen Legion schon am 6. Oktober auch die Arbeiter zur Theilnahme am Kampfe veranlaßte. Daß der Reichstag sich in seinem Verfahren nur von dieser allgemeinen Rücksicht hat leiten lassen, glaube ich mit Gewißheit annehmen zu können. Er stand, glaube ich, in keinem Einvernehmen mit Kossuth und hat nur intellektuel für denselben sich interessiren können. Ob einzelne Deputirte eine Ausnahme gemacht haben, darüber wage ich kein Wort zu verlieren, weil ich nichts behaupten kann.</p>
          <p>Erst dann, als Jelachich vor Wien erschienen war, begann der Reichstag sehnsüchtige Blicke nach dem ungarischen Heere zu werfen, ohne indessen zu wagen, direkt dessen Hülfe nachzusuchen. Er that es lediglich im Bewußtsein seines Rechts, welches er durch das Slavenheer der reaktionären Kamarilla bedroht sah. Auch die Wiener Bourgeoisie, von jeher eine erbitterte Feindin des Magyarischen, ihre Kram-Interessen höchlich gefahrdenden, Separatismus, stand außer aller Beziehung zu den in Wien von den Magyaren und den von ihnen bezahlten Juden verfolgten Zwecken, und folgte nur dem allgemeinen Impulse und den vom Reichstag getroffenen Anordnungen. Auf demselben Boden stand Messenhauser, der provisorische Oberkommandant der Garde, dessen Hinrichtung daher bekundet, daß der politische Blick des Herrn Windischgrätz nicht von allzubedeutender Wurfweite Zeugniß giebt. Unter diesen Umständen ist die ganze Bevölkerung Wien's erstaunt, daß Windischgrätz noch keinem der betheiligten, weil dafür bezahlten, Juden ein Haar gekrümmt hat, vielmehr die Untersuchung der Sache von dieser magyarisch-jüdischen pointe ganz abzuleiten sucht, um Leute zur Rechenschaft zu ziehen, die interessenlos und rein aus Freiheitsbegeisterung gehandelt haben. &#x2014; Die von hier in alle Winkel Europa's gefluchteten Juden werden nun aber nicht verabsäumen, vor allem als Wiener Freiheitskämpfer die öffentliche demokratische Meinung Deutschland's für ihren Säckel zu exploitiren, indem sie die Sache nur von dem ihnen allein erquicklichen Gesichtspunkte darzustellen nicht verfehlen werden.</p>
          <p>Die Zwanziger werden hier so selten, daß man auf Papier kaum mehr wechseln kann und die Juden für 100 Fl. Zwanziger deren 15 Agio nehmen, um sie hinwiederum für 20 Fl. zu verkaufen. <gap reason="illegible"/> Der Gärtner des Angarten wurde gestern, weil er auf die k. k. Truppen geschossen, zum Strang verurtheilt, dann aber zu 2 Jahren Schanzenarbeit begnadigt.</p>
          <p>Die überall und darum auch hier ihr Interesse sehr wohl erkennende Bourgeoisie fängt allgemach an, zu begreifen, daß der Wiederaufbau des alten Oesterreichs auch ihr keinen Nutzen bringen kann. 1200 Millionen Fl. K.-M. Schulden, ein überall zerrüttetes, unter dem Standrecht und Soldaten-Despotismus stehendes Land stellt keine glückliche Zukunft in Aussicht. Die Wiener Bourgeoisie begreift auch, daß weder Frankreich, noch England, noch überhaupt Westeuropa, solange dort die Bourgeoisie herrscht, ein ernstliches Interesse haben, diesen Zustand mehr als scheinbar zu bedrohen. Wenn Oesterreich recht zahlreiche Armeen ernährt, wenn es in fortwährenden Konvulsionen und in einer Art asiatischer Barbarei stecken bleibt, so raisonniren die westeuropäischen Bourgeois, dann kann es niemals ein ernstlicher Konkurrent von uns werden. Darum werden Frankreich und England niemals in Italien interveniren, auch kein Polen restauriren; aber sie werden gegenüber den Mächten, die diese Länder besitzen, stets den Schein der Intervention behaupten, um sie auf diese Weise zur Unterhaltung gewaltiger Heere zu nöthigen, in fortwährendem Ruin zu erhalten.</p>
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          <p>Die Angehörigen und Freunde Messenhauser's haben die Erlaubniß erhalten, ihm ein Begräbniß halten zu dürfen. Es hat gestern stattgefunden. <hi rendition="#g">Blum's Leiche ist mit andern in ein Loch geworfen worden</hi>. &#x2014; Heute sollen am Neuthor 8 gehängt worden sein; ich will es nicht glauben.</p>
