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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 259. Köln, 30. März 1849.

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Somit ist der Abschnitt vom Reichstag beschlossen.

Der Abschnitt 4 vom Reichsgericht und der Abschnitt 7, die Grundrechte des deutschen Volkes enthaltend, sind bereits zum zweiten Male gelesen.

Folgt Abschnitt 8, die "Gewähr der Verfassung."

Artikel 1. § 196 wurde zurückgestellt bis nach der Entscheidung über das "Reichsoberhaupt."

§§ 197 bis 200 wurden nach dem Entwurf unverändert angenommen.

Ueber den ersten Satz des § 201:

"Eine Aenderung der Regierungsform in einem Einzelstaate kann nur mit Zustimmung der Reichsgewalt erfolgen,"

verlangte die Linke die namentliche Abstimmung. Der Satz wurde mit 310 Stimmen gegen 206 dennoch angenommen.

v. Sommaruga ist der einzige Oestreicher, welcher jetzt entschieden mit der Linken stimmt. Auch heute befand er sich bei der Minorität:

Ueber den zweiten Theil des Paragraphen:

"Diese Zustimmung muß in den für Aenderung der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen gegeben werden,"

wurde gleichfalls namentlich abgestimmt und derselbe mit 282 Stimmen gegen 235 ebenfalls angenommen.

Artikel 3. Bei § 202 auch namentliche Abstimmung. Erstens über folgende Fassung:

"Abänderungen in der Reichsverfassung können nur durch einen Beschluß beider Häuser und mit Zustimmung des Reichsoberhauptes erfolgen. Der Zustimmung des Reichsoberhauptes bedarf es nicht, wenn in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt."

Gülich Schreiner. Reh. Zell u. A.

Diese wiederholte Anwendung des Suspensiovetos für Abänderungen in der Reichsverfassung wurde mit 272 Stimmen gegen 243 angenommen. (Bravo links und allgemeine Sensation).

Nach diesem Paragraph ist die Unmöglichkeit des Erbkaisers, besonders des preußischen, ganz klar geworden. Was übrigens für ein Schacher mit den einzelnen schwankenden Stimmen getrieben wird, ist kaum glaublich. Bei diesem Stimmschacher zeichnet sich besonders Riesser aus Hamburg aus. Alte, böse Gewohnheiten!

Gestern hörte ich diesen Ehrenmann auf der Straße zu einem andern ehrenwerthen Mitglied mit Bezug auf die heute bevorstehende endliche Abstimmung über das Reichsoberhaupt sagen: "Den Pauer von Augsburg haben wir noch glücklich erwischt, und den Pfetzer hoffen wir auf diese Weise mit herüberzuziehen"

Zu den eben angenommenen Sätzen wurden noch die Ausschußanträge genehmigt, welche somit zusammen den § 202 bilden.

Artikel 4 (§ 203) über zeitweilige Suspension einzelner Paragraphen der Grundrechte.

Zuvörderst wurde der Paragraph nach v. Trützschlers Amendirung in namentlicher Abstimmung mit 337 Stimmen gegen 176 verworfen. Sodann wurde der Antrag des Ausschusses angenommen und somit auch dieser Abschnitt erledigt.

Schluß um 1 Uhr.

Nachmittag: "Das Reichsoberhaupt."

!!! Frankfurt, 27. März.

Die heutige Nachmittagssitzung beginnt um 4 Uhr. Simson präsidirt. Die Tribünen sind gefüllt. Man erwartet den letzten Coup und eine lange Vertagung.

Präsident zeigt den Austritt des Abgeordneten Heinrich Laube an. (Ah! Ah! Warum so spät?)

Tagesordnung: Abschnitt vom Reichsoberhaupt.

v. Dieskau reicht einen neuen Antrag ein:

"Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem vom Volke auf die Dauer von 4 Jahren gewählten verantwortlichen Präsidenten überrragen, welchem ein Vicepräsident zur Seite gestellt wird. Wählbar ist jeder Deutsche."

Dieser Antrag ward zuerst in gewöhnlicher Abstimmung verworfen. Die Linke stand dafur auf

Hierauf wird namentlich abgestimmt über § 69 des Ausschusses:

"Die Würde des Reichsoberhauptes wird einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen."

(Gespannte Aufmerksamkeit und Stille).

Dafür stimmten unter Andern folgende Herren:

Zell. Arndt. Bassermann. Becker (Trier). Beckerath. Biedermann. Bresgen. Breusing. Cetto. Claussen. Dahlmann. Drechsler. Freese. Freudentheil. Gladis. Godeffroi. Gravenhorst. Groß (aus Prag) Halbauer. Hasler. Hildebrand Hirschberg. Hosken. John. Johannes. Jordan (Berlin). Jordan (Marburg). Jucho. Kierulf. Kosmann. Kraft (Nürnberg). Langerfeld. Lette. Löwe (Kalbe) !!! Makowizka! Mathy. Mathirs. Merk (Republikaner?!!). Mewissen (Köln). Minkus. Mittermaier. Mölling. Rob. Mohl. v. Neuschütz. Ostendorf. Otto. Pauer (Augsburg). Pinder. Pinkert Plaß. Radowitz. v. Rappard. Beide Raumer. v. Reden. Reh. Graf Reichenbach. Rösler (Wien). Rüder. Rumelin. Scheller. Scherpercret. Schierenberg. Beide Gagerns Schmidt (Berlin). Schneer. Schneider. Schubert (Königsberg). Schwarzenberg. Schwetschke. Simens. Mar Simon. Heinrich Simon !!! (Nun spreche mir noch einer von diesem Manne.) Bischer aus Tübingen (auch so ein verjammerter Republikaner.) (Der Fürst Waldenburg-Zeil beschämte diese Burschen!! Er stimmte mit Nein! Er kennt seine Kollegen die Herren Fürsten!) Welcker. Wichmann. Wydenbrugk. Wurm.

Der § 69 wurde mit 279 gegen 255 Stimmen angenommen. (Bravo der Preußen und einiger Kinder und Damen. Langes Zischen auf den Gallerien und zur Linken. Ausdruck der Entrüstung von allen Ehrenmännern! Di ser Beschluß ist nur den sehr "ehrenwerthen" Mitgliedern der Linken a la Simon aus Breslau zuzuschreiben.)

Beseler aus Greifswald meint, es sei nun über keinen Direktorial-Antrag abzustimmen. (Toben und Widerspruch links.)

Präsident ist entgegengesetzter Ansicht. Alle Anträge müssen zur Abstimmung kommen.

