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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1834.

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Panorama des Universums
[Beginn Spaltensatz] rung zu suchen. Er verwüstet die Felder und greift
bei großem Hunger auch lebende Thiere an.

Der Eber lebt 25 bis 30 Jahre, doch ist er
schon im zweiten Jahre zur Vermehrung seiner Gat-
tung reif. Die wilde Sau, oder Bache bringt nur
einmal im Jahre von 2 bis 10 Ferkeln, und wählt
dazu einen heimlichen Zufluchtsort, der selbst dem
Eber unbekannt ist, und wo weder Wölfe noch Men-
schen sie entdecken können. Wenn trotz ihrer Vorsicht
ein Feind sich ihren Jungen nahet, vertheidigt sie
selbe tapfer; die Ferkeln verlassen die Bache erst
sehr spät, und wenn manche Alte mit ihren Jungen
von zwei bis drei Jahren durch den Wald zieht, so
bilden sie eine sehr zahlreiche Gesellschaft, welche im
Fall eines feindlichen Angriffs alle Vertheidigungs-
mittel anwendet, die ihr zu Gebote stehen. Die stär-
keren Thiere nehmen die kleinern und schwächern in
die Mitte, decken sie, dicht aneinander gedrängt, vor
der Gefahr, und zeigen dem Gegner ihre furchtbaren
Hauer. Mit 6 bis 7 Jahren haben die Schweine
ihren ganzen Wachsthum vollendet, und bei dem
männlichen Thiere verliert sich um diese Zeit der
Charakter der Geselligkeit. Die alten Eber leben
gewöhnlich in der Einsamkeit als verwüstende Gäste
der Wälder und Fluren, als furchtbare Gegner der
Jäger, denen sie mit Wuth, oft mit Erfolg wider-
stehen. Sie erliegen selten, ohne die Sieger ihre
Niederlage theuer bezahlen zu lassen, indem sie eini-
gen Hunden den Unterleib aufgeschlitzt, oft die Jäger
selbst die Gewalt ihrer Hauer fühlen ließen.

Wenn man dahin gelangt ist, den Eber aus
seinem Lager aufzubringen, und er sieht die Unmög-
lichkeit ein, der bewaffneten Menge der Jäger gera-
dezu zu widerstehen, so flieht er anfangs, aber lang-
sam, und wehe den Hunden, die ihn zu übereilt an-
fallen! Wenn ihn eine Kugel verwundet, hält er an,
erkennt augenblicklich, von wo sie gekommen, und kehrt
um; in Rachgier und mit einem dumpfen Grunzen
auf denjenigen zustürzend, der ihn verwundet, zer-
bricht und vernichtet er Alles, was ihm in den Weg
kommt, und wenn der Verfolgte kein kühner Jäger
ist, der mit dem Jagdmesser bewaffnet, den vierfüßi-
gen Gegner erwartet, und Kraft, Geschicklichkeit und
kaltes Blut genug besitzt, ihm den Todesfang zu ge-
ben, so bleibt ihm keine andere Zuflucht, um sein
Leben vor den gewaltigen Hauern desselben zu be-
wahren, als daß er auf den nächsten besten Baum
hinauf klettre, und die Ehre des Sieges einem seiner
Jagdgenossen überlasse.



Die Frauen in Griechenland.

