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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849. Beilage.

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Kampf ebenfalls entbrannt; es gab, wie es heißt, 14 Todte. Heute früh hat der Kampf auf's Neue begonnen.

Die "D. A. Ztg." bestätigt den am 6. Mai Abends in Leipzig stattgefundenen Kampf, bei welchem mehrere erschossen und noch mehr verwundet wurden. Am 7. Mai erließ der Stadtrath eine Art Standrechtsproklamation: Schließung der öffentlichen Lokale um 8 Uhr, Verbot des Zusammenstehens in Gruppen etc. betreffend. Der Kampf in Dresden dauert fort.

Dresden, 7. Mai.

(Früh 5 1/2 Uhr.) Um 4 1/2 Uhr hat die Kanonade wieder begonnen, und ist bis vor wenig Minuten ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Jetzt schweigt das Feuer. Es finden Truppenbewegungen nach der meißner Straße zu statt. Man bringt wieder verwundete Soldaten.

(D. A. Z.)
Leipzig, 7. Mai.

Hier ist folgende Proklamation erschienen:

Deutsche Brüder!

Die Sache des kämpfenden Volkes in Dresden steht jetzt gut! doch die Kämpfenden müssen abgelöst werden, helft also schnell mit

Männern, Waffen oder Geld!

Glaubt der lügenhaften Leipziger Deutschen Allgemeinen Zeitung nicht!

Sogar aus Hanau und andern deutschen Gauen kommen bewaffnete Zuzüge. Also, deutsche Männer, laßt Euch nicht beschämen! Jede Stadt biete ihre Umgegend auf! Durch unsre Freiheit kommt auch die Euere! Rächt den Tod Robert Blum's!

Das Central-Comite zum bewaffneten Schutze deutscher Volksfreiheit.

062 München, 6. Mai.

Unter diesem Datum schreibt uns ein Soldat des Garde-Kuirassier-Regiment Folgendes:

"Wir leben auch hier in gespannter Erwartung der Dinge, die da kommen werden. Das Garde-Kuirassier-Regiment, nachdem dasselbe aufgestellt war und von dem Auditeur aufgefordert wurde, bei allen Vorfällen treu an den König zu halten, erklärt: nicht gegen ihre Brüder, nicht gegen das Volk zu kämpfen. Fünf Korporale machten den Anfang, und darauf stimmte das ganze Regiment einstimmig bei. Auch die Infanterieregimenter sollen sehr flau sein. Wenn doch die Leute einmal gescheidt würden, dann dürfen unsere Dränger einpacken!"

München, 5. Mai.

Krieg! Krieg! Die ganze Armee, mit Ausnahme der hier garnisonirenden Infanterie hat Marschbereitschaftsbefehle erhalten. Vorgestern Nacht und gestern früh langten (wie schon gemeldet) Kuriere von Olmütz hier an und gestern sah ich es selbst, wie einer wieder dorthin abging. Man sagt, der Kaiser von Oestreich verlange zufolge eines bestehenden geheimen Traktats, Hülfstruppen gegen die Ungarn. Viele Militärs, die ich gesprochen, sagen geradezu, sie werden nicht gegen die Ungarn marschiren; es mag übrigens auch sein, daß die Kriegsvorbereitungen der eigenen baierischen Sache in der Pfalz und Franken gelten.

(Fr. J.)
320 Frankfurt, 7. Mai.

Das gestern von hier nach der Rheinpfalz gesendete Bataillon bayerischer Truppen aus Rheinpfälzern bestehend, hatte sich nach den aus der Heimath erhaltenen Berichten nicht mehr halten lassen; man schickte es daher reichswegen fort, damit sie nicht eigenmächtig ausbrächen; sie sind mit dem Heckerrufe fort. Ein kurhessisches Bataillon ist mit demselben Rufe hier eingezogen.

Ein großer Theil der altbayerischen Abgeordneten, Lassaulx, Beisler und Cons. sind heute aus der Nationalversammlung ausgetreten.

* Frankfurt, 7. Mai.

Nationalversammlung. Vor der Paulskirche und in den benachbarten Straßen wogt das Volk in ungeheuren Massen. Die Tribünen sind gedrängt voll.

Um 9 1/2 Uhr eröffnet der Präsident Simson die Sitzung. Austrittserklärungen haben eingereicht die Herren von Schrenck, Graf, Philipps, v. Beisler, Neumayer, Eckart v. Lohr, Obermüller, v. Nagel von Obervichtach, v. Xylander, v. Wulffen, Lassaulx (höhnisches Bravo), Darenberger, v. Grundner, sämmtlich Abgeordnete von Baiern) Graf von Schwerin, Engel aus Kulm.

Der edle Gagern besteigt die Rednerbühne zu folgender ministerieller Mittheilung.

"Die Störung des Reichsfriedens in Sachsen hat die Centralgewalt veranlaßt, einen Reichskommissär zu bevollmächtigen, um die den obwaltenden Verhältnissen entsprechenden Maßregeln zur Wiederherstellung desselben, wesentlich im Sinne der von mir am 4. d. M. im Namen der Centralgewalt abgegebenen Erklärung, von Reichswegen anzuordnen.

Auch in der baierischen Rheinpfalz sind Ereignisse eingetreten, die die Absendung eines Reichskommissärs zur Folge gehabt haben, um vermittelnd einzuschreiten, Gewaltsamkeiten zu verhüten, und eventuell Uebergriffe in die Schranken zurückzuweisen!" (Gelächter.)

