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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 255. Köln, 25. März 1849.

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1) Ueber den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf wird einschließlich aller Minoritätsanträge des Ausschusses ohne weitere Diskussion und ohne Zulassung fernerer Verbesserungsanträge mit Ausnahme solcher, welche mindestens 50 Unterschriften haben, durch Abstimmung über die einzelnen Paragraphen Beschluß gefaßt.
2) Die Abstimmung erfolgt in der vorliegenden Reihenfolge mit Ausnahme des Abschnittes 3 der Verfassung, das Reichsoberhaupt, welches zuletzt zur Abstimmung kommt.
3) Die Abstimmung wird sofort begonnen und in fortlaufenden Sitzungen das Verfassungswerk in der vorgezeichneten Weise vollendet.

Löwe von Calbe, Makowiczka, stimmten mit Ja! Ebenso Graf Reichenbach. Raveaux stimmte nicht mit. Max Ramond und Heinrich Simon dafür. Temme dagegen. Uhland dafür. Ebenso Venedey. (Es gilt ja in diesem Antrag die Existenz der Nationalversammlung!) Das Ministerium stimmte dafür. Wydenbrugk, Z[unleserliches Material]U, Bresgen, Claussen, Cetto dafür. Präsident erklärt hierauf Heckschers Anträge für erledigt. Heckscher ist damit nicht einverstanden, da in obigen Anträgen nur Bestimmungen für die Verfassung gefunden würden, während die seinigen noch Extra-Bestimmungen enthielten. Präsident Simson ist dagegen, wozu ihn die gestern ein für allemal festgestellte Abstimmungsweise allerdings berechtigt.

Es folgen also 2 fernere Anträge von Eisenstuck, des Inhalts:

In Erwägung, daß die im Reichsgesetzblatt vom 28. Dezbr. 1848 veröffentlichten Grundrechte dem gesammten deutschen Volke gewährleistet sind und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates dieselben je aufheben oder beschränken darf.
In Erwägung, daß zu Folge des Beschlusses der Nationalversammlung vom 27. Mai keine Verfassung eines deutschen Einzelstaates Bestimmungen enthalten darf, welche der deutschen Reichsverfassung zuwider laufen.
In Erwägung, daß die österreichische oktroyirte Verfassung vom 4. März diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht.
In Erwägung, daß es die heilige Pflicht der deutschen Nationalversammlung und des gesammten deutschen Volkes ist, dem Volke jedes Einzelstaates die gewährleistete Freiheit unverkürzt zu bewahren und die Regierungen der Einzelstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, --

beschließt die Nationalversammlung:

1) Die am 4. März oktroyirte Verfassung für Oesterreich ist für die zum deutschen Reiche gehörigen Theile des Kaiserstaates nicht verbindlich, insoweit sie den angeführten Beschlüssen der Nationalversammlung zuwiderläuft;
2) Das Reichsministerium ist beauftragt, diesen Beschluß mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Ausführung zu bringen.
Dafür außer der entschiedensten Linken u. A.:

Edel. Eisenmann. Esterle, Fallmereiyer, Giskra, Gritzner (Oestreicher). Groß aus Prag. Hartmann (Leitmeritz). Hasler. Heisterbergk. Kirchgessner. Kuentzer Löwe (Kalbe). Makowiczka, Marck, Marsilly, Meier (Oestreicher). Nagel. Nägeln. Pattai (Oestreich). Rappard. Raveaux (Köln). Reitter (Prag). Richter (Achern). Schoder. Schüler (Jena). Schwarzenberg (Kassel). v. Sommaruga mit Ja! (Bravo von mehreren Seiten.) Uhland. Venedey. Werner (St. Pölten). Wiesner (Oestreich). Wiegard. Bally. Bodczek. Bogen. Demel.

Dagegen u. A.:

Freudentheil. Haubenschmied. v. Herrmann. Jordan (Berlin u. Marburg). Beide Kürsinger (Oestreich.) Lassaulx. v. Linde. Sepp. Beda Weber. Maly. Neuwall (Oestreich). Radowitz. Riesser. Schmerling. (Aha! und Gelächtee links.) Schmidt aus Linz. Soiron. Wurm. Herzog. Bassermann. Beckerath. Beide Beselers. Bürgers. Buß. Graf Coronini und Graf D[unleserliches Material]ym (Oestreicher). Dahlmann.

Fuchs stimmte nicht mit, ebenso Hergenhahn und viele seiner erbaulichen Kollegen.

Einige feige Oestreicher a la Maifeld hatten sich herausgeschlichen.

Mittermeier stimmte nicht, ebenso von Möhring (östreichischer Beamter), welcher bedeutend ausgelacht wurde. Man hatte hier eine gute Gelegenheit, die feigen Herrn unter Oestreich kennen zu lernen Rösler u. Schneider aus Wien, Vonbun aus Oestreich, Welker, Wydenbruk, Zell, Ziegert, Zum Sande, Anders, Bauer aus Wien, Cetto, Drechsler, waren theils herausgelaufen, theils stimmten sie aus Feigheit nicht mit.

Für den Antrag stimmten 174.

Dagegen 275.

Der Stimme enthielten sich 63.

Der Antrag also mit 101 Stimmen verworfen. Viele Erklärungen behufs der Abstimmungen gehen zu Protokoll.

Präsident Simson theilt im Namen des interimistischen Reichsministerpräsidenten von Gagern den Rücktritt des gesammten Reichsministeriums sammt allen Unterstaatssekretären mit. Die Geschäfte werden sie bis zur Wahl des neuen Ministeriums besorgen. (Gleichgültige Stille.)

Dringlicher Antrag der Linken. Die National-Versammlung beschließt:

"Das Reichsgesetz über die Wahlen zum Volkshaus ist nebst dem Artikel über die Diäten, so wie es aus erster Lesung hervorging, sofort anzunehmen."

Die Dringlichkeit wird mit geringer Majorität verworfen.

Sommaruga stand für die Dringlichkeit auf.

Nächste Sitzung Morgen. Zweite Lesung der Reichsverfassung nach dem heutigen Beschluß.

Schluß der heutigen Sitzung 12 Uhr.

Italien.
* Novara.

Einer Correspondenz des Journals des Debats entnehmen wir folgende Details über die resp. Streitkräfte der kriegführenden Parteien.

"Die piemontesische Armee, nach der letzten Campagne sehr geschwächt und desorganisirt, schlecht verproviantirt und mit einem sehr schlecht organisirten Dienst für Kranke und Verwundete versehen, warf im Bewußtsein, daß sie sich gut geschlagen, alle Schuld auf ihre Anführer (mit Recht). Damals waren nicht viel mehr als 30,000 Combattanten unter den Fahnen.

Heute kommandirt der geschickte General Chrzanowski 120,000 Mann. In dieser Zahl ist die felddienstfähige Armee 80,000 Mann stark, davon 65,000 Mann kampferprobte Soldaten. Der Rest von 40,000 Mann sind theils junge Rekruten, theils mobilisirte Nationalgarden und Freicorps.

Die Artillerie besteht aus 21 Batterien mit 168 Geschützen, wovon 18 piemontesische und 3 lombardische Batterien. Die piemontesische Artillerie gehört zu den besten in Europa und hat ein besonderes vortreffliches Material.

Die Kavallerie zählt sechs piemontesische Regimenter von 6 -- 700 Pferden. Sie ist mit Lanze, Säbel und Karabiner (pistolone) bewaffnet. Dann drei Schwadronen Guiden, ein lombardisches Chevaulegers-Regiment und ein noch nicht kompletirtes Regiment lombardischer Dragoner. Die piemontesische Kavallerie ist gut beritten und meist kriegsgeübt.

Chrzanowski ist faktischer Oberbefehlshaber und trägt die Verantwortlichkeit für die Operationen; La Marmora ist Chef des Generalstabs, unter ihm General Cossato; General Rossi befehligt die Artillerie und Oberst Albertini das Genie.

Die östreichische Armee zählt 105,000 Mann mit 190 Geschützen. Sie ist in zwei Corps getheilt, deren eins das Venetianische, das andere die Lombardei besetzt. Zudem muß sie starke Garnisonen in den verschiedenen Städten halten. Das lombardische Corps ist etwa 50,000 Mann stark, und dies würde die höchste Zahl der Streitkräfte sein, die Radetzki zunächst ins Feld führen könnte.

Nach der jetzigen Stellung der Oestreicher zu urtheilen, scheint Radetzki seine Truppen vor Mailand konzentriren und die piemontesische Armee dort erwarten zu wollen. Vielleicht auch geht er sogleich hinter Mailand zurück, und vermeidet für den Anfang eine entscheidende Schlacht.

Wie das Journal des Debats eingesteht, enthält die östreichische Armee starke Keime der Zwietracht und Desorganisation, und hinter ihnen liegt ein Land, das nur auf das Signal zum Aufstand wartet. Dafür aber haben die Oestreicher hinter ihrem Rücken eine Reihe militärischer Positionen, während hinter dem Rücken der Italiener das ganze Land bis Turin offen und unhaltbar daliegt."

Soweit das Journal des Debats. Diese gerühmten Positionen der Lombardei sind übrigens wenig werth. Ein militärischer Korrespondent der Augsb. Allg. Ztg. gibt zu, daß sämmtliche lombardische Flußlinien unhaltbar sind, und daß in ganz Norditalien nur ein Fluß militärische Deckung bietet: die Adiga. Höchstens kann noch der Mincio hinzugefügt werden, der eine an beiden Flanken durch die Festungen Peschiera und Mantua gedeckte Stellung erlaubt.

Wenn also Karl Albert nicht schon gleich im Anfang des Kriegs den Verrath begeht, den er unzweifelhaft abermals vor hat, so wird die erste große Kriegsaktion sich wohl wieder, wie vorigen Sommer, zwischen Mincio und Etsch abwickeln. Wenigstens daß Radetzki, wie er prahlt, offensiv verfahren und gegen Turin rücken werde, glauben wir, nach seinen Kräften zu urtheilen, durchaus nicht. Erst wenn er die neuorganisirte piemontesische Armee, nach Herbeiziehung aller detachirten Corps der Lombardei und eines Theils der im Venetianischen stationirten Truppen in einer entscheidenden Schlacht vernichtet und dadurch den Muth der Lombarden und Venetianer zu Boden geschlagen hätte, erst dann könnte er mit Sicherheit an ein Vorrücken gegen Turin denken.

Dahin kann er aber nur durch erneuten Verrath Karl Alberts kommen, und ein solcher Verrath würde diesmal dem König Karl Albert den Kopf kosten.

* Como.

Dem Constitutionnel zufolge haben die Oestreicher sich aus Como zurückgezogen, und einige Geißel abgeführt. Die Artillerie, die den Thurm besetzt hielt, ist der Garnison in ihrem Rückzuge gefolgt. Alle Truppen, welche die wichtigen Punkte der [unleserliches Material]altellina besetzt hielten, sind vom Marschall Radetzki zurückberufen worden. Zu Mailand hat man unmittelbar nach der Abreise Radetzki's nach Crema einen geheimen Sicherheitsausschuß gebildet, bestehend aus den energischsten und thatkräftigsten Männern.

Es scheint, daß die Oestreicher zu Piacenza den Angriff der Piemontesen abwarten wollen. Es bestätigt sich das Gerücht, daß der Herzog von Modena gezwungen worden, seine Hauptstadt mit der östreichischen Garnison zu verlassen.

* Rom, 16. März.

Die Revolution schreitet vorwärts: 3 Bischöfe sind zu Rom arretirt worden, und unter diesen Bischöfen befindet sich ein Kardinal: es sind dies der Bischof von Gubbio, der Bischof von Orodeto und der Erzbischof-Kardinal von Fermo. Beide Letztere sind in die Festung von Ankana geführt worden. Der Grund zu ihrer Verhaftung lag in ihrem jesuitischen Auftreten gegen die Republik.

* Rom, 12. März.

Bekanntlich sollen die Glocken in Rom zu Kanonen benutzt werden. Gestern, als die Auslieferung derselben stattfand, wurden von Seiten der Reaktion einige Versuche zur Empörung gemacht, die aber sofort niedergeschlagen wurde. Die Glocken befinden sich in den Händen der Regierung.

* Mailand, 16. März.

In einem Manifeste, welches Radetzki an seine Soldaten richtet, heißt es, daß Karl Albert an dem Sturze seines Thrones und seiner Dynastie arbeite, als wäre er der erste Agent von Mazzini.