Die heutigen Griechinnen besitzen nicht mehr die
blendende Schönheit, die man an den alten Statuen
bewundert. Sie sind vielmehr hübsch, als schön, aber
alle haben schöne Augen, eine gleich herniedergehende
Nase und einen etwas langen Hals. Die begüterten
Frauen auf den Jnseln kleiden sich nach Smyrnischer
oder Tinischer Weise, welche der Venetianischen Klei-
dung gleicht. Auf Syra tragen sie sich wie zu
Stambul, d. h. wie die Franken auf Pera. Auf
Mykone gibts Weiber, die zwölf Röcke übereinan-
der haben, ungerechnet die Unterbeinkleider. Eben so
ist es auf Andros. Je dicker ihr Hals ist, für
desto schöner halten sie sich. Eben so ziehen sie fünf
bis sechs Paar Strümpfe an. Das Hauskleid der
katholischen Weiber auf Naros ist im Sommer bei-
nahe wie das der Französinnen, bis auf die Unter-
[Spaltenumbruch] beinkleider. Die Kleidung nach Tinischer Weise be-
steht aus Anzügen der Jtalienerinnen, welche die
griechischen Kaufleute zu Ancona, Sinigaglia,
Venedig
und Neapel kaufen. Die Kleidungen
der Schauspieler gefallen den griechischen Damen am
meisten. Die griechischen Frauen haben viel Gold,
Perlen und Diamanten. Visconti sah welche auf
den Jnseln, die für 2000 Piaster Schmuck, und nur
150 Piaster Einkommen hatten. Auf den Jnseln
bringen sie damit die Zeit hin, daß sie mit ihren
Mädchen Wolle spinnen. Sie leben auf einem sehr
vertrauten Fuß mit diesen, die meistentheils auch eine
eben so gute Erziehung haben, als ihre Gebieterin-
nen. Die Griechen behandeln die Weiber mit weit
weniger Achtung, als die Türken, die sich wegwen-
den, um sie nicht anzusehen, und jeder Frau auf den
Straßen höflich ausweichen. Griechen und alle Mor-
genländer, besonders die Armenier, lassen sich von
ihren Frauen bedienen wie von Dienerinnen. Sie
müssen ihnen ihre Pfeife, ihren Kaffee und ihre Pan-
toffeln herbringen. Auf Pathmos, Stampalia und
Andros würden sie sich entehren, wenn sie mit ei-
nem Fremden äßen. Auf Stampalia würden sie
die Achtung gegen ihre Männer zu verletzen glauben,
wenn sie sich mit ihnen zu Tische setzten, selbst wenn
kein Fremder zugegen ist. Fast eben so war es bei
den Alten.

Wenn bei Neuvermählten auf den Jnseln der
Mann auf die Reise geht, so muß die Frau weinen,
und ein großes Geschrei erheben, um ihre Betrübniß
sehen zu lassen, und darf während seiner Abwesenheit
nicht auf den Ball gehen. Die griechischen Frauen
sind übrigens weit geistreicher als ihre Männer, und,
trotz dieser anscheinenden Dienstbarkeit, doch Herr im
Hause. Wenn sie Geld haben wollen, ohne ihren
Männern etwas davon zu sagen, so verkaufen sie
ihre Vorräthe an Korn, Gerste, Oel u. s. w. Sie
lieben ihre Männer weiter nicht, als so lange sie
reich sind, und beinahe niemals aufrichtig.



Wallfischfang.

Nach den letzten Nachrichten von St. Helena
hat man dort eine Fischerei für den Wallfisch ein-
gerichtet. -- Die Unternehmung soll auf 300 Aktien
begründet werden, deren jede 200 Pfund Sterling
( 2000 fl. ) kostet. Die bedeutendsten Bewohner der
Jnsel haben bereits eine Summe von 2,910 Pf. St.
unterzeichnet.



Das gesellschaftliche Leben in den vereinigten
Staaten von Nordamerika.

Die Bürger der vereinigten Staaten, welche
nicht gereist sind, haben überhaupt entweder allzufreie
oder allzuschüchterne Manieren. Jn der Wissenschaft,
welche Montaigne die des gefälligen Betragens
und der Artigkeit genannt hat, sind sie wenig bewan-
dert. Jhre Sitte, einen Fremden bei der Hand zu
fassen, um ihn in einem oft sehr zahlreichen Kreise
herumzuführen, und abwechselnd seinen und derjenigen
Namen, denen man ihn vorstellt, auszusprechen, ist
für den Fremden unnütz, indem er die fremdklingen-
den Namen nicht im Gedächtnisse behalten kann; aber
ein schneller Uebergang von der ersten Kälte zur inni-
gen Vertraulichkeit ist da eben nichts Seltenes. Bei
Theeparthien sieht man häufig eine große Zahl Her-
ren und Damen einander gegenübersitzen, wie in
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums
[Beginn Spaltensatz] rung zu suchen. Er verwüstet die Felder und greift
bei großem Hunger auch lebende Thiere an.