Sodann beantwortet der Justizminister, Herr Robert v. Mohl, eine frühere Interpellation:

"Das Gesetz vom 20. Jan. hat überall in Deutschland seine Vollziehung erhalten, mit Ausnahme von Homburg. Als am 1. Mai die Kunde von der Fortdauer des öffentlichen Spiels daselbst hier eintraf, wurde sogleich nach Maßgabe der Bundesexekutionsordnung eingeschritten; und weil die landgräfliche Regierung durch alle Stadien des vorgeschriebenen Verfahrens hindurch sich weigerte, dem Gesetze zu folgen, so mußte am Ende zur wirklichen Verfügung der Exekution geschritten werden. In dem gegenwärtigen Augenblicke sind die Exekutionstruppen unterwegs, um die Schließung der Bank zu bewerkstelligen..

Wedekind aus Hannover interpellirt den Dreißigerausschuß über das Schicksal seines in letzter Sitzung eingebrachten Antrags. Eine Berathung darüber hat noch nicht stattgefunden, weil der Vorsitzende des Dreißigerausschusses, Therfites Wydenbrugk, keine Sitzung des Ausschusses "veranlaßt" hat.

Von Wesendock und Genossen wird folgender dringlicher Antrag gestellt:

In Erwägung, daß das deutsche Volk sich überall zum Schutze der Reichsverfassung erhebt, resp. Sachsen und die baierische Rheinpfalz für dieselben in vollem Aufstande begriffen sind;

in Erwägung, daß die Nationalversammlung verpflichtet ist, diese Erhebung zu unterstützen und um so kräftigere Maßregeln zu ergreifen, als die im Dienste der renitenten Regierungen stehenden Bajonette dieselbe zu unterdrücken suchen:

In Erwägung, daß insbesondere das preußische Militär verwandt wird, und es daher nothwendig ist, dasselbe über seine Pflicht aufzuklären, beschließt die Nationalversammlung:

1) Sämmtliche deutsche Truppen sind unter den Befehl eines, von der Centralgewalt zu ernennenden Oberkommandanten zu stellen.
2) Sämmtliche deutsche Truppen haben sofort den Eid der Treue gegen die Reichsverfassung und die sie ausführende Reichsgewalt zu leisten.
3) Reichskommissarien werden sofort in alle deutschen Länder und insbesondere zu allen Truppentheilen abgesandt, um diesen Beschluß, sowie denjenigen vom 4. Mai zum Ausführung zu bringen.

Die Dringlichkeit wird mit großer Mehrheit anerkannt. (Beifallssturm auf den Gallerien.)

Gagern: Ich habe für die Dringlichkeit des Antrags gestimmt, damit die "brennende" Frage offen behandelt werde. Ich werde aber dagegen sprechen und appellire (mit Bajonetten) an die politische Vernunft und das sittliche Gefühl unseres Volkes. Wir wollen die Verfassung zur Anerkennung bringen. Die Verfassung für die eine überwiegende Mehrheit dieses Hauses einzustehen entschlossen ist, ist verkündet und zur Durchführung sind die Beschlüsse vom 30. April gefaßt worden. In den nächsten Tagen (wenn bezahlte Schurken ihre Intriguen vollendet haben werde ich im Stande sein, Ihnen über die Lage der Dinge aus den Berichten der von der Centralgewalt abgesandten Bevollmächtigten umfassende Mittheilung vorzulegen. Bis dahin bitte ich, daß Sie Ihre Entscheidung verschieben.

Bedenken Sie, daß die verschiedenen Theile Deutschlands von so verschiedener Stimmung sind, daß ein Schritt, der hier und da mit Enthusiasmus aufgenommen würde, an anderen Orten (bei den Seckelmeistern der Polizeischufte) uns zum Vorwurfe gemacht werden würde. Ueber die militärischen Hindernisse der Beeidigung wird Ihnen dann der Kriegsminister Eroffnung machen Bei dem Kriege, den wir schon gegen Dänemark mit den vereinten Kräften verschiedener deutscher Staaten führen, bei einem anderen schwereren Kriege der uns zu drohen scheint, wie wäre es da zu rechtfertigen, wenn wir unter die Truppen eine Absonderung brächten, dadurch, daß wir die Einen in Eid nahmen, die Andern (!! welche Naivetat!) nicht. Die Regierungen mussen wir gewinnen, dann werden wir (! die Regierungsbunde!) auch die Heere haben. Ein Eid ist eine heilige Sache, namentlich (!!!) dem deutschen Volke. Wir selbst, die wir die Verfassung geschaffen, haben noch keinen Eid darauf abgelegt (gehört Herr Gagern zum "deutschen Volke"?!), wie dürfen wir von den Truppen einen solchen fordern, wie sie in eine Unsicherheit bringen, hinsichtlich dessen was nun ihre Pflicht ist Ich berufe mich auf Ihr sittliches Gefühl und Sie werden von Ihrem Verlangen abstehen.

Es sprechen hierauf noch gegen den Antrag: Reichskriegsminister Peucker, Abgeordneter Riester, Breising, Stavenhagen, für denselben die Abgeordneten Simon von Trier, Vogt, Zimmermann von Stuttgart, Wigard und Rösler von Oels.

