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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 263. Köln, 4. April 1849.

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ihrer nicht über die Nasenspitze reichenden Zwergobstweisheit. Es ist zum Davonlaufen. -- Man versichert auch, die f g. gemäßigte Linke, d. h. das absoluteste Fibelthum, bereue das Benehmen vom 28, sie wolle sich von neuem mit der äußersten Linken verbünden, um das verunglückte Mißtrauensvotum wieder aufzunehmen; die preußischen Regierungsräthe, sächsische Minister genannt, werden sich in ihrem ignorirenden Walten daran nicht stören lassen. In einigen Wochen werden sich die Vaterlandsvereine des k. Gesammtsachsens hier versammeln, um die demokratische Sonderbündelei einigermaßen im Großen zu treiben.

Welche Achtung hier die publizirten deutschen Grundrechte genießen, darüber möge Ihnen Folgendes zum Beweise dienen. Kaum hat ein Fremder das Territorium eines sächsischen Gasthauses betreten, so überrascht ihn der Wirth oder Kellner mit einem Kontrolbuch, wie es in der Welt nicht chinesischer rubrizirt sein kann, und fordert ihm mit der bebenden Gewissenhaftigkeit der heiligen Hermandad das russisch-deutsche Vademekum, den Paß, ab. Ein junger Mann verweigerte die Abgabe seines Passes an beliebige Kellner oder Wirthe; sofort erschien der Polizeikommissar, um den Fremden heimzusuchen, traf aber den Verdächtigen nicht zu Hause. Er wiederholte vergebens den pflichtgemäßen Besuch und hinterließ endlich eine schriftliche unmotivirte Vorladung zur Polizei. Der Fremde, sich keiner polizeilichen Fehler bewußt, und deshalb über den injuriösen Besuch erbost, schickte die Vorladung mit dem entschiedenen Bemerken zurück, daß er nicht nach Dresden gekommen, um sich ohne Veranlassung auf Polizeistuben umherzutreiben, daß er sich die fernern Zudringlichkeiten verbitte und die sächsische Polizei, da sie ihm nicht zumuthen könne, seinen Paß an Kellner abzugeben, wenn sie der Fremdenpässe bedürfe, sich dieselben wie in Rußland und Oestreich beim Eintritt in's Land auf amtlichem Wege verschaffen müsse. Darauf Ruhe. Eine kleine Veranlassung genügte indessen, die Anwesenheit des Fremden der Polizei ins Gedächtniß zurückzurufen, und sie schickt ihm eine neue Vorladung durch einen ihrer gewöhnlichen Büttel. Der Fremde weist, noch mehr entrüstet, den Gesellen vor die Thüre und wirft ihm seinen Wisch vor die Füße. Augenblicklich erscheint der Kommissarius, um den Fremden im Namen des Präsidenten in seiner Wohnung zu verhaften und in Begleitung verschiedener Gesellen über die Straße zum Polizei-Amt zu führen. Dort wird ein umständliches Protokoll aufgenommen, auf dessen Grund der Präsident, vor dessen ruhmgerichtliches Antlitz zu treten der Fremde nicht das Glück hat, dann die Resolution erläßt, daß derselbe zwar zu entlassen, ihm jedoch ein Verweis wegen Beleidigung der dem büreaukratischen Behmthum schuldigen Ehrfurcht zu ertheilen und er in die Kosten zu verurtheilen sei. Man erklärt ihm daneben, daß in dergleichen Fällen die deutschen Grundrechte nicht anwendbar seien. -- In ganz Preußen kostet Ihre Zeitung vierteljährig nur 1 Thlr. 15 Sgr.; die hiesige Post läßt sich indessen dafür 2 Thlr. 10 Sgr. bezahlen, alles in Folge der publizirten deutschen Grundrechte.

Als das neue Ministerium eingesetzt wurde, schrieb ich Ihnen sofort, daß dasselbe aus Potsdam gekommen; ich glaubte, es könnte unter den obwaltenden Umständen darüber kein Zweifel sein. Indessen irrte ich mich in der Perspikazität der sächsischen Kammerpolitiker, die zum großen Theile noch fortwährend der Meinung sind, sie hätten das Ministerium gestürzt. Sobald die Politik über die Grenzen des großen Reichs sich verirrt, ist der Sachse in ihr nicht mehr zu Hause; er begreift höchstens die Kamarilla seines Vaterlandslappens, nicht aber die Europa's.

* Hamburg, 30. März.

Der elektro-magnetische Telegraph meldet heute aus Cuxhafen 10 Uhr Vormittags: Allen bis jetzt hier eingegangenen Erkundigungen, so wie den Berichten der hiesigen Admiralitätslootsen, des heute Morgen eingekommenen Dampfboots Wilberforce und mehrerer Schiffer zufolge, sind dieser Tage und bis jetzt noch keine dänische Kriegsschiffe in der Nähe der Elbmündung gesehen worden.

Flensburg, 28. März.

Mehrere als deutsch-gesinnt bekannte Bewohner Alsens, Advokat Johannsen, Dr. Back, Kaufmann A. L. Hansen und Andere, haben auf Befehl des Generals Bülow die Insel unverzüglich verlassen müssen. Sie sind rücksichtslos von ihrem Besitz und Geschäft vertrieben. Einer der Ausgewiesenen ersuchte den General Bülow, ihm zu sagen, weshalb er denn eigentlich verbannt sei, was aber zu viel verlangt war; er sagte dem General, daß er ihn für allen Schaden, welcher ihm aus diesem Akt der Willkühr erwachse, verantwortlich mache.

15 Kassel, 30. März.

In der Sitzung der Ständeversammlung verkündigte der Präsident die höchst wichtige Nachricht von der erfolgten Wahl des "mächtigen Fürsten des Preußenvolkes" zum deutschen Kaiser und forderte die Versammlung auf, sich zum Zeichen ihrer Zustimmung zu erheben. Dies geschah von dem Adelsstande einstimmig, von dem Bürgerstande zum größern Theil, am wenigsten fand sich der Bauernstand bewogen, von seinem Sitze aufzustehen. Der Herr Präsident, so wie der fungirende Pfarrer Meyer ließen den Mitgliedern, die sich nicht auf Kommando erhoben hatten, eine allerhöchste Rüge zu Theil werden. Aus Anlaß dieser erfreulichen Kunde hat sich die ganze ehrsame Stadt mit Fahnen und nicht blos trikoloren, sondern auch schwarz-weißen (!) geschmückt, die Bürgerwehr spielte: "Ich bin ein Preuße etc." Auf dem kurfürstlichen Palais weht bis jetzt noch keine Fahne, möglich daß sich die Hoheit nicht mediatisiren lassen will. Sie soll dem Finanzminister Wippermann die härtesten Vorwürfe gemacht haben, daß er nach Frankfurt geeilt sei, um für den preußischen Erbkaiser zu stimmen. Hr. Wippermann nämlich, von dem Bezirke Rinteln gewählt, weilt schon über vier Monate hier und seine Wähler sind in Frankfurt nicht vertreten. Auf mehrfache Aufforderungen hat er erklärt (in der hiesigen offiziellen Zeitung), er könne nicht nach Frankfurt gehen und würde deshalb sein Mandat niederlegen, sobald ihm die Versicherung ertheilt wäre bei der Neuwahl für den von ihm vorzuschlagenden Kandidaten zu votiren (!), d. h. die Unverschämtheit ein bischen weit getrieben. Der Bürgerverein hat sofort eine symphathisirende Adresse nach Frankfurt geschickt.

Der Antrag Bayrhoffers, die Ermäßigung der Staatsdienergehalte betreffend, wurde "auf sich beruhen" lassen. Man genehmigte sodann das Finanzgesetz für 1849. Ein Antrag des Abg. Knobel auf Erhöhung der Klassensteuer gleich der Grundsteuer auf 13 Simpeln wurde in Erwägung gezogen. Dagegen ging die Versammlung über den Bericht des Verfassungsausschusses, welcher ein Gesetz wegen Ministerverantwortlichkeit vorlegte, zur Tagesordnung über, weil dasselbe nicht gründlich genug sei, und beschloß, die Regierung um Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu ersuchen. Der Abgeordnete Theobald hatte einen Antrag in Betreff des Staatenhauses gestellt, derselbe wurde nur durch die inzwischen eingetretene Publikation der deutschen Verfassung beseitigt. Bei der Diskussion bemerkte der Antragsteller, er habe diesen Antrag hauptsächlich nur darum eingebracht, um einmal der Gegenseite und ihren volksfeindlichen Bestrebungen zu opponiren, übrigens begreife er nicht, warum die Berichterstattung über vier Wochen verzögert worden. Ihm entgegnete Pfarrer Meyer, Hr. Theobald habe durchaus nicht das Recht Mißtrauen auszusprechen; nenne er sich volksfreundlich, so müsse er diese Ehrenbezeichnung auch seinen Gegnern zu Theil werden lassen. Hr. Professor v. Sybel bedauerte, um die Diskussion gekommen zu sein. Theobald replizirte nun, seine Lebens- und politischen Erfahrungen hätten ihn mißtrauisch gemacht, übrigens sei es ihm leid, den Hrn. v. Sybel um eine Freude gebracht zu haben. Dabei konnte sich der Landpostmeister Rebelthar nicht beruhigen, sondern meinte, Mißtrauen sei ein krankhafter Zustand. Dies veranlaßte dann den Abgeordneten Theobald zu der Erklärung, daß er sich ganz wohl befinde. Da haben sie ein Bild der kurhessischen Ständeversammlung. Man schwätzt, chikanirt sich gegenseitig, ennuyirt das Land, unterhält sich über Reichsangelegenheiten, läßt alle Mißtrauensadressen, deren neulich eine von dem hiesigen demokratischen Verein erlassen wurde, unbeachtet, diskutirt über die sociale Frage in Frankreich, über das europäische Gleichgewicht, den Krieg in Ungarn und Italien, zankt sich über Kompetenzen und Nichtkompetenzen, Ministerveränderungen und Gott weiß, was sonst alles, kurz:

Wir halten europäische Reden

Und zieh'n drei Thaler tägliche Diäten.

Ein Gesetzentwurf des Ministeriums über die verfassungsmäßige Wirksamkeit der dermaligen Ständeversammlung als Einführungsverordnung zu dem neuen Wahlgesetz wird einstimmig angenommen. Damit hat der kurhessische Volkstag seinen Zweck erreicht und kann noch drei volle Jahre Rede-und Stylübungen halten und Diäten ziehen, wenn nicht eine "Calamität" ihm ein Ende macht.