Der Eber lebt 25 bis 30 Jahre, doch ist er
schon im zweiten Jahre zur Vermehrung seiner Gat-
tung reif. Die wilde Sau, oder Bache bringt nur
einmal im Jahre von 2 bis 10 Ferkeln, und wählt
dazu einen heimlichen Zufluchtsort, der selbst dem
Eber unbekannt ist, und wo weder Wölfe noch Men-
schen sie entdecken können. Wenn trotz ihrer Vorsicht
ein Feind sich ihren Jungen nahet, vertheidigt sie
selbe tapfer; die Ferkeln verlassen die Bache erst
sehr spät, und wenn manche Alte mit ihren Jungen
von zwei bis drei Jahren durch den Wald zieht, so
bilden sie eine sehr zahlreiche Gesellschaft, welche im
Fall eines feindlichen Angriffs alle Vertheidigungs-
mittel anwendet, die ihr zu Gebote stehen. Die stär-
keren Thiere nehmen die kleinern und schwächern in
die Mitte, decken sie, dicht aneinander gedrängt, vor
der Gefahr, und zeigen dem Gegner ihre furchtbaren
Hauer. Mit 6 bis 7 Jahren haben die Schweine
ihren ganzen Wachsthum vollendet, und bei dem
männlichen Thiere verliert sich um diese Zeit der
Charakter der Geselligkeit. Die alten Eber leben
gewöhnlich in der Einsamkeit als verwüstende Gäste
der Wälder und Fluren, als furchtbare Gegner der
Jäger, denen sie mit Wuth, oft mit Erfolg wider-
stehen. Sie erliegen selten, ohne die Sieger ihre
Niederlage theuer bezahlen zu lassen, indem sie eini-
gen Hunden den Unterleib aufgeschlitzt, oft die Jäger
selbst die Gewalt ihrer Hauer fühlen ließen.

Wenn man dahin gelangt ist, den Eber aus
seinem Lager aufzubringen, und er sieht die Unmög-
lichkeit ein, der bewaffneten Menge der Jäger gera-
dezu zu widerstehen, so flieht er anfangs, aber lang-
sam, und wehe den Hunden, die ihn zu übereilt an-
fallen! Wenn ihn eine Kugel verwundet, hält er an,
erkennt augenblicklich, von wo sie gekommen, und kehrt
um; in Rachgier und mit einem dumpfen Grunzen
auf denjenigen zustürzend, der ihn verwundet, zer-
bricht und vernichtet er Alles, was ihm in den Weg
kommt, und wenn der Verfolgte kein kühner Jäger
ist, der mit dem Jagdmesser bewaffnet, den vierfüßi-
gen Gegner erwartet, und Kraft, Geschicklichkeit und
kaltes Blut genug besitzt, ihm den Todesfang zu ge-
ben, so bleibt ihm keine andere Zuflucht, um sein
Leben vor den gewaltigen Hauern desselben zu be-
wahren, als daß er auf den nächsten besten Baum
hinauf klettre, und die Ehre des Sieges einem seiner
Jagdgenossen überlasse.



Die Frauen in Griechenland.

Die heutigen Griechinnen besitzen nicht mehr die
blendende Schönheit, die man an den alten Statuen
bewundert. Sie sind vielmehr hübsch, als schön, aber
alle haben schöne Augen, eine gleich herniedergehende
Nase und einen etwas langen Hals. Die begüterten
Frauen auf den Jnseln kleiden sich nach Smyrnischer
oder Tinischer Weise, welche der Venetianischen Klei-
dung gleicht. Auf Syra tragen sie sich wie zu
Stambul, d. h. wie die Franken auf Pera. Auf
Mykone gibts Weiber, die zwölf Röcke übereinan-
der haben, ungerechnet die Unterbeinkleider. Eben so
ist es auf Andros. Je dicker ihr Hals ist, für
desto schöner halten sie sich. Eben so ziehen sie fünf
bis sechs Paar Strümpfe an. Das Hauskleid der
katholischen Weiber auf Naros ist im Sommer bei-
nahe wie das der Französinnen, bis auf die Unter-
[Spaltenumbruch] beinkleider. Die Kleidung nach Tinischer Weise be-
steht aus Anzügen der Jtalienerinnen, welche die
griechischen Kaufleute zu Ancona, Sinigaglia,
Venedig
und Neapel kaufen. Die Kleidungen
der Schauspieler gefallen den griechischen Damen am
meisten. Die griechischen Frauen haben viel Gold,
Perlen und Diamanten. Visconti sah welche auf
den Jnseln, die für 2000 Piaster Schmuck, und nur
150 Piaster Einkommen hatten. Auf den Jnseln
bringen sie damit die Zeit hin, daß sie mit ihren
Mädchen Wolle spinnen. Sie leben auf einem sehr
vertrauten Fuß mit diesen, die meistentheils auch eine
eben so gute Erziehung haben, als ihre Gebieterin-
nen. Die Griechen behandeln die Weiber mit weit
weniger Achtung, als die Türken, die sich wegwen-
den, um sie nicht anzusehen, und jeder Frau auf den
Straßen höflich ausweichen. Griechen und alle Mor-
genländer, besonders die Armenier, lassen sich von
ihren Frauen bedienen wie von Dienerinnen. Sie
müssen ihnen ihre Pfeife, ihren Kaffee und ihre Pan-
toffeln herbringen. Auf Pathmos, Stampalia und
Andros würden sie sich entehren, wenn sie mit ei-
nem Fremden äßen. Auf Stampalia würden sie
die Achtung gegen ihre Männer zu verletzen glauben,
wenn sie sich mit ihnen zu Tische setzten, selbst wenn
kein Fremder zugegen ist. Fast eben so war es bei
den Alten.

