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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 37. Leipzig (Sachsen), 16. September 1843.

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Luftdruckmaschine zur Schiffahrt.

Ein Pole, Lewinski, in Frankreich naturalisirt, hat eine
Luftdruckmaschine erfunden, mittels der er in einem klei-
nen Fahrzeuge bei sehr unruhiger See einen Weg, bei
einer mittlern Geschwindigkeit, von 3--4 Knoten zurückge-
legt hat. Schon in Rom hatte er Versuche gemacht, welche
die Aufmerksamkeit des englischen Consuls so auf sich
zogen, daß dieser an seine Regierung berichtete. Jn Folge
dessen schrieben die Lords der Admiralität an ihn, daß
er seine Erfindung in England producire, und versprachen
ihm allen Schutz und Beistand. Lewinski hat aber sei-
nem Adoptivvaterlande seine Entdeckung zuerst mitzuthei-
len gewünscht und es ist ihm nun in Toulon ein Boot
zur Verfügung gestellt worden zu Versuchen mit seiner
Erfindung.



Das sächsische Lustlager bei Zeithayn vom
30. Mai bis 29. Juni
1730.

Dieses Lustlager, zu jener Zeit das Zeithayner Campe-
ment genannt, ward von Friedrich August dem Star-
ken, Kurfürsten von Sachsen und König von Polen,
unfern vom rechten Elbufer unterhalb Meißen nördlich
vom Dorfe Zeithayn gehalten, und ist vielleicht einzig in
seiner Art.

Der Kurfürst hatte seine Armee neu ausgerüstet und
auf 30,000 Mann vermehrt und um ihren Glanz, ihre
neue Bekleidung, ihre Übung in der neuen französischen
Taktik zu zeigen und sich und befreundeten Fürsten ein
militairisches Schauspiel zu geben, veranstaltete er das
Lager. Das an drei Quadratstunden betragende freie
Feld jener Gegend wurde für nicht zulänglich befunden
und es mußten daher 500 Bauern und 250 Bergleute
einen Theil der königlichen Gohrischhaide niederschlagen
und den Raum ebnen. Sechs steinerne Pyramiden an
den Lagerecken wurden zu Richtpunkten aufgestellt.

Zur Aufnahme der hohen Herrschaften -- es waren
außer den Königen von Polen und Preußen und den
beiden Kronprinzen dieser Staaten 44 Fürsten, 69 Gra-
fen, 20 Minister, zahlreiche Generale und andere Perso-
nen hohen Ranges anwesend -- waren ungeheure Paläste
von Holz und Zelte errichtet. Jm königlichen Tafelzelt
wurde auf Gold, an der Marschallstafel auf Silber
gespeist.

Die Truppen bestanden aus 27,000 Mann Fußvolk
und 7000 Mann Reiterei. Das Janitscharencorps war
nach türkischer Sitte bekleidet und ausgerüstet und sein
türkisches Musikcorps bestand aus 20 Mohren. Auch eine
Flotte von 50 Gondeln war ausgerüstet, die durch Holz-
und Leinwandbekleidung zu Fregatten, Brigantinen u. s. w.
umgestaltet und mit 550 holländisch gekleideten Boots-
knechten bemannt waren. Der Bucentaur, das der
Kronprinzessin gehörige Schiff, kostete allein 15,000
Thaler. Jn Streumen befand sich das Opernhaus und
nördlich vom Lagerplatze der sogenannte Jagdschirm, ein
ringsum mit Terrassen für 4000 Zuschauer versehenes
palastähnliches Gebäude.