* Heidelberg.

Der Heidelberger "Volksbund" schickt uns ein "offenes Sendschreiben an den Märzverein", das unsern vollen Beifall hat und von dem wir aus Mangel an Raum nur die frappantesten Stellen mittheilen können:

Ihr empfehlet uns mit großer Wärme das Wahlgesetz; das Wahlgesetz aber enthält noch ganz bedeutende indirekte und deshalb um so gefährlichere Beschränkungen.

Wenn aber auch dieses Wahlgesetz vorzüglich wäre, so würden wir es dennoch unter unsrer Würde halten, uns an dieses Parlament noch mit Petitionen zu wenden. Wir glauben nicht, daß wir damit, wie Ihr meinet, unsre Hauptwaffe wegwerfen; denn wir hoffen, daß die Ereignisse uns ganz andere Waffen, als Reden und Interpellationen, in die Hand geben werden.

Der Märzverein hat nicht das Recht, uns jetzt zuzurufen: "Es ist keine Schlafenszeit!" Wohlan, wir geben Euch dieses Wort zurück, und sagen: Es war bei'm Malmoer Waffenstillstand keine Schlafenszeit! Es war bei dem Kampfe in Wien keine Schlafenszeit! Es war bei der Ermordung Robert Blum's keine Schlafenszeit! Es war endlich bei der Auflösung und Oktroyirung in Berlin keine Schlafenszeit! Wahrlich, wir können es nur als Hohn betrachten, wenn der Märzverein behauptet, daß "ein guter Theil der Schuld," daß das Parlament "vielfach" unseren Hoffnungen nicht entsprochen habe, auf das Volk selbst zuruckfalle, weil es in seiner großen Mehrzahl "stumm geblieben sei," weil es -- nicht genug Petitionen an das Parlament geschickt habe!!! Es läßt sich wirklich aus dem Erfolge der "Hunderte und Tausende" von Unterschriften schließen, was die "Millionen" gewirkt haben würden! -- Und wie steht es denn mit jener Petition, welche Hunderttausend unsrer Brüder vom 5. bis zum 31. Oktober 1848 ausarbeiteten und mit blutigen Lettern auf die Tafeln der Weltgeschichte schrieben?! Ein Edler aus Eurer Mitte, der nicht wiedergekehrt ist, hatte den Muth, sich dieser Riesenpetition anzuschließen; und wahrlich! wären die jetzigen Mitglieder des Märzvereins seinem Beispiele gefolgt, und das Volk hätte sie im Stiche gelassen -- dann, ja dann hätten sie das Recht gehabt, uns diese höhnenden Vorwürfe zuzurufen, welche sie jetzt besser als nagenden Wurm in ihrer eignen Brust verschlossen hätten.

Allerdings hat auch nach unsrer Ueberzeugung das Volk daran Schuld, daß das Parlament aus unsrer Hoffnung zu unsrer Schande geworden ist; aber in einer ganz anderen Weise als der Märzverein es meint: nämlich dadurch, daß es diejenigen Männer gewählt hat, durch welche das Parlament so weit gekommen ist. Wir meinen nicht unsre entschiedenen Feinde, die Männer der Rechten; denn diese sagten es uns stets offen heraus, daß sie unsere Feinde seien. Wer uns zu Grunde gerichtet hat, das sind nicht unsere offenen Feinde, sondern diejenigen unserer Freunde, welche zu zartfühlend waren, unsern Feinden wehe zu thun; die Partei, welche in ihrem Streben, "über den Parteien" zu stehen, so weit gekommen ist, daß sie unter allen Parteien steht; welche ihren Reden und ihrer eigenen Meinung nach auf der Seite des Volkes, ihren Thaten nach aber auf der Partei der Volksfeinde steht; mit einem Worte, die Partei, welche den größten Theil des Märzvereins ausmacht.

Der Märzverein wollte warten, bis die Minorität zur Majorität würde; er hat so lange gewartet, bis es ihm fast unmöglich geworden ist ohne den letzten Ausweg, den der Gewalt; bis ihm nur die Wahl geblieben ist zwischen dem allgemeinen Standrecht und zwischen einer neuen, entschiedenen Revolution.

Die Mitglieder des Märzvereins haben durch Zögern und Unentschlossenheit die alte Revolution erstickt und dadurch die neue nothwendig gemacht; jetzt aber suchen sie dieselbe nach Kräften zu verhindern.

Obgleich Ihr uns die Worte: "dann wird das Volk zu Euch stehen in der Stunde der Gefahr", zur Unterschrift vorlegt -- wird das Volk in der Stunde der Gefahr, welche wir für Euch allerdings nahe glauben, nicht zu Euch stehen; es wird mit verachtender Gleichgültigkeit zuschauen, wenn das Triebrad der fürstlichen Oktroyirung auch das altersschwache und gebrechliche Frankfurter Parlament zwischen seinen Speichen zermalmen wird.

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
12 Paris, 1. April.

Der Minister der äußern Angelegenheiten Drouin de l'Huys hat es gestern mit klaren Worten gesagt: Das Ministerium Napoleons thut weiter nichts, als was Cavaignac-Bastide und Lamartine vor ihm gethan haben. Wenn der Justizminister Barrot gestern in der Kammer sagte, er wolle diplomatisch in Italien interveniren, so hat der Minister des Aeußern Drouin heute erklärt, daß die diplomatische Intervention Barrot's die Fortsetzung der Politik Cavaignac's sei, daß Barrot nicht diplomatischer auftrete als Cavaignac, und daß Barrot auf dem diplomatischen Wege Cavaignac's stehn geblieben, während die Ereignisse in Italien so unendlich weiter gegangen sind.

Die Consequenzen- der Februar-Revolution sind abermals in Frage gestellt, und abermals werden sie von dem Ministerium, von der Kammer und von Napoleon verläugnet. Napoleon hat nichts mit dem gallischen Kriegshahn gemein, er ist das Huhn des europäischen Friedens. Sein Minister Barrot will den Weltfrieden diplomatisch begründen, mit Hilfe der Traktate von 1815. Bei dem ersten Kanonenschusse von Paris erhoben sich alle in Unterdrückung schmachtenden Völker: Polen, Italiener, Ungarn, Deutsche. Das französische Volk brannte damals vor Ungeduld, den unterdrückten Nationen zu Hilfe zu eilen. Die Unsicherheit der provisorischen Regierung wußte diesen natürlichen Drang des französischen Volkes zu vereiteln; Lamartine schickte nach Polen und Italien Idyllen statt Soldaten; die Revolution unterlag zuerst in Paris selbst und wurde dann nach einander in Mailand, Krakau, Berlin und Wien geschlagen. Der "Friede" in Europa wurde auf Kosten der Völker gerettet, die Staaten blieben untereinander befreundet, während Windischgrätz und Cavaignac den "innern Feind", die Revolution und die revolutionäre Partei bekämpften. Italien allein hat den Kampf fortgesetzt; die französische Regierung in ihrer Feigheit war schon auf dem Punkte, der kontrerevolutionären Partei in Rom zu Hilfe zu eilen, obgleich sie für die revolutionäre Partei das Princip der Nicht-Intervention anerkannt hat. Da trifft die Nachricht ein, daß die Oestreicher in Piemont eingezogen. Jetzt heißt es: die Frage ist eine "französische" geworden, und Bixio im Namen des Comite's trägt darauf an, dem Herrn Barrot und Napoleon ein Mißtrauensvotum zu geben. Das heißt: wenn Herr Barrot zur Beschützung der Integrität des piemontesischen Gebiets es für nothwendig erachtet, einige Punkte in Hoch-Italien zu besetzen, so solle ihm freie Hand gelassen werden; im Uebrigen solle man gänzlich Herrn Barrot gewähren lassen. Der Minister Drouin de l'Huns macht einen Commentar zu diesem Vorschlage: "die Regierung seiner kaiserlichen Majestät habe keineswegs die Absicht, ihre Herrschaft über die ihr von den Traktaten angewiesenen Gränzen auszudehnen; sie wolle sich bloß die Kriegskosten bezahlen lassen." Frankreich allein ist reich genug, um seinen Ruhm zu zahlen, wie Guizot sagte, Oestreich und Radetzki lassen sich ihren Ruhm und ihre Thaten bezahlen.

Ledru-Rollin ist der einzige, der wahrhaft in's Fleisch der Frage eingegangen. Barrot will nicht erlauben, was Oestreich nicht thun will. Oestreich erklärt, daß es Piemont nicht konserviren wolle: Barrot erklärt, daß er dem Radetzki nicht gestatten werde, Piemont zu konserviren. Was die Kriegskosten anbetrifft, so mag sie Radetzki so hoch anschlagen, wie er will; er mag zum Behufe ihrer Eintreibung in Piemont sich festsetzen, auf Piemont lasten in kroatischer Manier -- das geht Herrn Barrot nichts an; die Frage ist keine französische mehr.

Barrot und Consorten wollen mit Oestreich Verträge machen; Ledru-Rollin will von keinen andern Verträgen wissen, als von Verträgen mit den italienischen Republiken. Aber Barrot ist nicht immer der Freund der Oestreicher gewesen. Auf dem Bankett von St. Quentin hielt Barrot eine ganz andere Rede; Ledru-Rollin citirt die Stelle in der Rede, wo Barrot sagt: Wenn Oestreich sich auf's Neue einfallen ließe, in die Unabhängigkeit der italienischen Staaten einzugreifen, wenn auf's Neue der Kampf entbrennen sollte zwischen Oestreich und dem für seine Nationalität streitenden Italien, so frage ich Euch Alle, wie sehr Ihr auch die Freunde des Friedens sein möget, ob Frankreich ruhig diesem Kampfe zusehen kann! Nein, und wenn Ihr auch ruhig zu Hause bleiben wolltet, so würden die Kanonen allein abgehen." So sprach der große Mann des Weltfriedens, als er noch nicht verpfändeter Minister-Präsident Napoleon's war. Die von Ledru-Rollin citirte Stelle brachte augenblicklich eine ungeheure Wirkung hervor -- aber die Bourgeois-

ihrer nicht über die Nasenspitze reichenden Zwergobstweisheit. Es ist zum Davonlaufen. — Man versichert auch, die f g. gemäßigte Linke, d. h. das absoluteste Fibelthum, bereue das Benehmen vom 28, sie wolle sich von neuem mit der äußersten Linken verbünden, um das verunglückte Mißtrauensvotum wieder aufzunehmen; die preußischen Regierungsräthe, sächsische Minister genannt, werden sich in ihrem ignorirenden Walten daran nicht stören lassen. In einigen Wochen werden sich die Vaterlandsvereine des k. Gesammtsachsens hier versammeln, um die demokratische Sonderbündelei einigermaßen im Großen zu treiben.

