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Reichspost. Nr. 283, Wien, 10.12.1895.

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283 Wien, Dienstag Reichspost 10. December 1895

[Spaltenumbruch]

schlossen in die That umgesetzt: es wurde die Central-
Krankengeld-Zuschußcasse der katholischen Arbeiter-
vereine Deutschlands mit dem Sitze in Düsseldorf
gegründet.

Die Socialdemokraten Deutschlands in der Ver-
einsorganisation Meister, haben sich der Zuschuß-
cassen in einem Grade bemächtigt, daß neue derartige
Cassengründungen fast unmöglich sind. Als Beispiel
möge die Industriestadt Duisburg dienen, von der
diesbezügliche genaue Angaben vorliegen. Dort
gehören zu den zwei Filialen der "Allgemeinen
Kranken- und Sterbecasse der Metallarbeiter" und
der "Central-Kranken- und Sterbecasse der deutschen
Wagenbauer" mehr als 500 Mitglieder, von denen
fast zwei Drittel nicht Socialdemokraten. sind; von
den Mitgliedern der Centralcasse der Tischler gehörten
ein Drittel nicht der socialdemokratischen Partei an;
außerdem gibt es in Duisburg (60.000 Einwohner)
noch 14 solche unter socialdemokratischen Einflusse
stehende Cassen, denen christlich gesinnte Arbeiter in
größerer Zahl angehören. Abgesehen von einigen
Schwindelcassen, die unter allerlei Vorwänden und
Ausflüchten die Auszahlung der versicherten Kranken-
beträge verweigern.

Solchen Verhältnissen gegenüber ist die Gründung
der Central Krankengeld-Zuschußcasse der katholischen
Arbeitervereine Deutschlands mit vollem
Rechte eine sociale That
zu nennen,
die auch bei uns bekannt zu werden verdient Diese
Casse wird nach Berufen oder Gewerben gegliedert
und schließt durch ihre nach statistischen Angaben
der Krankheitsgefahren für die einzelnen Arbeiter-
gruppen berechneten verschiedenen Beiträge eine Weiter-
entwickelung des Krankenversicherungswesens in sich.
Der Krankenbesuch, eingerichtet nach St. Vincenz-Art
auf Grundlage der Barmherzigkeit und Nächstenliebe,
hofft jede Simulation fernhalten zu können, so daß
die neue Casse nicht nur zur religiösen, sittlichen
und socialen Hebung des Arbeiterstandes, sondern
auch zur Förderung des Vereinslebens dienen wird.
Jede katholische Vereinigung der arbeitenden Stände
(Arbeiter-, Gesellen-, Meister- u. s. w. Vereine,
Congregationen etc.) kann eine örtliche Verwaltungs-
stelle errichten.

(Für jene unserer Leser, die sich für diese
Einrichtung interessiren, sei erwähnt, daß die
Satzungen der Casse vom Präses des christlichen
Ar[beite]r- und Handwerkervereines, Neumann in
Dü[ssel]dorf bezogen werden können.




Reichsrath.
Abgeordnetenhaus.

(Schluß des Berichtes vom Samstag.)

Nach längerer Debatte wurde das Berginspectoren-Ge-
setz in zweiter Lesung angenommen.

Zur Berathung gelangte sodann der Dringlichkeits-
antrag Bareuther betreffend den Schutz der Wahl-
freiheit.