§ 70 zu namentlicher Abstimmung:

"Diese Würde ist erblich im Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden. Sie vererbt im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt"

Dieser Paragraph wurde zur unauslöschlichsten Schande dieser Biedermänner mit 267 gegen 263 Stimmen, also mit der pomphaften Majorität von 4 Stimmen angenommen. Hierbei ist zu erwähnen, daß erstens Titus, Richter aus Achern, Brentano und noch andre Mitglieder der Linken fehlten. Aber wenn Deutschland wissen will, wem es diesen Beschluß verdankt, so mögen folgende Namen in das Buch der Geschichte zur Abrechnung eingetragen sein

Von der Linken stimmten für diesen Schand-Paragraphen:

Hildebrand. Hasler aus Ulm. Drechsler aus Rostock. Claussen (ein Mehrumschlungener). Freese. Jucho. Löwe aus Kalbe! Minkus! Mittermaier! v. Rappard. Jacobus Benedey (der Dulder!!) Graf Reichenbach!!! (Schulz aus Weilburg stimmte nicht!!) Max Simon, und vor Allen notiren Sie mir Heinrich Simon aus Breslau, notiren Sie ihn mit einem Stern. Bischer aus Tübingen (ein verlaufener republikanischer Professor).

Trotz aller dieser Verräther an der Partei nur eine Majorität von Vier Stimmen.

§ 71. "Das Reichsoberhaupt führt den Titel: Kaiser der Teutschen."

Angenommen.

§ 1 der Garantie der Verfassung und dann die Paragraphen vom Oberhaupt (72 bis 85) wörtlich angenommen.

Abschnitt 6 vom Reichsrath mit 269 gegen 245 Stimmen verworfen.

Zum Schluß nach kurzer Debatte ein dringlicher Antrag der sogenannten Linken angenommen, "nach welchem das Reichswahlgesetz zum Volkshause, so wie es aus der ersten Lesung hervorgegang n, unverändert verbleibt."

Der Verfassungsausschuß wird endlich beauftragt, bis morgen Mittag 12 Uhr Vorlage zu machen:

1. Ueber die Publikation der Verfassung.

2. Ueber den Wahlmodus des Herrn Erbkaisers.

Morgen um 12 Uhr also Sitzung, in welcher die Herren Benedey und Heinrich Simon als Schlußstein ihrer Wirksamkeit Friedrich Wilhelm IV. erwählen werden.

43 Frankfurt, 27. März, Abends 7 Uhr.

Die Leute der Paulskirche haben so eben ihr gemeines Dasein mit einer Kaiserkrone gekrönt. Vier Stimmen Majorität (276 gegen 263) ist die trübselige Differenz zwischen einem Haufen gekaufter Preußen, denkunfähiger Schüttelköpfe und einer Sorte Menschen, die wir hernach bezeichnen wollen, einerseits, und dem sonderbaren-Konglomerat aus Radikalen, Liberalen, Republikanern, Schwarzgelben, Ultramontanen und Partikularisten andrerseits. Parteien sind es nicht, zwischen denen heute abgestimmt wurde, diesen Namen würde man entwürdigen, wollte man ihn in Frankfurt anwenden; es sind Bedienten, die sich für ihren Herrn geschlagen, Hausknechte, die ihren Stall vertheidigt haben. - So nimm sie hin: diese vier Stimmen, Mann von Berlin, aus diesen Händen, die nachgerade schmutzig genug wären, um selbst von einem "ehrbegiergen" Monarchen verachtet zu werden! Das Volk weiß, wer diese Krone gibt, es weiß welch "edle" Leidenschaften danach greifen, es weiß endlich, wie stark, wie dauerhaft und wie zeitgemäß sie ist; darum wird es sich trösten. Es wird aber eine Lehre ziehen aus dem Gewirr der Abstimmungen, die ihr vorhergingen. Leute, die bisher in der Meinung leicht begeisterter Massen einigermaßen beliebt waren, die sich mit einem honnerten Nimbus der unwandelbaren Charakter-Festigkeit umgaben, obwohl ihr wahres Verdienst nie größer war als Phrasendrechselei über fixe Ideen ihres Rechtsbodens, kurz Leute wie die Herren Heinrich Simon und sein Faktotum Max Simon, sein burschenschaftlicher, waschlappiger Freund Benedey und ein Dutzend zweibeinige Thierchen, die diesen hoffnungsvollen Aposteln die Schleppe oder die Glacee-Handschuhe küssen, das ist die noble Mittelpartei, die ihrem König in dieser Frage einen Dienst geleistet. Natürlich glauben sie, daß sie das Vaterland gerettet, daran zweifelt wohl Keiner von den 500 Tagelöhnern, die jetzt zu Reichskurfürsten sich oktroyirt haben, aber daß sie beschränkt und leichtfertig genug sind, um sich dies weiß zu machen, das ist es ja eben, was wir bewundern. -

Für ein paar Konzessionen im Wahlgesetz und im Veto, die selbst in dieser Form nichts taugen, in trautem Verein mit der schwarz-weißen reaktionsfanatischen Gesellschaft das deutsche Volk einem Fürsten zu überantworten, dessen Regierung soeben den besten Kommentar zu ähnlichen Volksfreiheiten ablegte, dies ist wohl stark genug, um dem Volke endlich die Augen über Die zu öffnen, denen es vertraute - Mag man nun den "Prinzen von Preußen" (!!), dessen russische Sympathieen einen Krieg mit Rußland für diese Strohgehirne immer noch möglich erscheinen lassen, oder den König von Preußen selbst wählen, - denn darüber zweifelt noch die kaiserbesoffene Majorität, - man ist mit der Restauration des verhaßten Unsinns nicht allein bis dahin vorgeschritten, wo die Revolution ihn abbrach; nein, man hat noch einen Trumpf drauf gesetzt aus jenen Zeiten, die 1806 katzenjämmerlich und anscheinend auf ewig eingeduselt waren. - Die Geschichte des deutschen Kaiserthums, eines Lehnsinfrituts, das sich, weiß Gott! lange genug ausgetobt und überlebt hat, ist gar nicht da für Menschen, die auf Kommando ihrer Interessen oder ihrer liberalen Marotten stimmen wollen. Es fällt den Preußen gar nicht ein, daß Preußen, der Todtengräber des einigen Kaiserthums, doch unmöglich der Erbe des Leichnams werden könne; sie stimmen, um ihren Herrn - "herauszubeißen", oder um vor der Berliner Reaktion mit dem Geschenk einer Krone Gnade zu finden, das ist Entschuldigung genug für ihre Gewissen, Grund genug für ihren Verstand, Reiz genug für ihre Luft. Das demüthige Parlament ist todt im Volke trotz allem Jubel der Bourgeoisie, des Hofgesindes und der Aemterlustigen, die ihm für diesen historischen Blödsinn danken werden. - Das Kaiserthum ist todt, mag es angenommen oder abgelehnt werden, es ist unhaltbar, mag es im Sinne der entschlossenen und energischen Kontrerevolution oder des politischen Zwitter-Liberalismus gehandhabt und benutzt werden. - Das Volk wird noch eine kleine Weile gemißhandelt von den Intriguanten, die sich ein Ministerium, ein Sekretariat oder eine Befehlshaberstelle erbettelt und erschwitzt haben, dann aber wird es diese unverdauliche 35. Krone zertrümmern und als Accompagnement noch manches Andere zu Boden schmettern; aber die Nachwelt wird wahrlich kaum erfahren, daß 1849 ein solches Narrenfest gefeiert wurde.