Welche Achtung hier die publizirten deutschen Grundrechte genießen, darüber möge Ihnen Folgendes zum Beweise dienen. Kaum hat ein Fremder das Territorium eines sächsischen Gasthauses betreten, so überrascht ihn der Wirth oder Kellner mit einem Kontrolbuch, wie es in der Welt nicht chinesischer rubrizirt sein kann, und fordert ihm mit der bebenden Gewissenhaftigkeit der heiligen Hermandad das russisch-deutsche Vademekum, den Paß, ab. Ein junger Mann verweigerte die Abgabe seines Passes an beliebige Kellner oder Wirthe; sofort erschien der Polizeikommissar, um den Fremden heimzusuchen, traf aber den Verdächtigen nicht zu Hause. Er wiederholte vergebens den pflichtgemäßen Besuch und hinterließ endlich eine schriftliche unmotivirte Vorladung zur Polizei. Der Fremde, sich keiner polizeilichen Fehler bewußt, und deshalb über den injuriösen Besuch erbost, schickte die Vorladung mit dem entschiedenen Bemerken zurück, daß er nicht nach Dresden gekommen, um sich ohne Veranlassung auf Polizeistuben umherzutreiben, daß er sich die fernern Zudringlichkeiten verbitte und die sächsische Polizei, da sie ihm nicht zumuthen könne, seinen Paß an Kellner abzugeben, wenn sie der Fremdenpässe bedürfe, sich dieselben wie in Rußland und Oestreich beim Eintritt in's Land auf amtlichem Wege verschaffen müsse. Darauf Ruhe. Eine kleine Veranlassung genügte indessen, die Anwesenheit des Fremden der Polizei ins Gedächtniß zurückzurufen, und sie schickt ihm eine neue Vorladung durch einen ihrer gewöhnlichen Büttel. Der Fremde weist, noch mehr entrüstet, den Gesellen vor die Thüre und wirft ihm seinen Wisch vor die Füße. Augenblicklich erscheint der Kommissarius, um den Fremden im Namen des Präsidenten in seiner Wohnung zu verhaften und in Begleitung verschiedener Gesellen über die Straße zum Polizei-Amt zu führen. Dort wird ein umständliches Protokoll aufgenommen, auf dessen Grund der Präsident, vor dessen ruhmgerichtliches Antlitz zu treten der Fremde nicht das Glück hat, dann die Resolution erläßt, daß derselbe zwar zu entlassen, ihm jedoch ein Verweis wegen Beleidigung der dem büreaukratischen Behmthum schuldigen Ehrfurcht zu ertheilen und er in die Kosten zu verurtheilen sei. Man erklärt ihm daneben, daß in dergleichen Fällen die deutschen Grundrechte nicht anwendbar seien. — In ganz Preußen kostet Ihre Zeitung vierteljährig nur 1 Thlr. 15 Sgr.; die hiesige Post läßt sich indessen dafür 2 Thlr. 10 Sgr. bezahlen, alles in Folge der publizirten deutschen Grundrechte.

Als das neue Ministerium eingesetzt wurde, schrieb ich Ihnen sofort, daß dasselbe aus Potsdam gekommen; ich glaubte, es könnte unter den obwaltenden Umständen darüber kein Zweifel sein. Indessen irrte ich mich in der Perspikazität der sächsischen Kammerpolitiker, die zum großen Theile noch fortwährend der Meinung sind, sie hätten das Ministerium gestürzt. Sobald die Politik über die Grenzen des großen Reichs sich verirrt, ist der Sachse in ihr nicht mehr zu Hause; er begreift höchstens die Kamarilla seines Vaterlandslappens, nicht aber die Europa's.

* Hamburg, 30. März.

Der elektro-magnetische Telegraph meldet heute aus Cuxhafen 10 Uhr Vormittags: Allen bis jetzt hier eingegangenen Erkundigungen, so wie den Berichten der hiesigen Admiralitätslootsen, des heute Morgen eingekommenen Dampfboots Wilberforce und mehrerer Schiffer zufolge, sind dieser Tage und bis jetzt noch keine dänische Kriegsschiffe in der Nähe der Elbmündung gesehen worden.

Flensburg, 28. März.

Mehrere als deutsch-gesinnt bekannte Bewohner Alsens, Advokat Johannsen, Dr. Back, Kaufmann A. L. Hansen und Andere, haben auf Befehl des Generals Bülow die Insel unverzüglich verlassen müssen. Sie sind rücksichtslos von ihrem Besitz und Geschäft vertrieben. Einer der Ausgewiesenen ersuchte den General Bülow, ihm zu sagen, weshalb er denn eigentlich verbannt sei, was aber zu viel verlangt war; er sagte dem General, daß er ihn für allen Schaden, welcher ihm aus diesem Akt der Willkühr erwachse, verantwortlich mache.

15 Kassel, 30. März.

In der Sitzung der Ständeversammlung verkündigte der Präsident die höchst wichtige Nachricht von der erfolgten Wahl des „mächtigen Fürsten des Preußenvolkes“ zum deutschen Kaiser und forderte die Versammlung auf, sich zum Zeichen ihrer Zustimmung zu erheben. Dies geschah von dem Adelsstande einstimmig, von dem Bürgerstande zum größern Theil, am wenigsten fand sich der Bauernstand bewogen, von seinem Sitze aufzustehen. Der Herr Präsident, so wie der fungirende Pfarrer Meyer ließen den Mitgliedern, die sich nicht auf Kommando erhoben hatten, eine allerhöchste Rüge zu Theil werden. Aus Anlaß dieser erfreulichen Kunde hat sich die ganze ehrsame Stadt mit Fahnen und nicht blos trikoloren, sondern auch schwarz-weißen (!) geschmückt, die Bürgerwehr spielte: „Ich bin ein Preuße etc.“ Auf dem kurfürstlichen Palais weht bis jetzt noch keine Fahne, möglich daß sich die Hoheit nicht mediatisiren lassen will. Sie soll dem Finanzminister Wippermann die härtesten Vorwürfe gemacht haben, daß er nach Frankfurt geeilt sei, um für den preußischen Erbkaiser zu stimmen. Hr. Wippermann nämlich, von dem Bezirke Rinteln gewählt, weilt schon über vier Monate hier und seine Wähler sind in Frankfurt nicht vertreten. Auf mehrfache Aufforderungen hat er erklärt (in der hiesigen offiziellen Zeitung), er könne nicht nach Frankfurt gehen und würde deshalb sein Mandat niederlegen, sobald ihm die Versicherung ertheilt wäre bei der Neuwahl für den von ihm vorzuschlagenden Kandidaten zu votiren (!), d. h. die Unverschämtheit ein bischen weit getrieben. Der Bürgerverein hat sofort eine symphathisirende Adresse nach Frankfurt geschickt.

Der Antrag Bayrhoffers, die Ermäßigung der Staatsdienergehalte betreffend, wurde „auf sich beruhen“ lassen. Man genehmigte sodann das Finanzgesetz für 1849. Ein Antrag des Abg. Knobel auf Erhöhung der Klassensteuer gleich der Grundsteuer auf 13 Simpeln wurde in Erwägung gezogen. Dagegen ging die Versammlung über den Bericht des Verfassungsausschusses, welcher ein Gesetz wegen Ministerverantwortlichkeit vorlegte, zur Tagesordnung über, weil dasselbe nicht gründlich genug sei, und beschloß, die Regierung um Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu ersuchen. Der Abgeordnete Theobald hatte einen Antrag in Betreff des Staatenhauses gestellt, derselbe wurde nur durch die inzwischen eingetretene Publikation der deutschen Verfassung beseitigt. Bei der Diskussion bemerkte der Antragsteller, er habe diesen Antrag hauptsächlich nur darum eingebracht, um einmal der Gegenseite und ihren volksfeindlichen Bestrebungen zu opponiren, übrigens begreife er nicht, warum die Berichterstattung über vier Wochen verzögert worden. Ihm entgegnete Pfarrer Meyer, Hr. Theobald habe durchaus nicht das Recht Mißtrauen auszusprechen; nenne er sich volksfreundlich, so müsse er diese Ehrenbezeichnung auch seinen Gegnern zu Theil werden lassen. Hr. Professor v. Sybel bedauerte, um die Diskussion gekommen zu sein. Theobald replizirte nun, seine Lebens- und politischen Erfahrungen hätten ihn mißtrauisch gemacht, übrigens sei es ihm leid, den Hrn. v. Sybel um eine Freude gebracht zu haben. Dabei konnte sich der Landpostmeister Rebelthar nicht beruhigen, sondern meinte, Mißtrauen sei ein krankhafter Zustand. Dies veranlaßte dann den Abgeordneten Theobald zu der Erklärung, daß er sich ganz wohl befinde. Da haben sie ein Bild der kurhessischen Ständeversammlung. Man schwätzt, chikanirt sich gegenseitig, ennuyirt das Land, unterhält sich über Reichsangelegenheiten, läßt alle Mißtrauensadressen, deren neulich eine von dem hiesigen demokratischen Verein erlassen wurde, unbeachtet, diskutirt über die sociale Frage in Frankreich, über das europäische Gleichgewicht, den Krieg in Ungarn und Italien, zankt sich über Kompetenzen und Nichtkompetenzen, Ministerveränderungen und Gott weiß, was sonst alles, kurz:

Wir halten europäische Reden

Und zieh'n drei Thaler tägliche Diäten.

Ein Gesetzentwurf des Ministeriums über die verfassungsmäßige Wirksamkeit der dermaligen Ständeversammlung als Einführungsverordnung zu dem neuen Wahlgesetz wird einstimmig angenommen. Damit hat der kurhessische Volkstag seinen Zweck erreicht und kann noch drei volle Jahre Rede-und Stylübungen halten und Diäten ziehen, wenn nicht eine „Calamität“ ihm ein Ende macht.

* Heidelberg.

Der Heidelberger „Volksbund“ schickt uns ein „offenes Sendschreiben an den Märzverein“, das unsern vollen Beifall hat und von dem wir aus Mangel an Raum nur die frappantesten Stellen mittheilen können:

Ihr empfehlet uns mit großer Wärme das Wahlgesetz; das Wahlgesetz aber enthält noch ganz bedeutende indirekte und deshalb um so gefährlichere Beschränkungen.