Bei namentlicher Abstimmung wird die vom Abg. Briegleb beantragte motivirte Tagesordnung mit 209 gegen 140 Stimmen angenommen.

Der Antrag M. Mohls auf Rüstungen in den Staaten, welche die Verfassung anerkannt, und Aufstellung eines Parlamentsheeres bei Frankfurt wird nicht fur dringlich erklärt.

Der Präsident verliest hierauf eine Erklärung der provisorischen Regierung von Sachsen, worin sie sich unter den Schutz der National-Versammlung stellt, so wie mehrere hierauf bezügliche Anträge der Abgeordneten Henkel, Wigard, v. Trützschler, Erbe, welche das Einschreiten der Centralgewalt nöthigenfalls mit bewaffneter Hand zum Schutze der Bewegung in Sachsen und zur Abwehr jeder auswärtigen, besonders preußischen, gewaltsamen Einmischung bezwecken.

Die Dringlichkeit der Anträge wird anerkannt; die Berathung über den Antrag selbst aber führt zu einem "tumultuarischen Auftritt" in der Versammlung, in dessen Folge die Sitzung (um 1 1/2 Uhr) auf eine halbe Stunde suspendirt wird.

Italien.
*

Das Geheimniß der französischen Regierungsdepeschen über die Expeditionsarmee ist enträthselt.

Die französischen Truppen sind von Avezzana, dem unerschrockenen Vertheidiger Genua's zu zwei verschiedenen Malen auf's Haupt geschlagen worden; General Oudinot ist nur mit genauer Noth der Gefangenschaft entgangen; sein Adjutant und ein großer Theil der Truppen sind geblieben und die Reste der Armee fünf Meilen weit von Rom zurückgetrieben.

Wir werden morgen in unserm Hauptblatte die ausführlichen Details über dies Ereigniß mittheilen, welches ohne Zweifel den Sturm in Paris zum Ausbruch bringen wird.

Redakteur en chef Karl Marx.

Druck von J. W. Dietz.

Kampf ebenfalls entbrannt; es gab, wie es heißt, 14 Todte. Heute früh hat der Kampf auf's Neue begonnen.

Die „D. A. Ztg.“ bestätigt den am 6. Mai Abends in Leipzig stattgefundenen Kampf, bei welchem mehrere erschossen und noch mehr verwundet wurden. Am 7. Mai erließ der Stadtrath eine Art Standrechtsproklamation: Schließung der öffentlichen Lokale um 8 Uhr, Verbot des Zusammenstehens in Gruppen etc. betreffend. Der Kampf in Dresden dauert fort.

Dresden, 7. Mai.

(Früh 5 1/2 Uhr.) Um 4 1/2 Uhr hat die Kanonade wieder begonnen, und ist bis vor wenig Minuten ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Jetzt schweigt das Feuer. Es finden Truppenbewegungen nach der meißner Straße zu statt. Man bringt wieder verwundete Soldaten.

(D. A. Z.)
Leipzig, 7. Mai.

Hier ist folgende Proklamation erschienen:

Deutsche Brüder!

Die Sache des kämpfenden Volkes in Dresden steht jetzt gut! doch die Kämpfenden müssen abgelöst werden, helft also schnell mit

Männern, Waffen oder Geld!

Glaubt der lügenhaften Leipziger Deutschen Allgemeinen Zeitung nicht!

Sogar aus Hanau und andern deutschen Gauen kommen bewaffnete Zuzüge. Also, deutsche Männer, laßt Euch nicht beschämen! Jede Stadt biete ihre Umgegend auf! Durch unsre Freiheit kommt auch die Euere! Rächt den Tod Robert Blum's!

Das Central-Comité zum bewaffneten Schutze deutscher Volksfreiheit.

062 München, 6. Mai.

Unter diesem Datum schreibt uns ein Soldat des Garde-Kuirassier-Regiment Folgendes:

„Wir leben auch hier in gespannter Erwartung der Dinge, die da kommen werden. Das Garde-Kuirassier-Regiment, nachdem dasselbe aufgestellt war und von dem Auditeur aufgefordert wurde, bei allen Vorfällen treu an den König zu halten, erklärt: nicht gegen ihre Brüder, nicht gegen das Volk zu kämpfen. Fünf Korporale machten den Anfang, und darauf stimmte das ganze Regiment einstimmig bei. Auch die Infanterieregimenter sollen sehr flau sein. Wenn doch die Leute einmal gescheidt würden, dann dürfen unsere Dränger einpacken!“

München, 5. Mai.

Krieg! Krieg! Die ganze Armee, mit Ausnahme der hier garnisonirenden Infanterie hat Marschbereitschaftsbefehle erhalten. Vorgestern Nacht und gestern früh langten (wie schon gemeldet) Kuriere von Olmütz hier an und gestern sah ich es selbst, wie einer wieder dorthin abging. Man sagt, der Kaiser von Oestreich verlange zufolge eines bestehenden geheimen Traktats, Hülfstruppen gegen die Ungarn. Viele Militärs, die ich gesprochen, sagen geradezu, sie werden nicht gegen die Ungarn marschiren; es mag übrigens auch sein, daß die Kriegsvorbereitungen der eigenen baierischen Sache in der Pfalz und Franken gelten.

(Fr. J.)
320 Frankfurt, 7. Mai.