Abg. Dr. Bareuther bemerkt, daß das Bedürfniß
nach einem Gesetz zum Schutze der Wahlfreiheit um so
dringender ist, als demnächst wieder Gemeinderathswahlen
in Wien stattfinden, aber auch Landtags- und Reichsraths-
wahlen vor der Thür stehen und die Wahlbewegung in
den letzten Jahren eine immer größere Ausdehnung genommen
hat. Aber was helfen alle Wahlordnungen, wenn die
schamlosesten Wahlumtriebe straflos bleiben?
Einzelne Länder könnten ja ganze Folianten dazu liefern.
(Rufe: Galizien!) Dalmatien u. s. w. Bei den letzten
Wahlen in Böhmen hat ein Wahlcommissär die Ab-
stimmenden aufgefordert, ihm ihre Stimmzettel offen
vorzulegen. Die Leute ließen sich e[ins]chüchtern, wählten
gar nicht oder wie der Commissär wollte. Anläßlich der
letzten Reichsrathswahl auf der Landstraße konnte
die brutale Wahlbeeinflußung nach unseren Gesetzen keinen
Richter finden. Die Interpellation an die Regierung blieb
unbeantwortet, evenso die Ansrage des Abgeordneten
Dr. Hofmann wegen der Vorkommnisse bei der
Leobener Wahl. Haarsträubende Fälle von Wahl-
vergewaltigung sind durch einen Abgeordneten aus
Galizien zur Kenntniß gebracht worden. Seine Mit-
theilungen blieben unwidersprochen, man hat aber nichts
davon gehört, daß gegen die Vergewaltiger eingeschritten
worden wäre. Anläßlich der Wiener Gemeinde-
rathswahlen
ist an eine Anzahl von Unter-
nehmern das famose Rundschreiben ergangen, in dem
ihnen nahegelegt wurde, die Abhängigkeit der von
ihnen beschäftigten Gewerbsleute zu benützen, um
einen Druck auf die Abstimmung derselben auszuüben.
Bei der jüngsten Gerichtsverhandlung gegen gewisse
Möbelhändler lag ein Fall der crassesten Wahl-
erpressung
vor; das Gericht habe dies in der
Urtheilsbegründung anerkannt, es konnte aber keine
Schuldigsprechung stattfinden, weil nach dem bestehenden
Strasgesetze der Fall nicht unter den Erpressungsbegriff
fällt. Redner bittet, seinen Antrag, der im Interesse aller
Parteien gelegen sei, dem Strafgesetz-Ausschusse zu über-
weisen, damit dieser in kurzer Zeit mit einem zustimmenden
Berichte komme.

Justizminister Dr. Graf Gleispach: Zu dem Dring-
lichkeitsantrag Bareuther wird sich die Regierung entgegen-
kommend verhalten. Sie glaubt sich hierbei in voller Ueber-
einstimmung mit sämmtlichen Parteien dieses Hauses zu
befinden, wenn sie Intentionen, welche dahin gehen, daß
bei den Wahlen die wirkliche Absicht der zur Wahl
Berechtigten zum Ausdruck komme, ihre Unterstützung ent-
gegenbringt und die Hand dazu bietet, daß die diesfalls
bestehenden strafrechtlichen Bestimmungen eine Verschärfung
erfahren.

Abg. Dr. Graf Pininski beantragt, den Antrag
Bareuther dem permanenten Strafgesetz-Ausschuß zu-
zuweisen.


[Spaltenumbruch]