          <p>Die Theuerung nimmt im bedrohlichsten Maßstabe zu. Salz kostet jetzt 20 Kr., früher 12; Waizen jetzt 16 bis 17 Fl., in 14 Tagen aber 30 Fl., früher 9 Fl. 30 Kr.; Türkischer Waizen jetzt 7 Fl., früher 2; Fleisch jetzt 12 Kr. K.-M., in 14 Tagen aber 24 Kr., früher 9 Kr. K.-M.; Schmalz jetzt 30 Kr. K.-M., früher 12 Kr. K.-M.; eine Gans kostet jetzt 8 Fl. Schein, früher 3 Fl.; zwei Eier kosteten früher 3 Kr. Schein, jetzt kostet eins deren 6 u. s. w. &#x2014; Der Krieg mit Ungarn wird ganz Niederösterreich in eine entsetzliche Hungersnoth stürzen, weil die ersten Lebensmittel aus Ungarn bezogen werden und die Vorräthe sich täglich mindern. Böhmen liefert nur etwas Hülsenfrüchte und Kartoffeln; das Getreide des Marchfeldes reicht nicht aus, und das übrige Mähren, wie Schlesien, versenden nichts hieher. Auch Galizien bedarf selbst seiner Frucht und schickt nur einiges Schlachtvieh nach Wien. Borstenvieh, da es aus Ungarn kommt, geht uns ebenfalls gänzlich ab.</p>
          <p>Die übrigen Provinzen führen nichts nach Wien. Rundumher ist der Bauer vom Militär ganz abgefressen; er hat ihm alle seine Vorräthe gegen blose ad graecas calendas ausgestellte Bescheinigungen ausliefern müssen, die niemals bezahlt werden. Die Wintersaat ist gänzlich zertreten und dennoch soll der Bauer Steuern zahlen. Das Ende wird entsetzlich werden, wenn einmal die Kälte kommt. In der Stadt kein Verdienst, das Proletariat verhungert bei diesen Zuständen und es können Aufstände erfolgen, die von unberechenbaren Folgen sein werden. Darum wird die Stadt noch täglich fester gegen die Vorstädte verschanzt und verpallisadirt.</p>
          <p>Die Ungarn, die natürlich an nichts Mangel leiden, sollen sich längs der ganzen Gränze so energisch verschanzt haben, daß 15,000 Kroaten, die durch Steiermark nach Kroatien heimkehren sollten, gestern hieher zurückkehren mußten, weil sie nicht durchzukommen vermochten. Alle Wege sind durch ungeheure Gräben abgesperrt, ebenso jede Stadt, jedes Dorf, jeder Weiler. General Bem soll mit 40,000 Mann bei Wieselburg stehen; 60,000 Sensenmänner sollen um Budapest liegen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 20. Nov.</head>
          <p>Das amtliche Organ der jetzigen Mordregierung, die &#x201E;Wiener Zeitung&#x201C; gab als Grund, weshalb Brogini, aus Mähren gebürtig, am 16. erschossen worden, an: &#x201E;weil er sich am 23. Nov. in einem Gasthause Schmähungen gegen das Militär und Drohungen über die nothwendige Ermordung hoher Personen erlaubt habe.&#x201C; Man weiß jetzt, worin die Drohungen bestanden. Der junge Mann, der dazu von Wein erhitzt war, äußerte im Feuer des Gesprächs: &#x201E;Nun, für Windischgrätz und Jellachich werden sich wohl auch noch zwei Kugeln finden.&#x201C; Dies sein ganzes Verbrechen, genügend, daß ihn die Mordschaar zum Erschießen verurtheilte! Nach einer neuen Kundmachung des Gemeinderaths ist die Ablieferung der Waffen noch immer nicht vollständig. Deshalb habe die Kommandantur abermals 2 Tage bewilligt, an denen Jeder ohne Besorgniß vor Strafe seine Waffen abliefern könne. Die hündischen Ausdrücke des Gemeinderaths in dieser und andern Kundmachungen sind wahrhaft ekelerregend und empörend. In obiger Proklamation z. B. heißt es am Schluß:</p>
          <p>&#x201E;Mitbürger! Erkennt hierin abermals einen unzweideutigen Beweis der Langmuth und Milde des hohen k. k. Militärkommando's! Machet Euch derselben aber auch würdig durch willige und pünktliche Befolgung der Anordnung desselben und verspart sonach Euren Vertretern den Schmerz, das traurige Schicksal verirrter Mitbürger beweinen zu müssen.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_026" type="jArticle">
          <head><bibl><author>35</author></bibl> Darmstadt, 21. Nov.</head>
          <p>Heute hielt die hessische Ständeversammlung in alt hergebrachter Weise ihre erste diesjährige Sitzung. Neuwahlen hatten nicht stattgefunden; es sind dieselben Abgeordneten, welche schon in früheren Jahren das Wohl und Wehe des Vaterlandes ohne den geringsten Erfolg beriethen. Präsident ist der Oberappellationsrath Hesse von hier, welcher nicht versäumte, von seiner Autorität bereits heute den ausgedehntesten Gebrauch zu machen; eine Rede des Abgeordneten Heldmann wurde wiederholt von den Gallerien durch Hoch's auf <hi rendition="#g">Hecker</hi> unterbrochen, wodurch sich Hr. Hesse veranlaßt sah, die Sitzung zu schließen, weil ihm augenblicklich die geeigneten Mittel nicht zu Gebote standen, um die Gallerien gewünschtermaßen räumen zu lassen und sich dadurch Ruhe zu verschaffen. Auch die unschuldige unbedeutende hessische Ständeversammlung kann nicht einmal frei berathen, es müssen Reichstruppen zum Schutze der Versammlung herbeordert werden.</p>