Anmerkung. Die Tags vorher von der Kaiserpartei in Berlin ausgestreute Nachricht, es werde den preußischen Deputirten der Tagelohn entzogen werden, ferner die Mährchen über die bevorstehende Ministerkrisis zu Gunsten Gagerns war zweckmäßig und erfolgreich, bei Leuten, die solche "ehrenvolle" Winke zu beachten wissen. -

Ungarn.

Somit ist der Abschnitt vom Reichstag beschlossen.

Der Abschnitt 4 vom Reichsgericht und der Abschnitt 7, die Grundrechte des deutschen Volkes enthaltend, sind bereits zum zweiten Male gelesen.

Folgt Abschnitt 8, die „Gewähr der Verfassung.“

Artikel 1. § 196 wurde zurückgestellt bis nach der Entscheidung über das „Reichsoberhaupt.“

§§ 197 bis 200 wurden nach dem Entwurf unverändert angenommen.

Ueber den ersten Satz des § 201:

„Eine Aenderung der Regierungsform in einem Einzelstaate kann nur mit Zustimmung der Reichsgewalt erfolgen,“

verlangte die Linke die namentliche Abstimmung. Der Satz wurde mit 310 Stimmen gegen 206 dennoch angenommen.

v. Sommaruga ist der einzige Oestreicher, welcher jetzt entschieden mit der Linken stimmt. Auch heute befand er sich bei der Minorität:

Ueber den zweiten Theil des Paragraphen:

„Diese Zustimmung muß in den für Aenderung der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen gegeben werden,“

wurde gleichfalls namentlich abgestimmt und derselbe mit 282 Stimmen gegen 235 ebenfalls angenommen.

Artikel 3. Bei § 202 auch namentliche Abstimmung. Erstens über folgende Fassung:

„Abänderungen in der Reichsverfassung können nur durch einen Beschluß beider Häuser und mit Zustimmung des Reichsoberhauptes erfolgen. Der Zustimmung des Reichsoberhauptes bedarf es nicht, wenn in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt.“

Gülich Schreiner. Reh. Zell u. A.

Diese wiederholte Anwendung des Suspensiovetos für Abänderungen in der Reichsverfassung wurde mit 272 Stimmen gegen 243 angenommen. (Bravo links und allgemeine Sensation).

Nach diesem Paragraph ist die Unmöglichkeit des Erbkaisers, besonders des preußischen, ganz klar geworden. Was übrigens für ein Schacher mit den einzelnen schwankenden Stimmen getrieben wird, ist kaum glaublich. Bei diesem Stimmschacher zeichnet sich besonders Riesser aus Hamburg aus. Alte, böse Gewohnheiten!

Gestern hörte ich diesen Ehrenmann auf der Straße zu einem andern ehrenwerthen Mitglied mit Bezug auf die heute bevorstehende endliche Abstimmung über das Reichsoberhaupt sagen: „Den Pauer von Augsburg haben wir noch glücklich erwischt, und den Pfetzer hoffen wir auf diese Weise mit herüberzuziehen“

Zu den eben angenommenen Sätzen wurden noch die Ausschußanträge genehmigt, welche somit zusammen den § 202 bilden.

Artikel 4 (§ 203) über zeitweilige Suspension einzelner Paragraphen der Grundrechte.

Zuvörderst wurde der Paragraph nach v. Trützschlers Amendirung in namentlicher Abstimmung mit 337 Stimmen gegen 176 verworfen. Sodann wurde der Antrag des Ausschusses angenommen und somit auch dieser Abschnitt erledigt.

Schluß um 1 Uhr.

Nachmittag: „Das Reichsoberhaupt.“

!!! Frankfurt, 27. März.

Die heutige Nachmittagssitzung beginnt um 4 Uhr. Simson präsidirt. Die Tribünen sind gefüllt. Man erwartet den letzten Coup und eine lange Vertagung.

Präsident zeigt den Austritt des Abgeordneten Heinrich Laube an. (Ah! Ah! Warum so spät?)

Tagesordnung: Abschnitt vom Reichsoberhaupt.

v. Dieskau reicht einen neuen Antrag ein:

„Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem vom Volke auf die Dauer von 4 Jahren gewählten verantwortlichen Präsidenten überrragen, welchem ein Vicepräsident zur Seite gestellt wird. Wählbar ist jeder Deutsche.“

Dieser Antrag ward zuerst in gewöhnlicher Abstimmung verworfen. Die Linke stand dafur auf

Hierauf wird namentlich abgestimmt über § 69 des Ausschusses:

„Die Würde des Reichsoberhauptes wird einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen.“

(Gespannte Aufmerksamkeit und Stille).

Dafür stimmten unter Andern folgende Herren:

Zell. Arndt. Bassermann. Becker (Trier). Beckerath. Biedermann. Bresgen. Breusing. Cetto. Claussen. Dahlmann. Drechsler. Freese. Freudentheil. Gladis. Godeffroi. Gravenhorst. Groß (aus Prag) Halbauer. Hasler. Hildebrand Hirschberg. Hosken. John. Johannes. Jordan (Berlin). Jordan (Marburg). Jucho. Kierulf. Kosmann. Kraft (Nürnberg). Langerfeld. Lette. Löwe (Kalbe) !!! Makowizka! Mathy. Mathirs. Merk (Republikaner?!!). Mewissen (Köln). Minkus. Mittermaier. Mölling. Rob. Mohl. v. Neuschütz. Ostendorf. Otto. Pauer (Augsburg). Pinder. Pinkert Plaß. Radowitz. v. Rappard. Beide Raumer. v. Reden. Reh. Graf Reichenbach. Rösler (Wien). Rüder. Rumelin. Scheller. Scherpercret. Schierenberg. Beide Gagerns Schmidt (Berlin). Schneer. Schneider. Schubert (Königsberg). Schwarzenberg. Schwetschke. Simens. Mar Simon. Heinrich Simon !!! (Nun spreche mir noch einer von diesem Manne.) Bischer aus Tübingen (auch so ein verjammerter Republikaner.) (Der Fürst Waldenburg-Zeil beschämte diese Burschen!! Er stimmte mit Nein! Er kennt seine Kollegen die Herren Fürsten!) Welcker. Wichmann. Wydenbrugk. Wurm.

Der § 69 wurde mit 279 gegen 255 Stimmen angenommen. (Bravo der Preußen und einiger Kinder und Damen. Langes Zischen auf den Gallerien und zur Linken. Ausdruck der Entrüstung von allen Ehrenmännern! Di ser Beschluß ist nur den sehr „ehrenwerthen“ Mitgliedern der Linken à la Simon aus Breslau zuzuschreiben.)

Beseler aus Greifswald meint, es sei nun über keinen Direktorial-Antrag abzustimmen. (Toben und Widerspruch links.)

Präsident ist entgegengesetzter Ansicht. Alle Anträge müssen zur Abstimmung kommen.