Abg. Dr. Lueger betont, daß das Urtheil des Landes-
gerichtes Wien in Sachen der Möbelhändler nicht auf dem
Gesetze beruhe. In diesem Falle sei vielmehr die An-
schauung des Staatsanwaltes die allein richtige und es liege
das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthä[t]igkeit durch Er-
pressung vor. Daß das vorliegende Gesetz dringend ist,
beweisen gewisse Vorkommnisse bei der letzten Reichsraths-
wahl in Galizien. Wenn es wahr ist, was unwidersprochen
in den Zeitungen stand, daß der Bezirkshauptmann selbst
Gelder gesammelt hat, damit Dr. Trachtenberg und nicht
Dr. Bloch gewäht werde, daß Dr. Trachtenberg 700 Le-
gitimationsurkunden zurückbehalten hat, damit dieselben
von den Blochianern nicht benützt werden können, ist die
Erledigung eines solchen Gesetzes unbedingt nothwendig.
Auf das Gesetz übrigens allein kommt es nicht an; jetzt
schon würden solche Mißbräuche nicht vorkommen, wenn
die geltenden Gesetze entsprechend gehandhabt würden.
Den Bezirkshauptleuten in Galizien ist gegenüber den
Bauern Alles erlaubt; es kommen Dinge vor, die geradezu
haarsträubend sind. Wir werden uns darüber übrigens
noch unterhalten. Es bleiben die galizischen
Landtagswahlen
nicht ein ausschließliches
Privileg des galizischen Landtages. Wir werden
sie in den Bereich der Discussion im Reichsrathe
ziehen, damit die Art und Weise, wie Graf
Badeni verwaltet, etwas näher beleuchtet werde.
Dr. Bloch, dessen Freund ich gewiß nicht bin, war an-
ständig genug, über das Drängen des Polenclubs sein
Mandat zurück zu legen. In unserer Mitte aber befindet
sich immer ein Abgeordneter, von dem es heißt, daß er durch
die Mittel der Corruption in das Haus gekommen ist, daß
er nicht so sehr durch die Stimmen seiner Wähler, als durch
die Würstel, die die Partei für ihn gezahlt, hieher kam.
Dr. Menger, der aus demselben Kronlande gewählt wurde,
hätte Grund, jeden Tag zu interpelliren, wann endlich
einmal über diesen Schandsleck Schlesiens
im Hause referirt werden wird. (Brifall.)

Abg. Dr. Brzorad erklärt namens der jungczechischen
Partei für den vorliegenden Antrag zu stimmen, dessen
Tendenz der Schutz der Wahlfreiheit ist.

Abg. Dr. Barcuther erklärt sich mit der Zuweisung
seines Antrages an den permanenten Strafgefetz-Ausschuß
einverstanden. Bei der Abstimmung wird der Antrag des
Abg. Pininski angenommen.

Abg Dobernigg und Genossen fragen den Minister-
präsidenten Grafen Badeni: Ist die Regierung geneigt,
ehestens an die Durchführung des vom Abgeordnetenhause
gefaßten Beschlusses auf Vorlage eines Gesetzentwurfes be-
[h]ufs Schaffung der obligatorischen Altersversorgung der
Privatbeamten zu schreiten.




Der Ausschuß für die Beamten-Dienstpragmatik
hielt Freitag Abends eine Sitzung ab, um über den
Dringlichkeitsantrag Steinwender, die Aufhebung
des Kielmansegg'schen Beamtenerlasses, zu berathen. Hiebet
gab Graf Badeni die Erklärung ab, daß er den
Beamtenerlaß des Grafen Kielmansegg nicht für gesetz-
widrig, wohl aber für inopportun hält. Im
Uebrigen ist die Regierung der Anschauung, daß mit dem
Erlasse die ihm zugeschriebene Absicht, die Beamten und
Lehrer unter polizeiliche Beaufsichtigung zu stellen, nicht
verbunden war, und die einzelnen Ressortministerien haben
auch an die Unterbehörden die Weisung ergehen lassen, daß
periodische Berichte über die Beamtenschaft
und Lehrerschaft nicht gewärtigt werden. Zu der Frage
der Dienstpragmatik übergehend, bemerkt Graf Badeni, daß
in Betreff einer Erhöhung der Beamtengehalte die Vor-
arbeiten im Zuge und schon soweit gediehen sind, daß die
Fertigstellung einer entsprechenden Vorlage nur von der
Sicherstellung der hiefür nöthigen Mittel abhängt, in Be-
treff der Pensionen eine deren zeitgemäße Regelung
bezweckende Vorlage noch vor der ersteren zur Einbringung
gedeihen dürfte, in Betreff der Disciplinarvorschriften seitens
der Regierung die Competenz der Legislative anerkennt
und sich vorbehalten wird, eine diesen Gegenstand betreffende
Vorlage nächstens zur verfassungsmäßigen Behandlung ein-
zubringen; was endlich eine Beförderungsvorschrift anbe-
langt, kann einer solchen von der Regierung keine besondere
praktische Bedeutung beigelegt werden.