* Florenz, 16. März.

Eine lange Conferenz hat statt gefunden zwischen den Gesandten Rom's, der toskanischen Regierung und dem Abgesandten von Piemont, zur Berathung über die Mittel, den gemeinsamen Feind zu schlagen.

* Genua, 17. März.

Aus den heute Morgen eingelaufenen Nachrichten ergibt sich, daß die Oestreicher ihre Truppen auf das linke Ufer des Po zurückziehen.

* Bologna, 14. März.

Seit gestern hört man in der Richtung von Florenz ein starkes Kanonenfeuer.

068 Venedig, 12. März.

In Folge eines Dekrets der Regierung behält der Präsident Manin das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten; Desaro Maurogonato ist zugleich Finanz- und Handelsminister, Calucci ist am Ministerium des Innern und der Justiz; Cavedalis ist Kriegs- und Goaziano Marineminister. Das Kultusministerium ist dem Da Comin übertragen.

* Genua, 14. März.

Parma ist nicht von der österreichischen Garnison geräumt. Es fanden Angriffe auf die österreichischen Wachtposten Statt. Ein neues Bataillon kam am 12. an, und der Kommandant hat beschlossen, daß er so lange auf Kosten der Stadt unterhalten werde, bis die Schuldigen ermittelt seien. Die Stadt ist im Belagerungszustande -- das Standrecht wird auf die strengste Weise gehandhabt. Um acht Uhr Abends werden die Stadtthore geschlossen -- die Nationalgarde ist auf 1000 Mann reduzirt.

Belgien.
105 Brüssel, 19. März.

Gestern war durch den hiesigen deutschen Arbeiterverein, bei Gelegenheit des Jahrestages der Berliner Revolution vom 18. März 1848, ein Bankett veranstaltet, woran die hiesigen deutschen Demokraten sich zahlreich betheiligten. Das Bankett wurde mit dem allgemeinen Ruf geschlossen: "Es lebe die einige deutsche Republik!" Unter den Toasten erwähnen wir: "auf die gefallenen Märtyrer", "auf die Gefangenen in den royalistischen Kerkern", "auf die politischen Flüchtlinge"; Freiligrath's Gedicht: "die Todten an die Lebenden", wurde unter stürmischem Beifall vorgetragen.

Auf dieselbe Weise wurde am 24. Februar das Jahresfest der französischen Revolution von 1848 vom hiesigen deutschen Arbeiterverein gefeiert, wobei Toaste auf den Sieg der Ungarn, Römer und Toskaner, und auf den Sturz Oestreich's und der deutschen Pfahlkönige ausgebracht wurden.

Schweiz.
Bern, 20. März.

Wie verlautet, heißt es in der "Berner Ztg.," ist der Gesandte der römischen Republik vom Bundesrath noch nicht anerkannt worden; dagegen weilt noch immer der päbstliche Nuntius in Luzern und verkehrt offiziell mit dem Bundesrath. Wir glauben aber, es läge in der Pflicht und Ehre der Eidgenossenschaft, gerade umgekehrt zu verfahren. Die Regierung des Pabstes existirt faktisch und rechtlich nicht mehr; also hat auch der Nuntius in der Schweiz aufgehört zu existiren, und an seine Stelle ist der Nachfolger, der Gesandte der Republik, getreten. Oder will die Schweiz etwa auch Theil nehmen an dem Fürsten- und Aristokratenkongresse in Gaeta; gut, so sage man es offen. Indeß nein, das will der Bundesrath nicht; allein er wagt auch nicht das Umgekehrte zu thun; es fehlt ihm der Muth zu dieser demokratisch-republikanischen Demonstration. Er will es lieber mit der römischen Republik, als mit der Diplomatie verderben.

Oberst Rilliet-Constant hat die Stelle eines römischen Kriegsministers positiv ausgeschlagen.

Französische Republik.
Paris, 22. März.

Der Moniteur meldet, daß der neue brasilianische Gesandte De Amaral dem Minister der Auswärtigen seine Vollmachten überreicht habe.

Außerdem enthält das offizielle Organ einen vierspaltigen Bericht über die Entdeckung einer neuen Nahrungspflanze: Psoralea asculenta oder Picquotiane in Westamerika ...

Die katholischen Blätter bringen das Wahlmanifest Montalemberts.

-- Alle Morgen- und Abendblätter besprechen die Ereignisse in der Nationalversammlung. Die honnetten Redaktoren sehen darin eine elende Posse der Opposition, die Rothen dagegen ermahnen das Volk vorläufig zur Ruhe und versprechen ihm ein gutes Ende.

Die Protestation, deren Text wir uns gestern nicht verschaffen konnten, lautet:

"Der 1. Artikel des Clubgesetzes ist eine Verletzung der Constitution. Wir haben durch unser Votum protestirt; wir haben durch unsere Abstention protestirt, und wir bestehen darauf, uns der Abstimmung zu enthalten, weil wir in nichts an einem Gesetz partizipiren wollen, das ein flagrantes Attentat auf das Naturrecht und die Constitution ist."

Sie ist von Lamennais verfaßt; die Redaktionen Cremieux's, Pascal-Duprat's, Chavoix's und Gent's wurden als unpassend verworfen.

Obige Protestation liegt im 1. Bureausaale zur Unterschrift aus. Sie zählte bis Mittag über 150 Unterschriften und wird deren wohl über 350 erhalten.

-- Im Elysee zog sich der Ministerrath gestern nach Sitzungsschluß bis in die späte Nacht. Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Man spricht von neuen Gewaltschlägen, vielleicht erfahren wir Näheres heute Nachmittags. Mehrere Stunden vorher hatte Falloux eine arithmetische Maschine vor dem Präsidenten manövriren lassen. Diese Erfindung soll so großen Beifall errungen haben, daß sie in den Bürgerschnlen eingeführt zu werden verdient.

-- Das Ministerium ist fest entschlossen, der rothen Presse den Garaus zu machen. Aus direkter Veranlassung des Justizministers sind gegen "Peuple" zwei und gegen die "Revolution" ein neuer Prozeß anhängig gemacht. Wie wir gestern schon andeuteten, sind diesen beiden Journalen im Laufe des Abends die Vorladungen zugegangen.

-- Morgen (vielmehr erst den 25.) tritt der fatale Termin ein, an dem die staatlichen und städtischen Unterstützungsgelder an die Hausarmen des Seinedepartements wegfallen. Die Redakteure des Peuple erlassen daher zur Vermeidung des Bürgerkrieges, den der Hunger von 300,000 Menschen nothwendig erzeugen müßte, in ihrer heutigen Nummer einen Aufruf zur Bildung von "Unterstützungs-Vereinen", um die 121/2 Centimes, welche Staat und Stadt an jene Hunger-Armen bisher täglich zahlten, herbeizuschaffen.

-- Pierre Bonaparte protestirt heute in ziemlich burlesker Weise gegen die vollständige Wahrheit der gestern erzählten Szene mit Clement Thomas im Rauchzimmer der Nationalversammlung. Die Darstellung der Blätter sei voller Falschheiten und Entstellungen. Er habe niemals um die Sympathieen der Anarchisten und Communisten gebuhlt; er werde sie sogar eventuell mit andern Waffen als mit bloßen Worten zu bekämpfen wissen, wenn sie die demokratische Republik seines Vetters angreifen sollten!!

Auch Clement Thomas schreibt an die Revolution, daß ihre Darstellung des Vorgefallenen ungenau sei.

-- Das "Journal des Debats" fürchtet, daß die Debatte aus der Nat.-Vers. in die Straße gezogen werde. Die Linke, sagt es, sah aber ihr Unrecht ein, und kehrte darum wieder in den Saal zurück, um an der Abstimmung Theil zu nehmen. Wie! Kaum ein Jahr verflossen und man möchte schon wieder neue Ungewitter heraufbeschwören? Wann sollen denn endlich Ordnung und Wohlstand wiederkehren?!

Der "Constitutionnel" nennt die Partei des National unverbesserlich. Im Conspiriren geboren, höre sie nicht zu conspiriren auf und wolle ihren Nacken nicht unter das Gesetz beugen. Sie müsse pulverisirt werden.

Der "National" sagt: ".... Die Opposition brachte ihren Widerwillen der öffentlichen Ruhe zum Opfer und entschloß sich zu stimmen, ohne hiedurch ihrem Protest gegen den Verfassungsbruch im Geringsten etwas zu vergeben."

Der "Siecle" erklärt das Betragen der Opposition für eine Exageration, selbst wenn man sich auf den Standpunkt des wohlgemeintesten und empfindlichsten Puritanismus stelle. Es sei dies unverzeihlich.

Das "Univers" sagt, die Hände ringend: "Daß der Bürgerkrieg nicht heute schon losgebrochen, haben wir wahrhaftig nicht den Deputirten zu danken, die sich kürzlich noch zu den Moderirten zählten etc.

Die "Union" sagt: Die Geschichte wird mit ihrem Griffel den gestrigen Tag als einen unglücklichen Tag bezeichnen. Wir sahen noch nie, daß sich im Schoose eines Parlaments selbst eine [unleserliches Material]aktiöse Minorität erhob und sich in einen andern Saal begab, um Separat-Beschlüsse zu fassen. Herr Cremieux soll dort ausgerufen haben: Zwei Stunden nach unserer Entfernung aus dem Saale der Nat.-Vers. muß die Revolution durch ganz Frankreich wieder beginnen etc.

"Ere Nouvelle" gesteht, daß ihr die Sitzung die "tiefste Betrübniß" verursache etc.

Die "Opinion publique" ruft: Wie? Cavaignac, der die Preßfreiheit mit Füßen trat, Redaktoren in geheimes Gefängniß warf und die Demokraten kartätschte: dieser Cavaignac nahm Theil an einer Demonstration zu Gunsten der Clubs?!

Der Faucher'sche "Courrier Francais" nennt das Ereigniß einen grand scandal, der zum Nachtheile der Linken ausfallen werde. Nebenher widerrnst er die Behauptung, daß die Regierung einen Wechsel in den Generälen des Seine-Departements beabsichtige.

Die "Democratie pacifique" schildert die gestrigen Vorfälle als eine "menschliche Komödie!"

Die bonapartistischen "Liberte" sagt: Dank, der gouvernementalen Ungeschicklichkeit des Hrn. Leon Faucher bereitet die längst todte Clubfrage fürchterliche Gefahren etc.

Die "Gazette" sagt: Nein, die Opposition kann und darf nicht zurückweichen, wenn sie sich nicht um die Achtung des Volks bringen will.

Die "Assemblee" sagt: "Unter der satanischen Maske Cremieux's ist der Dämon der politischen Stürme wieder heraufbeschworen worden etc. Wähler, wir beschwören Euch, sondert Euren Waizen vom Unkraute etc.

Die "Revolution" fordert das Volk zur Geduld auf bis zu der 3. Lesung des Gesetzes.

Das "Peuple" organisirt Steuerverweigerung und den unbeliebten passiven Widerstand.

-- Gestern Abend mußten zwei Theater (Varietes und Gymnase) durch die Polizei geleert werden. In den Varietes rief ein Stück: "Une goutte de lait", oder: Die Amme eines Prinzen, und im Gymnase "la danse des ecus" (worin sich Proudhon selbst als Dieb deklarirt) einen solchen Sturm der Rothen hervor, daß die Polizei die Säle schließen mußte. Wie wir hören, hat Minister Faucher die fernere Aufführung beider Stücke untersagt.

-- Aus Marseille wird berichtet, daß die dortige Kommandantur den Befehl erhalten habe, die in Bezug auf die beabsichtigte Expedition getroffenen Maßregeln zu suspendiren. Der Grund hierzu liegt offenbar in der neuen Wendung, welche durch die Kündigung des Waffenstillstandes, die italienischen Angelegenheiten erhalten.

Die französische Regierung, heißt es ferner, nachdem sie das sardinische Manifest erhalten, hat beschlossen, nicht in den lombardischen Angelegenheiten zu interveniren. Sie will im Gegentheil dem Karl Albert die Integrität seiner Besitzungen garantiren, im Falle, wo Oestreich seine Gelüste nach Genua zu befriedigen beabsichtige.

-- Nationalversammlung. Sitzung vom 22 März.

Havin, einer der Vicepräsidenten, eröffnet um 12 Uhr die Sitzung.