Das gestern von hier nach der Rheinpfalz gesendete Bataillon bayerischer Truppen aus Rheinpfälzern bestehend, hatte sich nach den aus der Heimath erhaltenen Berichten nicht mehr halten lassen; man schickte es daher reichswegen fort, damit sie nicht eigenmächtig ausbrächen; sie sind mit dem Heckerrufe fort. Ein kurhessisches Bataillon ist mit demselben Rufe hier eingezogen.

Ein großer Theil der altbayerischen Abgeordneten, Lassaulx, Beisler und Cons. sind heute aus der Nationalversammlung ausgetreten.

* Frankfurt, 7. Mai.

Nationalversammlung. Vor der Paulskirche und in den benachbarten Straßen wogt das Volk in ungeheuren Massen. Die Tribünen sind gedrängt voll.

Um 9 1/2 Uhr eröffnet der Präsident Simson die Sitzung. Austrittserklärungen haben eingereicht die Herren von Schrenck, Graf, Philipps, v. Beisler, Neumayer, Eckart v. Lohr, Obermüller, v. Nagel von Obervichtach, v. Xylander, v. Wulffen, Lassaulx (höhnisches Bravo), Darenberger, v. Grundner, sämmtlich Abgeordnete von Baiern) Graf von Schwerin, Engel aus Kulm.

Der edle Gagern besteigt die Rednerbühne zu folgender ministerieller Mittheilung.

„Die Störung des Reichsfriedens in Sachsen hat die Centralgewalt veranlaßt, einen Reichskommissär zu bevollmächtigen, um die den obwaltenden Verhältnissen entsprechenden Maßregeln zur Wiederherstellung desselben, wesentlich im Sinne der von mir am 4. d. M. im Namen der Centralgewalt abgegebenen Erklärung, von Reichswegen anzuordnen.

Auch in der baierischen Rheinpfalz sind Ereignisse eingetreten, die die Absendung eines Reichskommissärs zur Folge gehabt haben, um vermittelnd einzuschreiten, Gewaltsamkeiten zu verhüten, und eventuell Uebergriffe in die Schranken zurückzuweisen!“ (Gelächter.)

Sodann beantwortet der Justizminister, Herr Robert v. Mohl, eine frühere Interpellation:

„Das Gesetz vom 20. Jan. hat überall in Deutschland seine Vollziehung erhalten, mit Ausnahme von Homburg. Als am 1. Mai die Kunde von der Fortdauer des öffentlichen Spiels daselbst hier eintraf, wurde sogleich nach Maßgabe der Bundesexekutionsordnung eingeschritten; und weil die landgräfliche Regierung durch alle Stadien des vorgeschriebenen Verfahrens hindurch sich weigerte, dem Gesetze zu folgen, so mußte am Ende zur wirklichen Verfügung der Exekution geschritten werden. In dem gegenwärtigen Augenblicke sind die Exekutionstruppen unterwegs, um die Schließung der Bank zu bewerkstelligen..

Wedekind aus Hannover interpellirt den Dreißigerausschuß über das Schicksal seines in letzter Sitzung eingebrachten Antrags. Eine Berathung darüber hat noch nicht stattgefunden, weil der Vorsitzende des Dreißigerausschusses, Therfites Wydenbrugk, keine Sitzung des Ausschusses „veranlaßt“ hat.

Von Wesendock und Genossen wird folgender dringlicher Antrag gestellt:

In Erwägung, daß das deutsche Volk sich überall zum Schutze der Reichsverfassung erhebt, resp. Sachsen und die baierische Rheinpfalz für dieselben in vollem Aufstande begriffen sind;

in Erwägung, daß die Nationalversammlung verpflichtet ist, diese Erhebung zu unterstützen und um so kräftigere Maßregeln zu ergreifen, als die im Dienste der renitenten Regierungen stehenden Bajonette dieselbe zu unterdrücken suchen:

In Erwägung, daß insbesondere das preußische Militär verwandt wird, und es daher nothwendig ist, dasselbe über seine Pflicht aufzuklären, beschließt die Nationalversammlung:

1) Sämmtliche deutsche Truppen sind unter den Befehl eines, von der Centralgewalt zu ernennenden Oberkommandanten zu stellen.
2) Sämmtliche deutsche Truppen haben sofort den Eid der Treue gegen die Reichsverfassung und die sie ausführende Reichsgewalt zu leisten.
3) Reichskommissarien werden sofort in alle deutschen Länder und insbesondere zu allen Truppentheilen abgesandt, um diesen Beschluß, sowie denjenigen vom 4. Mai zum Ausführung zu bringen.

Die Dringlichkeit wird mit großer Mehrheit anerkannt. (Beifallssturm auf den Gallerien.)

Gagern: Ich habe für die Dringlichkeit des Antrags gestimmt, damit die „brennende“ Frage offen behandelt werde. Ich werde aber dagegen sprechen und appellire (mit Bajonetten) an die politische Vernunft und das sittliche Gefühl unseres Volkes. Wir wollen die Verfassung zur Anerkennung bringen. Die Verfassung für die eine überwiegende Mehrheit dieses Hauses einzustehen entschlossen ist, ist verkündet und zur Durchführung sind die Beschlüsse vom 30. April gefaßt worden. In den nächsten Tagen (wenn bezahlte Schurken ihre Intriguen vollendet haben werde ich im Stande sein, Ihnen über die Lage der Dinge aus den Berichten der von der Centralgewalt abgesandten Bevollmächtigten umfassende Mittheilung vorzulegen. Bis dahin bitte ich, daß Sie Ihre Entscheidung verschieben.