Wenn aber auch dieses Wahlgesetz vorzüglich wäre, so würden wir es dennoch unter unsrer Würde halten, uns an dieses Parlament noch mit Petitionen zu wenden. Wir glauben nicht, daß wir damit, wie Ihr meinet, unsre Hauptwaffe wegwerfen; denn wir hoffen, daß die Ereignisse uns ganz andere Waffen, als Reden und Interpellationen, in die Hand geben werden.

Der Märzverein hat nicht das Recht, uns jetzt zuzurufen: „Es ist keine Schlafenszeit!“ Wohlan, wir geben Euch dieses Wort zurück, und sagen: Es war bei'm Malmoer Waffenstillstand keine Schlafenszeit! Es war bei dem Kampfe in Wien keine Schlafenszeit! Es war bei der Ermordung Robert Blum's keine Schlafenszeit! Es war endlich bei der Auflösung und Oktroyirung in Berlin keine Schlafenszeit! Wahrlich, wir können es nur als Hohn betrachten, wenn der Märzverein behauptet, daß „ein guter Theil der Schuld,“ daß das Parlament „vielfach“ unseren Hoffnungen nicht entsprochen habe, auf das Volk selbst zuruckfalle, weil es in seiner großen Mehrzahl „stumm geblieben sei,“ weil es — nicht genug Petitionen an das Parlament geschickt habe!!! Es läßt sich wirklich aus dem Erfolge der „Hunderte und Tausende“ von Unterschriften schließen, was die „Millionen“ gewirkt haben würden! — Und wie steht es denn mit jener Petition, welche Hunderttausend unsrer Brüder vom 5. bis zum 31. Oktober 1848 ausarbeiteten und mit blutigen Lettern auf die Tafeln der Weltgeschichte schrieben?! Ein Edler aus Eurer Mitte, der nicht wiedergekehrt ist, hatte den Muth, sich dieser Riesenpetition anzuschließen; und wahrlich! wären die jetzigen Mitglieder des Märzvereins seinem Beispiele gefolgt, und das Volk hätte sie im Stiche gelassen — dann, ja dann hätten sie das Recht gehabt, uns diese höhnenden Vorwürfe zuzurufen, welche sie jetzt besser als nagenden Wurm in ihrer eignen Brust verschlossen hätten.

Allerdings hat auch nach unsrer Ueberzeugung das Volk daran Schuld, daß das Parlament aus unsrer Hoffnung zu unsrer Schande geworden ist; aber in einer ganz anderen Weise als der Märzverein es meint: nämlich dadurch, daß es diejenigen Männer gewählt hat, durch welche das Parlament so weit gekommen ist. Wir meinen nicht unsre entschiedenen Feinde, die Männer der Rechten; denn diese sagten es uns stets offen heraus, daß sie unsere Feinde seien. Wer uns zu Grunde gerichtet hat, das sind nicht unsere offenen Feinde, sondern diejenigen unserer Freunde, welche zu zartfühlend waren, unsern Feinden wehe zu thun; die Partei, welche in ihrem Streben, „über den Parteien“ zu stehen, so weit gekommen ist, daß sie unter allen Parteien steht; welche ihren Reden und ihrer eigenen Meinung nach auf der Seite des Volkes, ihren Thaten nach aber auf der Partei der Volksfeinde steht; mit einem Worte, die Partei, welche den größten Theil des Märzvereins ausmacht.

Der Märzverein wollte warten, bis die Minorität zur Majorität würde; er hat so lange gewartet, bis es ihm fast unmöglich geworden ist ohne den letzten Ausweg, den der Gewalt; bis ihm nur die Wahl geblieben ist zwischen dem allgemeinen Standrecht und zwischen einer neuen, entschiedenen Revolution.

Die Mitglieder des Märzvereins haben durch Zögern und Unentschlossenheit die alte Revolution erstickt und dadurch die neue nothwendig gemacht; jetzt aber suchen sie dieselbe nach Kräften zu verhindern.

Obgleich Ihr uns die Worte: „dann wird das Volk zu Euch stehen in der Stunde der Gefahr“, zur Unterschrift vorlegt — wird das Volk in der Stunde der Gefahr, welche wir für Euch allerdings nahe glauben, nicht zu Euch stehen; es wird mit verachtender Gleichgültigkeit zuschauen, wenn das Triebrad der fürstlichen Oktroyirung auch das altersschwache und gebrechliche Frankfurter Parlament zwischen seinen Speichen zermalmen wird.

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
12 Paris, 1. April.

Der Minister der äußern Angelegenheiten Drouin de l'Huys hat es gestern mit klaren Worten gesagt: Das Ministerium Napoleons thut weiter nichts, als was Cavaignac-Bastide und Lamartine vor ihm gethan haben. Wenn der Justizminister Barrot gestern in der Kammer sagte, er wolle diplomatisch in Italien interveniren, so hat der Minister des Aeußern Drouin heute erklärt, daß die diplomatische Intervention Barrot's die Fortsetzung der Politik Cavaignac's sei, daß Barrot nicht diplomatischer auftrete als Cavaignac, und daß Barrot auf dem diplomatischen Wege Cavaignac's stehn geblieben, während die Ereignisse in Italien so unendlich weiter gegangen sind.

Die Consequenzen- der Februar-Revolution sind abermals in Frage gestellt, und abermals werden sie von dem Ministerium, von der Kammer und von Napoleon verläugnet. Napoleon hat nichts mit dem gallischen Kriegshahn gemein, er ist das Huhn des europäischen Friedens. Sein Minister Barrot will den Weltfrieden diplomatisch begründen, mit Hilfe der Traktate von 1815. Bei dem ersten Kanonenschusse von Paris erhoben sich alle in Unterdrückung schmachtenden Völker: Polen, Italiener, Ungarn, Deutsche. Das französische Volk brannte damals vor Ungeduld, den unterdrückten Nationen zu Hilfe zu eilen. Die Unsicherheit der provisorischen Regierung wußte diesen natürlichen Drang des französischen Volkes zu vereiteln; Lamartine schickte nach Polen und Italien Idyllen statt Soldaten; die Revolution unterlag zuerst in Paris selbst und wurde dann nach einander in Mailand, Krakau, Berlin und Wien geschlagen. Der „Friede“ in Europa wurde auf Kosten der Völker gerettet, die Staaten blieben untereinander befreundet, während Windischgrätz und Cavaignac den „innern Feind“, die Revolution und die revolutionäre Partei bekämpften. Italien allein hat den Kampf fortgesetzt; die französische Regierung in ihrer Feigheit war schon auf dem Punkte, der kontrerevolutionären Partei in Rom zu Hilfe zu eilen, obgleich sie für die revolutionäre Partei das Princip der Nicht-Intervention anerkannt hat. Da trifft die Nachricht ein, daß die Oestreicher in Piemont eingezogen. Jetzt heißt es: die Frage ist eine „französische“ geworden, und Bixio im Namen des Comite's trägt darauf an, dem Herrn Barrot und Napoleon ein Mißtrauensvotum zu geben. Das heißt: wenn Herr Barrot zur Beschützung der Integrität des piemontesischen Gebiets es für nothwendig erachtet, einige Punkte in Hoch-Italien zu besetzen, so solle ihm freie Hand gelassen werden; im Uebrigen solle man gänzlich Herrn Barrot gewähren lassen. Der Minister Drouin de l'Huns macht einen Commentar zu diesem Vorschlage: „die Regierung seiner kaiserlichen Majestät habe keineswegs die Absicht, ihre Herrschaft über die ihr von den Traktaten angewiesenen Gränzen auszudehnen; sie wolle sich bloß die Kriegskosten bezahlen lassen.“ Frankreich allein ist reich genug, um seinen Ruhm zu zahlen, wie Guizot sagte, Oestreich und Radetzki lassen sich ihren Ruhm und ihre Thaten bezahlen.

Ledru-Rollin ist der einzige, der wahrhaft in's Fleisch der Frage eingegangen. Barrot will nicht erlauben, was Oestreich nicht thun will. Oestreich erklärt, daß es Piemont nicht konserviren wolle: Barrot erklärt, daß er dem Radetzki nicht gestatten werde, Piemont zu konserviren. Was die Kriegskosten anbetrifft, so mag sie Radetzki so hoch anschlagen, wie er will; er mag zum Behufe ihrer Eintreibung in Piemont sich festsetzen, auf Piemont lasten in kroatischer Manier — das geht Herrn Barrot nichts an; die Frage ist keine französische mehr.

Barrot und Consorten wollen mit Oestreich Verträge machen; Ledru-Rollin will von keinen andern Verträgen wissen, als von Verträgen mit den italienischen Republiken. Aber Barrot ist nicht immer der Freund der Oestreicher gewesen. Auf dem Bankett von St. Quentin hielt Barrot eine ganz andere Rede; Ledru-Rollin citirt die Stelle in der Rede, wo Barrot sagt: Wenn Oestreich sich auf's Neue einfallen ließe, in die Unabhängigkeit der italienischen Staaten einzugreifen, wenn auf's Neue der Kampf entbrennen sollte zwischen Oestreich und dem für seine Nationalität streitenden Italien, so frage ich Euch Alle, wie sehr Ihr auch die Freunde des Friedens sein möget, ob Frankreich ruhig diesem Kampfe zusehen kann! Nein, und wenn Ihr auch ruhig zu Hause bleiben wolltet, so würden die Kanonen allein abgehen.“ So sprach der große Mann des Weltfriedens, als er noch nicht verpfändeter Minister-Präsident Napoleon's war. Die von Ledru-Rollin citirte Stelle brachte augenblicklich eine ungeheure Wirkung hervor — aber die Bourgeois-