Die Bänke sind ziemlich voll; die Gallerien, wie in den letzten Tagen, stets zum Erdrücken voll. Das Protokoll wird verlesen.

(Siehe den Verfolg in der Beilage).

1) Ueber den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf wird einschließlich aller Minoritätsanträge des Ausschusses ohne weitere Diskussion und ohne Zulassung fernerer Verbesserungsanträge mit Ausnahme solcher, welche mindestens 50 Unterschriften haben, durch Abstimmung über die einzelnen Paragraphen Beschluß gefaßt.
2) Die Abstimmung erfolgt in der vorliegenden Reihenfolge mit Ausnahme des Abschnittes 3 der Verfassung, das Reichsoberhaupt, welches zuletzt zur Abstimmung kommt.
3) Die Abstimmung wird sofort begonnen und in fortlaufenden Sitzungen das Verfassungswerk in der vorgezeichneten Weise vollendet.

Löwe von Calbe, Makowiczka, stimmten mit Ja! Ebenso Graf Reichenbach. Raveaux stimmte nicht mit. Max Ramond und Heinrich Simon dafür. Temme dagegen. Uhland dafür. Ebenso Venedey. (Es gilt ja in diesem Antrag die Existenz der Nationalversammlung!) Das Ministerium stimmte dafür. Wydenbrugk, Z[unleserliches Material]U, Bresgen, Claussen, Cetto dafür. Präsident erklärt hierauf Heckschers Anträge für erledigt. Heckscher ist damit nicht einverstanden, da in obigen Anträgen nur Bestimmungen für die Verfassung gefunden würden, während die seinigen noch Extra-Bestimmungen enthielten. Präsident Simson ist dagegen, wozu ihn die gestern ein für allemal festgestellte Abstimmungsweise allerdings berechtigt.

Es folgen also 2 fernere Anträge von Eisenstuck, des Inhalts:

In Erwägung, daß die im Reichsgesetzblatt vom 28. Dezbr. 1848 veröffentlichten Grundrechte dem gesammten deutschen Volke gewährleistet sind und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates dieselben je aufheben oder beschränken darf.
In Erwägung, daß zu Folge des Beschlusses der Nationalversammlung vom 27. Mai keine Verfassung eines deutschen Einzelstaates Bestimmungen enthalten darf, welche der deutschen Reichsverfassung zuwider laufen.
In Erwägung, daß die österreichische oktroyirte Verfassung vom 4. März diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht.
In Erwägung, daß es die heilige Pflicht der deutschen Nationalversammlung und des gesammten deutschen Volkes ist, dem Volke jedes Einzelstaates die gewährleistete Freiheit unverkürzt zu bewahren und die Regierungen der Einzelstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, —

beschließt die Nationalversammlung:

1) Die am 4. März oktroyirte Verfassung für Oesterreich ist für die zum deutschen Reiche gehörigen Theile des Kaiserstaates nicht verbindlich, insoweit sie den angeführten Beschlüssen der Nationalversammlung zuwiderläuft;
2) Das Reichsministerium ist beauftragt, diesen Beschluß mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Ausführung zu bringen.
Dafür außer der entschiedensten Linken u. A.:

Edel. Eisenmann. Esterle, Fallmereiyer, Giskra, Gritzner (Oestreicher). Groß aus Prag. Hartmann (Leitmeritz). Hasler. Heisterbergk. Kirchgessner. Kuentzer Löwe (Kalbe). Makowiczka, Marck, Marsilly, Meier (Oestreicher). Nagel. Nägeln. Pattai (Oestreich). Rappard. Raveaux (Köln). Reitter (Prag). Richter (Achern). Schoder. Schüler (Jena). Schwarzenberg (Kassel). v. Sommaruga mit Ja! (Bravo von mehreren Seiten.) Uhland. Venedey. Werner (St. Pölten). Wiesner (Oestreich). Wiegard. Bally. Bodczek. Bogen. Demel.

Dagegen u. A.:

Freudentheil. Haubenschmied. v. Herrmann. Jordan (Berlin u. Marburg). Beide Kürsinger (Oestreich.) Lassaulx. v. Linde. Sepp. Beda Weber. Maly. Neuwall (Oestreich). Radowitz. Riesser. Schmerling. (Aha! und Gelächtee links.) Schmidt aus Linz. Soiron. Wurm. Herzog. Bassermann. Beckerath. Beide Beselers. Bürgers. Buß. Graf Coronini und Graf D[unleserliches Material]ym (Oestreicher). Dahlmann.

Fuchs stimmte nicht mit, ebenso Hergenhahn und viele seiner erbaulichen Kollegen.

Einige feige Oestreicher à la Maifeld hatten sich herausgeschlichen.

Mittermeier stimmte nicht, ebenso von Möhring (östreichischer Beamter), welcher bedeutend ausgelacht wurde. Man hatte hier eine gute Gelegenheit, die feigen Herrn unter Oestreich kennen zu lernen Rösler u. Schneider aus Wien, Vonbun aus Oestreich, Welker, Wydenbruk, Zell, Ziegert, Zum Sande, Anders, Bauer aus Wien, Cetto, Drechsler, waren theils herausgelaufen, theils stimmten sie aus Feigheit nicht mit.

Für den Antrag stimmten 174.

Dagegen 275.

Der Stimme enthielten sich 63.

Der Antrag also mit 101 Stimmen verworfen. Viele Erklärungen behufs der Abstimmungen gehen zu Protokoll.

Präsident Simson theilt im Namen des interimistischen Reichsministerpräsidenten von Gagern den Rücktritt des gesammten Reichsministeriums sammt allen Unterstaatssekretären mit. Die Geschäfte werden sie bis zur Wahl des neuen Ministeriums besorgen. (Gleichgültige Stille.)

Dringlicher Antrag der Linken. Die National-Versammlung beschließt:

„Das Reichsgesetz über die Wahlen zum Volkshaus ist nebst dem Artikel über die Diäten, so wie es aus erster Lesung hervorging, sofort anzunehmen.“

Die Dringlichkeit wird mit geringer Majorität verworfen.

Sommaruga stand für die Dringlichkeit auf.

Nächste Sitzung Morgen. Zweite Lesung der Reichsverfassung nach dem heutigen Beschluß.

Schluß der heutigen Sitzung 12 Uhr.

Italien.
* Novara.

Einer Correspondenz des Journals des Debats entnehmen wir folgende Details über die resp. Streitkräfte der kriegführenden Parteien.

„Die piemontesische Armee, nach der letzten Campagne sehr geschwächt und desorganisirt, schlecht verproviantirt und mit einem sehr schlecht organisirten Dienst für Kranke und Verwundete versehen, warf im Bewußtsein, daß sie sich gut geschlagen, alle Schuld auf ihre Anführer (mit Recht). Damals waren nicht viel mehr als 30,000 Combattanten unter den Fahnen.

Heute kommandirt der geschickte General Chrzanowski 120,000 Mann. In dieser Zahl ist die felddienstfähige Armee 80,000 Mann stark, davon 65,000 Mann kampferprobte Soldaten. Der Rest von 40,000 Mann sind theils junge Rekruten, theils mobilisirte Nationalgarden und Freicorps.

Die Artillerie besteht aus 21 Batterien mit 168 Geschützen, wovon 18 piemontesische und 3 lombardische Batterien. Die piemontesische Artillerie gehört zu den besten in Europa und hat ein besonderes vortreffliches Material.

Die Kavallerie zählt sechs piemontesische Regimenter von 6 — 700 Pferden. Sie ist mit Lanze, Säbel und Karabiner (pistolone) bewaffnet. Dann drei Schwadronen Guiden, ein lombardisches Chevaulegers-Regiment und ein noch nicht kompletirtes Regiment lombardischer Dragoner. Die piemontesische Kavallerie ist gut beritten und meist kriegsgeübt.

Chrzanowski ist faktischer Oberbefehlshaber und trägt die Verantwortlichkeit für die Operationen; La Marmora ist Chef des Generalstabs, unter ihm General Cossato; General Rossi befehligt die Artillerie und Oberst Albertini das Genie.

Die östreichische Armee zählt 105,000 Mann mit 190 Geschützen. Sie ist in zwei Corps getheilt, deren eins das Venetianische, das andere die Lombardei besetzt. Zudem muß sie starke Garnisonen in den verschiedenen Städten halten. Das lombardische Corps ist etwa 50,000 Mann stark, und dies würde die höchste Zahl der Streitkräfte sein, die Radetzki zunächst ins Feld führen könnte.

Nach der jetzigen Stellung der Oestreicher zu urtheilen, scheint Radetzki seine Truppen vor Mailand konzentriren und die piemontesische Armee dort erwarten zu wollen. Vielleicht auch geht er sogleich hinter Mailand zurück, und vermeidet für den Anfang eine entscheidende Schlacht.

Wie das Journal des Debats eingesteht, enthält die östreichische Armee starke Keime der Zwietracht und Desorganisation, und hinter ihnen liegt ein Land, das nur auf das Signal zum Aufstand wartet. Dafür aber haben die Oestreicher hinter ihrem Rücken eine Reihe militärischer Positionen, während hinter dem Rücken der Italiener das ganze Land bis Turin offen und unhaltbar daliegt.“

Soweit das Journal des Debats. Diese gerühmten Positionen der Lombardei sind übrigens wenig werth. Ein militärischer Korrespondent der Augsb. Allg. Ztg. gibt zu, daß sämmtliche lombardische Flußlinien unhaltbar sind, und daß in ganz Norditalien nur ein Fluß militärische Deckung bietet: die Adiga. Höchstens kann noch der Mincio hinzugefügt werden, der eine an beiden Flanken durch die Festungen Peschiera und Mantua gedeckte Stellung erlaubt.

Wenn also Karl Albert nicht schon gleich im Anfang des Kriegs den Verrath begeht, den er unzweifelhaft abermals vor hat, so wird die erste große Kriegsaktion sich wohl wieder, wie vorigen Sommer, zwischen Mincio und Etsch abwickeln. Wenigstens daß Radetzki, wie er prahlt, offensiv verfahren und gegen Turin rücken werde, glauben wir, nach seinen Kräften zu urtheilen, durchaus nicht. Erst wenn er die neuorganisirte piemontesische Armee, nach Herbeiziehung aller detachirten Corps der Lombardei und eines Theils der im Venetianischen stationirten Truppen in einer entscheidenden Schlacht vernichtet und dadurch den Muth der Lombarden und Venetianer zu Boden geschlagen hätte, erst dann könnte er mit Sicherheit an ein Vorrücken gegen Turin denken.

Dahin kann er aber nur durch erneuten Verrath Karl Alberts kommen, und ein solcher Verrath würde diesmal dem König Karl Albert den Kopf kosten.

* Como.

Dem Constitutionnel zufolge haben die Oestreicher sich aus Como zurückgezogen, und einige Geißel abgeführt. Die Artillerie, die den Thurm besetzt hielt, ist der Garnison in ihrem Rückzuge gefolgt. Alle Truppen, welche die wichtigen Punkte der [unleserliches Material]altellina besetzt hielten, sind vom Marschall Radetzki zurückberufen worden. Zu Mailand hat man unmittelbar nach der Abreise Radetzki's nach Crema einen geheimen Sicherheitsausschuß gebildet, bestehend aus den energischsten und thatkräftigsten Männern.

Es scheint, daß die Oestreicher zu Piacenza den Angriff der Piemontesen abwarten wollen. Es bestätigt sich das Gerücht, daß der Herzog von Modena gezwungen worden, seine Hauptstadt mit der östreichischen Garnison zu verlassen.

* Rom, 16. März.

Die Revolution schreitet vorwärts: 3 Bischöfe sind zu Rom arretirt worden, und unter diesen Bischöfen befindet sich ein Kardinal: es sind dies der Bischof von Gubbio, der Bischof von Orodeto und der Erzbischof-Kardinal von Fermo. Beide Letztere sind in die Festung von Ankana geführt worden. Der Grund zu ihrer Verhaftung lag in ihrem jesuitischen Auftreten gegen die Republik.

* Rom, 12. März.

Bekanntlich sollen die Glocken in Rom zu Kanonen benutzt werden. Gestern, als die Auslieferung derselben stattfand, wurden von Seiten der Reaktion einige Versuche zur Empörung gemacht, die aber sofort niedergeschlagen wurde. Die Glocken befinden sich in den Händen der Regierung.

* Mailand, 16. März.