Am 1. Juni war Generalrevue, am 2. Rasttag, am
3. Dragonermanoeuvre, am 4. Rasttag, Gottesdienst und
Abends glänzender Ball; am 5. Cavaleriemanoeuvre, am
6. Rasttag und Abends Concert; vom 7.--9. Juni wurden
die größern Übungen ausgesetzt, da die beiden Könige und
viele hohe Herren, die sich bei der Tafel, und viele Sol-
daten, die sich bei den Manoeuvres verdorben hatten,
unwohl befanden. Am 10. Jnfanteriemanoeuvre, am
[Spaltenumbruch] 11. Gottesdienst und Fahnenraub. Die Uhlanen besaßen
nämlich noch keine Fahne und der König hatte ihnen er-
laubt, sich eine von den andern Regimentern heimlich
zu verschaffen. Die Uhlanen bekamen aber statt einer Fahne
blutige Köpfe. Am 12. Juni Artilleriemanoeuvre, wie
auch am 15. und 17. Am 13. Juni Lanzenwerfen der
"Panzernen", gepanzerte polnische Offiziere, die dem Kö-
nig im Felde vorritten; wie auch später Pfeilschießen der
Uhlanen. Am 14. Rasttag, wie auch am 16., und
Abends Oper. Am 18. Juni Kirche, wonach die Herr-
schaften auf der Flotte speisten. Am 21. Juni war
großes Manoeuvre, eine Schlacht darstellend, wobei eine
Redoute am Elbufer erobert und die Faßbrücke gesprengt
wurde. Am 23. Hauptmanoeuvre. Am 24. Juni gro-
ßes Feuerwerk. Hierzu hatten 200 Zimmerleute auf dem
jenseitigen Elbufer ein 80 Ellen hohes und 200 Ellen
breites, einen Palast und Transparents darstellendes Ge-
rüst gebaut, wozu 18,000 Stämme Holz, ebenso viel
Breter, und 6000 Ellen Leinwand, von [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]Malern deco-
rirt, verwendet wurden. Durch 400 Zimmerleute erfolgte
die Jllumination, zu der 60 Kanonen das Signal ga-
ben, 48 Mörser Leuchtkugeln warfen u. s. w. Zu glei-
cher Zeit segelte die ebenfalls bis auf die Mastspitze illu-
minirte Flotte, von feuerspeienden Walfischen und Delphi-
nen angeführt, an den dem Feuerwerk gegenüber in einem
Pavillon versammelten hohen Herrschaften vorbei. Am
25. Juni Feier der Übergabe der augsburgischen Confes-
sion, am 26. Juni wieder ein großes Gastmahl, wobei
die ganze Armee in zwei langen Linien gespeist ward.
Jeder Gemeine erhielt einen hölzernen Teller, Brot, Rin-
derbraten und ein Maß Wein. Es waren hierzu 80
Ochsen geschlachtet worden. Nach der Tafel warfen die
Soldaten ihre Teller in die Elbe. Am 27. und 28.
Juni wurden große Jagden veranstaltet, bei denen man
gegen 600 Hirsche und Rehe, 400 Wildschweine und
anderes Wild erlegte. Am 29. nahmen die beiden Kö-
nige Abschied von einander und am 30. Juni erfolgte
der Abmarsch der Regimenter. Zum Nachtessen bei dem
großen Lagerschmaus am 26. Juni ward ein Kuchen ge-
backen, der seines Gleichen sucht. Es wurde hierzu ein
Backofen eigens erbaut, 14 Ellen lang, 6 Ellen breit
und eine halbe Elle hoch. Zu dem Kuchen nahm man
18 Scheffel Mehl, 82 Schock Eier, 3 Tonnen Milch,
1 Tonne Hefen, 1 Tonne Butter. Ein Zimmermann
mit einem drei Ellen langen Messer zertheilte ihn unter
Aufsicht des Landbaumeisters. Der Aufwand für das
Lager betrug 1 Million Thlr.



Sklaverei bei den Ameisen.

Newman führt in seiner "Naturgeschichte der Jnsekten"
folgenden merkwürdigen Zug aus der Naturgeschichte der
Ameisen an: Es gibt eine Art rother Ameisen, welche die
Gewohnheit haben, sich der Arbeiterinnen einer andern
schwarzen Art zu bemächtigen, um sie zur Arbeit für ihre
Gemeinde zu zwingen. Die Zeit, welche die Ameisen-
räuber gewöhnlich zu ihrer Freibeuterei anwenden, dauert
sechs Wochen und beginnt nie vor der Zeit des Ent-
puppens.

Wenn sich die rothen Ameisen zu einem Raubzuge
rüsten, schicken sie Spione aus, welche den Aufenthalts-
ort der schwarzen ausspähen müssen. Sobald die Spione
einen schwarzen Stamm entdeckt haben, kehren sie sogleich
um und benachrichtigen ihre Absender von ihrer Ent-
deckung. Nun setzt sich die Armee der rothen Ameisen
sogleich in Bewegung, voran zieht ein Vordertreffen, das
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Luftdruckmaschine zur Schiffahrt.

Ein Pole, Lewinski, in Frankreich naturalisirt, hat eine
Luftdruckmaschine erfunden, mittels der er in einem klei-
nen Fahrzeuge bei sehr unruhiger See einen Weg, bei
einer mittlern Geschwindigkeit, von 3—4 Knoten zurückge-
legt hat. Schon in Rom hatte er Versuche gemacht, welche
die Aufmerksamkeit des englischen Consuls so auf sich
zogen, daß dieser an seine Regierung berichtete. Jn Folge
dessen schrieben die Lords der Admiralität an ihn, daß
er seine Erfindung in England producire, und versprachen
ihm allen Schutz und Beistand. Lewinski hat aber sei-
nem Adoptivvaterlande seine Entdeckung zuerst mitzuthei-
len gewünscht und es ist ihm nun in Toulon ein Boot
zur Verfügung gestellt worden zu Versuchen mit seiner
Erfindung.