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          <p><pb facs="#f0002" n="1480"/>
ihrer nicht über die Nasenspitze reichenden Zwergobstweisheit. Es ist zum Davonlaufen. &#x2014; Man versichert auch, die f g. gemäßigte Linke, d. h. das absoluteste Fibelthum, bereue das Benehmen vom 28, sie wolle sich von neuem mit der äußersten Linken verbünden, um das verunglückte Mißtrauensvotum wieder aufzunehmen; die preußischen Regierungsräthe, sächsische Minister genannt, werden sich in ihrem ignorirenden Walten daran nicht stören lassen. In einigen Wochen werden sich die Vaterlandsvereine des k. Gesammtsachsens hier versammeln, um die demokratische Sonderbündelei einigermaßen im Großen zu treiben.</p>
          <p>Welche Achtung hier die publizirten deutschen Grundrechte genießen, darüber möge Ihnen Folgendes zum Beweise dienen. Kaum hat ein Fremder das Territorium eines sächsischen Gasthauses betreten, so überrascht ihn der Wirth oder Kellner mit einem Kontrolbuch, wie es in der Welt nicht chinesischer rubrizirt sein kann, und fordert ihm mit der bebenden Gewissenhaftigkeit der heiligen Hermandad das russisch-deutsche Vademekum, den Paß, ab. Ein junger Mann verweigerte die Abgabe seines Passes an beliebige Kellner oder Wirthe; sofort erschien der Polizeikommissar, um den Fremden heimzusuchen, traf aber den Verdächtigen nicht zu Hause. Er wiederholte vergebens den pflichtgemäßen Besuch und hinterließ endlich eine schriftliche unmotivirte Vorladung zur Polizei. Der Fremde, sich keiner polizeilichen Fehler bewußt, und deshalb über den injuriösen Besuch erbost, schickte die Vorladung mit dem entschiedenen Bemerken zurück, daß er nicht nach Dresden gekommen, um sich ohne Veranlassung auf Polizeistuben umherzutreiben, daß er sich die fernern Zudringlichkeiten verbitte und die sächsische Polizei, da sie ihm nicht zumuthen könne, seinen Paß an Kellner abzugeben, wenn sie der Fremdenpässe bedürfe, sich dieselben wie in Rußland und Oestreich beim Eintritt in's Land auf amtlichem Wege verschaffen müsse. Darauf Ruhe. Eine kleine Veranlassung genügte indessen, die Anwesenheit des Fremden der Polizei ins Gedächtniß zurückzurufen, und sie schickt ihm eine neue Vorladung durch einen ihrer gewöhnlichen Büttel. Der Fremde weist, noch mehr entrüstet, den Gesellen vor die Thüre und wirft ihm seinen Wisch vor die Füße. Augenblicklich erscheint der Kommissarius, um den Fremden im Namen des Präsidenten in seiner Wohnung zu verhaften und in Begleitung verschiedener Gesellen über die Straße zum Polizei-Amt zu führen. Dort wird ein umständliches Protokoll aufgenommen, auf dessen Grund der Präsident, vor dessen ruhmgerichtliches Antlitz zu treten der Fremde nicht das Glück hat, dann die Resolution erläßt, daß derselbe zwar zu entlassen, ihm jedoch ein Verweis wegen Beleidigung der dem büreaukratischen Behmthum schuldigen Ehrfurcht zu ertheilen und er in die Kosten zu verurtheilen sei. Man erklärt ihm daneben, daß in dergleichen Fällen die deutschen Grundrechte nicht anwendbar seien. &#x2014; In ganz Preußen kostet Ihre Zeitung vierteljährig nur 1 Thlr. 15 Sgr.; die hiesige Post läßt sich indessen dafür 2 Thlr. 10 Sgr. bezahlen, alles in Folge der publizirten deutschen Grundrechte.</p>
          <p>Als das neue Ministerium eingesetzt wurde, schrieb ich Ihnen sofort, daß dasselbe aus Potsdam gekommen; ich glaubte, es könnte unter den obwaltenden Umständen darüber kein Zweifel sein. Indessen irrte ich mich in der Perspikazität der sächsischen Kammerpolitiker, die zum großen Theile noch fortwährend der Meinung sind, sie hätten das Ministerium gestürzt. Sobald die Politik über die Grenzen des großen Reichs sich verirrt, ist der Sachse in ihr nicht mehr zu Hause; er begreift höchstens die Kamarilla seines Vaterlandslappens, nicht aber die Europa's.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Hamburg, 30. März.</head>
          <p>Der elektro-magnetische Telegraph meldet heute aus Cuxhafen 10 Uhr Vormittags: Allen bis jetzt hier eingegangenen Erkundigungen, so wie den Berichten der hiesigen Admiralitätslootsen, des heute Morgen eingekommenen Dampfboots Wilberforce und mehrerer Schiffer zufolge, sind dieser Tage und bis jetzt noch <hi rendition="#g">keine</hi> dänische Kriegsschiffe in der Nähe der Elbmündung gesehen worden.</p>
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        <div xml:id="ar263_008" type="jArticle">
          <head>Flensburg, 28. März.</head>
          <p>Mehrere als deutsch-gesinnt bekannte Bewohner Alsens, Advokat Johannsen, Dr. Back, Kaufmann A. L. Hansen und Andere, haben auf Befehl des Generals Bülow die Insel unverzüglich verlassen müssen. Sie sind rücksichtslos von ihrem Besitz und Geschäft vertrieben. Einer der Ausgewiesenen ersuchte den General Bülow, ihm zu sagen, weshalb er denn eigentlich verbannt sei, was aber zu viel verlangt war; er sagte dem General, daß er ihn für allen Schaden, welcher ihm aus diesem Akt der Willkühr erwachse, verantwortlich mache.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar263_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Kassel, 30. März.</head>
          <p>In der Sitzung der Ständeversammlung verkündigte der Präsident die höchst wichtige Nachricht von der erfolgten Wahl des &#x201E;mächtigen Fürsten des Preußenvolkes&#x201C; zum deutschen Kaiser und forderte die Versammlung auf, sich zum Zeichen ihrer Zustimmung zu erheben. Dies geschah von dem Adelsstande einstimmig, von dem Bürgerstande zum größern Theil, am wenigsten fand sich der Bauernstand bewogen, von seinem Sitze aufzustehen. Der Herr Präsident, so wie der fungirende Pfarrer Meyer ließen den Mitgliedern, die sich nicht auf Kommando erhoben hatten, eine allerhöchste Rüge zu Theil werden. Aus Anlaß dieser erfreulichen Kunde hat sich die ganze ehrsame Stadt mit Fahnen und nicht blos trikoloren, sondern auch schwarz-weißen (!) geschmückt, die Bürgerwehr spielte: &#x201E;Ich bin ein Preuße etc.&#x201C; Auf dem kurfürstlichen Palais weht bis jetzt noch keine Fahne, möglich daß sich die Hoheit nicht mediatisiren lassen will. Sie soll dem Finanzminister Wippermann die härtesten Vorwürfe gemacht haben, daß er nach Frankfurt geeilt sei, um für den preußischen Erbkaiser zu stimmen. Hr. Wippermann nämlich, von dem Bezirke Rinteln gewählt, weilt schon über vier Monate hier und seine Wähler sind in Frankfurt nicht vertreten. Auf mehrfache Aufforderungen hat er erklärt (in der hiesigen offiziellen Zeitung), er könne nicht nach Frankfurt gehen und würde deshalb sein Mandat niederlegen, sobald ihm die Versicherung ertheilt wäre bei der Neuwahl für den von ihm vorzuschlagenden Kandidaten zu votiren (!), d. h. die Unverschämtheit ein bischen weit getrieben. Der Bürgerverein hat sofort eine symphathisirende Adresse nach Frankfurt geschickt.</p>
          <p>Der Antrag Bayrhoffers, die Ermäßigung der Staatsdienergehalte betreffend, wurde &#x201E;auf sich beruhen&#x201C; lassen. Man genehmigte sodann das Finanzgesetz für 1849. Ein Antrag des Abg. Knobel auf Erhöhung der Klassensteuer gleich der Grundsteuer auf 13 Simpeln wurde in Erwägung gezogen. Dagegen ging die Versammlung über den Bericht des Verfassungsausschusses, welcher ein Gesetz wegen Ministerverantwortlichkeit vorlegte, zur Tagesordnung über, weil dasselbe nicht gründlich genug sei, und beschloß, die Regierung um Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu ersuchen. Der Abgeordnete Theobald hatte einen Antrag in Betreff des Staatenhauses gestellt, derselbe wurde nur durch die inzwischen eingetretene Publikation der deutschen Verfassung beseitigt. Bei der Diskussion bemerkte der Antragsteller, er habe diesen Antrag hauptsächlich nur darum eingebracht, um einmal der Gegenseite und ihren volksfeindlichen Bestrebungen zu opponiren, übrigens begreife er nicht, warum die Berichterstattung über vier Wochen verzögert worden. Ihm entgegnete Pfarrer Meyer, Hr. Theobald habe durchaus nicht das Recht Mißtrauen auszusprechen; nenne er sich volksfreundlich, so müsse er diese Ehrenbezeichnung auch seinen Gegnern zu Theil werden lassen. Hr. Professor v. Sybel bedauerte, um die Diskussion gekommen zu sein. Theobald replizirte nun, seine Lebens- und politischen Erfahrungen hätten ihn mißtrauisch gemacht, übrigens sei es ihm leid, den Hrn. v. Sybel um eine Freude gebracht zu haben. Dabei konnte sich der Landpostmeister Rebelthar nicht beruhigen, sondern meinte, Mißtrauen sei ein krankhafter Zustand. Dies veranlaßte dann den Abgeordneten Theobald zu der Erklärung, daß er sich ganz wohl befinde. Da haben sie ein Bild der kurhessischen Ständeversammlung. Man schwätzt, chikanirt sich gegenseitig, ennuyirt das Land, unterhält sich über Reichsangelegenheiten, läßt alle Mißtrauensadressen, deren neulich eine von dem hiesigen demokratischen Verein erlassen wurde, unbeachtet, diskutirt über die sociale Frage in Frankreich, über das europäische Gleichgewicht, den Krieg in Ungarn und Italien, zankt sich über Kompetenzen und Nichtkompetenzen, Ministerveränderungen und Gott weiß, was sonst alles, kurz:</p>
          <p>Wir halten europäische Reden</p>
          <p>Und zieh'n drei Thaler tägliche Diäten.</p>