In einem Manifeste, welches Radetzki an seine Soldaten richtet, heißt es, daß Karl Albert an dem Sturze seines Thrones und seiner Dynastie arbeite, als wäre er der erste Agent von Mazzini.

* Florenz, 16. März.

Eine lange Conferenz hat statt gefunden zwischen den Gesandten Rom's, der toskanischen Regierung und dem Abgesandten von Piemont, zur Berathung über die Mittel, den gemeinsamen Feind zu schlagen.

* Genua, 17. März.

Aus den heute Morgen eingelaufenen Nachrichten ergibt sich, daß die Oestreicher ihre Truppen auf das linke Ufer des Po zurückziehen.

* Bologna, 14. März.

Seit gestern hört man in der Richtung von Florenz ein starkes Kanonenfeuer.

068 Venedig, 12. März.

In Folge eines Dekrets der Regierung behält der Präsident Manin das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten; Desaro Maurogonato ist zugleich Finanz- und Handelsminister, Calucci ist am Ministerium des Innern und der Justiz; Cavedalis ist Kriegs- und Goaziano Marineminister. Das Kultusministerium ist dem Da Comin übertragen.

* Genua, 14. März.

Parma ist nicht von der österreichischen Garnison geräumt. Es fanden Angriffe auf die österreichischen Wachtposten Statt. Ein neues Bataillon kam am 12. an, und der Kommandant hat beschlossen, daß er so lange auf Kosten der Stadt unterhalten werde, bis die Schuldigen ermittelt seien. Die Stadt ist im Belagerungszustande — das Standrecht wird auf die strengste Weise gehandhabt. Um acht Uhr Abends werden die Stadtthore geschlossen — die Nationalgarde ist auf 1000 Mann reduzirt.

Belgien.
105 Brüssel, 19. März.

Gestern war durch den hiesigen deutschen Arbeiterverein, bei Gelegenheit des Jahrestages der Berliner Revolution vom 18. März 1848, ein Bankett veranstaltet, woran die hiesigen deutschen Demokraten sich zahlreich betheiligten. Das Bankett wurde mit dem allgemeinen Ruf geschlossen: „Es lebe die einige deutsche Republik!“ Unter den Toasten erwähnen wir: „auf die gefallenen Märtyrer“, „auf die Gefangenen in den royalistischen Kerkern“, „auf die politischen Flüchtlinge“; Freiligrath's Gedicht: „die Todten an die Lebenden“, wurde unter stürmischem Beifall vorgetragen.

Auf dieselbe Weise wurde am 24. Februar das Jahresfest der französischen Revolution von 1848 vom hiesigen deutschen Arbeiterverein gefeiert, wobei Toaste auf den Sieg der Ungarn, Römer und Toskaner, und auf den Sturz Oestreich's und der deutschen Pfahlkönige ausgebracht wurden.

Schweiz.
Bern, 20. März.

Wie verlautet, heißt es in der „Berner Ztg.,“ ist der Gesandte der römischen Republik vom Bundesrath noch nicht anerkannt worden; dagegen weilt noch immer der päbstliche Nuntius in Luzern und verkehrt offiziell mit dem Bundesrath. Wir glauben aber, es läge in der Pflicht und Ehre der Eidgenossenschaft, gerade umgekehrt zu verfahren. Die Regierung des Pabstes existirt faktisch und rechtlich nicht mehr; also hat auch der Nuntius in der Schweiz aufgehört zu existiren, und an seine Stelle ist der Nachfolger, der Gesandte der Republik, getreten. Oder will die Schweiz etwa auch Theil nehmen an dem Fürsten- und Aristokratenkongresse in Gaëta; gut, so sage man es offen. Indeß nein, das will der Bundesrath nicht; allein er wagt auch nicht das Umgekehrte zu thun; es fehlt ihm der Muth zu dieser demokratisch-republikanischen Demonstration. Er will es lieber mit der römischen Republik, als mit der Diplomatie verderben.

Oberst Rilliet-Constant hat die Stelle eines römischen Kriegsministers positiv ausgeschlagen.

Französische Republik.
Paris, 22. März.

Der Moniteur meldet, daß der neue brasilianische Gesandte De Amaral dem Minister der Auswärtigen seine Vollmachten überreicht habe.

Außerdem enthält das offizielle Organ einen vierspaltigen Bericht über die Entdeckung einer neuen Nahrungspflanze: Psoralea asculenta oder Picquotiane in Westamerika …

Die katholischen Blätter bringen das Wahlmanifest Montalemberts.

— Alle Morgen- und Abendblätter besprechen die Ereignisse in der Nationalversammlung. Die honnetten Redaktoren sehen darin eine elende Posse der Opposition, die Rothen dagegen ermahnen das Volk vorläufig zur Ruhe und versprechen ihm ein gutes Ende.

Die Protestation, deren Text wir uns gestern nicht verschaffen konnten, lautet:

„Der 1. Artikel des Clubgesetzes ist eine Verletzung der Constitution. Wir haben durch unser Votum protestirt; wir haben durch unsere Abstention protestirt, und wir bestehen darauf, uns der Abstimmung zu enthalten, weil wir in nichts an einem Gesetz partizipiren wollen, das ein flagrantes Attentat auf das Naturrecht und die Constitution ist.“

Sie ist von Lamennais verfaßt; die Redaktionen Cremieux's, Pascal-Duprat's, Chavoix's und Gent's wurden als unpassend verworfen.

Obige Protestation liegt im 1. Bureausaale zur Unterschrift aus. Sie zählte bis Mittag über 150 Unterschriften und wird deren wohl über 350 erhalten.

— Im Elysee zog sich der Ministerrath gestern nach Sitzungsschluß bis in die späte Nacht. Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Man spricht von neuen Gewaltschlägen, vielleicht erfahren wir Näheres heute Nachmittags. Mehrere Stunden vorher hatte Falloux eine arithmetische Maschine vor dem Präsidenten manövriren lassen. Diese Erfindung soll so großen Beifall errungen haben, daß sie in den Bürgerschnlen eingeführt zu werden verdient.

— Das Ministerium ist fest entschlossen, der rothen Presse den Garaus zu machen. Aus direkter Veranlassung des Justizministers sind gegen „Peuple“ zwei und gegen die „Revolution“ ein neuer Prozeß anhängig gemacht. Wie wir gestern schon andeuteten, sind diesen beiden Journalen im Laufe des Abends die Vorladungen zugegangen.

— Morgen (vielmehr erst den 25.) tritt der fatale Termin ein, an dem die staatlichen und städtischen Unterstützungsgelder an die Hausarmen des Seinedepartements wegfallen. Die Redakteure des Peuple erlassen daher zur Vermeidung des Bürgerkrieges, den der Hunger von 300,000 Menschen nothwendig erzeugen müßte, in ihrer heutigen Nummer einen Aufruf zur Bildung von „Unterstützungs-Vereinen“, um die 121/2 Centimes, welche Staat und Stadt an jene Hunger-Armen bisher täglich zahlten, herbeizuschaffen.

— Pierre Bonaparte protestirt heute in ziemlich burlesker Weise gegen die vollständige Wahrheit der gestern erzählten Szene mit Clement Thomas im Rauchzimmer der Nationalversammlung. Die Darstellung der Blätter sei voller Falschheiten und Entstellungen. Er habe niemals um die Sympathieen der Anarchisten und Communisten gebuhlt; er werde sie sogar eventuell mit andern Waffen als mit bloßen Worten zu bekämpfen wissen, wenn sie die demokratische Republik seines Vetters angreifen sollten!!

Auch Clement Thomas schreibt an die Revolution, daß ihre Darstellung des Vorgefallenen ungenau sei.

— Das „Journal des Debats“ fürchtet, daß die Debatte aus der Nat.-Vers. in die Straße gezogen werde. Die Linke, sagt es, sah aber ihr Unrecht ein, und kehrte darum wieder in den Saal zurück, um an der Abstimmung Theil zu nehmen. Wie! Kaum ein Jahr verflossen und man möchte schon wieder neue Ungewitter heraufbeschwören? Wann sollen denn endlich Ordnung und Wohlstand wiederkehren?!

Der „Constitutionnel“ nennt die Partei des National unverbesserlich. Im Conspiriren geboren, höre sie nicht zu conspiriren auf und wolle ihren Nacken nicht unter das Gesetz beugen. Sie müsse pulverisirt werden.

Der „National“ sagt: „‥‥ Die Opposition brachte ihren Widerwillen der öffentlichen Ruhe zum Opfer und entschloß sich zu stimmen, ohne hiedurch ihrem Protest gegen den Verfassungsbruch im Geringsten etwas zu vergeben.“

Der „Siècle“ erklärt das Betragen der Opposition für eine Exageration, selbst wenn man sich auf den Standpunkt des wohlgemeintesten und empfindlichsten Puritanismus stelle. Es sei dies unverzeihlich.

Das „Univers“ sagt, die Hände ringend: „Daß der Bürgerkrieg nicht heute schon losgebrochen, haben wir wahrhaftig nicht den Deputirten zu danken, die sich kürzlich noch zu den Moderirten zählten etc.

Die „Union“ sagt: Die Geschichte wird mit ihrem Griffel den gestrigen Tag als einen unglücklichen Tag bezeichnen. Wir sahen noch nie, daß sich im Schoose eines Parlaments selbst eine [unleserliches Material]aktiöse Minorität erhob und sich in einen andern Saal begab, um Separat-Beschlüsse zu fassen. Herr Cremieux soll dort ausgerufen haben: Zwei Stunden nach unserer Entfernung aus dem Saale der Nat.-Vers. muß die Revolution durch ganz Frankreich wieder beginnen etc.

„Ere Nouvelle“ gesteht, daß ihr die Sitzung die „tiefste Betrübniß“ verursache etc.

Die „Opinion publique“ ruft: Wie? Cavaignac, der die Preßfreiheit mit Füßen trat, Redaktoren in geheimes Gefängniß warf und die Demokraten kartätschte: dieser Cavaignac nahm Theil an einer Demonstration zu Gunsten der Clubs?!

Der Faucher'sche „Courrier Francais“ nennt das Ereigniß einen grand scandal, der zum Nachtheile der Linken ausfallen werde. Nebenher widerrnst er die Behauptung, daß die Regierung einen Wechsel in den Generälen des Seine-Departements beabsichtige.

Die „Democratie pacifique“ schildert die gestrigen Vorfälle als eine „menschliche Komödie!“

Die bonapartistischen „Liberte“ sagt: Dank, der gouvernementalen Ungeschicklichkeit des Hrn. Leon Faucher bereitet die längst todte Clubfrage fürchterliche Gefahren etc.

Die „Gazette“ sagt: Nein, die Opposition kann und darf nicht zurückweichen, wenn sie sich nicht um die Achtung des Volks bringen will.

Die „Assemblee“ sagt: „Unter der satanischen Maske Cremieux's ist der Dämon der politischen Stürme wieder heraufbeschworen worden etc. Wähler, wir beschwören Euch, sondert Euren Waizen vom Unkraute etc.

Die „Revolution“ fordert das Volk zur Geduld auf bis zu der 3. Lesung des Gesetzes.

Das „Peuple“ organisirt Steuerverweigerung und den unbeliebten passiven Widerstand.

— Gestern Abend mußten zwei Theater (Variétés und Gymnase) durch die Polizei geleert werden. In den Variétés rief ein Stück: «Une goutte de lait», oder: Die Amme eines Prinzen, und im Gymnase «la danse des écus» (worin sich Proudhon selbst als Dieb deklarirt) einen solchen Sturm der Rothen hervor, daß die Polizei die Säle schließen mußte. Wie wir hören, hat Minister Faucher die fernere Aufführung beider Stücke untersagt.

— Aus Marseille wird berichtet, daß die dortige Kommandantur den Befehl erhalten habe, die in Bezug auf die beabsichtigte Expedition getroffenen Maßregeln zu suspendiren. Der Grund hierzu liegt offenbar in der neuen Wendung, welche durch die Kündigung des Waffenstillstandes, die italienischen Angelegenheiten erhalten.

Die französische Regierung, heißt es ferner, nachdem sie das sardinische Manifest erhalten, hat beschlossen, nicht in den lombardischen Angelegenheiten zu interveniren. Sie will im Gegentheil dem Karl Albert die Integrität seiner Besitzungen garantiren, im Falle, wo Oestreich seine Gelüste nach Genua zu befriedigen beabsichtige.

Nationalversammlung. Sitzung vom 22 März.