Das sächsische Lustlager bei Zeithayn vom
30. Mai bis 29. Juni
1730.

Dieses Lustlager, zu jener Zeit das Zeithayner Campe-
ment genannt, ward von Friedrich August dem Star-
ken, Kurfürsten von Sachsen und König von Polen,
unfern vom rechten Elbufer unterhalb Meißen nördlich
vom Dorfe Zeithayn gehalten, und ist vielleicht einzig in
seiner Art.

Der Kurfürst hatte seine Armee neu ausgerüstet und
auf 30,000 Mann vermehrt und um ihren Glanz, ihre
neue Bekleidung, ihre Übung in der neuen französischen
Taktik zu zeigen und sich und befreundeten Fürsten ein
militairisches Schauspiel zu geben, veranstaltete er das
Lager. Das an drei Quadratstunden betragende freie
Feld jener Gegend wurde für nicht zulänglich befunden
und es mußten daher 500 Bauern und 250 Bergleute
einen Theil der königlichen Gohrischhaide niederschlagen
und den Raum ebnen. Sechs steinerne Pyramiden an
den Lagerecken wurden zu Richtpunkten aufgestellt.

Zur Aufnahme der hohen Herrschaften — es waren
außer den Königen von Polen und Preußen und den
beiden Kronprinzen dieser Staaten 44 Fürsten, 69 Gra-
fen, 20 Minister, zahlreiche Generale und andere Perso-
nen hohen Ranges anwesend — waren ungeheure Paläste
von Holz und Zelte errichtet. Jm königlichen Tafelzelt
wurde auf Gold, an der Marschallstafel auf Silber
gespeist.

Die Truppen bestanden aus 27,000 Mann Fußvolk
und 7000 Mann Reiterei. Das Janitscharencorps war
nach türkischer Sitte bekleidet und ausgerüstet und sein
türkisches Musikcorps bestand aus 20 Mohren. Auch eine
Flotte von 50 Gondeln war ausgerüstet, die durch Holz-
und Leinwandbekleidung zu Fregatten, Brigantinen u. s. w.
umgestaltet und mit 550 holländisch gekleideten Boots-
knechten bemannt waren. Der Bucentaur, das der
Kronprinzessin gehörige Schiff, kostete allein 15,000
Thaler. Jn Streumen befand sich das Opernhaus und
nördlich vom Lagerplatze der sogenannte Jagdschirm, ein
ringsum mit Terrassen für 4000 Zuschauer versehenes
palastähnliches Gebäude.