Bedenken Sie, daß die verschiedenen Theile Deutschlands von so verschiedener Stimmung sind, daß ein Schritt, der hier und da mit Enthusiasmus aufgenommen würde, an anderen Orten (bei den Seckelmeistern der Polizeischufte) uns zum Vorwurfe gemacht werden würde. Ueber die militärischen Hindernisse der Beeidigung wird Ihnen dann der Kriegsminister Eroffnung machen Bei dem Kriege, den wir schon gegen Dänemark mit den vereinten Kräften verschiedener deutscher Staaten führen, bei einem anderen schwereren Kriege der uns zu drohen scheint, wie wäre es da zu rechtfertigen, wenn wir unter die Truppen eine Absonderung brächten, dadurch, daß wir die Einen in Eid nahmen, die Andern (!! welche Naivetat!) nicht. Die Regierungen mussen wir gewinnen, dann werden wir (! die Regierungsbunde!) auch die Heere haben. Ein Eid ist eine heilige Sache, namentlich (!!!) dem deutschen Volke. Wir selbst, die wir die Verfassung geschaffen, haben noch keinen Eid darauf abgelegt (gehört Herr Gagern zum „deutschen Volke“?!), wie dürfen wir von den Truppen einen solchen fordern, wie sie in eine Unsicherheit bringen, hinsichtlich dessen was nun ihre Pflicht ist Ich berufe mich auf Ihr sittliches Gefühl und Sie werden von Ihrem Verlangen abstehen.

Es sprechen hierauf noch gegen den Antrag: Reichskriegsminister Peucker, Abgeordneter Riester, Breising, Stavenhagen, für denselben die Abgeordneten Simon von Trier, Vogt, Zimmermann von Stuttgart, Wigard und Rösler von Oels.

Bei namentlicher Abstimmung wird die vom Abg. Briegleb beantragte motivirte Tagesordnung mit 209 gegen 140 Stimmen angenommen.

Der Antrag M. Mohls auf Rüstungen in den Staaten, welche die Verfassung anerkannt, und Aufstellung eines Parlamentsheeres bei Frankfurt wird nicht fur dringlich erklärt.

Der Präsident verliest hierauf eine Erklärung der provisorischen Regierung von Sachsen, worin sie sich unter den Schutz der National-Versammlung stellt, so wie mehrere hierauf bezügliche Anträge der Abgeordneten Henkel, Wigard, v. Trützschler, Erbe, welche das Einschreiten der Centralgewalt nöthigenfalls mit bewaffneter Hand zum Schutze der Bewegung in Sachsen und zur Abwehr jeder auswärtigen, besonders preußischen, gewaltsamen Einmischung bezwecken.

Die Dringlichkeit der Anträge wird anerkannt; die Berathung über den Antrag selbst aber führt zu einem „tumultuarischen Auftritt“ in der Versammlung, in dessen Folge die Sitzung (um 1 1/2 Uhr) auf eine halbe Stunde suspendirt wird.

Italien.
*

Das Geheimniß der französischen Regierungsdepeschen über die Expeditionsarmee ist enträthselt.

Die französischen Truppen sind von Avezzana, dem unerschrockenen Vertheidiger Genua's zu zwei verschiedenen Malen auf's Haupt geschlagen worden; General Oudinot ist nur mit genauer Noth der Gefangenschaft entgangen; sein Adjutant und ein großer Theil der Truppen sind geblieben und die Reste der Armee fünf Meilen weit von Rom zurückgetrieben.

Wir werden morgen in unserm Hauptblatte die ausführlichen Details über dies Ereigniß mittheilen, welches ohne Zweifel den Sturm in Paris zum Ausbruch bringen wird.

Redakteur en chef Karl Marx.

Druck von J. W. Dietz.