Vereinsnachrichten.
§ Nicolobrüderverein.

Mittwoch, 11. d., Abend[&sr]
7 Uhr findet die Betheilung von 70 armen christlichen
Schulkindern (35 Knaben, 35 Mädchen) mit vollständigem
Winteranzuge, Wäsche, einer Jause und eventuellen
Naturalien durch den "Ersten Margarethener humanitären
Nicolobrüderverein" in Franz Rieaer's Sallocalitäten "Zu
den drei Engeln", 4. Bez., Große Neugasse 36, statt.

§ Leo-Gesellschaft.

Sitzung der phil.-theologischen
Section, 11. d. (Mittwoch), Abends 1/26 Uhr, 1. Bez.,
Annagasse 9. Vortrag des k. k. Universitäts-Professors
Herrn Dr. Bernhard Schäfer.

§ Eucharistische Versammlung.

Am 5. d. fand
in Fels am Wagram eine eucharistische Ver-
sammlung statt. 15 Priester waren erschienen. Dechant
Rudolf Greipl, Msgr. Schöpfleuthner u. A.
betheiligten sich daran. Der Zulauf des Volkes war groß-
artig.

§ Katholischer Schulverein.

Dienstag, den 10. d.
finder in Döbling, Casino Zögernitz, Hauptstraße 76, ein
Familienabend der Pfarrgruppe zum heil. Paulus mit
folgendem Programm statt: 1. Eröffnung durch den Ob-
mann. 2. "Meine Kriegserlebnisse 1870--1871" von
Sr. Hochw. Freiherrn von Berlichingen. 3. "Ueber
Lectüre" vom Obmann. Die Mitglieder, sowie Gesinnungs-
genossen, Damen und Herren, sind zu diesem wie auch
zu den folgenden, jeden zweiten Dienstag im Monate
stattfindenden Familienabenden höflichst eingeladen. Ein-
tritt frei. Besondere Einladungskarten werden nicht aus-
gegeben.

§ "Maria-Troster Spatzen".

Weihnachts-Betheilung
von 62 armen Schulkindern Mittwoch, 11. December um
halb 8 Uhr Abends im Saale des Hotel Wimberger, Neu-
baugürtel. Musik von der Elite-Capelle Sprowacker, unter
Mitwirkung des Hainbacher Männerchor, sowie vieler
anderer Kunstkräfte. Gäste sind willkommen. An der Cassa
ist ein Programm a 20 kr. per Person zu lösen. Etwaige
[Spaltenumbruch] Spenden zum Juxbazar werden im Spotzennest (Loidl's
Gasthaus, 7. Bez, Ulrichsplatz 1, dankend entgegen-
genommen.




Theater, Musik und Kunst.
-- Engen d'Albert

hat für sein, Freitag 13. De-
cember im Bösendorfersaale stattfindendes einziges Concert
folgendes Programm festgestellt: Bach. Präludium und
Fuge D-dur; Beethoven, Sonate op 111 C-moll; Schumann,
Fantasie C-dur; Weber. Sonate As-dur: Chop[in], Nocturne
H-dur op 62 Nr. 1; Liszt, Don Juan-Fantasie. Karten in
Guttmann's Hofmusikalienhandlung.