          <p>Beim Auseinandergehen wurden dem Bürger <hi rendition="#g">Zitz</hi> mehrere Vivats gebracht; auf heute Abend wird zu dessen Ehre ein Ständchen vorbereitet. Für Darmstadt ist dies mehr als man erwarten sollte!</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar152_027_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Resultat der Nationalratswahlen, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Bern, 21. Nov.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar152_028" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Zürich, 20. Nov.</head>
          <p>Die &#x201E;Vorkehrungen&#x201C; des Reichsministeriums treten schon in Kraft und es scheint sogar, als ob sie weiter gehen sollten als die &#x201E;Entschließungen&#x201C;. 30 - 35 deutsche Soldaten haben bereits <hi rendition="#g">schweizerisches Gebiet verletzt,</hi> indem sie unter Anführung eines Unteroffiziers bewaffnet nach Sulgen, Kanton Zürich, zogen, wo sie ein Haus durchsuchen wollten, wo Flüchtlinge verborgen sein sollten. Die Einwohner vertrieben jedoch die Reichstruppen mit Steinen und Stöcken. Der Stationskommandant von Lottstetten hat sofort die Entschuldigung gestammelt, die Soldaten hätten nicht gewußt, daß sie auf schweizer Gebiet seien!!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_029" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Uri, 19. Novbr.</head>
          <p>Heute hat die Landsgemeinde die alten Abgeordneten Lusser, Muheim und Christer wieder in den Nationalrath gewählt, aber diesmal ohne Verwahrung gegen die neue Bundesverfassung einzulegen. (Sie sind schon in Bern und wohnten der Sitzung vom 21. bei.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_030" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Schaffhausen, 21. Nov.</head>
          <p>Sie werden die Aktenstücke gelesen haben, die die deutsche Centralgewalt in der Frkf. O.-P.-A.-Z. zur Rechtfertigung ihrer Noten an die Schweiz gerichtet hat. Wie diese beschaffen, dafür hier ein Beweis: Die hiesige Regierung hat von der badischen sofort verlangt, daß der Amtmann von Instetten wegen des in diesem Aktenstücke citirten Lügenberichts sofort zur Strafe gezogen werde. Man sieht das Blättchen könnte sich leicht wenden und die Schweiz als beleidigter Theil auftreten (s. auch Zürich).</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar152_031" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin.</head>
          <p>Die hier erscheinende &#x201E;Opinione&#x201C; ist mit Beschlag belegt und in Anklagezustand versetzt worden. Die Anklage lautet auf Majestätsbeleidigung und auf Aufreizung der mit dem Königreiche durch Staatsvertrag verbundenen lombardischen Provinzen zur Losreißung von Sardinien und zur Bildung eines eignen Staates. Die &#x201E;Opinione&#x201C; weist beide Vorwürfe mit Entrüstung zurück, und verspricht in einem spätern Artikel den Beweis zu führen, daß nicht sie, sondern daß das Ministerium selbst sich der ihr in die Schuh geschobenen Fakten schuldig gemacht hat. &#x2014;</p>
          <p>Man schreibt der &#x201E;Opinione&#x201C; unterm 15. Nov. aus Mailand:</p>
          <p>Ein reicher jüdischer Kaufmann, der in regem Verkehr mit der russischen Kaiserfamilie steht, hat kürzlich einen Brief von einen Sekretär des Kaisers erhalten. Er wird darin befragt, was man in der Lombardei von einer Combination im Interesse des Herzogs von Leuchtenberg hält. Man spricht hier von dieser Combination wie von einer ausgemachten Sache. Während Paris und London mit Wien unterhandeln, negociirt Radetzki offen mit St. Petersburg.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_032" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bologna, 13. Novbr.</head>
          <p>Die päbstliche Regierung hat der Garibaldischen Legion endlich den Durchgang durch ihr Gebiet gestattet, unter der Bedingung jedoch, daß sie beim Eintritt ihre Waffen abzulegen hat, um sie beim Austritt wieder zu empfangen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar152_033" type="jArticle">
          <head>Paris, 22. November.</head>
          <p>Auf Befehl des Präsidenten der Nationalversammlung hat der Minister des Innern gestern Abend die auf Urlaub befindlichen Glieder der Nationalversammlung Lamartine (Mitglied der ehemaligen Exekutiv-Kommission) und Marie, Justizminister und ebenfalls Mitglied jener Kommission, mittels des Telegraphen nach Paris zurückgerufen. Lamartine ist in Macon, wo er am 19. Nov. die Verfassung proklamirte und dabei eine schrecklich theatralische Rede hielt, welche heute das Bien public mittheilt. Marie befindet sich Auterre (Yone Departement) Beide werden bis Freitag eintreffen.</p>