§ 70 zu namentlicher Abstimmung:

„Diese Würde ist erblich im Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden. Sie vererbt im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt“

Dieser Paragraph wurde zur unauslöschlichsten Schande dieser Biedermänner mit 267 gegen 263 Stimmen, also mit der pomphaften Majorität von 4 Stimmen angenommen. Hierbei ist zu erwähnen, daß erstens Titus, Richter aus Achern, Brentano und noch andre Mitglieder der Linken fehlten. Aber wenn Deutschland wissen will, wem es diesen Beschluß verdankt, so mögen folgende Namen in das Buch der Geschichte zur Abrechnung eingetragen sein

Von der Linken stimmten für diesen Schand-Paragraphen:

Hildebrand. Hasler aus Ulm. Drechsler aus Rostock. Claussen (ein Mehrumschlungener). Freese. Jucho. Löwe aus Kalbe! Minkus! Mittermaier! v. Rappard. Jacobus Benedey (der Dulder!!) Graf Reichenbach!!! (Schulz aus Weilburg stimmte nicht!!) Max Simon, und vor Allen notiren Sie mir Heinrich Simon aus Breslau, notiren Sie ihn mit einem Stern. Bischer aus Tübingen (ein verlaufener republikanischer Professor).

Trotz aller dieser Verräther an der Partei nur eine Majorität von Vier Stimmen.

§ 71. „Das Reichsoberhaupt führt den Titel: Kaiser der Teutschen.“

Angenommen.

§ 1 der Garantie der Verfassung und dann die Paragraphen vom Oberhaupt (72 bis 85) wörtlich angenommen.

Abschnitt 6 vom Reichsrath mit 269 gegen 245 Stimmen verworfen.

Zum Schluß nach kurzer Debatte ein dringlicher Antrag der sogenannten Linken angenommen, „nach welchem das Reichswahlgesetz zum Volkshause, so wie es aus der ersten Lesung hervorgegang n, unverändert verbleibt.“

Der Verfassungsausschuß wird endlich beauftragt, bis morgen Mittag 12 Uhr Vorlage zu machen:

1. Ueber die Publikation der Verfassung.

2. Ueber den Wahlmodus des Herrn Erbkaisers.

Morgen um 12 Uhr also Sitzung, in welcher die Herren Benedey und Heinrich Simon als Schlußstein ihrer Wirksamkeit Friedrich Wilhelm IV. erwählen werden.

43 Frankfurt, 27. März, Abends 7 Uhr.

Die Leute der Paulskirche haben so eben ihr gemeines Dasein mit einer Kaiserkrone gekrönt. Vier Stimmen Majorität (276 gegen 263) ist die trübselige Differenz zwischen einem Haufen gekaufter Preußen, denkunfähiger Schüttelköpfe und einer Sorte Menschen, die wir hernach bezeichnen wollen, einerseits, und dem sonderbaren-Konglomerat aus Radikalen, Liberalen, Republikanern, Schwarzgelben, Ultramontanen und Partikularisten andrerseits. Parteien sind es nicht, zwischen denen heute abgestimmt wurde, diesen Namen würde man entwürdigen, wollte man ihn in Frankfurt anwenden; es sind Bedienten, die sich für ihren Herrn geschlagen, Hausknechte, die ihren Stall vertheidigt haben. ‒ So nimm sie hin: diese vier Stimmen, Mann von Berlin, aus diesen Händen, die nachgerade schmutzig genug wären, um selbst von einem „ehrbegiergen“ Monarchen verachtet zu werden! Das Volk weiß, wer diese Krone gibt, es weiß welch „edle“ Leidenschaften danach greifen, es weiß endlich, wie stark, wie dauerhaft und wie zeitgemäß sie ist; darum wird es sich trösten. Es wird aber eine Lehre ziehen aus dem Gewirr der Abstimmungen, die ihr vorhergingen. Leute, die bisher in der Meinung leicht begeisterter Massen einigermaßen beliebt waren, die sich mit einem honnerten Nimbus der unwandelbaren Charakter-Festigkeit umgaben, obwohl ihr wahres Verdienst nie größer war als Phrasendrechselei über fixe Ideen ihres Rechtsbodens, kurz Leute wie die Herren Heinrich Simon und sein Faktotum Max Simon, sein burschenschaftlicher, waschlappiger Freund Benedey und ein Dutzend zweibeinige Thierchen, die diesen hoffnungsvollen Aposteln die Schleppe oder die Glacee-Handschuhe küssen, das ist die noble Mittelpartei, die ihrem König in dieser Frage einen Dienst geleistet. Natürlich glauben sie, daß sie das Vaterland gerettet, daran zweifelt wohl Keiner von den 500 Tagelöhnern, die jetzt zu Reichskurfürsten sich oktroyirt haben, aber daß sie beschränkt und leichtfertig genug sind, um sich dies weiß zu machen, das ist es ja eben, was wir bewundern. ‒

Für ein paar Konzessionen im Wahlgesetz und im Veto, die selbst in dieser Form nichts taugen, in trautem Verein mit der schwarz-weißen reaktionsfanatischen Gesellschaft das deutsche Volk einem Fürsten zu überantworten, dessen Regierung soeben den besten Kommentar zu ähnlichen Volksfreiheiten ablegte, dies ist wohl stark genug, um dem Volke endlich die Augen über Die zu öffnen, denen es vertraute ‒ Mag man nun den „Prinzen von Preußen“ (!!), dessen russische Sympathieen einen Krieg mit Rußland für diese Strohgehirne immer noch möglich erscheinen lassen, oder den König von Preußen selbst wählen, ‒ denn darüber zweifelt noch die kaiserbesoffene Majorität, ‒ man ist mit der Restauration des verhaßten Unsinns nicht allein bis dahin vorgeschritten, wo die Revolution ihn abbrach; nein, man hat noch einen Trumpf drauf gesetzt aus jenen Zeiten, die 1806 katzenjämmerlich und anscheinend auf ewig eingeduselt waren. ‒ Die Geschichte des deutschen Kaiserthums, eines Lehnsinfrituts, das sich, weiß Gott! lange genug ausgetobt und überlebt hat, ist gar nicht da für Menschen, die auf Kommando ihrer Interessen oder ihrer liberalen Marotten stimmen wollen. Es fällt den Preußen gar nicht ein, daß Preußen, der Todtengräber des einigen Kaiserthums, doch unmöglich der Erbe des Leichnams werden könne; sie stimmen, um ihren Herrn ‒ „herauszubeißen“, oder um vor der Berliner Reaktion mit dem Geschenk einer Krone Gnade zu finden, das ist Entschuldigung genug für ihre Gewissen, Grund genug für ihren Verstand, Reiz genug für ihre Luft. Das demüthige Parlament ist todt im Volke trotz allem Jubel der Bourgeoisie, des Hofgesindes und der Aemterlustigen, die ihm für diesen historischen Blödsinn danken werden. ‒ Das Kaiserthum ist todt, mag es angenommen oder abgelehnt werden, es ist unhaltbar, mag es im Sinne der entschlossenen und energischen Kontrerevolution oder des politischen Zwitter-Liberalismus gehandhabt und benutzt werden. ‒ Das Volk wird noch eine kleine Weile gemißhandelt von den Intriguanten, die sich ein Ministerium, ein Sekretariat oder eine Befehlshaberstelle erbettelt und erschwitzt haben, dann aber wird es diese unverdauliche 35. Krone zertrümmern und als Accompagnement noch manches Andere zu Boden schmettern; aber die Nachwelt wird wahrlich kaum erfahren, daß 1849 ein solches Narrenfest gefeiert wurde.