-- Miß Fanny Davies,

eine hervorragende englische
Pianistin, brillirte in ihrem stark besuchten Concerte durch
die interessante, oft ganz eigenartige Wiedergabe von
Charakterstücken von Scarlatti Mendelssohn, Chopin, Liszt
und Rubinstein; reicher Beifall ward ihr zu Theil. -- Der
jugendliche Violinvirtuos Carl Flesch zeigte in seinem
zweiten und zugleich letzten Concerte eine wohlausgebildete
Technik, energische Bogenführung und große Sicherheit im
Spiele. Nach der empfindsamen Seite ist sein Vortrag wohl
noch sehr der Vervollkommnung fähig. -- Unter allen
äußeren Zeichen echt künstlerischen Erfolges und aufrichtiger
Werthschätzung gab Sonntag Hofballmusikdirector Eduard
Strauß
im Musikvereinssaale sein glänzendes Beneficeconcert.
Dasselbe bot eine Reihe der interessantesten und beliebtesten
Nummern seines reichhaltigen Repertoirs in der bekannten
musterbaften Ausführung, wie sie nur dem Strauß-Orchester
eigen ist; alle Nummern wurden von unaufhörlichen Bei-
fallsbezeugungen begleitet, welche bereits mit dem Eintritte
des Beneficianten begannen. Als achte Nummer dirigirte
Meister Johann Strauß die Ouverture zu seiner
neuen Operette "Waldmeister" und hierauf das Marsch-
Couplet aus derselben Operette, welches er dreimal wieder-
holen mußte. Auch Johann Strauß bildete den Gegenstand
rauschender Ovationen.




Kleine Chronik,
* Hof- und Personalnachrichten

Erzherzogin
Alice Großherzogin von Toscana ist heute Nachmittags
aus Schwarzau hieher zurückgekehrt. -- Erzherzogin
Maria Immaculata ist heute Vormittags aus
Agram hier eingetroffen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Ver-
liehen wurde
dem Feldmarschall-Lieutenant des
Ruhestandes Carl Ritter von Ludwig der Freiherrn-
stand, dem Civil-Ingenieur Eduard Fischer der Adel-
stand mit dem Ehrenworte "Edler", dem Bezirkscommissär
Friedrich Schmid in Pisek der Titel und Charakter eines
Bezirkshauptmannes. -- Ernannt wurde der Forstmeister
und Entomologe Friedrich Wachtl zum ordentlichen
Professor des Forstschutzes und der forstlichen Entomologie
an der Hochschule für Bodencultur.

* Christlich-socialer Verein in Wien.

Mittwoch
den 11. December 1895 Abends halb 8 Uhr in
Gschwandner's Saal-Localitäten im 17. Bez, Hernalser
Hauptstraße außerordentliche Plenarversammlung. Tages-
ordnung: 1. Herr Reichsraths-Abgeordneter Dr. Alfred
Ebenhoch
über die gewerbliche Reform. 2. Hochw. Herr
Wehinger Missionär aus Birma (Asien) über
Cultur, Sitten und Gebräuche der asiatischen Völker. Die
Parteigenossen, werden auf die beiden hochinteressanten
Vorträge besonders aufmerksam gemacht und insbesondere
werden die Gewerbetreibenden ersucht, durch zahlreiches Er-
scheinen ihr Interesse an dem Zustandekommen der ge-
werblichen Resorm zu beweisen.

* Das Elend der Unterlehrer und Unter-
lehrerinnen.