          <p>&#x2014; Wenn irgend Jemand Veranlassung hat über die Taktlosigkeit des Cavaignac'schen Kabinets zu klagen, so ist es Hr. v. Raumer. Derselbe wurde bekanntlich von der sogenannten Frankfurter Centralgewalt hierher geschickt, um die deutsche Einigkeit offiziell
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</TEI>
[0799/0003] Fischer. Letzterer wurde auf Befehl des Landwehrmajors von dem Militär unter Mitwirkung des Borchschen Jägerkorps arretirt und unter den ärgsten Mißhandlungen auf das Rathhaus getrieben. — Die Bürger Ehrlich, Pösche und Kaulfuß sind den allumfassenden Armen der „Gerechtigkeit“ entgangen. Weitere Verhaftungen finden statt. Naumburg (an der Saale) 20. Nov. Die Landwehrversammlung vom gestrigen Tage faßte einstimmig den Beschluß: „Die preußische Landwehr gehorcht keinem hochverrätherischen Ministerium. Jeder Anwesende ist verpflichtet, vom Sammelplatz am morgenden Tage wegzubleiben, wer trotz dieses Beschlusses erscheint, betheiligt sich am Hochverrath des Ministeriums und ist selbst ein ehrloser Hochverräther.“ Heute früh 10 Uhr sollte die Versammlung statt finden. Von Weißenfels erschienen 3 Mann, von Eckardtsberga 5, von Stößen, Osterfeld, Gückau Niemand, aber ein Absagebrief. Von Naumburg kamen noch die Meisten, theils wortbrüchige (9 Mann) theils solche, die sich an der 300 Mann starken Wehrmänner-Versammlung am vorigen Tage nicht betheiligt hatten. Es war nicht möglich, eine Compagnie zusammen zu bringen. Auch diejenigen, welche sich zur Aushebung hatten notiren lassen, erklärten, als man sie einkleiden wollte, ohne ihnen Waffen zu verabfolgen, daß sie unter dieser Bedingung nicht marschiren würden. Sie blieben also uneingekleidet und gingen wieder nach Hause. Abends erschien eine Deputation der Kölledaer Wehrmänner, um die Erklärung abzugeben, daß sie dem Beispiele der Naumburger folgen würden. — Um die vielfachen falschen Gerüchte über das unter Stockmann';s Führung stehende Freikorps zu Bibra zu widerlegen, folgt hier die einfache Darlegung des Sachverhaltes: Stockmann hat in Bibra eine Freischaar errichtet zur Unterstützung der Nationalversammlung. Von Naumburg ist ein Corps von 80 Mann zu ihm gestoßen. Zwei Eskadrons Husaren wurden von Naumburg abgesandt, jene Schaaren zu zerstreuen. Stockmann ließ jedoch die Husaren „im Namen der Nationalversammlung auffordern, die Waffen abzugeben, widrigenfalls er dieselben mit Gewalt nehmen lassen werde.“ Die Husaren erwiderten, daß sie den Angriff erwarten wollten. Als nun ein Theil des Freikorps vorrückte, machten die Husaren Kehrt und sprengten zurück; ein Detaschement von 20 Mann jedoch, nebst einem Offizier monöverirte unglücklich und wurde ohne Blutvergießen gefangen genommen und entwaffnet. Der Rest der Husaren liegt in Saubach bei Bibra. Das Stockmann'sche wächst Corps wie eine Lavine. Unter seinen Mitgliedern befand sich eine Zeit lang auch der vom vereinigten Landtage her bekannte Graf Helldorf, hat sich jedoch später zurückgezogen. (Hall. demokr. Z.) * Stettin, 20. Nov. Eins von den tausend Beispielen, wie perfid die preuß. Belagerungspartei bei ihrer auf Verwirrung des Volkes gerichteten Propaganda zu Werke geht, findet sich heute in der „Osts. Z.“ angeführt. Der Nr. 206 dieses zur Nat.-Vers. stehenden Blattes fand ein Abonnent in Jarmen ein reaktionäres Plakat beigelegt, überschrieben: „Pommersches Volksblatt Nr. 1. Die neuesten Ereignisse in Berlin“ u. s. w. Die Redakt. der Zeit. fordert heute die betreffende Postbehörde auf, zu erklären, auf wessen Geheiß dieses pommersche Krautjunker-Blättchen ihrem Abonnenten in dieser Weise aufgedrungen worden. War der Staatsanzeiger vor dem März wegen seiner unglücklichen Berichtigungen berüchtigt, so ist er's seit dem 9. November wegen seiner alle Schamlosigkeit übersteigenden Lügen noch mehr. Er hatte die Behauptung, daß das Ministerium an alle Landrathsämter ein Schema zu Vertrauensadressen für sich gesandt habe, als Lüge erklärt. Das „Cösliner Volksblatt“ Nr. 93 weist ihm jetzt authentisch nach, daß er selbst aufs Frechste gelogen, als er dies Schema in Abrede gestellt. Dieses gedruckte und an alle Landräthe etc. gesandte Schema lautet: „Dem unterm 11. d. M. erlassenen Königl. Aufrufe antworten wir mit Freudigkeit, daß wir zu unserm theuern Könige, der es stets gut mit uns meint und der uns alle verheißenen konstitutionellen Freiheiten mit seinem Königsworte verbürgt hat, treulich halten und ihm mit Gut und Blut beistehen wollen gegen alle diejenigen, welche in frevlerischem Ungehorsam sich von ihm abwenden und ihn in seinen landesväterlichen Absichten behindern möchten.“ Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden: 1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und letztere unterzeichnen zu lassen, dieselben sodann aber an Se. Maj. den König unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu übersenden; 2) außerdem den betreffenden Magisträten und Ortsvorstehern eine angemessene Anzahl von Exemplaren zur schleunigen Sammlung von Unterschriften innerhalb ihres Geschäftsbezirks auszuhändigen und nach geschlossener möglichst zahlreicher Unterzeichnung mit der Versendung wie ad 1 gebeten, verfahren zu wollen.“ Stralsund, 19. Nov. So eben komme ich von der Landwehrversammlung nach Hause. Dort hätte die Reaktion bald die Freude erlebt, ein blutiges Zusammentreffen der Bürgerwehr mit der Landwehr zu sehen. Die Landwehr will sich hier nicht einkleiden lassen, sie will nicht gegen ihre Mitbürger ziehen; als sie lärmend das Haus umdrängte, in dessen Eingang die Offiziere standen, zog einer derselben blank und im Nu war der Tumult fertig; dazu die Tollheit, daß ein Angstmann gleich hinlief und Militär holte, welches in blindem Eifer mit gefälltem Bajonett auf — die Bürgerwehr losging und beinah diese angegriffen hätte. Endlich sah Bürgerwehr und Landwehr ein, daß sie ja beide dasselbe wollen und sich daher ja nicht gegen einander brauchen lassen dürfen; beide haben sie erklärt, ganz entschieden nur für die Nationalversammlung zu stehen. (Osts. Z.) 103 Oldenburg, 21. Nov. In der heutigen Landtagssitzung wurde einstimmig, zum großen Verdruß des Hrn. Großherzogs und seiner Kamarilla folgender Beschluß gefaßt: Art. 174: „Alles Domanialvermögen im Großherzogthum, welches bisher von der Hofverwaltung, von den Finanzbehörden des Staats oder sonst staatlich verwaltet oder benutzt ist, namentlich die Schlösser, die Kammergüter, die Forsten, das sonstige Grundeigenthum, auch die nutzbaren Berechtigungen, welchen historischen und rechtlichen Ursprungs sie sein mögen, sind Eigenthum des Staates.“ Es ist darin übrigens kein Privateigenthum, kein Familien-, Haus- oder Chatullgut des Großherzogs oder des großherzogl. Hauses enthalten. 121 Wien, 20. November. Wie nunmehr auf das Bestimmteste verbürgt werden kann, ist der Urgrund der Oktoberrevolution kein Initiativ-Wienerischer, sondern lediglich ein Magyarischer. — Als Jelachich die Gränze Kroatien's überschritten hatte, um die Magyaren anzugreifen, soll Kossuth ausgerufen haben: „Jetzt ein Krawall in Wien!“ In Folge dieser Einsicht wendete er sich dann sofort an die Hauptleiter der Wiener Bewegung. Das in Wien befindliche Ungarische Unterstaatssekretariat des Auswärtigen soll dabei zur Stätte des gegenseitigen Einverständnisses gedient haben und reichliche Geldspenden unter die demokratischen Autoritäten Wien's von dort aus vertheilt worden sein. Man spricht von wöchentlichen 1200 Fl. K.-M. — Die dabei betheiligten Persönlichkeiten vermag ich nicht näher zu bezeichnen; soviel ist aber gewiß, daß das Studentenkomite — größtentheils aus Juden bestehend — und der demokratische Verein — ebenfalls lauter Juden — bedeutende Summen empfingen, mithin auch instruktionsmäßig gewirkt haben müssen. Man hatte das Gewebe der sich vorbereitenden Militär-Reaktion durchschaut und in Latour deren obersten Leiter erkannt und wußte auch, daß Windischgrätz mit ihm im Bunde gestanden, um eines Theils die czechische, andern Theils die kroatische Bewegung mit Jellachich an der Spitze zum Zwecke der Kamarilla zu exploitiren. Beide, sowohl die Czechen als Jelachich gingen in die Falle. Der Sturm vom 6. Oktober mußte demnach heraufbeschworen werden, denn er war für Kossuth eine unabweisbare Kombination, weil durch das Gelingen desselben Ungarn Jelachich, seinen gefährlichsten Feind, zu beseitigen eine bedeutendere Aussicht bekam und dessen Verstärkung durch andere slavische oder deutsche Truppen, die Latour ihm am 6. Oktober zusenden wollte, vereitelt wurde. — Die mit diesem Plan vertrauten Wiener hofften, um ihre Zwecke dadurch am ehsten zu erreichen, wenn sie sich bemühten, die Soldaten, welche Latour schon am 5. nach Ungarn kommandirt hatte, im Voraus mit Geld und Reden zu bearbeiten. Der 6. Oktober