Havin, einer der Vicepräsidenten, eröffnet um 12 Uhr die Sitzung.

Die Bänke sind ziemlich voll; die Gallerien, wie in den letzten Tagen, stets zum Erdrücken voll. Das Protokoll wird verlesen.

(Siehe den Verfolg in der Beilage).

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          <p rendition="#et">1) Ueber den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf wird einschließlich aller Minoritätsanträge des Ausschusses ohne weitere Diskussion und ohne Zulassung fernerer Verbesserungsanträge mit Ausnahme solcher, welche mindestens 50 Unterschriften haben, durch Abstimmung über die einzelnen Paragraphen Beschluß gefaßt.<lb/>
2) Die Abstimmung erfolgt in der vorliegenden Reihenfolge mit Ausnahme des Abschnittes 3 der Verfassung, das Reichsoberhaupt, welches zuletzt zur Abstimmung kommt.<lb/>
3) Die Abstimmung wird sofort begonnen und in fortlaufenden Sitzungen das Verfassungswerk in der vorgezeichneten Weise vollendet.</p>
          <p>Löwe von Calbe, Makowiczka, stimmten mit Ja! Ebenso Graf Reichenbach. Raveaux stimmte nicht mit. Max Ramond und Heinrich Simon dafür. Temme dagegen. Uhland dafür. Ebenso <hi rendition="#g">Venedey</hi>. (Es gilt ja in diesem Antrag die Existenz der Nationalversammlung!) Das Ministerium stimmte dafür. Wydenbrugk, Z<gap reason="illegible"/>U, Bresgen, Claussen, Cetto dafür. Präsident erklärt hierauf Heckschers Anträge für erledigt. Heckscher ist damit nicht einverstanden, da in obigen Anträgen nur Bestimmungen für die Verfassung gefunden würden, während die seinigen noch Extra-Bestimmungen enthielten. Präsident Simson ist dagegen, wozu ihn die gestern ein für allemal festgestellte Abstimmungsweise allerdings berechtigt.</p>
          <p>Es folgen also 2 fernere Anträge von Eisenstuck, des Inhalts:</p>
          <p rendition="#et">In Erwägung, daß die im Reichsgesetzblatt vom 28. Dezbr. 1848 veröffentlichten Grundrechte dem gesammten deutschen Volke gewährleistet sind und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates dieselben je aufheben oder beschränken darf.<lb/>
In Erwägung, daß zu Folge des Beschlusses der Nationalversammlung vom 27. Mai keine Verfassung eines deutschen Einzelstaates Bestimmungen enthalten darf, welche der deutschen Reichsverfassung zuwider laufen.<lb/>
In Erwägung, daß die österreichische oktroyirte Verfassung vom 4. März diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht.<lb/>
In Erwägung, daß es die heilige Pflicht der deutschen Nationalversammlung und des gesammten deutschen Volkes ist, dem Volke jedes Einzelstaates die gewährleistete Freiheit unverkürzt zu bewahren und die Regierungen der Einzelstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, &#x2014;</p>
          <p>beschließt die Nationalversammlung:</p>
          <p rendition="#et">1) Die am 4. März oktroyirte Verfassung für Oesterreich ist für die zum deutschen Reiche gehörigen Theile des Kaiserstaates nicht verbindlich, insoweit sie den angeführten Beschlüssen der Nationalversammlung zuwiderläuft;<lb/>
2) Das Reichsministerium ist beauftragt, diesen Beschluß mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Ausführung zu bringen.<lb/><hi rendition="#g">Dafür</hi> außer der entschiedensten Linken u. A.:</p>
          <p>Edel. Eisenmann. Esterle, Fallmereiyer, Giskra, Gritzner (Oestreicher). Groß aus Prag. Hartmann (Leitmeritz). Hasler. Heisterbergk. Kirchgessner. Kuentzer Löwe (Kalbe). Makowiczka, Marck, Marsilly, Meier (Oestreicher). Nagel. Nägeln. Pattai (Oestreich). Rappard. Raveaux (Köln). Reitter (Prag). Richter (Achern). Schoder. Schüler (Jena). Schwarzenberg (Kassel). v. Sommaruga mit Ja! (Bravo von mehreren Seiten.) Uhland. Venedey. Werner (St. Pölten). Wiesner (Oestreich). Wiegard. Bally. Bodczek. Bogen. Demel.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dagegen</hi> u. A.:</p>
          <p>Freudentheil. Haubenschmied. v. Herrmann. Jordan (Berlin u. Marburg). Beide Kürsinger (Oestreich.) Lassaulx. v. Linde. Sepp. Beda Weber. Maly. Neuwall (Oestreich). Radowitz. Riesser. Schmerling. (Aha! und Gelächtee links.) Schmidt aus Linz. Soiron. Wurm. Herzog. Bassermann. Beckerath. Beide Beselers. Bürgers. Buß. Graf Coronini und Graf D<gap reason="illegible"/>ym (Oestreicher). Dahlmann.</p>
          <p>Fuchs stimmte nicht mit, ebenso Hergenhahn und viele seiner erbaulichen Kollegen.</p>
          <p>Einige feige Oestreicher à la Maifeld hatten sich herausgeschlichen.</p>
          <p>Mittermeier stimmte nicht, ebenso von Möhring (östreichischer Beamter), welcher bedeutend ausgelacht wurde. Man hatte hier eine gute Gelegenheit, die feigen Herrn unter Oestreich kennen zu lernen Rösler u. Schneider aus Wien, Vonbun aus Oestreich, Welker, Wydenbruk, Zell, Ziegert, Zum Sande, Anders, Bauer aus Wien, Cetto, Drechsler, waren theils herausgelaufen, theils stimmten sie aus Feigheit nicht mit.</p>
          <p>Für den Antrag stimmten 174.</p>
          <p>Dagegen 275.</p>
          <p>Der Stimme enthielten sich 63.</p>
          <p>Der Antrag also mit 101 Stimmen verworfen. Viele Erklärungen behufs der Abstimmungen gehen zu Protokoll.</p>
          <p>Präsident <hi rendition="#g">Simson</hi> theilt im Namen des interimistischen Reichsministerpräsidenten von Gagern den Rücktritt des gesammten Reichsministeriums sammt allen Unterstaatssekretären mit. Die Geschäfte werden sie bis zur Wahl des neuen Ministeriums besorgen. (Gleichgültige Stille.)</p>
          <p>Dringlicher Antrag der Linken. Die National-Versammlung beschließt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Das Reichsgesetz über die Wahlen zum Volkshaus ist nebst dem Artikel über die Diäten, so wie es aus erster Lesung hervorging, sofort anzunehmen.&#x201C;</p>
          <p>Die Dringlichkeit wird mit geringer Majorität verworfen.</p>
          <p>Sommaruga stand für die Dringlichkeit auf.</p>
          <p>Nächste Sitzung Morgen. Zweite Lesung der Reichsverfassung nach dem heutigen Beschluß.</p>
          <p>Schluß der heutigen Sitzung 12 Uhr.</p>
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        <head>Italien.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Novara.</head>
          <p>Einer Correspondenz des Journals des Debats entnehmen wir folgende Details über die resp. Streitkräfte der kriegführenden Parteien.</p>
          <p>&#x201E;Die piemontesische Armee, nach der letzten Campagne sehr geschwächt und desorganisirt, schlecht verproviantirt und mit einem sehr schlecht organisirten Dienst für Kranke und Verwundete versehen, warf im Bewußtsein, daß sie sich gut geschlagen, alle Schuld auf ihre Anführer (mit Recht). Damals waren nicht viel mehr als 30,000 Combattanten unter den Fahnen.</p>
          <p>Heute kommandirt der geschickte General Chrzanowski 120,000 Mann. In dieser Zahl ist die felddienstfähige Armee 80,000 Mann stark, davon 65,000 Mann kampferprobte Soldaten. Der Rest von 40,000 Mann sind theils junge Rekruten, theils mobilisirte Nationalgarden und Freicorps.</p>
          <p>Die Artillerie besteht aus 21 Batterien mit 168 Geschützen, wovon 18 piemontesische und 3 lombardische Batterien. Die piemontesische Artillerie gehört zu den besten in Europa und hat ein besonderes vortreffliches Material.</p>
          <p>Die Kavallerie zählt sechs piemontesische Regimenter von 6 &#x2014; 700 Pferden. Sie ist mit Lanze, Säbel und Karabiner (pistolone) bewaffnet. Dann drei Schwadronen Guiden, ein lombardisches Chevaulegers-Regiment und ein noch nicht kompletirtes Regiment lombardischer Dragoner. Die piemontesische Kavallerie ist gut beritten und meist kriegsgeübt.</p>
          <p>Chrzanowski ist faktischer Oberbefehlshaber und trägt die Verantwortlichkeit für die Operationen; La Marmora ist Chef des Generalstabs, unter ihm General Cossato; General Rossi befehligt die Artillerie und Oberst Albertini das Genie.</p>
          <p>Die östreichische Armee zählt 105,000 Mann mit 190 Geschützen. Sie ist in zwei Corps getheilt, deren eins das Venetianische, das andere die Lombardei besetzt. Zudem muß sie starke Garnisonen in den verschiedenen Städten halten. Das lombardische Corps ist etwa 50,000 Mann stark, und dies würde die höchste Zahl der Streitkräfte sein, die Radetzki zunächst ins Feld führen könnte.</p>
          <p>Nach der jetzigen Stellung der Oestreicher zu urtheilen, scheint Radetzki seine Truppen vor Mailand konzentriren und die piemontesische Armee dort erwarten zu wollen. Vielleicht auch geht er sogleich hinter Mailand zurück, und vermeidet für den Anfang eine entscheidende Schlacht.</p>
          <p>Wie das Journal des Debats eingesteht, enthält die östreichische Armee starke Keime der Zwietracht und Desorganisation, und hinter ihnen liegt ein Land, das nur auf das Signal zum Aufstand wartet. Dafür aber haben die Oestreicher hinter ihrem Rücken eine Reihe militärischer Positionen, während hinter dem Rücken der Italiener das ganze Land bis Turin offen und unhaltbar daliegt.&#x201C;</p>
          <p>Soweit das Journal des Debats. Diese gerühmten Positionen der Lombardei sind übrigens wenig werth. Ein militärischer Korrespondent der Augsb. Allg. Ztg. gibt zu, daß sämmtliche lombardische Flußlinien unhaltbar sind, und daß in ganz Norditalien nur ein Fluß militärische Deckung bietet: die Adiga. Höchstens kann noch der Mincio hinzugefügt werden, der eine an beiden Flanken durch die Festungen Peschiera und Mantua gedeckte Stellung erlaubt.</p>
          <p>Wenn also Karl Albert nicht schon gleich im Anfang des Kriegs den Verrath begeht, den er unzweifelhaft abermals vor hat, so wird die erste große Kriegsaktion sich wohl wieder, wie vorigen Sommer, zwischen Mincio und Etsch abwickeln. Wenigstens daß Radetzki, wie er prahlt, offensiv verfahren und gegen Turin rücken werde, glauben wir, nach seinen Kräften zu urtheilen, durchaus nicht. Erst wenn er die neuorganisirte piemontesische Armee, nach Herbeiziehung aller detachirten Corps der Lombardei und eines Theils der im Venetianischen stationirten Truppen in einer entscheidenden Schlacht vernichtet und dadurch den Muth der Lombarden und Venetianer zu Boden geschlagen hätte, erst dann könnte er mit Sicherheit an ein Vorrücken gegen Turin denken.</p>
          <p>Dahin kann er aber nur durch erneuten Verrath Karl Alberts kommen, und ein solcher Verrath würde diesmal dem König Karl Albert den Kopf kosten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar255-1_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Como.</head>
          <p>Dem Constitutionnel zufolge haben die Oestreicher sich aus Como zurückgezogen, und einige Geißel abgeführt. Die Artillerie, die den Thurm besetzt hielt, ist der Garnison in ihrem Rückzuge gefolgt. Alle Truppen, welche die wichtigen Punkte der <gap reason="illegible"/>altellina besetzt hielten, sind vom Marschall Radetzki zurückberufen worden. Zu Mailand hat man unmittelbar nach der Abreise Radetzki's nach Crema einen geheimen Sicherheitsausschuß gebildet, bestehend aus den energischsten und thatkräftigsten Männern.</p>