          <p>Ein Gesetzentwurf des Ministeriums über die verfassungsmäßige Wirksamkeit der dermaligen Ständeversammlung als Einführungsverordnung zu dem neuen Wahlgesetz wird einstimmig angenommen. Damit hat der kurhessische Volkstag seinen Zweck erreicht und kann noch drei volle Jahre Rede-und Stylübungen halten und Diäten ziehen, wenn nicht eine &#x201E;Calamität&#x201C; ihm ein Ende macht.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Heidelberg.</head>
          <p>Der Heidelberger &#x201E;Volksbund&#x201C; schickt uns ein &#x201E;offenes Sendschreiben an den Märzverein&#x201C;, das unsern vollen Beifall hat und von dem wir aus Mangel an Raum nur die frappantesten Stellen mittheilen können:</p>
          <p>Ihr empfehlet uns mit großer Wärme das Wahlgesetz; das Wahlgesetz aber enthält noch ganz bedeutende <hi rendition="#g">indirekte</hi> und deshalb um so gefährlichere Beschränkungen.</p>
          <p>Wenn aber auch dieses Wahlgesetz vorzüglich wäre, so würden wir es dennoch unter unsrer Würde halten, uns an <hi rendition="#g">dieses</hi> Parlament noch mit Petitionen zu wenden. Wir glauben nicht, daß wir damit, wie Ihr meinet, unsre Hauptwaffe wegwerfen; denn wir hoffen, daß die Ereignisse uns <hi rendition="#g">ganz andere Waffen,</hi> als Reden und Interpellationen, in die Hand geben werden.</p>
          <p>Der Märzverein hat nicht das Recht, uns jetzt zuzurufen: &#x201E;Es ist keine Schlafenszeit!&#x201C; Wohlan, wir geben Euch dieses Wort zurück, und sagen: Es war bei'm Malmoer Waffenstillstand keine Schlafenszeit! Es war bei dem Kampfe in Wien keine Schlafenszeit! Es war bei der Ermordung Robert Blum's keine Schlafenszeit! Es war endlich bei der Auflösung und Oktroyirung in Berlin keine Schlafenszeit! Wahrlich, wir können es nur als <hi rendition="#g">Hohn</hi> betrachten, wenn der Märzverein behauptet, daß &#x201E;ein guter Theil der Schuld,&#x201C; daß das Parlament &#x201E;vielfach&#x201C; unseren Hoffnungen nicht entsprochen habe, auf das Volk selbst zuruckfalle, weil es in seiner großen Mehrzahl &#x201E;stumm geblieben sei,&#x201C; weil es &#x2014; nicht genug Petitionen an das Parlament geschickt habe!!! Es läßt sich wirklich aus dem Erfolge der &#x201E;Hunderte und Tausende&#x201C; von Unterschriften schließen, was die &#x201E;Millionen&#x201C; gewirkt haben würden! &#x2014; Und wie steht es denn mit jener Petition, welche Hunderttausend unsrer Brüder vom 5. bis zum 31. Oktober 1848 ausarbeiteten und mit blutigen Lettern auf die Tafeln der Weltgeschichte schrieben?! <hi rendition="#g">Ein</hi> Edler aus Eurer Mitte, der nicht wiedergekehrt ist, hatte den Muth, sich dieser Riesenpetition anzuschließen; und wahrlich! wären die jetzigen Mitglieder des Märzvereins seinem Beispiele gefolgt, und das Volk hätte sie im Stiche gelassen &#x2014; dann, ja dann hätten sie das Recht gehabt, uns diese höhnenden Vorwürfe zuzurufen, welche sie jetzt besser als nagenden Wurm in ihrer eignen Brust verschlossen hätten.</p>
          <p>Allerdings hat auch nach unsrer Ueberzeugung das Volk daran Schuld, daß das Parlament aus unsrer Hoffnung zu unsrer Schande geworden ist; aber in einer ganz anderen Weise als der Märzverein es meint: nämlich dadurch, daß es diejenigen Männer gewählt hat, durch welche das Parlament so weit gekommen ist. Wir meinen nicht unsre entschiedenen Feinde, die Männer der Rechten; denn diese sagten es uns stets offen heraus, daß sie unsere Feinde seien. Wer uns zu Grunde gerichtet hat, das sind nicht unsere offenen Feinde, sondern diejenigen unserer Freunde, welche zu zartfühlend waren, unsern Feinden wehe zu thun; die Partei, welche in ihrem Streben, &#x201E;<hi rendition="#g">über</hi> den Parteien&#x201C; zu stehen, so weit gekommen ist, daß sie <hi rendition="#g">unter</hi> allen Parteien steht; welche ihren Reden und ihrer eigenen Meinung nach auf der Seite des Volkes, ihren Thaten nach aber auf der Partei der Volksfeinde steht; mit einem Worte, die Partei, welche den größten Theil des Märzvereins ausmacht.</p>
          <p>Der Märzverein wollte warten, bis die Minorität zur Majorität würde; er hat so lange gewartet, bis es ihm fast unmöglich geworden ist ohne den letzten Ausweg, den der Gewalt; bis ihm nur die Wahl geblieben ist zwischen dem allgemeinen Standrecht und zwischen einer neuen, entschiedenen Revolution.</p>
          <p>Die Mitglieder des Märzvereins haben durch Zögern und Unentschlossenheit die alte Revolution erstickt und dadurch die neue nothwendig gemacht; jetzt aber suchen sie dieselbe nach Kräften zu verhindern.</p>
          <p>Obgleich Ihr uns die Worte: &#x201E;dann wird das Volk zu Euch stehen in der Stunde der Gefahr&#x201C;, zur Unterschrift vorlegt &#x2014; wird das Volk in der Stunde der Gefahr, welche wir für Euch allerdings nahe glauben, <hi rendition="#g">nicht</hi> zu Euch stehen; es wird mit verachtender Gleichgültigkeit zuschauen, wenn das Triebrad der fürstlichen Oktroyirung auch das altersschwache und gebrechliche Frankfurter Parlament zwischen seinen Speichen zermalmen wird.</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <gap reason="copyright"/>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 1. April.</head>
          <p>Der Minister der äußern Angelegenheiten Drouin de l'Huys hat es gestern mit klaren Worten gesagt: Das Ministerium Napoleons thut weiter nichts, als was Cavaignac-Bastide und Lamartine vor ihm gethan haben. Wenn der Justizminister Barrot gestern in der Kammer sagte, er wolle diplomatisch in Italien interveniren, so hat der Minister des Aeußern Drouin heute erklärt, daß die diplomatische Intervention Barrot's die Fortsetzung der Politik Cavaignac's sei, daß Barrot nicht diplomatischer auftrete als Cavaignac, und daß Barrot auf dem diplomatischen Wege Cavaignac's stehn geblieben, während die Ereignisse in Italien so unendlich weiter gegangen sind.</p>
          <p>Die Consequenzen- der Februar-Revolution sind abermals in Frage gestellt, und abermals werden sie von dem Ministerium, von der Kammer und von Napoleon verläugnet. Napoleon hat nichts mit dem gallischen Kriegshahn gemein, er ist das Huhn des europäischen Friedens. Sein Minister Barrot will den Weltfrieden diplomatisch begründen, mit Hilfe der Traktate von 1815. Bei dem ersten Kanonenschusse von Paris erhoben sich alle in Unterdrückung schmachtenden Völker: Polen, Italiener, Ungarn, Deutsche. Das französische Volk brannte damals vor Ungeduld, den unterdrückten Nationen zu Hilfe zu eilen. Die Unsicherheit der provisorischen Regierung wußte diesen natürlichen Drang des französischen Volkes zu vereiteln; Lamartine schickte nach Polen und Italien Idyllen statt Soldaten; die Revolution unterlag zuerst in Paris selbst und wurde dann nach einander in Mailand, Krakau, Berlin und Wien geschlagen. Der &#x201E;Friede&#x201C; in Europa wurde auf Kosten der Völker gerettet, die Staaten blieben untereinander befreundet, während Windischgrätz und Cavaignac den &#x201E;innern Feind&#x201C;, die Revolution und die revolutionäre Partei bekämpften. Italien allein hat den Kampf fortgesetzt; die französische Regierung in ihrer Feigheit war schon auf dem Punkte, der kontrerevolutionären Partei in Rom zu Hilfe zu eilen, obgleich sie für die revolutionäre Partei das Princip der Nicht-Intervention anerkannt hat. Da trifft die Nachricht ein, daß die Oestreicher in Piemont eingezogen. Jetzt heißt es: die Frage ist eine &#x201E;französische&#x201C; geworden, und Bixio im Namen des Comite's trägt darauf an, dem Herrn Barrot und Napoleon ein Mißtrauensvotum zu geben. Das heißt: wenn Herr Barrot zur Beschützung der Integrität des piemontesischen Gebiets es für nothwendig erachtet, einige Punkte in Hoch-Italien zu besetzen, so solle ihm freie Hand gelassen werden; im Uebrigen solle man gänzlich Herrn Barrot gewähren lassen. Der Minister Drouin de l'Huns macht einen Commentar zu diesem Vorschlage: &#x201E;die Regierung seiner kaiserlichen Majestät habe keineswegs die Absicht, ihre Herrschaft über die ihr von den Traktaten angewiesenen Gränzen auszudehnen; sie wolle sich bloß die Kriegskosten bezahlen lassen.&#x201C; Frankreich allein ist reich genug, um seinen Ruhm zu zahlen, wie Guizot sagte, Oestreich und Radetzki lassen sich ihren Ruhm und ihre Thaten bezahlen.</p>
          <p>Ledru-Rollin ist der einzige, der wahrhaft in's Fleisch der Frage eingegangen. Barrot will nicht erlauben, was Oestreich nicht thun will. Oestreich erklärt, daß es Piemont nicht konserviren wolle: Barrot erklärt, daß er dem Radetzki nicht gestatten werde, Piemont zu konserviren. Was die Kriegskosten anbetrifft, so mag sie Radetzki so hoch anschlagen, wie er will; er mag zum Behufe ihrer Eintreibung in Piemont sich festsetzen, auf Piemont lasten in kroatischer Manier &#x2014; das geht Herrn Barrot nichts an; die Frage ist keine französische mehr.</p>