hat bewiesen, daß ihnen diese Mühe gehörige Früchte trug. Vor allen andern hatten sich die deutschen Grenadiere gewinnen lassen und viele von ihnen sollen mit Zehnguldennoten beschenkt worden sein. — Nach dem Tode Latour's kam Alles darauf an, das Volk von Wien, den Reichstag und Gemeinderath im allgemein-demokratischen Sinne von der Nothwendigkeit des 6. Oktober zu überzeugen. Auch dies gelang, um so mehr, als das reaktionäre Netz sich auch vor den blödsinnigsten Augen immer deutlicher entfaltete und sub duce der akademischen Legion schon am 6. Oktober auch die Arbeiter zur Theilnahme am Kampfe veranlaßte. Daß der Reichstag sich in seinem Verfahren nur von dieser allgemeinen Rücksicht hat leiten lassen, glaube ich mit Gewißheit annehmen zu können. Er stand, glaube ich, in keinem Einvernehmen mit Kossuth und hat nur intellektuel für denselben sich interessiren können. Ob einzelne Deputirte eine Ausnahme gemacht haben, darüber wage ich kein Wort zu verlieren, weil ich nichts behaupten kann. Erst dann, als Jelachich vor Wien erschienen war, begann der Reichstag sehnsüchtige Blicke nach dem ungarischen Heere zu werfen, ohne indessen zu wagen, direkt dessen Hülfe nachzusuchen. Er that es lediglich im Bewußtsein seines Rechts, welches er durch das Slavenheer der reaktionären Kamarilla bedroht sah. Auch die Wiener Bourgeoisie, von jeher eine erbitterte Feindin des Magyarischen, ihre Kram-Interessen höchlich gefahrdenden, Separatismus, stand außer aller Beziehung zu den in Wien von den Magyaren und den von ihnen bezahlten Juden verfolgten Zwecken, und folgte nur dem allgemeinen Impulse und den vom Reichstag getroffenen Anordnungen. Auf demselben Boden stand Messenhauser, der provisorische Oberkommandant der Garde, dessen Hinrichtung daher bekundet, daß der politische Blick des Herrn Windischgrätz nicht von allzubedeutender Wurfweite Zeugniß giebt. Unter diesen Umständen ist die ganze Bevölkerung Wien's erstaunt, daß Windischgrätz noch keinem der betheiligten, weil dafür bezahlten, Juden ein Haar gekrümmt hat, vielmehr die Untersuchung der Sache von dieser magyarisch-jüdischen pointe ganz abzuleiten sucht, um Leute zur Rechenschaft zu ziehen, die interessenlos und rein aus Freiheitsbegeisterung gehandelt haben. — Die von hier in alle Winkel Europa's gefluchteten Juden werden nun aber nicht verabsäumen, vor allem als Wiener Freiheitskämpfer die öffentliche demokratische Meinung Deutschland's für ihren Säckel zu exploitiren, indem sie die Sache nur von dem ihnen allein erquicklichen Gesichtspunkte darzustellen nicht verfehlen werden. Die Zwanziger werden hier so selten, daß man auf Papier kaum mehr wechseln kann und die Juden für 100 Fl. Zwanziger deren 15 Agio nehmen, um sie hinwiederum für 20 Fl. zu verkaufen. _ Der Gärtner des Angarten wurde gestern, weil er auf die k. k. Truppen geschossen, zum Strang verurtheilt, dann aber zu 2 Jahren Schanzenarbeit begnadigt. Die überall und darum auch hier ihr Interesse sehr wohl erkennende Bourgeoisie fängt allgemach an, zu begreifen, daß der Wiederaufbau des alten Oesterreichs auch ihr keinen Nutzen bringen kann. 1200 Millionen Fl. K.-M. Schulden, ein überall zerrüttetes, unter dem Standrecht und Soldaten-Despotismus stehendes Land stellt keine glückliche Zukunft in Aussicht. Die Wiener Bourgeoisie begreift auch, daß weder Frankreich, noch England, noch überhaupt Westeuropa, solange dort die Bourgeoisie herrscht, ein ernstliches Interesse haben, diesen Zustand mehr als scheinbar zu bedrohen. Wenn Oesterreich recht zahlreiche Armeen ernährt, wenn es in fortwährenden Konvulsionen und in einer Art asiatischer Barbarei stecken bleibt, so raisonniren die westeuropäischen Bourgeois, dann kann es niemals ein ernstlicher Konkurrent von uns werden. Darum werden Frankreich und England niemals in Italien interveniren, auch kein Polen restauriren; aber sie werden gegenüber den Mächten, die diese Länder besitzen, stets den Schein der Intervention behaupten, um sie auf diese Weise zur Unterhaltung gewaltiger Heere zu nöthigen, in fortwährendem Ruin zu erhalten. 