Gestern fand im Sitzungssagle des alten
Rathhauses eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von
Unterlehrern und Unterlehrerinnen statt. Es handelte sich
darum, zu einigen Standesfragen Stellung zu nehmen.
Der Referent Täubler beantragte die Annahme von
vier Resolutionen, von denen die erste die Gewährung eines
Quartiergeldes von jährlich 120 fl. an die provisorischen
Unterlehrer und Unterlehrerinnen verlangt; die zweite
spricht die Erwartung aus, daß der Taglohn als Entschä-
digung für Lehrer gänzlich zu entfallen habe; die dritte
betrachtet es als der Würde Wiens nicht entsprechend, daß
die Gemeinde am 15. Juli provisorische Aushilfslehrer oder
Aushilfslehrerinnen ihres Dienstes enthebt, um an diesen
fl. 66.66 -- die Ferienremuneration -- zu ersparen. Die
vierte Resolution bezeichnet es als schwere Schädigung des
Standes, daß die Personal-Lehrerstellen an den Wiener
Schulen nicht definitiv besetzt werden, trotzdem zahlreiche
Gemeinderathsbeschlüsse vorliegen, welche die definitive Be-
setzung dieser Stellen sordern. Sämmtliche Resolutionen
wurden einstimmig angenommen. -- Der folgende Referent
sprach sich für die Beseitigung der Uebelstände, welche sich
bei dem derzeit geübten Vorschlagsrechte der Ortsschulräthe
geltend machen, aus und empfahl eine Centralisation der
19 Wiener Ortsschulräthe. Weiter beschwert er sich über
die Nichtauszahlung der Quinquennien an die Unterlehrer
und beklagte sich, daß die Pensionsberechtigung erst nach
zehnjähriger Einzahlung in die Pensionscasse beginne Auch
diese Resolutionen wurden genehmigt. Der dritte Referent
trat für die Abschaffung des Unterlehrer-Titels ein. In
liberalen Lehrerblättern begegnet man gar häufig noch
Schilderungen über die Emlohnungsverhältnisse der Lehrer
in der "dunklen Concordatszeit", die nur dazu dienen
sollen, die jüngere Generation der Lehrerschaft das Gruseln
vor der "confessionellen" Schule zu lehren. Angesichts der
vorerwähnten Versammlung fragen wir: Ist man in
Lehrerkreisen sich noch nie darüber klar geworden, daß es
gerade die liberale Partei ist, die in Wiener Schulangelegen-
heiten seit langen Jahren das entscheidende Wort führt,
und die die Unterlehrer in einer noch nie dagewesenen, jeden-
falls nicht von hoher Achtung vor Wissen und Bildung
zeigenden Weise ausbeutet? Sind die liberalen Maul-
helden unter der Lehrerschaft nicht mit uns der Ansicht,
daß ein 16 Jahre alter Unterlehrer der Fünfziger-Jahre,
der bei seinem Oberlehrer Kost, Quartier und einen Jahres-
lohn von 24 fl. bezog, in glänzenderen socialen Verhält-
nissen lebte und weniger Hunger litt, als ein Unterlehrer
der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien mit 330 fl.
Jahresgehalt. U. A. w. g.


283 Wien, Dienſtag Reichspoſt 10. December 1895

[Spaltenumbruch]

ſchloſſen in die That umgeſetzt: es wurde die Central-
Krankengeld-Zuſchußcaſſe der katholiſchen Arbeiter-
vereine Deutſchlands mit dem Sitze in Düſſeldorf
gegründet.

Die Socialdemokraten Deutſchlands in der Ver-
einsorganiſation Meiſter, haben ſich der Zuſchuß-
caſſen in einem Grade bemächtigt, daß neue derartige
Caſſengründungen faſt unmöglich ſind. Als Beiſpiel
möge die Induſtrieſtadt Duisburg dienen, von der
diesbezügliche genaue Angaben vorliegen. Dort
gehören zu den zwei Filialen der „Allgemeinen
Kranken- und Sterbecaſſe der Metallarbeiter“ und
der „Central-Kranken- und Sterbecaſſe der deutſchen
Wagenbauer“ mehr als 500 Mitglieder, von denen
faſt zwei Drittel nicht Socialdemokraten. ſind; von
den Mitgliedern der Centralcaſſe der Tiſchler gehörten
ein Drittel nicht der ſocialdemokratiſchen Partei an;
außerdem gibt es in Duisburg (60.000 Einwohner)
noch 14 ſolche unter ſocialdemokratiſchen Einfluſſe
ſtehende Caſſen, denen chriſtlich geſinnte Arbeiter in
größerer Zahl angehören. Abgeſehen von einigen
Schwindelcaſſen, die unter allerlei Vorwänden und
Ausflüchten die Auszahlung der verſicherten Kranken-
beträge verweigern.