Anmerkung. Die Tags vorher von der Kaiserpartei in Berlin ausgestreute Nachricht, es werde den preußischen Deputirten der Tagelohn entzogen werden, ferner die Mährchen über die bevorstehende Ministerkrisis zu Gunsten Gagerns war zweckmäßig und erfolgreich, bei Leuten, die solche „ehrenvolle“ Winke zu beachten wissen. ‒

Ungarn.
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          <p>&#x201E;Diese Zustimmung muß in den für Aenderung der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen gegeben werden,&#x201C;</p>
          <p>wurde gleichfalls namentlich abgestimmt und derselbe mit 282 Stimmen gegen 235 ebenfalls angenommen.</p>
          <p>Artikel 3. Bei § 202 auch namentliche Abstimmung. Erstens über folgende Fassung:</p>
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          <p>Gülich Schreiner. Reh. Zell u. A.</p>
          <p>Diese wiederholte Anwendung des Suspensiovetos für Abänderungen in der Reichsverfassung wurde mit 272 Stimmen gegen 243 angenommen. (Bravo links und allgemeine Sensation).</p>
          <p>Nach diesem Paragraph ist die Unmöglichkeit des Erbkaisers, besonders des preußischen, ganz klar geworden. Was übrigens für ein Schacher mit den einzelnen schwankenden Stimmen getrieben wird, ist kaum glaublich. Bei diesem Stimmschacher zeichnet sich besonders Riesser aus Hamburg aus. Alte, böse Gewohnheiten!</p>
          <p>Gestern hörte ich diesen Ehrenmann auf der Straße zu einem andern ehrenwerthen Mitglied mit Bezug auf die heute bevorstehende endliche Abstimmung über das Reichsoberhaupt sagen: &#x201E;Den Pauer von Augsburg haben wir noch glücklich erwischt, und den Pfetzer hoffen wir auf diese Weise mit herüberzuziehen&#x201C;</p>
          <p>Zu den eben angenommenen Sätzen wurden noch die Ausschußanträge genehmigt, welche somit zusammen den § 202 bilden.</p>
          <p>Artikel 4 (§ 203) über zeitweilige Suspension einzelner Paragraphen der Grundrechte.</p>
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          <p><hi rendition="#g">Dafür</hi> stimmten unter Andern folgende Herren:</p>
          <p>Zell. Arndt. Bassermann. Becker (Trier). Beckerath. Biedermann. Bresgen. Breusing. Cetto. Claussen. Dahlmann. Drechsler. Freese. Freudentheil. Gladis. Godeffroi. Gravenhorst. Groß (aus Prag) Halbauer. Hasler. Hildebrand Hirschberg. Hosken. John. Johannes. Jordan (Berlin). Jordan (Marburg). Jucho. Kierulf. Kosmann. Kraft (Nürnberg). Langerfeld. Lette. Löwe (Kalbe) !!! Makowizka! Mathy. Mathirs. Merk (Republikaner?!!). Mewissen (Köln). Minkus. Mittermaier. Mölling. Rob. Mohl. v. Neuschütz. Ostendorf. Otto. Pauer (Augsburg). Pinder. Pinkert Plaß. Radowitz. v. Rappard. Beide Raumer. v. Reden. Reh. Graf Reichenbach. Rösler (Wien). Rüder. Rumelin. Scheller. Scherpercret. Schierenberg. Beide Gagerns Schmidt (Berlin). Schneer. Schneider. Schubert (Königsberg). Schwarzenberg. Schwetschke. Simens. Mar Simon. <hi rendition="#g">Heinrich Simon</hi> !!! (Nun spreche mir noch einer von diesem Manne.) Bischer aus Tübingen (auch so ein verjammerter Republikaner.) (Der Fürst Waldenburg-Zeil beschämte diese Burschen!! Er stimmte mit Nein! Er kennt seine Kollegen die Herren Fürsten!) Welcker. Wichmann. Wydenbrugk. Wurm.</p>
          <p>Der § 69 wurde mit 279 gegen 255 Stimmen angenommen. (Bravo der Preußen und einiger Kinder und Damen. Langes Zischen auf den Gallerien und zur Linken. Ausdruck der Entrüstung von allen Ehrenmännern! Di ser Beschluß ist nur den sehr &#x201E;ehrenwerthen&#x201C; Mitgliedern der Linken à la Simon aus Breslau zuzuschreiben.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Beseler</hi> aus Greifswald meint, es sei nun über keinen Direktorial-Antrag abzustimmen. (Toben und Widerspruch links.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> ist entgegengesetzter Ansicht. Alle Anträge müssen zur Abstimmung kommen.</p>
          <p>§ 70 zu namentlicher Abstimmung:</p>
          <p>&#x201E;Diese Würde ist erblich im Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden. Sie vererbt im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt&#x201C;</p>
          <p>Dieser Paragraph wurde zur unauslöschlichsten Schande dieser Biedermänner mit 267 gegen 263 Stimmen, also mit der pomphaften Majorität von 4 Stimmen angenommen. Hierbei ist zu erwähnen, daß erstens Titus, Richter aus Achern, Brentano und noch andre Mitglieder der Linken fehlten. Aber wenn Deutschland wissen will, wem es diesen Beschluß verdankt, so mögen folgende Namen in das Buch der Geschichte zur Abrechnung eingetragen sein</p>
          <p><hi rendition="#g">Von der Linken</hi> stimmten <hi rendition="#g">für</hi> diesen Schand-Paragraphen:</p>
          <p>Hildebrand. Hasler aus Ulm. Drechsler aus Rostock. Claussen (ein Mehrumschlungener). Freese. Jucho. Löwe aus Kalbe! Minkus! Mittermaier! v. Rappard. <hi rendition="#g">Jacobus Benedey</hi> (der Dulder!!) Graf Reichenbach!!! (Schulz aus Weilburg stimmte nicht!!) Max Simon, und vor Allen notiren Sie mir Heinrich Simon aus Breslau, notiren Sie ihn mit einem Stern. Bischer aus Tübingen (ein verlaufener republikanischer Professor).</p>
          <p>Trotz aller dieser Verräther an der Partei nur eine Majorität von <hi rendition="#g">Vier</hi> Stimmen.</p>
          <p>§ 71. &#x201E;Das Reichsoberhaupt führt den Titel: Kaiser der Teutschen.&#x201C;</p>
          <p>Angenommen.</p>
          <p>§ 1 der Garantie der Verfassung und dann die Paragraphen vom Oberhaupt (72 bis 85) wörtlich angenommen.</p>
          <p>Abschnitt 6 vom Reichsrath mit 269 gegen 245 Stimmen verworfen.</p>
          <p>Zum Schluß nach kurzer Debatte ein dringlicher Antrag der sogenannten Linken angenommen, &#x201E;nach welchem das Reichswahlgesetz zum Volkshause, so wie es aus der ersten Lesung hervorgegang n, unverändert verbleibt.&#x201C;</p>
          <p>Der Verfassungsausschuß wird endlich beauftragt, bis morgen Mittag 12 Uhr Vorlage zu machen:</p>