          <p>Barrot und Consorten wollen mit Oestreich Verträge machen; Ledru-Rollin will von keinen andern Verträgen wissen, als von Verträgen mit den italienischen Republiken. Aber Barrot ist nicht immer der Freund der Oestreicher gewesen. Auf dem Bankett von St. Quentin hielt Barrot eine ganz andere Rede; Ledru-Rollin citirt die Stelle in der Rede, wo Barrot sagt: Wenn Oestreich sich auf's Neue einfallen ließe, in die Unabhängigkeit der italienischen Staaten einzugreifen, wenn auf's Neue der Kampf entbrennen sollte zwischen Oestreich und dem für seine Nationalität streitenden Italien, so frage ich Euch Alle, wie sehr Ihr auch die Freunde des Friedens sein möget, ob Frankreich ruhig diesem Kampfe zusehen kann! Nein, und wenn Ihr auch ruhig zu Hause bleiben wolltet, so würden die Kanonen allein abgehen.&#x201C; So sprach der große Mann des Weltfriedens, als er noch nicht verpfändeter Minister-Präsident Napoleon's war. Die von Ledru-Rollin citirte Stelle brachte augenblicklich eine ungeheure Wirkung hervor &#x2014; aber die Bourgeois-
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[1480/0002] ihrer nicht über die Nasenspitze reichenden Zwergobstweisheit. Es ist zum Davonlaufen. — Man versichert auch, die f g. gemäßigte Linke, d. h. das absoluteste Fibelthum, bereue das Benehmen vom 28, sie wolle sich von neuem mit der äußersten Linken verbünden, um das verunglückte Mißtrauensvotum wieder aufzunehmen; die preußischen Regierungsräthe, sächsische Minister genannt, werden sich in ihrem ignorirenden Walten daran nicht stören lassen. In einigen Wochen werden sich die Vaterlandsvereine des k. Gesammtsachsens hier versammeln, um die demokratische Sonderbündelei einigermaßen im Großen zu treiben. Welche Achtung hier die publizirten deutschen Grundrechte genießen, darüber möge Ihnen Folgendes zum Beweise dienen. Kaum hat ein Fremder das Territorium eines sächsischen Gasthauses betreten, so überrascht ihn der Wirth oder Kellner mit einem Kontrolbuch, wie es in der Welt nicht chinesischer rubrizirt sein kann, und fordert ihm mit der bebenden Gewissenhaftigkeit der heiligen Hermandad das russisch-deutsche Vademekum, den Paß, ab. Ein junger Mann verweigerte die Abgabe seines Passes an beliebige Kellner oder Wirthe; sofort erschien der Polizeikommissar, um den Fremden heimzusuchen, traf aber den Verdächtigen nicht zu Hause. Er wiederholte vergebens den pflichtgemäßen Besuch und hinterließ endlich eine schriftliche unmotivirte Vorladung zur Polizei. Der Fremde, sich keiner polizeilichen Fehler bewußt, und deshalb über den injuriösen Besuch erbost, schickte die Vorladung mit dem entschiedenen Bemerken zurück, daß er nicht nach Dresden gekommen, um sich ohne Veranlassung auf Polizeistuben umherzutreiben, daß er sich die fernern Zudringlichkeiten verbitte und die sächsische Polizei, da sie ihm nicht zumuthen könne, seinen Paß an Kellner abzugeben, wenn sie der Fremdenpässe bedürfe, sich dieselben wie in Rußland und Oestreich beim Eintritt in's Land auf amtlichem Wege verschaffen müsse. Darauf Ruhe. Eine kleine Veranlassung genügte indessen, die Anwesenheit des Fremden der Polizei ins Gedächtniß zurückzurufen, und sie schickt ihm eine neue Vorladung durch einen ihrer gewöhnlichen Büttel. Der Fremde weist, noch mehr entrüstet, den Gesellen vor die Thüre und wirft ihm seinen Wisch vor die Füße. Augenblicklich erscheint der Kommissarius, um den Fremden im Namen des Präsidenten in seiner Wohnung zu verhaften und in Begleitung verschiedener Gesellen über die Straße zum Polizei-Amt zu führen. Dort wird ein umständliches Protokoll aufgenommen, auf dessen Grund der Präsident, vor dessen ruhmgerichtliches Antlitz zu treten der Fremde nicht das Glück hat, dann die Resolution erläßt, daß derselbe zwar zu entlassen, ihm jedoch ein Verweis wegen Beleidigung der dem büreaukratischen Behmthum schuldigen Ehrfurcht zu ertheilen und er in die Kosten zu verurtheilen sei. Man erklärt ihm daneben, daß in dergleichen Fällen die deutschen Grundrechte nicht anwendbar seien. — In ganz Preußen kostet Ihre Zeitung vierteljährig nur 1 Thlr. 15 Sgr.; die hiesige Post läßt sich indessen dafür 2 Thlr. 10 Sgr. bezahlen, alles in Folge der publizirten deutschen Grundrechte. Als das neue Ministerium eingesetzt wurde, schrieb ich Ihnen sofort, daß dasselbe aus Potsdam gekommen; ich glaubte, es könnte unter den obwaltenden Umständen darüber kein Zweifel sein. Indessen irrte ich mich in der Perspikazität der sächsischen Kammerpolitiker, die zum großen Theile noch fortwährend der Meinung sind, sie hätten das Ministerium gestürzt. Sobald die Politik über die Grenzen des großen Reichs sich verirrt, ist der Sachse in ihr nicht mehr zu Hause; er begreift höchstens die Kamarilla seines Vaterlandslappens, nicht aber die Europa's. * Hamburg, 30. März. Der elektro-magnetische Telegraph meldet heute aus Cuxhafen 10 Uhr Vormittags: Allen bis jetzt hier eingegangenen Erkundigungen, so wie den Berichten der hiesigen Admiralitätslootsen, des heute Morgen eingekommenen Dampfboots Wilberforce und mehrerer Schiffer zufolge, sind dieser Tage und bis jetzt noch keine dänische Kriegsschiffe in der Nähe der Elbmündung gesehen worden. Flensburg, 28. März. Mehrere als deutsch-gesinnt bekannte Bewohner Alsens, Advokat Johannsen, Dr. Back, Kaufmann A. L. Hansen und Andere, haben auf Befehl des Generals Bülow die Insel unverzüglich verlassen müssen. Sie sind rücksichtslos von ihrem Besitz und Geschäft vertrieben. Einer der Ausgewiesenen ersuchte den General Bülow, ihm zu sagen, weshalb er denn eigentlich verbannt sei, was aber zu viel verlangt war; er sagte dem General, daß er ihn für allen Schaden, welcher ihm aus diesem Akt der Willkühr erwachse, verantwortlich mache. 15 Kassel, 30. März. In der Sitzung der Ständeversammlung verkündigte der Präsident die höchst wichtige Nachricht von der erfolgten Wahl des „mächtigen Fürsten des Preußenvolkes“ zum deutschen Kaiser und forderte die Versammlung auf, sich zum Zeichen ihrer Zustimmung zu erheben. Dies geschah von dem Adelsstande einstimmig, von dem Bürgerstande zum größern Theil, am wenigsten fand sich der Bauernstand bewogen, von seinem Sitze aufzustehen. Der Herr Präsident, so wie der fungirende Pfarrer Meyer ließen den Mitgliedern, die sich nicht auf Kommando erhoben hatten, eine allerhöchste Rüge zu Theil werden. Aus Anlaß dieser erfreulichen Kunde hat sich die ganze ehrsame Stadt mit Fahnen und nicht blos trikoloren, sondern auch schwarz-weißen (!) geschmückt, die Bürgerwehr spielte: „Ich bin ein Preuße etc.“ Auf dem kurfürstlichen Palais weht bis jetzt noch keine Fahne, möglich daß sich die Hoheit nicht mediatisiren lassen will. Sie soll dem Finanzminister Wippermann die härtesten Vorwürfe gemacht haben, daß er nach Frankfurt geeilt sei, um für den preußischen Erbkaiser zu stimmen. Hr. Wippermann nämlich, von dem Bezirke Rinteln gewählt, weilt schon über vier Monate hier und seine Wähler sind in Frankfurt nicht vertreten. Auf mehrfache Aufforderungen hat er erklärt (in der hiesigen offiziellen Zeitung), er könne nicht nach Frankfurt gehen und würde deshalb sein Mandat niederlegen, sobald ihm die Versicherung ertheilt wäre bei der Neuwahl für den von ihm vorzuschlagenden Kandidaten zu votiren (!), d. h. die Unverschämtheit ein bischen weit getrieben. Der Bürgerverein hat sofort eine symphathisirende Adresse nach Frankfurt geschickt. Der Antrag Bayrhoffers, die Ermäßigung der Staatsdienergehalte betreffend, wurde „auf sich beruhen“ lassen. Man genehmigte sodann das Finanzgesetz für 1849. Ein Antrag des Abg. Knobel auf Erhöhung der Klassensteuer gleich der Grundsteuer auf 13 Simpeln wurde in Erwägung gezogen. Dagegen ging die Versammlung über den Bericht des Verfassungsausschusses, welcher ein Gesetz wegen Ministerverantwortlichkeit vorlegte, zur Tagesordnung über, weil dasselbe nicht gründlich genug sei, und beschloß, die Regierung um Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu ersuchen. Der Abgeordnete Theobald hatte einen Antrag in Betreff des Staatenhauses gestellt, derselbe wurde nur durch die inzwischen eingetretene Publikation der deutschen Verfassung beseitigt. Bei der Diskussion bemerkte der Antragsteller, er habe diesen Antrag hauptsächlich nur darum eingebracht, um einmal der Gegenseite und ihren volksfeindlichen Bestrebungen zu opponiren, übrigens begreife er nicht, warum die Berichterstattung über vier Wochen verzögert worden. Ihm entgegnete Pfarrer Meyer, Hr. Theobald habe durchaus nicht das Recht Mißtrauen auszusprechen; nenne er sich volksfreundlich, so müsse er diese Ehrenbezeichnung auch seinen Gegnern zu Theil werden lassen. Hr. Professor v. Sybel bedauerte, um die Diskussion gekommen zu sein. Theobald replizirte nun, seine Lebens- und politischen Erfahrungen hätten ihn mißtrauisch gemacht, übrigens sei es ihm leid, den Hrn. v. Sybel um eine Freude gebracht zu haben. Dabei konnte sich der Landpostmeister Rebelthar nicht beruhigen, sondern meinte, Mißtrauen sei ein krankhafter Zustand. Dies veranlaßte dann den Abgeordneten Theobald zu der Erklärung, daß er sich ganz wohl befinde. Da haben sie ein Bild der kurhessischen Ständeversammlung. Man schwätzt, chikanirt sich gegenseitig, ennuyirt das Land, unterhält sich über Reichsangelegenheiten, läßt alle Mißtrauensadressen, deren neulich eine von dem hiesigen demokratischen Verein erlassen wurde, unbeachtet, diskutirt über die sociale Frage in Frankreich, über das europäische Gleichgewicht, den Krieg in Ungarn und Italien, zankt sich über Kompetenzen und Nichtkompetenzen, Ministerveränderungen und Gott weiß, was sonst alles, kurz: Wir halten europäische Reden Und zieh'n drei Thaler tägliche Diäten. Ein Gesetzentwurf des Ministeriums über die verfassungsmäßige Wirksamkeit der dermaligen Ständeversammlung als Einführungsverordnung zu dem neuen Wahlgesetz wird einstimmig angenommen. Damit hat der kurhessische Volkstag seinen Zweck erreicht und kann noch drei volle Jahre Rede-und Stylübungen halten und Diäten ziehen, wenn nicht eine „Calamität“ ihm ein Ende macht. * Heidelberg. Der Heidelberger „Volksbund“ schickt uns ein „offenes Sendschreiben an den Märzverein“, das unsern vollen Beifall hat und von dem wir aus Mangel an Raum nur die frappantesten Stellen mittheilen können: Ihr empfehlet uns mit großer Wärme das Wahlgesetz; das Wahlgesetz aber enthält noch ganz bedeutende indirekte und deshalb um so gefährlichere Beschränkungen. Wenn aber auch dieses Wahlgesetz vorzüglich wäre, so würden wir es dennoch unter unsrer Würde halten, uns an dieses Parlament noch mit Petitionen zu wenden. Wir glauben nicht, daß wir damit, wie Ihr meinet, unsre Hauptwaffe wegwerfen; denn wir hoffen, daß die Ereignisse uns ganz andere Waffen, als Reden und Interpellationen, in die Hand geben werden. Der Märzverein hat nicht das Recht, uns jetzt zuzurufen: „Es ist keine Schlafenszeit!