Solchen Verhältniſſen gegenüber iſt die Gründung
der Central Krankengeld-Zuſchußcaſſe der katholiſchen
Arbeitervereine Deutſchlands mit vollem
Rechte eine ſociale That
zu nennen,
die auch bei uns bekannt zu werden verdient Dieſe
Caſſe wird nach Berufen oder Gewerben gegliedert
und ſchließt durch ihre nach ſtatiſtiſchen Angaben
der Krankheitsgefahren für die einzelnen Arbeiter-
gruppen berechneten verſchiedenen Beiträge eine Weiter-
entwickelung des Krankenverſicherungsweſens in ſich.
Der Krankenbeſuch, eingerichtet nach St. Vincenz-Art
auf Grundlage der Barmherzigkeit und Nächſtenliebe,
hofft jede Simulation fernhalten zu können, ſo daß
die neue Caſſe nicht nur zur religiöſen, ſittlichen
und ſocialen Hebung des Arbeiterſtandes, ſondern
auch zur Förderung des Vereinslebens dienen wird.
Jede katholiſche Vereinigung der arbeitenden Stände
(Arbeiter-, Geſellen-, Meiſter- u. ſ. w. Vereine,
Congregationen ꝛc.) kann eine örtliche Verwaltungs-
ſtelle errichten.

(Für jene unſerer Leſer, die ſich für dieſe
Einrichtung intereſſiren, ſei erwähnt, daß die
Satzungen der Caſſe vom Präſes des chriſtlichen
Ar[beite]r- und Handwerkervereines, Neumann in
Dü[ſſel]dorf bezogen werden können.




Reichsrath.
Abgeordnetenhaus.

(Schluß des Berichtes vom Samſtag.)

Nach längerer Debatte wurde das Berginſpectoren-Ge-
ſetz in zweiter Leſung angenommen.

Zur Berathung gelangte ſodann der Dringlichkeits-
antrag Bareuther betreffend den Schutz der Wahl-
freiheit.

Abg. Dr. Bareuther bemerkt, daß das Bedürfniß
nach einem Geſetz zum Schutze der Wahlfreiheit um ſo
dringender iſt, als demnächſt wieder Gemeinderathswahlen
in Wien ſtattfinden, aber auch Landtags- und Reichsraths-
wahlen vor der Thür ſtehen und die Wahlbewegung in
den letzten Jahren eine immer größere Ausdehnung genommen
hat. Aber was helfen alle Wahlordnungen, wenn die
ſchamloſeſten Wahlumtriebe ſtraflos bleiben?
Einzelne Länder könnten ja ganze Folianten dazu liefern.
(Rufe: Galizien!) Dalmatien u. ſ. w. Bei den letzten
Wahlen in Böhmen hat ein Wahlcommiſſär die Ab-
ſtimmenden aufgefordert, ihm ihre Stimmzettel offen
vorzulegen. Die Leute ließen ſich e[inſ]chüchtern, wählten
gar nicht oder wie der Commiſſär wollte. Anläßlich der
letzten Reichsrathswahl auf der Landſtraße konnte
die brutale Wahlbeeinflußung nach unſeren Geſetzen keinen
Richter finden. Die Interpellation an die Regierung blieb
unbeantwortet, evenſo die Anſrage des Abgeordneten
Dr. Hofmann wegen der Vorkommniſſe bei der
Leobener Wahl. Haarſträubende Fälle von Wahl-
vergewaltigung ſind durch einen Abgeordneten aus
Galizien zur Kenntniß gebracht worden. Seine Mit-
theilungen blieben unwiderſprochen, man hat aber nichts
davon gehört, daß gegen die Vergewaltiger eingeſchritten
worden wäre. Anläßlich der Wiener Gemeinde-
rathswahlen
iſt an eine Anzahl von Unter-
nehmern das famoſe Rundſchreiben ergangen, in dem
ihnen nahegelegt wurde, die Abhängigkeit der von
ihnen beſchäftigten Gewerbsleute zu benützen, um
einen Druck auf die Abſtimmung derſelben auszuüben.
Bei der jüngſten Gerichtsverhandlung gegen gewiſſe
Möbelhändler lag ein Fall der craſſeſten Wahl-
erpreſſung
vor; das Gericht habe dies in der
Urtheilsbegründung anerkannt, es konnte aber keine
Schuldigſprechung ſtattfinden, weil nach dem beſtehenden
Straſgeſetze der Fall nicht unter den Erpreſſungsbegriff
fällt. Redner bittet, ſeinen Antrag, der im Intereſſe aller
Parteien gelegen ſei, dem Strafgeſetz-Ausſchuſſe zu über-
weiſen, damit dieſer in kurzer Zeit mit einem zuſtimmenden
Berichte komme.