          <p>1. Ueber die Publikation der Verfassung.</p>
          <p>2. Ueber den Wahlmodus des Herrn Erbkaisers.</p>
          <p>Morgen um 12 Uhr also Sitzung, in welcher die Herren <hi rendition="#g">Benedey</hi> und <hi rendition="#g">Heinrich Simon</hi> als Schlußstein ihrer Wirksamkeit Friedrich Wilhelm IV. erwählen werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar259_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>43</author></bibl> Frankfurt, 27. März, Abends 7 Uhr.</head>
          <p>Die Leute der Paulskirche haben so eben ihr gemeines Dasein mit einer Kaiserkrone gekrönt. Vier Stimmen Majorität (276 gegen 263) ist die trübselige Differenz zwischen einem Haufen gekaufter Preußen, denkunfähiger Schüttelköpfe und einer Sorte Menschen, die wir hernach bezeichnen wollen, <hi rendition="#g">einerseits,</hi> und dem sonderbaren-Konglomerat aus Radikalen, Liberalen, Republikanern, Schwarzgelben, Ultramontanen und Partikularisten <hi rendition="#g">andrerseits.</hi> Parteien sind es nicht, zwischen denen heute abgestimmt wurde, diesen Namen würde man entwürdigen, wollte man ihn in Frankfurt anwenden; es sind Bedienten, die sich für ihren Herrn geschlagen, Hausknechte, die ihren Stall vertheidigt haben. &#x2012; So nimm sie hin: diese vier Stimmen, Mann von Berlin, aus diesen Händen, die nachgerade schmutzig genug wären, um selbst von einem &#x201E;ehrbegiergen&#x201C; Monarchen verachtet zu werden! Das Volk weiß, wer diese Krone <hi rendition="#g">gibt,</hi> es weiß welch &#x201E;<hi rendition="#g">edle</hi>&#x201C; Leidenschaften danach <hi rendition="#g">greifen,</hi> es weiß endlich, wie stark, wie dauerhaft und wie zeitgemäß sie ist; darum wird es sich trösten. Es wird aber eine Lehre ziehen aus dem Gewirr der Abstimmungen, die ihr vorhergingen. Leute, die bisher in der Meinung leicht begeisterter Massen einigermaßen beliebt waren, die sich mit einem honnerten Nimbus der unwandelbaren Charakter-Festigkeit umgaben, obwohl ihr wahres Verdienst nie größer war als Phrasendrechselei über fixe Ideen ihres Rechtsbodens, kurz Leute wie die Herren Heinrich Simon und sein Faktotum Max Simon, sein burschenschaftlicher, waschlappiger Freund Benedey und ein Dutzend zweibeinige Thierchen, die diesen hoffnungsvollen Aposteln die Schleppe oder die Glacee-Handschuhe küssen, das ist die noble Mittelpartei, die ihrem König in dieser Frage einen Dienst geleistet. Natürlich glauben sie, daß sie das Vaterland gerettet, daran zweifelt wohl Keiner von den 500 Tagelöhnern, die jetzt zu Reichskurfürsten sich oktroyirt haben, aber daß sie beschränkt und leichtfertig genug sind, um sich dies weiß zu machen, das ist es ja eben, was wir bewundern. &#x2012;</p>
          <p>Für ein paar Konzessionen im Wahlgesetz und im Veto, die selbst in dieser Form nichts taugen, in trautem Verein mit der schwarz-weißen reaktionsfanatischen Gesellschaft das deutsche Volk einem Fürsten zu überantworten, dessen Regierung soeben den besten Kommentar zu ähnlichen Volksfreiheiten ablegte, dies ist wohl stark genug, um dem Volke endlich die Augen über <hi rendition="#g">Die</hi> zu öffnen, denen es vertraute &#x2012; Mag man nun den &#x201E;<hi rendition="#g">Prinzen von Preußen</hi>&#x201C; (!!), dessen russische Sympathieen einen Krieg mit Rußland für diese Strohgehirne immer noch möglich erscheinen lassen, oder den König von Preußen selbst wählen, &#x2012; denn darüber zweifelt noch die kaiserbesoffene Majorität, &#x2012; man ist mit der Restauration des verhaßten Unsinns nicht allein bis dahin vorgeschritten, wo die Revolution ihn abbrach; nein, man hat noch einen Trumpf drauf gesetzt aus jenen Zeiten, die 1806 katzenjämmerlich und anscheinend auf ewig eingeduselt waren. &#x2012; Die Geschichte des deutschen Kaiserthums, eines Lehnsinfrituts, das sich, weiß Gott! lange genug ausgetobt und überlebt hat, ist gar nicht da für Menschen, die auf Kommando ihrer Interessen oder ihrer liberalen Marotten stimmen wollen. Es fällt den Preußen gar nicht ein, daß Preußen, der Todtengräber des einigen Kaiserthums, doch unmöglich der Erbe des Leichnams werden könne; sie stimmen, um ihren Herrn &#x2012; &#x201E;herauszubeißen&#x201C;, oder um vor der Berliner Reaktion mit dem Geschenk einer Krone Gnade zu finden, das ist Entschuldigung genug für ihre Gewissen, Grund genug für ihren Verstand, Reiz genug für ihre Luft. Das demüthige Parlament ist todt im Volke trotz allem Jubel der Bourgeoisie, des Hofgesindes und der Aemterlustigen, die ihm für diesen historischen Blödsinn danken werden. &#x2012; Das Kaiserthum ist todt, mag es angenommen oder abgelehnt werden, es ist unhaltbar, mag es im Sinne der entschlossenen und energischen Kontrerevolution oder des politischen Zwitter-Liberalismus gehandhabt und benutzt werden. &#x2012; Das Volk wird noch eine kleine Weile gemißhandelt von den Intriguanten, die sich ein Ministerium, ein Sekretariat oder eine Befehlshaberstelle erbettelt und erschwitzt haben, dann aber wird es diese unverdauliche 35. Krone zertrümmern und als Accompagnement noch manches Andere zu Boden schmettern; aber die Nachwelt wird wahrlich kaum erfahren, daß 1849 ein solches Narrenfest gefeiert wurde.</p>
          <p><hi rendition="#g">Anmerkung.</hi> Die Tags vorher von der Kaiserpartei in Berlin ausgestreute Nachricht, es werde den preußischen Deputirten der Tagelohn entzogen werden, ferner die Mährchen über die bevorstehende Ministerkrisis zu Gunsten Gagerns war zweckmäßig und erfolgreich, bei Leuten, die solche &#x201E;<hi rendition="#g">ehrenvolle</hi>&#x201C; Winke zu beachten wissen. &#x2012;</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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</TEI>