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          <p>Die Dringlichkeit wird mit großer Mehrheit anerkannt. (Beifallssturm auf den Gallerien.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Gagern:</hi> Ich habe für die Dringlichkeit des Antrags gestimmt, damit die &#x201E;brennende&#x201C; Frage offen behandelt werde. Ich werde aber dagegen sprechen und appellire (mit Bajonetten) an die politische Vernunft und das sittliche Gefühl unseres Volkes. Wir wollen die Verfassung zur Anerkennung bringen. Die Verfassung für die eine überwiegende Mehrheit dieses Hauses einzustehen entschlossen ist, ist verkündet und zur Durchführung sind die Beschlüsse vom 30. April gefaßt worden. In den nächsten Tagen (wenn bezahlte Schurken ihre Intriguen vollendet haben werde ich im Stande sein, Ihnen über die Lage der Dinge aus den Berichten der von der Centralgewalt abgesandten Bevollmächtigten umfassende Mittheilung vorzulegen. Bis dahin bitte ich, daß Sie Ihre Entscheidung verschieben.</p>
          <p>Bedenken Sie, daß die verschiedenen Theile Deutschlands von so verschiedener Stimmung sind, daß ein Schritt, der hier und da mit Enthusiasmus aufgenommen würde, an anderen Orten (bei den Seckelmeistern der Polizeischufte) uns zum Vorwurfe gemacht werden würde. Ueber die militärischen Hindernisse der Beeidigung wird Ihnen dann der Kriegsminister Eroffnung machen Bei dem Kriege, den wir schon gegen Dänemark mit den vereinten Kräften verschiedener deutscher Staaten führen, bei einem anderen schwereren Kriege der uns zu drohen scheint, wie wäre es da zu rechtfertigen, wenn wir unter die Truppen eine Absonderung brächten, dadurch, daß wir die Einen in Eid nahmen, die Andern (!! welche Naivetat!) nicht. Die Regierungen mussen wir gewinnen, dann werden wir (! die Regierungsbunde!) auch die Heere haben. Ein Eid ist eine heilige Sache, namentlich (!!!) dem <hi rendition="#g">deutschen Volke</hi>. Wir selbst, die wir die Verfassung geschaffen, haben noch keinen Eid darauf abgelegt (gehört Herr Gagern zum &#x201E;deutschen Volke&#x201C;?!), wie dürfen wir von den Truppen einen solchen fordern, wie sie in eine Unsicherheit bringen, hinsichtlich dessen was nun ihre Pflicht ist Ich berufe mich auf Ihr sittliches Gefühl und Sie werden von Ihrem Verlangen abstehen.</p>
          <p>Es sprechen hierauf noch <hi rendition="#g">gegen</hi> den Antrag: Reichskriegsminister Peucker, Abgeordneter Riester, Breising, Stavenhagen, <hi rendition="#g">für</hi> denselben die Abgeordneten Simon von Trier, Vogt, Zimmermann von Stuttgart, Wigard und Rösler von Oels.</p>
          <p>Bei namentlicher Abstimmung wird die vom Abg. Briegleb beantragte motivirte Tagesordnung mit 209 gegen 140 Stimmen angenommen.</p>
          <p>Der Antrag M. Mohls auf Rüstungen in den Staaten, welche die Verfassung anerkannt, und Aufstellung eines Parlamentsheeres bei Frankfurt wird nicht fur dringlich erklärt.</p>
          <p>Der Präsident verliest hierauf eine Erklärung der provisorischen Regierung von Sachsen, worin sie sich unter den Schutz der National-Versammlung stellt, so wie mehrere hierauf bezügliche Anträge der Abgeordneten Henkel, Wigard, v. Trützschler, Erbe, welche das Einschreiten der Centralgewalt nöthigenfalls mit bewaffneter Hand zum Schutze der Bewegung in Sachsen und zur Abwehr jeder auswärtigen, besonders preußischen, gewaltsamen Einmischung bezwecken.</p>
          <p>Die Dringlichkeit der Anträge wird anerkannt; die Berathung über den Antrag selbst aber führt zu einem &#x201E;tumultuarischen Auftritt&#x201C; in der Versammlung, in dessen Folge die Sitzung (um 1 1/2 Uhr) auf eine halbe Stunde suspendirt wird.</p>
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          <p>Das Geheimniß der französischen Regierungsdepeschen über die Expeditionsarmee ist enträthselt.</p>
          <p>Die französischen Truppen sind von Avezzana, dem unerschrockenen Vertheidiger Genua's zu zwei verschiedenen Malen auf's Haupt geschlagen worden; General Oudinot ist nur mit genauer Noth der Gefangenschaft entgangen; sein Adjutant und ein großer Theil der Truppen sind geblieben und die Reste der Armee fünf Meilen weit von Rom zurückgetrieben.</p>
          <p>Wir werden morgen in unserm Hauptblatte die ausführlichen Details über dies Ereigniß mittheilen, welches ohne Zweifel den <hi rendition="#g">Sturm in Paris</hi> zum Ausbruch bringen wird.</p>
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        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
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        <p>Druck von <hi rendition="#g">J. W. Dietz</hi>.</p>