Wenn bei Neuvermählten auf den Jnseln der
Mann auf die Reise geht, so muß die Frau weinen,
und ein großes Geschrei erheben, um ihre Betrübniß
sehen zu lassen, und darf während seiner Abwesenheit
nicht auf den Ball gehen. Die griechischen Frauen
sind übrigens weit geistreicher als ihre Männer, und,
trotz dieser anscheinenden Dienstbarkeit, doch Herr im
Hause. Wenn sie Geld haben wollen, ohne ihren
Männern etwas davon zu sagen, so verkaufen sie
ihre Vorräthe an Korn, Gerste, Oel u. s. w. Sie
lieben ihre Männer weiter nicht, als so lange sie
reich sind, und beinahe niemals aufrichtig.



Wallfischfang.

Nach den letzten Nachrichten von St. Helena
hat man dort eine Fischerei für den Wallfisch ein-
gerichtet. — Die Unternehmung soll auf 300 Aktien
begründet werden, deren jede 200 Pfund Sterling
( 2000 fl. ) kostet. Die bedeutendsten Bewohner der
Jnsel haben bereits eine Summe von 2,910 Pf. St.
unterzeichnet.



Das gesellschaftliche Leben in den vereinigten
Staaten von Nordamerika.

Die Bürger der vereinigten Staaten, welche
nicht gereist sind, haben überhaupt entweder allzufreie
oder allzuschüchterne Manieren. Jn der Wissenschaft,
welche Montaigne die des gefälligen Betragens
und der Artigkeit genannt hat, sind sie wenig bewan-
dert. Jhre Sitte, einen Fremden bei der Hand zu
fassen, um ihn in einem oft sehr zahlreichen Kreise
herumzuführen, und abwechselnd seinen und derjenigen
Namen, denen man ihn vorstellt, auszusprechen, ist
für den Fremden unnütz, indem er die fremdklingen-
den Namen nicht im Gedächtnisse behalten kann; aber
ein schneller Uebergang von der ersten Kälte zur inni-
gen Vertraulichkeit ist da eben nichts Seltenes. Bei
Theeparthien sieht man häufig eine große Zahl Her-
ren und Damen einander gegenübersitzen, wie in
[Ende Spaltensatz]