Am 1. Juni war Generalrevue, am 2. Rasttag, am
3. Dragonermanoeuvre, am 4. Rasttag, Gottesdienst und
Abends glänzender Ball; am 5. Cavaleriemanoeuvre, am
6. Rasttag und Abends Concert; vom 7.—9. Juni wurden
die größern Übungen ausgesetzt, da die beiden Könige und
viele hohe Herren, die sich bei der Tafel, und viele Sol-
daten, die sich bei den Manoeuvres verdorben hatten,
unwohl befanden. Am 10. Jnfanteriemanoeuvre, am
[Spaltenumbruch] 11. Gottesdienst und Fahnenraub. Die Uhlanen besaßen
nämlich noch keine Fahne und der König hatte ihnen er-
laubt, sich eine von den andern Regimentern heimlich
zu verschaffen. Die Uhlanen bekamen aber statt einer Fahne
blutige Köpfe. Am 12. Juni Artilleriemanoeuvre, wie
auch am 15. und 17. Am 13. Juni Lanzenwerfen der
„Panzernen“, gepanzerte polnische Offiziere, die dem Kö-
nig im Felde vorritten; wie auch später Pfeilschießen der
Uhlanen. Am 14. Rasttag, wie auch am 16., und
Abends Oper. Am 18. Juni Kirche, wonach die Herr-
schaften auf der Flotte speisten. Am 21. Juni war
großes Manoeuvre, eine Schlacht darstellend, wobei eine
Redoute am Elbufer erobert und die Faßbrücke gesprengt
wurde. Am 23. Hauptmanoeuvre. Am 24. Juni gro-
ßes Feuerwerk. Hierzu hatten 200 Zimmerleute auf dem
jenseitigen Elbufer ein 80 Ellen hohes und 200 Ellen
breites, einen Palast und Transparents darstellendes Ge-
rüst gebaut, wozu 18,000 Stämme Holz, ebenso viel
Breter, und 6000 Ellen Leinwand, von [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]Malern deco-
rirt, verwendet wurden. Durch 400 Zimmerleute erfolgte
die Jllumination, zu der 60 Kanonen das Signal ga-
ben, 48 Mörser Leuchtkugeln warfen u. s. w. Zu glei-
cher Zeit segelte die ebenfalls bis auf die Mastspitze illu-
minirte Flotte, von feuerspeienden Walfischen und Delphi-
nen angeführt, an den dem Feuerwerk gegenüber in einem
Pavillon versammelten hohen Herrschaften vorbei. Am
25. Juni Feier der Übergabe der augsburgischen Confes-
sion, am 26. Juni wieder ein großes Gastmahl, wobei
die ganze Armee in zwei langen Linien gespeist ward.
Jeder Gemeine erhielt einen hölzernen Teller, Brot, Rin-
derbraten und ein Maß Wein. Es waren hierzu 80
Ochsen geschlachtet worden. Nach der Tafel warfen die
Soldaten ihre Teller in die Elbe. Am 27. und 28.
Juni wurden große Jagden veranstaltet, bei denen man
gegen 600 Hirsche und Rehe, 400 Wildschweine und
anderes Wild erlegte. Am 29. nahmen die beiden Kö-
nige Abschied von einander und am 30. Juni erfolgte
der Abmarsch der Regimenter. Zum Nachtessen bei dem
großen Lagerschmaus am 26. Juni ward ein Kuchen ge-
backen, der seines Gleichen sucht. Es wurde hierzu ein
Backofen eigens erbaut, 14 Ellen lang, 6 Ellen breit
und eine halbe Elle hoch. Zu dem Kuchen nahm man
18 Scheffel Mehl, 82 Schock Eier, 3 Tonnen Milch,
1 Tonne Hefen, 1 Tonne Butter. Ein Zimmermann
mit einem drei Ellen langen Messer zertheilte ihn unter
Aufsicht des Landbaumeisters. Der Aufwand für das
Lager betrug 1 Million Thlr.



Sklaverei bei den Ameisen.

Newman führt in seiner „Naturgeschichte der Jnsekten“
folgenden merkwürdigen Zug aus der Naturgeschichte der
Ameisen an: Es gibt eine Art rother Ameisen, welche die
Gewohnheit haben, sich der Arbeiterinnen einer andern
schwarzen Art zu bemächtigen, um sie zur Arbeit für ihre
Gemeinde zu zwingen. Die Zeit, welche die Ameisen-
räuber gewöhnlich zu ihrer Freibeuterei anwenden, dauert
sechs Wochen und beginnt nie vor der Zeit des Ent-
puppens.