          <p>Es scheint, daß die Oestreicher zu Piacenza den Angriff der Piemontesen abwarten wollen. Es bestätigt sich das Gerücht, daß der Herzog von Modena gezwungen worden, seine Hauptstadt mit der östreichischen Garnison zu verlassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar255-1_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 16. März.</head>
          <p>Die Revolution schreitet vorwärts: 3 Bischöfe sind zu Rom arretirt worden, und unter diesen Bischöfen befindet sich ein Kardinal: es sind dies der Bischof von Gubbio, der Bischof von Orodeto und der Erzbischof-Kardinal von Fermo. Beide Letztere sind in die Festung von Ankana geführt worden. Der Grund zu ihrer Verhaftung lag in ihrem jesuitischen Auftreten gegen die Republik.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar255-1_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 12. März.</head>
          <p>Bekanntlich sollen die Glocken in Rom zu Kanonen benutzt werden. Gestern, als die Auslieferung derselben stattfand, wurden von Seiten der Reaktion einige Versuche zur Empörung gemacht, die aber sofort niedergeschlagen wurde. Die Glocken befinden sich in den Händen der Regierung.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Mailand, 16. März.</head>
          <p>In einem Manifeste, welches Radetzki an seine Soldaten richtet, heißt es, daß Karl Albert an dem Sturze seines Thrones und seiner Dynastie arbeite, als wäre er der erste Agent von Mazzini.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Florenz, 16. März.</head>
          <p>Eine lange Conferenz hat statt gefunden zwischen den Gesandten Rom's, der toskanischen Regierung und dem Abgesandten von Piemont, zur Berathung über die Mittel, den gemeinsamen Feind zu schlagen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Genua, 17. März.</head>
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          <p>Parma ist nicht von der österreichischen Garnison geräumt. Es fanden Angriffe auf die österreichischen Wachtposten Statt. Ein neues Bataillon kam am 12. an, und der Kommandant hat beschlossen, daß er so lange auf Kosten der Stadt unterhalten werde, bis die Schuldigen ermittelt seien. Die Stadt ist im Belagerungszustande &#x2014; das Standrecht wird auf die strengste Weise gehandhabt. Um acht Uhr Abends werden die Stadtthore geschlossen &#x2014; die Nationalgarde ist auf 1000 Mann reduzirt.</p>
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          <head><bibl><author>105</author></bibl> Brüssel, 19. März.</head>
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        <head>Schweiz.</head>
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          <head>Paris, 22. März.</head>
          <p>Der Moniteur meldet, daß der neue brasilianische Gesandte De Amaral dem Minister der Auswärtigen seine Vollmachten überreicht habe.</p>
          <p>Außerdem enthält das offizielle Organ einen vierspaltigen Bericht über die Entdeckung einer neuen Nahrungspflanze: Psoralea asculenta oder Picquotiane in Westamerika &#x2026;</p>
          <p>Die katholischen Blätter bringen das Wahlmanifest Montalemberts.</p>
          <p>&#x2014; Alle Morgen- und Abendblätter besprechen die Ereignisse in der Nationalversammlung. Die <hi rendition="#g">honnetten</hi> Redaktoren sehen darin eine elende Posse der Opposition, <hi rendition="#g">die Rothen</hi> dagegen ermahnen das Volk vorläufig zur Ruhe und versprechen ihm ein gutes Ende.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">Protestation</hi>, deren Text wir uns gestern nicht verschaffen konnten, lautet:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der 1. Artikel des Clubgesetzes ist eine Verletzung der Constitution. Wir haben durch unser Votum protestirt; wir haben durch unsere Abstention protestirt, und wir bestehen darauf, uns der Abstimmung zu enthalten, weil wir in nichts an einem Gesetz partizipiren wollen, das ein flagrantes Attentat auf das Naturrecht und die Constitution ist.&#x201C;</p>
          <p>Sie ist von Lamennais verfaßt; die Redaktionen Cremieux's, Pascal-Duprat's, Chavoix's und Gent's wurden als unpassend verworfen.</p>
          <p>Obige Protestation liegt im 1. Bureausaale zur Unterschrift aus. Sie zählte bis Mittag über 150 Unterschriften und wird deren wohl über 350 erhalten.</p>
          <p>&#x2014; Im Elysee zog sich der Ministerrath gestern nach Sitzungsschluß bis in die späte Nacht. Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Man spricht von neuen Gewaltschlägen, vielleicht erfahren wir Näheres heute Nachmittags. Mehrere Stunden vorher hatte Falloux eine <hi rendition="#g">arithmetische</hi> Maschine vor dem Präsidenten manövriren lassen. Diese Erfindung soll so großen Beifall errungen haben, daß sie in den Bürgerschnlen eingeführt zu werden verdient.</p>
          <p>&#x2014; Das Ministerium ist fest entschlossen, der rothen Presse den Garaus zu machen. Aus direkter Veranlassung des Justizministers sind gegen &#x201E;Peuple&#x201C; zwei und gegen die &#x201E;Revolution&#x201C; ein neuer Prozeß anhängig gemacht. Wie wir gestern schon andeuteten, sind diesen beiden Journalen im Laufe des Abends die Vorladungen zugegangen.</p>
          <p>&#x2014; Morgen (vielmehr erst den 25.) tritt der fatale Termin ein, an dem die staatlichen und städtischen Unterstützungsgelder an die Hausarmen des Seinedepartements wegfallen. Die Redakteure des Peuple erlassen daher <hi rendition="#g">zur Vermeidung des Bürgerkrieges</hi>, den der Hunger von 300,000 Menschen nothwendig erzeugen müßte, in ihrer heutigen Nummer einen Aufruf zur Bildung von &#x201E;Unterstützungs-Vereinen&#x201C;, um die 121/2 Centimes, welche Staat und Stadt an jene Hunger-Armen bisher täglich zahlten, herbeizuschaffen.</p>
          <p>&#x2014; Pierre Bonaparte protestirt heute in ziemlich burlesker Weise gegen die vollständige Wahrheit der gestern erzählten Szene mit Clement Thomas im Rauchzimmer der Nationalversammlung. Die Darstellung der Blätter sei voller Falschheiten und Entstellungen. Er habe niemals um die Sympathieen der Anarchisten und Communisten gebuhlt; er werde sie sogar eventuell mit andern Waffen als mit bloßen Worten zu bekämpfen wissen, wenn sie die demokratische Republik seines Vetters angreifen sollten!!</p>
          <p>Auch Clement Thomas schreibt an die Revolution, daß ihre Darstellung des Vorgefallenen <hi rendition="#g">ungenau</hi> sei.</p>
          <p>&#x2014; Das &#x201E;Journal des Debats&#x201C; fürchtet, daß die Debatte aus der Nat.-Vers. in die Straße gezogen werde. Die Linke, sagt es, sah aber ihr Unrecht ein, und kehrte darum wieder in den Saal zurück, um an der Abstimmung Theil zu nehmen. Wie! Kaum ein Jahr verflossen und man möchte schon wieder neue Ungewitter heraufbeschwören? Wann sollen denn endlich Ordnung und Wohlstand wiederkehren?!</p>
          <p>Der &#x201E;Constitutionnel&#x201C; nennt die Partei des National unverbesserlich. Im Conspiriren geboren, höre sie nicht zu conspiriren auf und wolle ihren Nacken nicht unter das Gesetz beugen. Sie müsse pulverisirt werden.</p>
          <p>Der &#x201E;National&#x201C; sagt: &#x201E;&#x2025;&#x2025; Die Opposition brachte ihren Widerwillen der öffentlichen Ruhe zum Opfer und entschloß sich zu stimmen, ohne hiedurch ihrem Protest gegen den Verfassungsbruch im Geringsten etwas zu vergeben.&#x201C;</p>
          <p>Der &#x201E;Siècle&#x201C; erklärt das Betragen der Opposition für eine Exageration, selbst wenn man sich auf den Standpunkt des wohlgemeintesten und empfindlichsten Puritanismus stelle. Es sei dies unverzeihlich.</p>
          <p>Das &#x201E;Univers&#x201C; sagt, die Hände ringend: &#x201E;Daß der Bürgerkrieg nicht heute schon losgebrochen, haben wir wahrhaftig nicht den Deputirten zu danken, die sich kürzlich noch zu den Moderirten zählten etc.</p>
          <p>Die &#x201E;Union&#x201C; sagt: Die Geschichte wird mit ihrem Griffel den gestrigen Tag als <hi rendition="#g">einen unglücklichen Tag</hi> bezeichnen. Wir sahen noch nie, daß sich im Schoose eines Parlaments selbst eine <gap reason="illegible"/>aktiöse Minorität erhob und sich in einen andern Saal begab, um Separat-Beschlüsse zu fassen. Herr Cremieux soll dort ausgerufen haben: Zwei Stunden nach unserer Entfernung aus dem Saale der Nat.-Vers. muß die Revolution durch ganz Frankreich wieder beginnen etc.</p>
          <p>&#x201E;Ere Nouvelle&#x201C; gesteht, daß ihr die Sitzung die &#x201E;tiefste Betrübniß&#x201C; verursache etc.</p>
          <p>Die &#x201E;Opinion publique&#x201C; ruft: Wie? Cavaignac, der die Preßfreiheit mit Füßen trat, Redaktoren in geheimes Gefängniß warf und die Demokraten kartätschte: dieser Cavaignac nahm Theil an einer Demonstration zu Gunsten der Clubs?!</p>
          <p>Der Faucher'sche &#x201E;Courrier Francais&#x201C; nennt das Ereigniß einen grand scandal, der zum Nachtheile der Linken ausfallen werde. Nebenher widerrnst er die Behauptung, daß die Regierung einen Wechsel in den Generälen des Seine-Departements beabsichtige.</p>
          <p>Die &#x201E;Democratie pacifique&#x201C; schildert die gestrigen Vorfälle als eine &#x201E;menschliche Komödie!&#x201C;</p>
          <p>Die bonapartistischen &#x201E;Liberte&#x201C; sagt: Dank, der gouvernementalen Ungeschicklichkeit des Hrn. Leon Faucher bereitet die längst todte Clubfrage fürchterliche Gefahren etc.</p>
          <p>Die &#x201E;Gazette&#x201C; sagt: Nein, die Opposition kann und darf nicht zurückweichen, wenn sie sich nicht um die Achtung des Volks bringen will.</p>
          <p>Die &#x201E;Assemblee&#x201C; sagt: &#x201E;Unter der satanischen Maske Cremieux's ist der Dämon der politischen Stürme wieder heraufbeschworen worden etc. Wähler, wir beschwören Euch, sondert Euren Waizen vom Unkraute etc.</p>
          <p>Die &#x201E;Revolution&#x201C; fordert das Volk zur Geduld auf bis zu der 3. Lesung des Gesetzes.</p>
          <p>Das &#x201E;Peuple&#x201C; organisirt Steuerverweigerung und den unbeliebten passiven Widerstand.</p>
          <p>&#x2014; Gestern Abend mußten zwei Theater (Variétés und Gymnase) durch die Polizei geleert werden. In den Variétés rief ein Stück: «Une goutte de lait», oder: Die Amme eines Prinzen, und im Gymnase «la danse des écus» (worin sich Proudhon selbst als Dieb deklarirt) einen solchen Sturm der Rothen hervor, daß die Polizei die Säle schließen mußte. Wie wir hören, hat Minister Faucher die fernere Aufführung beider Stücke untersagt.</p>
          <p>&#x2014; Aus Marseille wird berichtet, daß die dortige Kommandantur den Befehl erhalten habe, die in Bezug auf die beabsichtigte Expedition getroffenen Maßregeln zu suspendiren. Der Grund hierzu liegt offenbar in der neuen Wendung, welche durch die Kündigung des Waffenstillstandes, die italienischen Angelegenheiten erhalten.</p>
          <p>Die französische Regierung, heißt es ferner, nachdem sie das sardinische Manifest erhalten, hat beschlossen, nicht in den lombardischen Angelegenheiten zu interveniren. Sie will im Gegentheil dem Karl Albert die Integrität seiner Besitzungen garantiren, im Falle, wo Oestreich seine Gelüste nach Genua zu befriedigen beabsichtige.</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 22 März.</p>