102 Wien, 20. November. Auf der Schmelz hat vorgestern eine feierliche Beerdigung Latour's stattgefunden, auf welche gestern beim Lagerberg unweit der Spinnerei am Kreuz ein Requiem für denselben gefolgt ist, dem 40,000 Mann Militär mit 18 Batterien beiwohnen mußten. Es bringt schon in äußerste Gefahr, den Namen Latour irgendwo auszusprechen. Eine Schneidersfrau hatte einen Hemdärmel von ihm gefunden und denselben gewaschen, um ihn zu bewahren. Es kommt heraus, die ganze Familie wird eingezogen und verschwindet wahrscheinlich im Standrecht. Die Angehörigen und Freunde Messenhauser's haben die Erlaubniß erhalten, ihm ein Begräbniß halten zu dürfen. Es hat gestern stattgefunden. Blum's Leiche ist mit andern in ein Loch geworfen worden. — Heute sollen am Neuthor 8 gehängt worden sein; ich will es nicht glauben. Die Theuerung nimmt im bedrohlichsten Maßstabe zu. Salz kostet jetzt 20 Kr., früher 12; Waizen jetzt 16 bis 17 Fl., in 14 Tagen aber 30 Fl., früher 9 Fl. 30 Kr.; Türkischer Waizen jetzt 7 Fl., früher 2; Fleisch jetzt 12 Kr. K.-M., in 14 Tagen aber 24 Kr., früher 9 Kr. K.-M.; Schmalz jetzt 30 Kr. K.-M., früher 12 Kr. K.-M.; eine Gans kostet jetzt 8 Fl. Schein, früher 3 Fl.; zwei Eier kosteten früher 3 Kr. Schein, jetzt kostet eins deren 6 u. s. w. — Der Krieg mit Ungarn wird ganz Niederösterreich in eine entsetzliche Hungersnoth stürzen, weil die ersten Lebensmittel aus Ungarn bezogen werden und die Vorräthe sich täglich mindern. Böhmen liefert nur etwas Hülsenfrüchte und Kartoffeln; das Getreide des Marchfeldes reicht nicht aus, und das übrige Mähren, wie Schlesien, versenden nichts hieher. Auch Galizien bedarf selbst seiner Frucht und schickt nur einiges Schlachtvieh nach Wien. Borstenvieh, da es aus Ungarn kommt, geht uns ebenfalls gänzlich ab. Die übrigen Provinzen führen nichts nach Wien. Rundumher ist der Bauer vom Militär ganz abgefressen; er hat ihm alle seine Vorräthe gegen blose ad graecas calendas ausgestellte Bescheinigungen ausliefern müssen, die niemals bezahlt werden. Die Wintersaat ist gänzlich zertreten und dennoch soll der Bauer Steuern zahlen. Das Ende wird entsetzlich werden, wenn einmal die Kälte kommt. In der Stadt kein Verdienst, das Proletariat verhungert bei diesen Zuständen und es können Aufstände erfolgen, die von unberechenbaren Folgen sein werden. Darum wird die Stadt noch täglich fester gegen die Vorstädte verschanzt und verpallisadirt. Die Ungarn, die natürlich an nichts Mangel leiden, sollen sich längs der ganzen Gränze so energisch verschanzt haben, daß 15,000 Kroaten, die durch Steiermark nach Kroatien heimkehren sollten, gestern hieher zurückkehren mußten, weil sie nicht durchzukommen vermochten. Alle Wege sind durch ungeheure Gräben abgesperrt, ebenso jede Stadt, jedes Dorf, jeder Weiler. General Bem soll mit 40,000 Mann bei Wieselburg stehen; 60,000 Sensenmänner sollen um Budapest liegen. * Wien, 20. Nov. Das amtliche Organ der jetzigen Mordregierung, die „Wiener Zeitung“ gab als Grund, weshalb Brogini, aus Mähren gebürtig, am 16. erschossen worden, an: „weil er sich am 23. Nov. in einem Gasthause Schmähungen gegen das Militär und Drohungen über die nothwendige Ermordung hoher Personen erlaubt habe.“ Man weiß jetzt, worin die Drohungen bestanden. Der junge Mann, der dazu von Wein erhitzt war, äußerte im Feuer des Gesprächs: „Nun, für Windischgrätz und Jellachich werden sich wohl auch noch zwei Kugeln finden.“ Dies sein ganzes Verbrechen, genügend, daß ihn die Mordschaar zum Erschießen verurtheilte! Nach einer neuen Kundmachung des Gemeinderaths ist die Ablieferung der Waffen noch immer nicht vollständig. Deshalb habe die Kommandantur abermals 2 Tage bewilligt, an denen Jeder ohne Besorgniß vor Strafe seine Waffen abliefern könne. Die hündischen Ausdrücke des Gemeinderaths in dieser und andern Kundmachungen sind wahrhaft ekelerregend und empörend. In obiger Proklamation z. B. heißt es am Schluß: „Mitbürger! Erkennt hierin abermals einen unzweideutigen Beweis der Langmuth und Milde des hohen k. k. Militärkommando's! Machet Euch derselben aber auch würdig durch willige und pünktliche Befolgung der Anordnung desselben und verspart sonach Euren Vertretern den Schmerz, das traurige Schicksal verirrter Mitbürger beweinen zu müssen.