Wenn sich die rothen Ameisen zu einem Raubzuge
rüsten, schicken sie Spione aus, welche den Aufenthalts-
ort der schwarzen ausspähen müssen. Sobald die Spione
einen schwarzen Stamm entdeckt haben, kehren sie sogleich
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Dieses Lustlager, zu jener Zeit das Zeithayner Campe- ment genannt, ward von Friedrich August dem Star- ken, Kurfürsten von Sachsen und König von Polen, unfern vom rechten Elbufer unterhalb Meißen nördlich vom Dorfe Zeithayn gehalten, und ist vielleicht einzig in seiner Art. Der Kurfürst hatte seine Armee neu ausgerüstet und auf 30,000 Mann vermehrt und um ihren Glanz, ihre neue Bekleidung, ihre Übung in der neuen französischen Taktik zu zeigen und sich und befreundeten Fürsten ein militairisches Schauspiel zu geben, veranstaltete er das Lager. Das an drei Quadratstunden betragende freie Feld jener Gegend wurde für nicht zulänglich befunden und es mußten daher 500 Bauern und 250 Bergleute einen Theil der königlichen Gohrischhaide niederschlagen und den Raum ebnen. Sechs steinerne Pyramiden an den Lagerecken wurden zu Richtpunkten aufgestellt. 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Jn Streumen befand sich das Opernhaus und nördlich vom Lagerplatze der sogenannte Jagdschirm, ein ringsum mit Terrassen für 4000 Zuschauer versehenes palastähnliches Gebäude. Am 1. Juni war Generalrevue, am 2. Rasttag, am 3. Dragonermanoeuvre, am 4. Rasttag, Gottesdienst und Abends glänzender Ball; am 5. Cavaleriemanoeuvre, am 6. Rasttag und Abends Concert; vom 7.—9. Juni wurden die größern Übungen ausgesetzt, da die beiden Könige und viele hohe Herren, die sich bei der Tafel, und viele Sol- daten, die sich bei den Manoeuvres verdorben hatten, unwohl befanden. Am 10. Jnfanteriemanoeuvre, am 11. Gottesdienst und Fahnenraub. Die Uhlanen besaßen nämlich noch keine Fahne und der König hatte ihnen er- laubt, sich eine von den andern Regimentern heimlich zu verschaffen. Die Uhlanen bekamen aber statt einer Fahne blutige Köpfe. Am 12. Juni Artilleriemanoeuvre, wie auch am 15. und 17. Am 13. Juni Lanzenwerfen der „Panzernen“, gepanzerte polnische Offiziere, die dem Kö- nig im Felde vorritten; wie auch später Pfeilschießen der Uhlanen. Am 14. Rasttag, wie auch am 16., und Abends Oper. Am 18. Juni Kirche, wonach die Herr- schaften auf der Flotte speisten. Am 21. Juni war großes Manoeuvre, eine Schlacht darstellend, wobei eine Redoute am Elbufer erobert und die Faßbrücke gesprengt wurde. Am 23. Hauptmanoeuvre. Am 24. Juni gro- ßes Feuerwerk. Hierzu hatten 200 Zimmerleute auf dem jenseitigen Elbufer ein 80 Ellen hohes und 200 Ellen breites, einen Palast und Transparents darstellendes Ge- rüst gebaut, wozu 18,000 Stämme Holz, ebenso viel Breter, und 6000 Ellen Leinwand, von ______Malern deco- rirt, verwendet wurden. Durch 400 Zimmerleute erfolgte die Jllumination, zu der 60 Kanonen das Signal ga- ben, 48 Mörser Leuchtkugeln warfen u. s. w. Zu glei- cher Zeit segelte die ebenfalls bis auf die Mastspitze illu- minirte Flotte, von feuerspeienden Walfischen und Delphi- nen angeführt, an den dem Feuerwerk gegenüber in einem Pavillon versammelten hohen Herrschaften vorbei. Am 25. Juni Feier der Übergabe der augsburgischen Confes- sion, am 26. Juni wieder ein großes Gastmahl, wobei die ganze Armee in zwei langen Linien gespeist ward. Jeder Gemeine erhielt einen hölzernen Teller, Brot, Rin- derbraten und ein Maß Wein. Es waren hierzu 80 Ochsen geschlachtet worden. Nach der Tafel warfen die Soldaten ihre Teller in die Elbe. Am 27. und 28. Juni wurden große Jagden veranstaltet, bei denen man gegen 600 Hirsche und Rehe, 400 Wildschweine und anderes Wild erlegte. Am 29. nahmen die beiden Kö- nige Abschied von einander und am 30. Juni erfolgte der Abmarsch der Regimenter. Zum Nachtessen bei dem großen Lagerschmaus am 26. Juni ward ein Kuchen ge- backen, der seines Gleichen sucht. Es wurde hierzu ein Backofen eigens erbaut, 14 Ellen lang, 6 Ellen breit und eine halbe Elle hoch. Zu dem Kuchen nahm man 18 Scheffel Mehl, 82 Schock Eier, 3 Tonnen Milch, 1 Tonne Hefen, 1 Tonne Butter. Ein Zimmermann mit einem drei Ellen langen Messer zertheilte ihn unter Aufsicht des Landbaumeisters. Der Aufwand für das Lager betrug 1 Million Thlr. Sklaverei bei den Ameisen. Newman führt in seiner „Naturgeschichte der Jnsekten“ folgenden merkwürdigen Zug aus der Naturgeschichte der Ameisen an: Es gibt eine Art rother Ameisen, welche die Gewohnheit haben, sich der Arbeiterinnen einer andern schwarzen Art zu bemächtigen, um sie zur Arbeit für ihre Gemeinde zu zwingen. Die Zeit, welche die Ameisen- räuber gewöhnlich zu ihrer Freibeuterei anwenden, dauert sechs Wochen und beginnt nie vor der Zeit des Ent- puppens. Wenn sich die rothen Ameisen zu einem Raubzuge rüsten, schicken sie Spione aus, welche den Aufenthalts- ort der schwarzen ausspähen müssen. Sobald die Spione einen schwarzen Stamm entdeckt haben, kehren sie sogleich um und benachrichtigen ihre Absender von ihrer Ent- deckung. Nun setzt sich die Armee der rothen Ameisen sogleich in Bewegung, voran zieht ein Vordertreffen, das

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 37. Leipzig (Sachsen), 16. September 1843, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig037_1843/3>, abgerufen am 17.06.2024.