          <p><hi rendition="#g">Havin</hi>, einer der Vicepräsidenten, eröffnet um 12 Uhr die Sitzung.</p>
          <p>Die Bänke sind ziemlich voll; die Gallerien, wie in den letzten Tagen, stets zum Erdrücken voll. Das Protokoll wird verlesen.</p>
          <p>
            <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage).</hi> </ref>
          </p>
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</TEI>
[1431/0004] 1) Ueber den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf wird einschließlich aller Minoritätsanträge des Ausschusses ohne weitere Diskussion und ohne Zulassung fernerer Verbesserungsanträge mit Ausnahme solcher, welche mindestens 50 Unterschriften haben, durch Abstimmung über die einzelnen Paragraphen Beschluß gefaßt. 2) Die Abstimmung erfolgt in der vorliegenden Reihenfolge mit Ausnahme des Abschnittes 3 der Verfassung, das Reichsoberhaupt, welches zuletzt zur Abstimmung kommt. 3) Die Abstimmung wird sofort begonnen und in fortlaufenden Sitzungen das Verfassungswerk in der vorgezeichneten Weise vollendet. Löwe von Calbe, Makowiczka, stimmten mit Ja! Ebenso Graf Reichenbach. Raveaux stimmte nicht mit. Max Ramond und Heinrich Simon dafür. Temme dagegen. Uhland dafür. Ebenso Venedey. (Es gilt ja in diesem Antrag die Existenz der Nationalversammlung!) Das Ministerium stimmte dafür. Wydenbrugk, Z_ U, Bresgen, Claussen, Cetto dafür. Präsident erklärt hierauf Heckschers Anträge für erledigt. Heckscher ist damit nicht einverstanden, da in obigen Anträgen nur Bestimmungen für die Verfassung gefunden würden, während die seinigen noch Extra-Bestimmungen enthielten. Präsident Simson ist dagegen, wozu ihn die gestern ein für allemal festgestellte Abstimmungsweise allerdings berechtigt. Es folgen also 2 fernere Anträge von Eisenstuck, des Inhalts: In Erwägung, daß die im Reichsgesetzblatt vom 28. Dezbr. 1848 veröffentlichten Grundrechte dem gesammten deutschen Volke gewährleistet sind und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates dieselben je aufheben oder beschränken darf. In Erwägung, daß zu Folge des Beschlusses der Nationalversammlung vom 27. Mai keine Verfassung eines deutschen Einzelstaates Bestimmungen enthalten darf, welche der deutschen Reichsverfassung zuwider laufen. In Erwägung, daß die österreichische oktroyirte Verfassung vom 4. März diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht. In Erwägung, daß es die heilige Pflicht der deutschen Nationalversammlung und des gesammten deutschen Volkes ist, dem Volke jedes Einzelstaates die gewährleistete Freiheit unverkürzt zu bewahren und die Regierungen der Einzelstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, — beschließt die Nationalversammlung: 1) Die am 4. März oktroyirte Verfassung für Oesterreich ist für die zum deutschen Reiche gehörigen Theile des Kaiserstaates nicht verbindlich, insoweit sie den angeführten Beschlüssen der Nationalversammlung zuwiderläuft; 2) Das Reichsministerium ist beauftragt, diesen Beschluß mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Ausführung zu bringen. Dafür außer der entschiedensten Linken u. A.: Edel. Eisenmann. Esterle, Fallmereiyer, Giskra, Gritzner (Oestreicher). Groß aus Prag. Hartmann (Leitmeritz). Hasler. Heisterbergk. Kirchgessner. Kuentzer Löwe (Kalbe). Makowiczka, Marck, Marsilly, Meier (Oestreicher). Nagel. Nägeln. Pattai (Oestreich). Rappard. Raveaux (Köln). Reitter (Prag). Richter (Achern). Schoder. Schüler (Jena). Schwarzenberg (Kassel). v. Sommaruga mit Ja! (Bravo von mehreren Seiten.) Uhland. Venedey. Werner (St. Pölten). Wiesner (Oestreich). Wiegard. Bally. Bodczek. Bogen. Demel. Dagegen u. A.: Freudentheil. Haubenschmied. v. Herrmann. Jordan (Berlin u. Marburg). Beide Kürsinger (Oestreich.) Lassaulx. v. Linde. Sepp. Beda Weber. Maly. Neuwall (Oestreich). Radowitz. Riesser. Schmerling. (Aha! und Gelächtee links.) Schmidt aus Linz. Soiron. Wurm. Herzog. Bassermann. Beckerath. Beide Beselers. Bürgers. Buß. Graf Coronini und Graf D_ ym (Oestreicher). Dahlmann. Fuchs stimmte nicht mit, ebenso Hergenhahn und viele seiner erbaulichen Kollegen. Einige feige Oestreicher à la Maifeld hatten sich herausgeschlichen. Mittermeier stimmte nicht, ebenso von Möhring (östreichischer Beamter), welcher bedeutend ausgelacht wurde. Man hatte hier eine gute Gelegenheit, die feigen Herrn unter Oestreich kennen zu lernen Rösler u. Schneider aus Wien, Vonbun aus Oestreich, Welker, Wydenbruk, Zell, Ziegert, Zum Sande, Anders, Bauer aus Wien, Cetto, Drechsler, waren theils herausgelaufen, theils stimmten sie aus Feigheit nicht mit. Für den Antrag stimmten 174. Dagegen 275. Der Stimme enthielten sich 63. Der Antrag also mit 101 Stimmen verworfen. Viele Erklärungen behufs der Abstimmungen gehen zu Protokoll. Präsident Simson theilt im Namen des interimistischen Reichsministerpräsidenten von Gagern den Rücktritt des gesammten Reichsministeriums sammt allen Unterstaatssekretären mit. Die Geschäfte werden sie bis zur Wahl des neuen Ministeriums besorgen. (Gleichgültige Stille.) Dringlicher Antrag der Linken. Die National-Versammlung beschließt: „Das Reichsgesetz über die Wahlen zum Volkshaus ist nebst dem Artikel über die Diäten, so wie es aus erster Lesung hervorging, sofort anzunehmen.“ Die Dringlichkeit wird mit geringer Majorität verworfen. Sommaruga stand für die Dringlichkeit auf. Nächste Sitzung Morgen. Zweite Lesung der Reichsverfassung nach dem heutigen Beschluß. Schluß der heutigen Sitzung 12 Uhr. Italien. * Novara. Einer Correspondenz des Journals des Debats entnehmen wir folgende Details über die resp. Streitkräfte der kriegführenden Parteien. „Die piemontesische Armee, nach der letzten Campagne sehr geschwächt und desorganisirt, schlecht verproviantirt und mit einem sehr schlecht organisirten Dienst für Kranke und Verwundete versehen, warf im Bewußtsein, daß sie sich gut geschlagen, alle Schuld auf ihre Anführer (mit Recht). Damals waren nicht viel mehr als 30,000 Combattanten unter den Fahnen. Heute kommandirt der geschickte General Chrzanowski 120,000 Mann. In dieser Zahl ist die felddienstfähige Armee 80,000 Mann stark, davon 65,000 Mann kampferprobte Soldaten. Der Rest von 40,000 Mann sind theils junge Rekruten, theils mobilisirte Nationalgarden und Freicorps. Die Artillerie besteht aus 21 Batterien mit 168 Geschützen, wovon 18 piemontesische und 3 lombardische Batterien. Die piemontesische Artillerie gehört zu den besten in Europa und hat ein besonderes vortreffliches Material. Die Kavallerie zählt sechs piemontesische Regimenter von 6 — 700 Pferden. Sie ist mit Lanze, Säbel und Karabiner (pistolone) bewaffnet. Dann drei Schwadronen Guiden, ein lombardisches Chevaulegers-Regiment und ein noch nicht kompletirtes Regiment lombardischer Dragoner. Die piemontesische Kavallerie ist gut beritten und meist kriegsgeübt. Chrzanowski ist faktischer Oberbefehlshaber und trägt die Verantwortlichkeit für die Operationen; La Marmora ist Chef des Generalstabs, unter ihm General Cossato; General Rossi befehligt die Artillerie und Oberst Albertini das Genie. Die östreichische Armee zählt 105,000 Mann mit 190 Geschützen. Sie ist in zwei Corps getheilt, deren eins das Venetianische, das andere die Lombardei besetzt. Zudem muß sie starke Garnisonen in den verschiedenen Städten halten. Das lombardische Corps ist etwa 50,000 Mann stark, und dies würde die höchste Zahl der Streitkräfte sein, die Radetzki zunächst ins Feld führen könnte. Nach der jetzigen Stellung der Oestreicher zu urtheilen, scheint Radetzki seine Truppen vor Mailand konzentriren und die piemontesische Armee dort erwarten zu wollen. Vielleicht auch geht er sogleich hinter Mailand zurück, und vermeidet für den Anfang eine entscheidende Schlacht. Wie das Journal des Debats eingesteht, enthält die östreichische Armee starke Keime der Zwietracht und Desorganisation, und hinter ihnen liegt ein Land, das nur auf das Signal zum Aufstand wartet. Dafür aber haben die Oestreicher hinter ihrem Rücken eine Reihe militärischer Positionen, während hinter dem Rücken der Italiener das ganze Land bis Turin offen und unhaltbar daliegt.“ Soweit das Journal des Debats. Diese gerühmten Positionen der Lombardei sind übrigens wenig werth. Ein militärischer Korrespondent der Augsb. Allg. Ztg. gibt zu, daß sämmtliche lombardische Flußlinien unhaltbar sind, und daß in ganz Norditalien nur ein Fluß militärische Deckung bietet: die Adiga. Höchstens kann noch der Mincio hinzugefügt werden, der eine an beiden Flanken durch die Festungen Peschiera und Mantua gedeckte Stellung erlaubt. Wenn also Karl Albert nicht schon gleich im Anfang des Kriegs den Verrath begeht, den er unzweifelhaft abermals vor hat, so wird die erste große Kriegsaktion sich wohl wieder, wie vorigen Sommer, zwischen Mincio und Etsch abwickeln. Wenigstens daß Radetzki, wie er prahlt, offensiv verfahren und gegen Turin rücken werde, glauben wir, nach seinen Kräften zu urtheilen, durchaus nicht. Erst wenn er die neuorganisirte piemontesische Armee, nach Herbeiziehung aller detachirten Corps der Lombardei und eines Theils der im Venetianischen stationirten Truppen in einer entscheidenden Schlacht vernichtet und dadurch den Muth der Lombarden und Venetianer zu Boden geschlagen hätte, erst dann könnte er mit Sicherheit an ein Vorrücken gegen Turin denken. Dahin kann er aber nur durch erneuten Verrath Karl Alberts kommen, und ein solcher Verrath würde diesmal dem König Karl Albert den Kopf kosten. * Como. Dem Constitutionnel zufolge haben die Oestreicher sich aus Como zurückgezogen, und einige Geißel abgeführt. Die Artillerie, die den Thurm besetzt hielt, ist der Garnison in ihrem Rückzuge gefolgt. Alle Truppen, welche die wichtigen Punkte der _ altellina besetzt hielten, sind vom Marschall Radetzki zurückberufen worden. Zu Mailand hat man unmittelbar nach der Abreise Radetzki's nach Crema einen geheimen Sicherheitsausschuß gebildet, bestehend aus den energischsten und thatkräftigsten Männern. Es scheint, daß die Oestreicher zu Piacenza den Angriff der Piemontesen abwarten wollen. Es bestätigt sich das Gerücht, daß der Herzog von Modena gezwungen worden, seine Hauptstadt mit der östreichischen Garnison zu verlassen. * Rom, 16. März. Die Revolution schreitet vorwärts: 3 Bischöfe sind zu Rom arretirt worden, und unter diesen Bischöfen befindet sich ein Kardinal: es sind dies der Bischof von Gubbio, der Bischof von Orodeto und der Erzbischof-Kardinal von Fermo. Beide Letztere sind in die Festung von Ankana geführt worden. Der Grund zu ihrer Verhaftung lag in ihrem jesuitischen Auftreten gegen die Republik. * Rom, 12. März. Bekanntlich sollen die Glocken in Rom zu Kanonen benutzt werden. Gestern, als die Auslieferung derselben stattfand, wurden von Seiten der Reaktion einige Versuche zur Empörung gemacht, die aber sofort niedergeschlagen wurde. Die Glocken befinden sich in den Händen der Regierung. * Mailand, 16. März. In einem Manifeste, welches Radetzki an seine Soldaten richtet, heißt es, daß Karl Albert an dem Sturze seines Thrones und seiner Dynastie arbeite, als wäre er der erste Agent von Mazzini. * Florenz, 16. März. Eine lange Conferenz hat statt gefunden zwischen den Gesandten Rom's, der toskanischen Regierung und dem Abgesandten von Piemont, zur Berathung über die Mittel, den gemeinsamen Feind zu schlagen. * Genua, 17. März. Aus den heute Morgen eingelaufenen Nachrichten ergibt sich, daß die Oestreicher ihre Truppen auf das linke Ufer des Po zurückziehen. * Bologna, 14. März. Seit gestern hört man in der Richtung von Florenz ein starkes Kanonenfeuer. 