“ 35 Darmstadt, 21. Nov. Heute hielt die hessische Ständeversammlung in alt hergebrachter Weise ihre erste diesjährige Sitzung. Neuwahlen hatten nicht stattgefunden; es sind dieselben Abgeordneten, welche schon in früheren Jahren das Wohl und Wehe des Vaterlandes ohne den geringsten Erfolg beriethen. Präsident ist der Oberappellationsrath Hesse von hier, welcher nicht versäumte, von seiner Autorität bereits heute den ausgedehntesten Gebrauch zu machen; eine Rede des Abgeordneten Heldmann wurde wiederholt von den Gallerien durch Hoch's auf Hecker unterbrochen, wodurch sich Hr. Hesse veranlaßt sah, die Sitzung zu schließen, weil ihm augenblicklich die geeigneten Mittel nicht zu Gebote standen, um die Gallerien gewünschtermaßen räumen zu lassen und sich dadurch Ruhe zu verschaffen. Auch die unschuldige unbedeutende hessische Ständeversammlung kann nicht einmal frei berathen, es müssen Reichstruppen zum Schutze der Versammlung herbeordert werden. Beim Auseinandergehen wurden dem Bürger Zitz mehrere Vivats gebracht; auf heute Abend wird zu dessen Ehre ein Ständchen vorbereitet. Für Darmstadt ist dies mehr als man erwarten sollte! Schweiz. ** Bern, 21. Nov. _ ** Zürich, 20. Nov. Die „Vorkehrungen“ des Reichsministeriums treten schon in Kraft und es scheint sogar, als ob sie weiter gehen sollten als die „Entschließungen“. 30 - 35 deutsche Soldaten haben bereits schweizerisches Gebiet verletzt, indem sie unter Anführung eines Unteroffiziers bewaffnet nach Sulgen, Kanton Zürich, zogen, wo sie ein Haus durchsuchen wollten, wo Flüchtlinge verborgen sein sollten. Die Einwohner vertrieben jedoch die Reichstruppen mit Steinen und Stöcken. Der Stationskommandant von Lottstetten hat sofort die Entschuldigung gestammelt, die Soldaten hätten nicht gewußt, daß sie auf schweizer Gebiet seien!! * Uri, 19. Novbr. Heute hat die Landsgemeinde die alten Abgeordneten Lusser, Muheim und Christer wieder in den Nationalrath gewählt, aber diesmal ohne Verwahrung gegen die neue Bundesverfassung einzulegen. (Sie sind schon in Bern und wohnten der Sitzung vom 21. bei.) ** Schaffhausen, 21. Nov. Sie werden die Aktenstücke gelesen haben, die die deutsche Centralgewalt in der Frkf. O.-P.-A.-Z. zur Rechtfertigung ihrer Noten an die Schweiz gerichtet hat. Wie diese beschaffen, dafür hier ein Beweis: Die hiesige Regierung hat von der badischen sofort verlangt, daß der Amtmann von Instetten wegen des in diesem Aktenstücke citirten Lügenberichts sofort zur Strafe gezogen werde. Man sieht das Blättchen könnte sich leicht wenden und die Schweiz als beleidigter Theil auftreten (s. auch Zürich). Italien. * Turin. Die hier erscheinende „Opinione“ ist mit Beschlag belegt und in Anklagezustand versetzt worden. Die Anklage lautet auf Majestätsbeleidigung und auf Aufreizung der mit dem Königreiche durch Staatsvertrag verbundenen lombardischen Provinzen zur Losreißung von Sardinien und zur Bildung eines eignen Staates. Die „Opinione“ weist beide Vorwürfe mit Entrüstung zurück, und verspricht in einem spätern Artikel den Beweis zu führen, daß nicht sie, sondern daß das Ministerium selbst sich der ihr in die Schuh geschobenen Fakten schuldig gemacht hat. — Man schreibt der „Opinione“ unterm 15. Nov. aus Mailand: Ein reicher jüdischer Kaufmann, der in regem Verkehr mit der russischen Kaiserfamilie steht, hat kürzlich einen Brief von einen Sekretär des Kaisers erhalten. Er wird darin befragt, was man in der Lombardei von einer Combination im Interesse des Herzogs von Leuchtenberg hält. Man spricht hier von dieser Combination wie von einer ausgemachten Sache. Während Paris und London mit Wien unterhandeln, negociirt Radetzki offen mit St. Petersburg. * Bologna, 13. Novbr. Die päbstliche Regierung hat der Garibaldischen Legion endlich den Durchgang durch ihr Gebiet gestattet, unter der Bedingung jedoch, daß sie beim Eintritt ihre Waffen abzulegen hat, um sie beim Austritt wieder zu empfangen. Französische Republik. Paris, 22. November. Auf Befehl des Präsidenten der Nationalversammlung hat der Minister des Innern gestern Abend die auf Urlaub befindlichen Glieder der Nationalversammlung Lamartine (Mitglied der ehemaligen Exekutiv-Kommission) und Marie, Justizminister und ebenfalls Mitglied jener Kommission, mittels des Telegraphen nach Paris zurückgerufen. Lamartine ist in Macon, wo er am 19. Nov. die Verfassung proklamirte und dabei eine schrecklich theatralische Rede hielt, welche heute das Bien public mittheilt. Marie befindet sich Auterre (Yone Departement) Beide werden bis Freitag eintreffen. — Wenn irgend Jemand Veranlassung hat über die Taktlosigkeit des Cavaignac'schen Kabinets zu klagen, so ist es Hr. v. Raumer. Derselbe wurde bekanntlich von der sogenannten Frankfurter Centralgewalt hierher geschickt, um die deutsche Einigkeit offiziell

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 152. Köln, 25. November 1848, S. 0799. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz152_1848/3>, abgerufen am 03.05.2024.