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[1666/0002] Kampf ebenfalls entbrannt; es gab, wie es heißt, 14 Todte. Heute früh hat der Kampf auf's Neue begonnen. Die „D. A. Ztg.“ bestätigt den am 6. Mai Abends in Leipzig stattgefundenen Kampf, bei welchem mehrere erschossen und noch mehr verwundet wurden. Am 7. Mai erließ der Stadtrath eine Art Standrechtsproklamation: Schließung der öffentlichen Lokale um 8 Uhr, Verbot des Zusammenstehens in Gruppen etc. betreffend. Der Kampf in Dresden dauert fort. Dresden, 7. Mai. (Früh 5 1/2 Uhr.) Um 4 1/2 Uhr hat die Kanonade wieder begonnen, und ist bis vor wenig Minuten ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Jetzt schweigt das Feuer. Es finden Truppenbewegungen nach der meißner Straße zu statt. Man bringt wieder verwundete Soldaten. (D. A. Z.) Leipzig, 7. Mai. Hier ist folgende Proklamation erschienen: Deutsche Brüder! Die Sache des kämpfenden Volkes in Dresden steht jetzt gut! doch die Kämpfenden müssen abgelöst werden, helft also schnell mit Männern, Waffen oder Geld! Glaubt der lügenhaften Leipziger Deutschen Allgemeinen Zeitung nicht! Sogar aus Hanau und andern deutschen Gauen kommen bewaffnete Zuzüge. Also, deutsche Männer, laßt Euch nicht beschämen! Jede Stadt biete ihre Umgegend auf! Durch unsre Freiheit kommt auch die Euere! Rächt den Tod Robert Blum's! Das Central-Comité zum bewaffneten Schutze deutscher Volksfreiheit. 062 München, 6. Mai. Unter diesem Datum schreibt uns ein Soldat des Garde-Kuirassier-Regiment Folgendes: „Wir leben auch hier in gespannter Erwartung der Dinge, die da kommen werden. Das Garde-Kuirassier-Regiment, nachdem dasselbe aufgestellt war und von dem Auditeur aufgefordert wurde, bei allen Vorfällen treu an den König zu halten, erklärt: nicht gegen ihre Brüder, nicht gegen das Volk zu kämpfen. Fünf Korporale machten den Anfang, und darauf stimmte das ganze Regiment einstimmig bei. Auch die Infanterieregimenter sollen sehr flau sein. Wenn doch die Leute einmal gescheidt würden, dann dürfen unsere Dränger einpacken!“ München, 5. Mai. Krieg! Krieg! Die ganze Armee, mit Ausnahme der hier garnisonirenden Infanterie hat Marschbereitschaftsbefehle erhalten. Vorgestern Nacht und gestern früh langten (wie schon gemeldet) Kuriere von Olmütz hier an und gestern sah ich es selbst, wie einer wieder dorthin abging. Man sagt, der Kaiser von Oestreich verlange zufolge eines bestehenden geheimen Traktats, Hülfstruppen gegen die Ungarn. Viele Militärs, die ich gesprochen, sagen geradezu, sie werden nicht gegen die Ungarn marschiren; es mag übrigens auch sein, daß die Kriegsvorbereitungen der eigenen baierischen Sache in der Pfalz und Franken gelten. (Fr. J.) 320 Frankfurt, 7. Mai. Das gestern von hier nach der Rheinpfalz gesendete Bataillon bayerischer Truppen aus Rheinpfälzern bestehend, hatte sich nach den aus der Heimath erhaltenen Berichten nicht mehr halten lassen; man schickte es daher reichswegen fort, damit sie nicht eigenmächtig ausbrächen; sie sind mit dem Heckerrufe fort. Ein kurhessisches Bataillon ist mit demselben Rufe hier eingezogen. Ein großer Theil der altbayerischen Abgeordneten, Lassaulx, Beisler und Cons. sind heute aus der Nationalversammlung ausgetreten. * Frankfurt, 7. Mai. Nationalversammlung. Vor der Paulskirche und in den benachbarten Straßen wogt das Volk in ungeheuren Massen. Die Tribünen sind gedrängt voll. Um 9 1/2 Uhr eröffnet der Präsident Simson die Sitzung. Austrittserklärungen haben eingereicht die Herren von Schrenck, Graf, Philipps, v. Beisler, Neumayer, Eckart v. Lohr, Obermüller, v. Nagel von Obervichtach, v. Xylander, v. Wulffen, Lassaulx (höhnisches Bravo), Darenberger, v. Grundner, sämmtlich Abgeordnete von Baiern) Graf von Schwerin, Engel aus Kulm. Der edle Gagern besteigt die Rednerbühne zu folgender ministerieller Mittheilung. „Die Störung des Reichsfriedens in Sachsen hat die Centralgewalt veranlaßt, einen Reichskommissär zu bevollmächtigen, um die den obwaltenden Verhältnissen entsprechenden Maßregeln zur Wiederherstellung desselben, wesentlich im Sinne der von mir am 4. d. M. im Namen der Centralgewalt abgegebenen Erklärung, von Reichswegen anzuordnen. Auch in der baierischen Rheinpfalz sind Ereignisse eingetreten, die die Absendung eines Reichskommissärs zur Folge gehabt haben, um vermittelnd einzuschreiten, Gewaltsamkeiten zu verhüten, und eventuell Uebergriffe in die Schranken zurückzuweisen!“ (Gelächter.) Sodann beantwortet der Justizminister, Herr Robert v. Mohl, eine frühere Interpellation: „Das Gesetz vom 20. Jan. hat überall in Deutschland seine Vollziehung erhalten, mit Ausnahme von Homburg. Als am 1. Mai die Kunde von der Fortdauer des öffentlichen Spiels daselbst hier eintraf, wurde sogleich nach Maßgabe der Bundesexekutionsordnung eingeschritten; und weil die landgräfliche Regierung durch alle Stadien des vorgeschriebenen Verfahrens hindurch sich weigerte, dem Gesetze zu folgen, so mußte am Ende zur wirklichen Verfügung der Exekution geschritten werden. In dem gegenwärtigen Augenblicke sind die Exekutionstruppen unterwegs, um die Schließung der Bank zu bewerkstelligen.. Wedekind aus Hannover interpellirt den Dreißigerausschuß über das Schicksal seines in letzter Sitzung eingebrachten Antrags. Eine Berathung darüber hat noch nicht stattgefunden, weil der Vorsitzende des Dreißigerausschusses, Therfites Wydenbrugk, keine Sitzung des Ausschusses „veranlaßt“ hat. Von Wesendock und Genossen wird folgender dringlicher Antrag gestellt: In Erwägung, daß das deutsche Volk sich überall zum Schutze der Reichsverfassung erhebt, resp. Sachsen und die baierische Rheinpfalz für dieselben in vollem Aufstande begriffen sind; in Erwägung, daß die Nationalversammlung verpflichtet ist, diese Erhebung zu unterstützen und um so kräftigere Maßregeln zu ergreifen, als die im Dienste der renitenten Regierungen stehenden Bajonette dieselbe zu unterdrücken suchen: In Erwägung, daß insbesondere das preußische Militär verwandt wird, und es daher nothwendig ist, dasselbe über seine Pflicht aufzuklären, beschließt die Nationalversammlung: 1) Sämmtliche deutsche Truppen sind unter den Befehl eines, von der Centralgewalt zu ernennenden Oberkommandanten zu stellen. 