[1457/0003] Somit ist der Abschnitt vom Reichstag beschlossen. Der Abschnitt 4 vom Reichsgericht und der Abschnitt 7, die Grundrechte des deutschen Volkes enthaltend, sind bereits zum zweiten Male gelesen. Folgt Abschnitt 8, die „Gewähr der Verfassung.“ Artikel 1. § 196 wurde zurückgestellt bis nach der Entscheidung über das „Reichsoberhaupt.“ §§ 197 bis 200 wurden nach dem Entwurf unverändert angenommen. Ueber den ersten Satz des § 201: „Eine Aenderung der Regierungsform in einem Einzelstaate kann nur mit Zustimmung der Reichsgewalt erfolgen,“ verlangte die Linke die namentliche Abstimmung. Der Satz wurde mit 310 Stimmen gegen 206 dennoch angenommen. v. Sommaruga ist der einzige Oestreicher, welcher jetzt entschieden mit der Linken stimmt. Auch heute befand er sich bei der Minorität: Ueber den zweiten Theil des Paragraphen: „Diese Zustimmung muß in den für Aenderung der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen gegeben werden,“ wurde gleichfalls namentlich abgestimmt und derselbe mit 282 Stimmen gegen 235 ebenfalls angenommen. Artikel 3. Bei § 202 auch namentliche Abstimmung. Erstens über folgende Fassung: „Abänderungen in der Reichsverfassung können nur durch einen Beschluß beider Häuser und mit Zustimmung des Reichsoberhauptes erfolgen. Der Zustimmung des Reichsoberhauptes bedarf es nicht, wenn in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt.“ Gülich Schreiner. Reh. Zell u. A. Diese wiederholte Anwendung des Suspensiovetos für Abänderungen in der Reichsverfassung wurde mit 272 Stimmen gegen 243 angenommen. (Bravo links und allgemeine Sensation). Nach diesem Paragraph ist die Unmöglichkeit des Erbkaisers, besonders des preußischen, ganz klar geworden. Was übrigens für ein Schacher mit den einzelnen schwankenden Stimmen getrieben wird, ist kaum glaublich. Bei diesem Stimmschacher zeichnet sich besonders Riesser aus Hamburg aus. Alte, böse Gewohnheiten! Gestern hörte ich diesen Ehrenmann auf der Straße zu einem andern ehrenwerthen Mitglied mit Bezug auf die heute bevorstehende endliche Abstimmung über das Reichsoberhaupt sagen: „Den Pauer von Augsburg haben wir noch glücklich erwischt, und den Pfetzer hoffen wir auf diese Weise mit herüberzuziehen“ Zu den eben angenommenen Sätzen wurden noch die Ausschußanträge genehmigt, welche somit zusammen den § 202 bilden. Artikel 4 (§ 203) über zeitweilige Suspension einzelner Paragraphen der Grundrechte. Zuvörderst wurde der Paragraph nach v. Trützschlers Amendirung in namentlicher Abstimmung mit 337 Stimmen gegen 176 verworfen. Sodann wurde der Antrag des Ausschusses angenommen und somit auch dieser Abschnitt erledigt. Schluß um 1 Uhr. Nachmittag: „Das Reichsoberhaupt.“ !!! Frankfurt, 27. März. Die heutige Nachmittagssitzung beginnt um 4 Uhr. Simson präsidirt. Die Tribünen sind gefüllt. Man erwartet den letzten Coup und eine lange Vertagung. Präsident zeigt den Austritt des Abgeordneten Heinrich Laube an. (Ah! Ah! Warum so spät?) Tagesordnung: Abschnitt vom Reichsoberhaupt. v. Dieskau reicht einen neuen Antrag ein: „Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem vom Volke auf die Dauer von 4 Jahren gewählten verantwortlichen Präsidenten überrragen, welchem ein Vicepräsident zur Seite gestellt wird. Wählbar ist jeder Deutsche.“ Dieser Antrag ward zuerst in gewöhnlicher Abstimmung verworfen. Die Linke stand dafur auf Hierauf wird namentlich abgestimmt über § 69 des Ausschusses: „Die Würde des Reichsoberhauptes wird einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen.“ (Gespannte Aufmerksamkeit und Stille). Dafür stimmten unter Andern folgende Herren: Zell. Arndt. Bassermann. Becker (Trier). Beckerath. Biedermann. Bresgen. Breusing. Cetto. Claussen. Dahlmann. Drechsler. Freese. Freudentheil. Gladis. Godeffroi. Gravenhorst. Groß (aus Prag) Halbauer. Hasler. Hildebrand Hirschberg. Hosken. John. Johannes. Jordan (Berlin). Jordan (Marburg). Jucho. Kierulf. Kosmann. Kraft (Nürnberg). Langerfeld. Lette. Löwe (Kalbe) !!! Makowizka! Mathy. Mathirs. Merk (Republikaner?!!). Mewissen (Köln). Minkus. Mittermaier. Mölling. Rob. Mohl. v. Neuschütz. Ostendorf. Otto. Pauer (Augsburg). Pinder. Pinkert Plaß. Radowitz. v. Rappard. Beide Raumer. v. Reden. Reh. Graf Reichenbach. Rösler (Wien). Rüder. Rumelin. Scheller. Scherpercret. Schierenberg. Beide Gagerns Schmidt (Berlin). Schneer. Schneider. Schubert (Königsberg). Schwarzenberg. Schwetschke. Simens. Mar Simon. Heinrich Simon !!! (Nun spreche mir noch einer von diesem Manne.) Bischer aus Tübingen (auch so ein verjammerter Republikaner.) (Der Fürst Waldenburg-Zeil beschämte diese Burschen!! Er stimmte mit Nein! Er kennt seine Kollegen die Herren Fürsten!) Welcker. Wichmann. Wydenbrugk. Wurm. Der § 69 wurde mit 279 gegen 255 Stimmen angenommen. (Bravo der Preußen und einiger Kinder und Damen. Langes Zischen auf den Gallerien und zur Linken. Ausdruck der Entrüstung von allen Ehrenmännern! Di ser Beschluß ist nur den sehr „ehrenwerthen“ Mitgliedern der Linken à la Simon aus Breslau zuzuschreiben.) Beseler aus Greifswald meint, es sei nun über keinen Direktorial-Antrag abzustimmen. (Toben und Widerspruch links.) Präsident ist entgegengesetzter Ansicht. Alle Anträge müssen zur Abstimmung kommen. § 70 zu namentlicher Abstimmung: „Diese Würde ist erblich im Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden. Sie vererbt im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt“ Dieser Paragraph wurde zur unauslöschlichsten Schande dieser Biedermänner mit 267 gegen 263 Stimmen, also mit der pomphaften Majorität von 4 Stimmen angenommen. Hierbei ist zu erwähnen, daß erstens Titus, Richter aus Achern, Brentano und noch andre Mitglieder der Linken fehlten. Aber wenn Deutschland wissen will, wem es diesen Beschluß verdankt, so mögen folgende Namen in das Buch der Geschichte zur Abrechnung eingetragen sein Von der Linken stimmten für diesen Schand-Paragraphen: Hildebrand. Hasler aus Ulm. Drechsler aus Rostock. Claussen (ein Mehrumschlungener). Freese. Jucho. Löwe aus Kalbe! Minkus! Mittermaier! v. Rappard. Jacobus Benedey (der Dulder!!) Graf Reichenbach!!! (Schulz aus Weilburg stimmte nicht!!) Max Simon, und vor Allen notiren Sie mir Heinrich Simon aus Breslau, notiren Sie ihn mit einem Stern. Bischer aus Tübingen (ein verlaufener republikanischer Professor). Trotz aller dieser Verräther an der Partei nur eine Majorität von Vier Stimmen. § 71. „Das Reichsoberhaupt führt den Titel: Kaiser der Teutschen.