“ Wohlan, wir geben Euch dieses Wort zurück, und sagen: Es war bei'm Malmoer Waffenstillstand keine Schlafenszeit! Es war bei dem Kampfe in Wien keine Schlafenszeit! Es war bei der Ermordung Robert Blum's keine Schlafenszeit! Es war endlich bei der Auflösung und Oktroyirung in Berlin keine Schlafenszeit! Wahrlich, wir können es nur als Hohn betrachten, wenn der Märzverein behauptet, daß „ein guter Theil der Schuld,“ daß das Parlament „vielfach“ unseren Hoffnungen nicht entsprochen habe, auf das Volk selbst zuruckfalle, weil es in seiner großen Mehrzahl „stumm geblieben sei,“ weil es — nicht genug Petitionen an das Parlament geschickt habe!!! Es läßt sich wirklich aus dem Erfolge der „Hunderte und Tausende“ von Unterschriften schließen, was die „Millionen“ gewirkt haben würden! — Und wie steht es denn mit jener Petition, welche Hunderttausend unsrer Brüder vom 5. bis zum 31. Oktober 1848 ausarbeiteten und mit blutigen Lettern auf die Tafeln der Weltgeschichte schrieben?! Ein Edler aus Eurer Mitte, der nicht wiedergekehrt ist, hatte den Muth, sich dieser Riesenpetition anzuschließen; und wahrlich! wären die jetzigen Mitglieder des Märzvereins seinem Beispiele gefolgt, und das Volk hätte sie im Stiche gelassen — dann, ja dann hätten sie das Recht gehabt, uns diese höhnenden Vorwürfe zuzurufen, welche sie jetzt besser als nagenden Wurm in ihrer eignen Brust verschlossen hätten. Allerdings hat auch nach unsrer Ueberzeugung das Volk daran Schuld, daß das Parlament aus unsrer Hoffnung zu unsrer Schande geworden ist; aber in einer ganz anderen Weise als der Märzverein es meint: nämlich dadurch, daß es diejenigen Männer gewählt hat, durch welche das Parlament so weit gekommen ist. Wir meinen nicht unsre entschiedenen Feinde, die Männer der Rechten; denn diese sagten es uns stets offen heraus, daß sie unsere Feinde seien. Wer uns zu Grunde gerichtet hat, das sind nicht unsere offenen Feinde, sondern diejenigen unserer Freunde, welche zu zartfühlend waren, unsern Feinden wehe zu thun; die Partei, welche in ihrem Streben, „über den Parteien“ zu stehen, so weit gekommen ist, daß sie unter allen Parteien steht; welche ihren Reden und ihrer eigenen Meinung nach auf der Seite des Volkes, ihren Thaten nach aber auf der Partei der Volksfeinde steht; mit einem Worte, die Partei, welche den größten Theil des Märzvereins ausmacht. Der Märzverein wollte warten, bis die Minorität zur Majorität würde; er hat so lange gewartet, bis es ihm fast unmöglich geworden ist ohne den letzten Ausweg, den der Gewalt; bis ihm nur die Wahl geblieben ist zwischen dem allgemeinen Standrecht und zwischen einer neuen, entschiedenen Revolution. Die Mitglieder des Märzvereins haben durch Zögern und Unentschlossenheit die alte Revolution erstickt und dadurch die neue nothwendig gemacht; jetzt aber suchen sie dieselbe nach Kräften zu verhindern. Obgleich Ihr uns die Worte: „dann wird das Volk zu Euch stehen in der Stunde der Gefahr“, zur Unterschrift vorlegt — wird das Volk in der Stunde der Gefahr, welche wir für Euch allerdings nahe glauben, nicht zu Euch stehen; es wird mit verachtender Gleichgültigkeit zuschauen, wenn das Triebrad der fürstlichen Oktroyirung auch das altersschwache und gebrechliche Frankfurter Parlament zwischen seinen Speichen zermalmen wird. Ungarn. _ Französische Republik. 12 Paris, 1. April. Der Minister der äußern Angelegenheiten Drouin de l'Huys hat es gestern mit klaren Worten gesagt: Das Ministerium Napoleons thut weiter nichts, als was Cavaignac-Bastide und Lamartine vor ihm gethan haben. Wenn der Justizminister Barrot gestern in der Kammer sagte, er wolle diplomatisch in Italien interveniren, so hat der Minister des Aeußern Drouin heute erklärt, daß die diplomatische Intervention Barrot's die Fortsetzung der Politik Cavaignac's sei, daß Barrot nicht diplomatischer auftrete als Cavaignac, und daß Barrot auf dem diplomatischen Wege Cavaignac's stehn geblieben, während die Ereignisse in Italien so unendlich weiter gegangen sind. Die Consequenzen- der Februar-Revolution sind abermals in Frage gestellt, und abermals werden sie von dem Ministerium, von der Kammer und von Napoleon verläugnet. Napoleon hat nichts mit dem gallischen Kriegshahn gemein, er ist das Huhn des europäischen Friedens. Sein Minister Barrot will den Weltfrieden diplomatisch begründen, mit Hilfe der Traktate von 1815. Bei dem ersten Kanonenschusse von Paris erhoben sich alle in Unterdrückung schmachtenden Völker: Polen, Italiener, Ungarn, Deutsche. Das französische Volk brannte damals vor Ungeduld, den unterdrückten Nationen zu Hilfe zu eilen. Die Unsicherheit der provisorischen Regierung wußte diesen natürlichen Drang des französischen Volkes zu vereiteln; Lamartine schickte nach Polen und Italien Idyllen statt Soldaten; die Revolution unterlag zuerst in Paris selbst und wurde dann nach einander in Mailand, Krakau, Berlin und Wien geschlagen. Der „Friede“ in Europa wurde auf Kosten der Völker gerettet, die Staaten blieben untereinander befreundet, während Windischgrätz und Cavaignac den „innern Feind“, die Revolution und die revolutionäre Partei bekämpften. Italien allein hat den Kampf fortgesetzt; die französische Regierung in ihrer Feigheit war schon auf dem Punkte, der kontrerevolutionären Partei in Rom zu Hilfe zu eilen, obgleich sie für die revolutionäre Partei das Princip der Nicht-Intervention anerkannt hat. Da trifft die Nachricht ein, daß die Oestreicher in Piemont eingezogen. Jetzt heißt es: die Frage ist eine „französische“ geworden, und Bixio im Namen des Comite's trägt darauf an, dem Herrn Barrot und Napoleon ein Mißtrauensvotum zu geben. Das heißt: wenn Herr Barrot zur Beschützung der Integrität des piemontesischen Gebiets es für nothwendig erachtet, einige Punkte in Hoch-Italien zu besetzen, so solle ihm freie Hand gelassen werden; im Uebrigen solle man gänzlich Herrn Barrot gewähren lassen. Der Minister Drouin de l'Huns macht einen Commentar zu diesem Vorschlage: „die Regierung seiner kaiserlichen Majestät habe keineswegs die Absicht, ihre Herrschaft über die ihr von den Traktaten angewiesenen Gränzen auszudehnen; sie wolle sich bloß die Kriegskosten bezahlen lassen.“ Frankreich allein ist reich genug, um seinen Ruhm zu zahlen, wie Guizot sagte, Oestreich und Radetzki lassen sich ihren Ruhm und ihre Thaten bezahlen. Ledru-Rollin ist der einzige, der wahrhaft in's Fleisch der Frage eingegangen. Barrot will nicht erlauben, was Oestreich nicht thun will. Oestreich erklärt, daß es Piemont nicht konserviren wolle: Barrot erklärt, daß er dem Radetzki nicht gestatten werde, Piemont zu konserviren. Was die Kriegskosten anbetrifft, so mag sie Radetzki so hoch anschlagen, wie er will; er mag zum Behufe ihrer Eintreibung in Piemont sich festsetzen, auf Piemont lasten in kroatischer Manier — das geht Herrn Barrot nichts an; die Frage ist keine französische mehr. Barrot und Consorten wollen mit Oestreich Verträge machen; Ledru-Rollin will von keinen andern Verträgen wissen, als von Verträgen mit den italienischen Republiken. Aber Barrot ist nicht immer der Freund der Oestreicher gewesen. Auf dem Bankett von St. Quentin hielt Barrot eine ganz andere Rede; Ledru-Rollin citirt die Stelle in der Rede, wo Barrot sagt: Wenn Oestreich sich auf's Neue einfallen ließe, in die Unabhängigkeit der italienischen Staaten einzugreifen, wenn auf's Neue der Kampf entbrennen sollte zwischen Oestreich und dem für seine Nationalität streitenden Italien, so frage ich Euch Alle, wie sehr Ihr auch die Freunde des Friedens sein möget, ob Frankreich ruhig diesem Kampfe zusehen kann! Nein, und wenn Ihr auch ruhig zu Hause bleiben wolltet, so würden die Kanonen allein abgehen.“ So sprach der große Mann des Weltfriedens, als er noch nicht verpfändeter Minister-Präsident Napoleon's war. Die von Ledru-Rollin citirte Stelle brachte augenblicklich eine ungeheure Wirkung hervor — aber die Bourgeois-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 263. Köln, 4. April 1849, S. 1480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz263_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.