068 Venedig, 12. März. In Folge eines Dekrets der Regierung behält der Präsident Manin das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten; Desaro Maurogonato ist zugleich Finanz- und Handelsminister, Calucci ist am Ministerium des Innern und der Justiz; Cavedalis ist Kriegs- und Goaziano Marineminister. Das Kultusministerium ist dem Da Comin übertragen. * Genua, 14. März. Parma ist nicht von der österreichischen Garnison geräumt. Es fanden Angriffe auf die österreichischen Wachtposten Statt. Ein neues Bataillon kam am 12. an, und der Kommandant hat beschlossen, daß er so lange auf Kosten der Stadt unterhalten werde, bis die Schuldigen ermittelt seien. Die Stadt ist im Belagerungszustande — das Standrecht wird auf die strengste Weise gehandhabt. Um acht Uhr Abends werden die Stadtthore geschlossen — die Nationalgarde ist auf 1000 Mann reduzirt. Belgien. 105 Brüssel, 19. März. Gestern war durch den hiesigen deutschen Arbeiterverein, bei Gelegenheit des Jahrestages der Berliner Revolution vom 18. März 1848, ein Bankett veranstaltet, woran die hiesigen deutschen Demokraten sich zahlreich betheiligten. Das Bankett wurde mit dem allgemeinen Ruf geschlossen: „Es lebe die einige deutsche Republik!“ Unter den Toasten erwähnen wir: „auf die gefallenen Märtyrer“, „auf die Gefangenen in den royalistischen Kerkern“, „auf die politischen Flüchtlinge“; Freiligrath's Gedicht: „die Todten an die Lebenden“, wurde unter stürmischem Beifall vorgetragen. Auf dieselbe Weise wurde am 24. Februar das Jahresfest der französischen Revolution von 1848 vom hiesigen deutschen Arbeiterverein gefeiert, wobei Toaste auf den Sieg der Ungarn, Römer und Toskaner, und auf den Sturz Oestreich's und der deutschen Pfahlkönige ausgebracht wurden. Schweiz. Bern, 20. März. Wie verlautet, heißt es in der „Berner Ztg.,“ ist der Gesandte der römischen Republik vom Bundesrath noch nicht anerkannt worden; dagegen weilt noch immer der päbstliche Nuntius in Luzern und verkehrt offiziell mit dem Bundesrath. Wir glauben aber, es läge in der Pflicht und Ehre der Eidgenossenschaft, gerade umgekehrt zu verfahren. Die Regierung des Pabstes existirt faktisch und rechtlich nicht mehr; also hat auch der Nuntius in der Schweiz aufgehört zu existiren, und an seine Stelle ist der Nachfolger, der Gesandte der Republik, getreten. Oder will die Schweiz etwa auch Theil nehmen an dem Fürsten- und Aristokratenkongresse in Gaëta; gut, so sage man es offen. Indeß nein, das will der Bundesrath nicht; allein er wagt auch nicht das Umgekehrte zu thun; es fehlt ihm der Muth zu dieser demokratisch-republikanischen Demonstration. Er will es lieber mit der römischen Republik, als mit der Diplomatie verderben. Oberst Rilliet-Constant hat die Stelle eines römischen Kriegsministers positiv ausgeschlagen. Französische Republik. Paris, 22. März. Der Moniteur meldet, daß der neue brasilianische Gesandte De Amaral dem Minister der Auswärtigen seine Vollmachten überreicht habe. Außerdem enthält das offizielle Organ einen vierspaltigen Bericht über die Entdeckung einer neuen Nahrungspflanze: Psoralea asculenta oder Picquotiane in Westamerika … Die katholischen Blätter bringen das Wahlmanifest Montalemberts. — Alle Morgen- und Abendblätter besprechen die Ereignisse in der Nationalversammlung. Die honnetten Redaktoren sehen darin eine elende Posse der Opposition, die Rothen dagegen ermahnen das Volk vorläufig zur Ruhe und versprechen ihm ein gutes Ende. Die Protestation, deren Text wir uns gestern nicht verschaffen konnten, lautet: „Der 1. Artikel des Clubgesetzes ist eine Verletzung der Constitution. Wir haben durch unser Votum protestirt; wir haben durch unsere Abstention protestirt, und wir bestehen darauf, uns der Abstimmung zu enthalten, weil wir in nichts an einem Gesetz partizipiren wollen, das ein flagrantes Attentat auf das Naturrecht und die Constitution ist.“ Sie ist von Lamennais verfaßt; die Redaktionen Cremieux's, Pascal-Duprat's, Chavoix's und Gent's wurden als unpassend verworfen. Obige Protestation liegt im 1. Bureausaale zur Unterschrift aus. Sie zählte bis Mittag über 150 Unterschriften und wird deren wohl über 350 erhalten. — Im Elysee zog sich der Ministerrath gestern nach Sitzungsschluß bis in die späte Nacht. Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Man spricht von neuen Gewaltschlägen, vielleicht erfahren wir Näheres heute Nachmittags. Mehrere Stunden vorher hatte Falloux eine arithmetische Maschine vor dem Präsidenten manövriren lassen. Diese Erfindung soll so großen Beifall errungen haben, daß sie in den Bürgerschnlen eingeführt zu werden verdient. — Das Ministerium ist fest entschlossen, der rothen Presse den Garaus zu machen. Aus direkter Veranlassung des Justizministers sind gegen „Peuple“ zwei und gegen die „Revolution“ ein neuer Prozeß anhängig gemacht. Wie wir gestern schon andeuteten, sind diesen beiden Journalen im Laufe des Abends die Vorladungen zugegangen. — Morgen (vielmehr erst den 25.) tritt der fatale Termin ein, an dem die staatlichen und städtischen Unterstützungsgelder an die Hausarmen des Seinedepartements wegfallen. Die Redakteure des Peuple erlassen daher zur Vermeidung des Bürgerkrieges, den der Hunger von 300,000 Menschen nothwendig erzeugen müßte, in ihrer heutigen Nummer einen Aufruf zur Bildung von „Unterstützungs-Vereinen“, um die 121/2 Centimes, welche Staat und Stadt an jene Hunger-Armen bisher täglich zahlten, herbeizuschaffen. — Pierre Bonaparte protestirt heute in ziemlich burlesker Weise gegen die vollständige Wahrheit der gestern erzählten Szene mit Clement Thomas im Rauchzimmer der Nationalversammlung. Die Darstellung der Blätter sei voller Falschheiten und Entstellungen. Er habe niemals um die Sympathieen der Anarchisten und Communisten gebuhlt; er werde sie sogar eventuell mit andern Waffen als mit bloßen Worten zu bekämpfen wissen, wenn sie die demokratische Republik seines Vetters angreifen sollten!! Auch Clement Thomas schreibt an die Revolution, daß ihre Darstellung des Vorgefallenen ungenau sei. — Das „Journal des Debats“ fürchtet, daß die Debatte aus der Nat.-Vers. in die Straße gezogen werde. Die Linke, sagt es, sah aber ihr Unrecht ein, und kehrte darum wieder in den Saal zurück, um an der Abstimmung Theil zu nehmen. Wie! Kaum ein Jahr verflossen und man möchte schon wieder neue Ungewitter heraufbeschwören? Wann sollen denn endlich Ordnung und Wohlstand wiederkehren?! Der „Constitutionnel“ nennt die Partei des National unverbesserlich. Im Conspiriren geboren, höre sie nicht zu conspiriren auf und wolle ihren Nacken nicht unter das Gesetz beugen. Sie müsse pulverisirt werden. Der „National“ sagt: „‥‥ Die Opposition brachte ihren Widerwillen der öffentlichen Ruhe zum Opfer und entschloß sich zu stimmen, ohne hiedurch ihrem Protest gegen den Verfassungsbruch im Geringsten etwas zu vergeben.“ Der „Siècle“ erklärt das Betragen der Opposition für eine Exageration, selbst wenn man sich auf den Standpunkt des wohlgemeintesten und empfindlichsten Puritanismus stelle. Es sei dies unverzeihlich. Das „Univers“ sagt, die Hände ringend: „Daß der Bürgerkrieg nicht heute schon losgebrochen, haben wir wahrhaftig nicht den Deputirten zu danken, die sich kürzlich noch zu den Moderirten zählten etc. Die „Union“ sagt: Die Geschichte wird mit ihrem Griffel den gestrigen Tag als einen unglücklichen Tag bezeichnen. Wir sahen noch nie, daß sich im Schoose eines Parlaments selbst eine _ aktiöse Minorität erhob und sich in einen andern Saal begab, um Separat-Beschlüsse zu fassen. Herr Cremieux soll dort ausgerufen haben: Zwei Stunden nach unserer Entfernung aus dem Saale der Nat.-Vers. muß die Revolution durch ganz Frankreich wieder beginnen etc. „Ere Nouvelle“ gesteht, daß ihr die Sitzung die „tiefste Betrübniß“ verursache etc. Die „Opinion publique“ ruft: Wie? Cavaignac, der die Preßfreiheit mit Füßen trat, Redaktoren in geheimes Gefängniß warf und die Demokraten kartätschte: dieser Cavaignac nahm Theil an einer Demonstration zu Gunsten der Clubs?! Der Faucher'sche „Courrier Francais“ nennt das Ereigniß einen grand scandal, der zum Nachtheile der Linken ausfallen werde. Nebenher widerrnst er die Behauptung, daß die Regierung einen Wechsel in den Generälen des Seine-Departements beabsichtige. Die „Democratie pacifique“ schildert die gestrigen Vorfälle als eine „menschliche Komödie!“ Die bonapartistischen „Liberte“ sagt: Dank, der gouvernementalen Ungeschicklichkeit des Hrn. Leon Faucher bereitet die längst todte Clubfrage fürchterliche Gefahren etc. Die „Gazette“ sagt: Nein, die Opposition kann und darf nicht zurückweichen, wenn sie sich nicht um die Achtung des Volks bringen will. Die „Assemblee“ sagt: „Unter der satanischen Maske Cremieux's ist der Dämon der politischen Stürme wieder heraufbeschworen worden etc. Wähler, wir beschwören Euch, sondert Euren Waizen vom Unkraute etc. Die „Revolution“ fordert das Volk zur Geduld auf bis zu der 3. Lesung des Gesetzes. Das „Peuple“ organisirt Steuerverweigerung und den unbeliebten passiven Widerstand. — Gestern Abend mußten zwei Theater (Variétés und Gymnase) durch die Polizei geleert werden. In den Variétés rief ein Stück: «Une goutte de lait», oder: Die Amme eines Prinzen, und im Gymnase «la danse des écus» (worin sich Proudhon selbst als Dieb deklarirt) einen solchen Sturm der Rothen hervor, daß die Polizei die Säle schließen mußte. Wie wir hören, hat Minister Faucher die fernere Aufführung beider Stücke untersagt. — Aus Marseille wird berichtet, daß die dortige Kommandantur den Befehl erhalten habe, die in Bezug auf die beabsichtigte Expedition getroffenen Maßregeln zu suspendiren. Der Grund hierzu liegt offenbar in der neuen Wendung, welche durch die Kündigung des Waffenstillstandes, die italienischen Angelegenheiten erhalten. Die französische Regierung, heißt es ferner, nachdem sie das sardinische Manifest erhalten, hat beschlossen, nicht in den lombardischen Angelegenheiten zu interveniren. Sie will im Gegentheil dem Karl Albert die Integrität seiner Besitzungen garantiren, im Falle, wo Oestreich seine Gelüste nach Genua zu befriedigen beabsichtige. — Nationalversammlung. Sitzung vom 22 März. Havin, einer der Vicepräsidenten, eröffnet um 12 Uhr die Sitzung. Die Bänke sind ziemlich voll; die Gallerien, wie in den letzten Tagen, stets zum Erdrücken voll. Das Protokoll wird verlesen. (Siehe den Verfolg in der Beilage).

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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 255. Köln, 25. März 1849, S. 1431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz255i_1849/4>, abgerufen am 27.04.2024.