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Mit 6 bis 7 Jahren haben die Schweine ihren ganzen Wachsthum vollendet, und bei dem männlichen Thiere verliert sich um diese Zeit der Charakter der Geselligkeit. Die alten Eber leben gewöhnlich in der Einsamkeit als verwüstende Gäste der Wälder und Fluren, als furchtbare Gegner der Jäger, denen sie mit Wuth, oft mit Erfolg wider- stehen. Sie erliegen selten, ohne die Sieger ihre Niederlage theuer bezahlen zu lassen, indem sie eini- gen Hunden den Unterleib aufgeschlitzt, oft die Jäger selbst die Gewalt ihrer Hauer fühlen ließen. Wenn man dahin gelangt ist, den Eber aus seinem Lager aufzubringen, und er sieht die Unmög- lichkeit ein, der bewaffneten Menge der Jäger gera- dezu zu widerstehen, so flieht er anfangs, aber lang- sam, und wehe den Hunden, die ihn zu übereilt an- fallen! 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Die begüterten Frauen auf den Jnseln kleiden sich nach Smyrnischer oder Tinischer Weise, welche der Venetianischen Klei- dung gleicht. Auf Syra tragen sie sich wie zu Stambul, d. h. wie die Franken auf Pera. Auf Mykone gibts Weiber, die zwölf Röcke übereinan- der haben, ungerechnet die Unterbeinkleider. Eben so ist es auf Andros. Je dicker ihr Hals ist, für desto schöner halten sie sich. Eben so ziehen sie fünf bis sechs Paar Strümpfe an. Das Hauskleid der katholischen Weiber auf Naros ist im Sommer bei- nahe wie das der Französinnen, bis auf die Unter- beinkleider. Die Kleidung nach Tinischer Weise be- steht aus Anzügen der Jtalienerinnen, welche die griechischen Kaufleute zu Ancona, Sinigaglia, Venedig und Neapel kaufen. Die Kleidungen der Schauspieler gefallen den griechischen Damen am meisten. Die griechischen Frauen haben viel Gold, Perlen und Diamanten. Visconti sah welche auf den Jnseln, die für 2000 Piaster Schmuck, und nur 150 Piaster Einkommen hatten. Auf den Jnseln bringen sie damit die Zeit hin, daß sie mit ihren Mädchen Wolle spinnen. Sie leben auf einem sehr vertrauten Fuß mit diesen, die meistentheils auch eine eben so gute Erziehung haben, als ihre Gebieterin- nen. Die Griechen behandeln die Weiber mit weit weniger Achtung, als die Türken, die sich wegwen- den, um sie nicht anzusehen, und jeder Frau auf den Straßen höflich ausweichen. Griechen und alle Mor- genländer, besonders die Armenier, lassen sich von ihren Frauen bedienen wie von Dienerinnen. Sie müssen ihnen ihre Pfeife, ihren Kaffee und ihre Pan- toffeln herbringen. Auf Pathmos, Stampalia und Andros würden sie sich entehren, wenn sie mit ei- nem Fremden äßen. Auf Stampalia würden sie die Achtung gegen ihre Männer zu verletzen glauben, wenn sie sich mit ihnen zu Tische setzten, selbst wenn kein Fremder zugegen ist. Fast eben so war es bei den Alten. Wenn bei Neuvermählten auf den Jnseln der Mann auf die Reise geht, so muß die Frau weinen, und ein großes Geschrei erheben, um ihre Betrübniß sehen zu lassen, und darf während seiner Abwesenheit nicht auf den Ball gehen. Die griechischen Frauen sind übrigens weit geistreicher als ihre Männer, und, trotz dieser anscheinenden Dienstbarkeit, doch Herr im Hause. Wenn sie Geld haben wollen, ohne ihren Männern etwas davon zu sagen, so verkaufen sie ihre Vorräthe an Korn, Gerste, Oel u. s. w. Sie lieben ihre Männer weiter nicht, als so lange sie reich sind, und beinahe niemals aufrichtig. Wallfischfang. Nach den letzten Nachrichten von St. Helena hat man dort eine Fischerei für den Wallfisch ein- gerichtet. — Die Unternehmung soll auf 300 Aktien begründet werden, deren jede 200 Pfund Sterling ( 2000 fl. ) kostet. Die bedeutendsten Bewohner der Jnsel haben bereits eine Summe von 2,910 Pf. St. unterzeichnet. Das gesellschaftliche Leben in den vereinigten Staaten von Nordamerika. Die Bürger der vereinigten Staaten, welche nicht gereist sind, haben überhaupt entweder allzufreie oder allzuschüchterne Manieren. Jn der Wissenschaft, welche Montaigne die des gefälligen Betragens und der Artigkeit genannt hat, sind sie wenig bewan- dert. Jhre Sitte, einen Fremden bei der Hand zu fassen, um ihn in einem oft sehr zahlreichen Kreise herumzuführen, und abwechselnd seinen und derjenigen Namen, denen man ihn vorstellt, auszusprechen, ist für den Fremden unnütz, indem er die fremdklingen- den Namen nicht im Gedächtnisse behalten kann; aber ein schneller Uebergang von der ersten Kälte zur inni- gen Vertraulichkeit ist da eben nichts Seltenes. Bei Theeparthien sieht man häufig eine große Zahl Her- ren und Damen einander gegenübersitzen, wie in

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1834, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama09_1834/6>, abgerufen am 14.06.2024.