“ Angenommen. § 1 der Garantie der Verfassung und dann die Paragraphen vom Oberhaupt (72 bis 85) wörtlich angenommen. Abschnitt 6 vom Reichsrath mit 269 gegen 245 Stimmen verworfen. Zum Schluß nach kurzer Debatte ein dringlicher Antrag der sogenannten Linken angenommen, „nach welchem das Reichswahlgesetz zum Volkshause, so wie es aus der ersten Lesung hervorgegang n, unverändert verbleibt.“ Der Verfassungsausschuß wird endlich beauftragt, bis morgen Mittag 12 Uhr Vorlage zu machen: 1. Ueber die Publikation der Verfassung. 2. Ueber den Wahlmodus des Herrn Erbkaisers. Morgen um 12 Uhr also Sitzung, in welcher die Herren Benedey und Heinrich Simon als Schlußstein ihrer Wirksamkeit Friedrich Wilhelm IV. erwählen werden. 43 Frankfurt, 27. März, Abends 7 Uhr. Die Leute der Paulskirche haben so eben ihr gemeines Dasein mit einer Kaiserkrone gekrönt. Vier Stimmen Majorität (276 gegen 263) ist die trübselige Differenz zwischen einem Haufen gekaufter Preußen, denkunfähiger Schüttelköpfe und einer Sorte Menschen, die wir hernach bezeichnen wollen, einerseits, und dem sonderbaren-Konglomerat aus Radikalen, Liberalen, Republikanern, Schwarzgelben, Ultramontanen und Partikularisten andrerseits. Parteien sind es nicht, zwischen denen heute abgestimmt wurde, diesen Namen würde man entwürdigen, wollte man ihn in Frankfurt anwenden; es sind Bedienten, die sich für ihren Herrn geschlagen, Hausknechte, die ihren Stall vertheidigt haben. ‒ So nimm sie hin: diese vier Stimmen, Mann von Berlin, aus diesen Händen, die nachgerade schmutzig genug wären, um selbst von einem „ehrbegiergen“ Monarchen verachtet zu werden! Das Volk weiß, wer diese Krone gibt, es weiß welch „edle“ Leidenschaften danach greifen, es weiß endlich, wie stark, wie dauerhaft und wie zeitgemäß sie ist; darum wird es sich trösten. Es wird aber eine Lehre ziehen aus dem Gewirr der Abstimmungen, die ihr vorhergingen. Leute, die bisher in der Meinung leicht begeisterter Massen einigermaßen beliebt waren, die sich mit einem honnerten Nimbus der unwandelbaren Charakter-Festigkeit umgaben, obwohl ihr wahres Verdienst nie größer war als Phrasendrechselei über fixe Ideen ihres Rechtsbodens, kurz Leute wie die Herren Heinrich Simon und sein Faktotum Max Simon, sein burschenschaftlicher, waschlappiger Freund Benedey und ein Dutzend zweibeinige Thierchen, die diesen hoffnungsvollen Aposteln die Schleppe oder die Glacee-Handschuhe küssen, das ist die noble Mittelpartei, die ihrem König in dieser Frage einen Dienst geleistet. Natürlich glauben sie, daß sie das Vaterland gerettet, daran zweifelt wohl Keiner von den 500 Tagelöhnern, die jetzt zu Reichskurfürsten sich oktroyirt haben, aber daß sie beschränkt und leichtfertig genug sind, um sich dies weiß zu machen, das ist es ja eben, was wir bewundern. ‒ Für ein paar Konzessionen im Wahlgesetz und im Veto, die selbst in dieser Form nichts taugen, in trautem Verein mit der schwarz-weißen reaktionsfanatischen Gesellschaft das deutsche Volk einem Fürsten zu überantworten, dessen Regierung soeben den besten Kommentar zu ähnlichen Volksfreiheiten ablegte, dies ist wohl stark genug, um dem Volke endlich die Augen über Die zu öffnen, denen es vertraute ‒ Mag man nun den „Prinzen von Preußen“ (!!), dessen russische Sympathieen einen Krieg mit Rußland für diese Strohgehirne immer noch möglich erscheinen lassen, oder den König von Preußen selbst wählen, ‒ denn darüber zweifelt noch die kaiserbesoffene Majorität, ‒ man ist mit der Restauration des verhaßten Unsinns nicht allein bis dahin vorgeschritten, wo die Revolution ihn abbrach; nein, man hat noch einen Trumpf drauf gesetzt aus jenen Zeiten, die 1806 katzenjämmerlich und anscheinend auf ewig eingeduselt waren. ‒ Die Geschichte des deutschen Kaiserthums, eines Lehnsinfrituts, das sich, weiß Gott! lange genug ausgetobt und überlebt hat, ist gar nicht da für Menschen, die auf Kommando ihrer Interessen oder ihrer liberalen Marotten stimmen wollen. Es fällt den Preußen gar nicht ein, daß Preußen, der Todtengräber des einigen Kaiserthums, doch unmöglich der Erbe des Leichnams werden könne; sie stimmen, um ihren Herrn ‒ „herauszubeißen“, oder um vor der Berliner Reaktion mit dem Geschenk einer Krone Gnade zu finden, das ist Entschuldigung genug für ihre Gewissen, Grund genug für ihren Verstand, Reiz genug für ihre Luft. Das demüthige Parlament ist todt im Volke trotz allem Jubel der Bourgeoisie, des Hofgesindes und der Aemterlustigen, die ihm für diesen historischen Blödsinn danken werden. ‒ Das Kaiserthum ist todt, mag es angenommen oder abgelehnt werden, es ist unhaltbar, mag es im Sinne der entschlossenen und energischen Kontrerevolution oder des politischen Zwitter-Liberalismus gehandhabt und benutzt werden. ‒ Das Volk wird noch eine kleine Weile gemißhandelt von den Intriguanten, die sich ein Ministerium, ein Sekretariat oder eine Befehlshaberstelle erbettelt und erschwitzt haben, dann aber wird es diese unverdauliche 35. Krone zertrümmern und als Accompagnement noch manches Andere zu Boden schmettern; aber die Nachwelt wird wahrlich kaum erfahren, daß 1849 ein solches Narrenfest gefeiert wurde. Anmerkung. Die Tags vorher von der Kaiserpartei in Berlin ausgestreute Nachricht, es werde den preußischen Deputirten der Tagelohn entzogen werden, ferner die Mährchen über die bevorstehende Ministerkrisis zu Gunsten Gagerns war zweckmäßig und erfolgreich, bei Leuten, die solche „ehrenvolle“ Winke zu beachten wissen. ‒ Ungarn.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 259. Köln, 30. März 1849, S. 1457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz259_1849/3>, abgerufen am 27.04.2024.