2) Sämmtliche deutsche Truppen haben sofort den Eid der Treue gegen die Reichsverfassung und die sie ausführende Reichsgewalt zu leisten. 3) Reichskommissarien werden sofort in alle deutschen Länder und insbesondere zu allen Truppentheilen abgesandt, um diesen Beschluß, sowie denjenigen vom 4. Mai zum Ausführung zu bringen. Die Dringlichkeit wird mit großer Mehrheit anerkannt. (Beifallssturm auf den Gallerien.) Gagern: Ich habe für die Dringlichkeit des Antrags gestimmt, damit die „brennende“ Frage offen behandelt werde. Ich werde aber dagegen sprechen und appellire (mit Bajonetten) an die politische Vernunft und das sittliche Gefühl unseres Volkes. Wir wollen die Verfassung zur Anerkennung bringen. Die Verfassung für die eine überwiegende Mehrheit dieses Hauses einzustehen entschlossen ist, ist verkündet und zur Durchführung sind die Beschlüsse vom 30. April gefaßt worden. In den nächsten Tagen (wenn bezahlte Schurken ihre Intriguen vollendet haben werde ich im Stande sein, Ihnen über die Lage der Dinge aus den Berichten der von der Centralgewalt abgesandten Bevollmächtigten umfassende Mittheilung vorzulegen. Bis dahin bitte ich, daß Sie Ihre Entscheidung verschieben. Bedenken Sie, daß die verschiedenen Theile Deutschlands von so verschiedener Stimmung sind, daß ein Schritt, der hier und da mit Enthusiasmus aufgenommen würde, an anderen Orten (bei den Seckelmeistern der Polizeischufte) uns zum Vorwurfe gemacht werden würde. Ueber die militärischen Hindernisse der Beeidigung wird Ihnen dann der Kriegsminister Eroffnung machen Bei dem Kriege, den wir schon gegen Dänemark mit den vereinten Kräften verschiedener deutscher Staaten führen, bei einem anderen schwereren Kriege der uns zu drohen scheint, wie wäre es da zu rechtfertigen, wenn wir unter die Truppen eine Absonderung brächten, dadurch, daß wir die Einen in Eid nahmen, die Andern (!! welche Naivetat!) nicht. Die Regierungen mussen wir gewinnen, dann werden wir (! die Regierungsbunde!) auch die Heere haben. Ein Eid ist eine heilige Sache, namentlich (!!!) dem deutschen Volke. Wir selbst, die wir die Verfassung geschaffen, haben noch keinen Eid darauf abgelegt (gehört Herr Gagern zum „deutschen Volke“?!), wie dürfen wir von den Truppen einen solchen fordern, wie sie in eine Unsicherheit bringen, hinsichtlich dessen was nun ihre Pflicht ist Ich berufe mich auf Ihr sittliches Gefühl und Sie werden von Ihrem Verlangen abstehen. Es sprechen hierauf noch gegen den Antrag: Reichskriegsminister Peucker, Abgeordneter Riester, Breising, Stavenhagen, für denselben die Abgeordneten Simon von Trier, Vogt, Zimmermann von Stuttgart, Wigard und Rösler von Oels. Bei namentlicher Abstimmung wird die vom Abg. Briegleb beantragte motivirte Tagesordnung mit 209 gegen 140 Stimmen angenommen. Der Antrag M. Mohls auf Rüstungen in den Staaten, welche die Verfassung anerkannt, und Aufstellung eines Parlamentsheeres bei Frankfurt wird nicht fur dringlich erklärt. Der Präsident verliest hierauf eine Erklärung der provisorischen Regierung von Sachsen, worin sie sich unter den Schutz der National-Versammlung stellt, so wie mehrere hierauf bezügliche Anträge der Abgeordneten Henkel, Wigard, v. Trützschler, Erbe, welche das Einschreiten der Centralgewalt nöthigenfalls mit bewaffneter Hand zum Schutze der Bewegung in Sachsen und zur Abwehr jeder auswärtigen, besonders preußischen, gewaltsamen Einmischung bezwecken. Die Dringlichkeit der Anträge wird anerkannt; die Berathung über den Antrag selbst aber führt zu einem „tumultuarischen Auftritt“ in der Versammlung, in dessen Folge die Sitzung (um 1 1/2 Uhr) auf eine halbe Stunde suspendirt wird. Italien. * Das Geheimniß der französischen Regierungsdepeschen über die Expeditionsarmee ist enträthselt. Die französischen Truppen sind von Avezzana, dem unerschrockenen Vertheidiger Genua's zu zwei verschiedenen Malen auf's Haupt geschlagen worden; General Oudinot ist nur mit genauer Noth der Gefangenschaft entgangen; sein Adjutant und ein großer Theil der Truppen sind geblieben und die Reste der Armee fünf Meilen weit von Rom zurückgetrieben. Wir werden morgen in unserm Hauptblatte die ausführlichen Details über dies Ereigniß mittheilen, welches ohne Zweifel den Sturm in Paris zum Ausbruch bringen wird. Redakteur en chef Karl Marx. Druck von J. W. Dietz.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849. Beilage, S. 1666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz293b_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.