Juſtizminiſter Dr. Graf Gleispach: Zu dem Dring-
lichkeitsantrag Bareuther wird ſich die Regierung entgegen-
kommend verhalten. Sie glaubt ſich hierbei in voller Ueber-
einſtimmung mit ſämmtlichen Parteien dieſes Hauſes zu
befinden, wenn ſie Intentionen, welche dahin gehen, daß
bei den Wahlen die wirkliche Abſicht der zur Wahl
Berechtigten zum Ausdruck komme, ihre Unterſtützung ent-
gegenbringt und die Hand dazu bietet, daß die diesfalls
beſtehenden ſtrafrechtlichen Beſtimmungen eine Verſchärfung
erfahren.

Abg. Dr. Graf Pininski beantragt, den Antrag
Bareuther dem permanenten Strafgeſetz-Ausſchuß zu-
zuweiſen.


[Spaltenumbruch]

Abg. Dr. Lueger betont, daß das Urtheil des Landes-
gerichtes Wien in Sachen der Möbelhändler nicht auf dem
Geſetze beruhe. In dieſem Falle ſei vielmehr die An-
ſchauung des Staatsanwaltes die allein richtige und es liege
das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthä[t]igkeit durch Er-
preſſung vor. Daß das vorliegende Geſetz dringend iſt,
beweiſen gewiſſe Vorkommniſſe bei der letzten Reichsraths-
wahl in Galizien. Wenn es wahr iſt, was unwiderſprochen
in den Zeitungen ſtand, daß der Bezirkshauptmann ſelbſt
Gelder geſammelt hat, damit Dr. Trachtenberg und nicht
Dr. Bloch gewäht werde, daß Dr. Trachtenberg 700 Le-
gitimationsurkunden zurückbehalten hat, damit dieſelben
von den Blochianern nicht benützt werden können, iſt die
Erledigung eines ſolchen Geſetzes unbedingt nothwendig.
Auf das Geſetz übrigens allein kommt es nicht an; jetzt
ſchon würden ſolche Mißbräuche nicht vorkommen, wenn
die geltenden Geſetze entſprechend gehandhabt würden.
Den Bezirkshauptleuten in Galizien iſt gegenüber den
Bauern Alles erlaubt; es kommen Dinge vor, die geradezu
haarſträubend ſind. Wir werden uns darüber übrigens
noch unterhalten. Es bleiben die galiziſchen
Landtagswahlen
nicht ein ausſchließliches
Privileg des galiziſchen Landtages. Wir werden
ſie in den Bereich der Discuſſion im Reichsrathe
ziehen, damit die Art und Weiſe, wie Graf
Badeni verwaltet, etwas näher beleuchtet werde.
Dr. Bloch, deſſen Freund ich gewiß nicht bin, war an-
ſtändig genug, über das Drängen des Polenclubs ſein
Mandat zurück zu legen. In unſerer Mitte aber befindet
ſich immer ein Abgeordneter, von dem es heißt, daß er durch
die Mittel der Corruption in das Haus gekommen iſt, daß
er nicht ſo ſehr durch die Stimmen ſeiner Wähler, als durch
die Würſtel, die die Partei für ihn gezahlt, hieher kam.
Dr. Menger, der aus demſelben Kronlande gewählt wurde,
hätte Grund, jeden Tag zu interpelliren, wann endlich
einmal über dieſen Schandſleck Schleſiens
im Hauſe referirt werden wird. (Brifall.)

Abg. Dr. Brzorad erklärt namens der jungczechiſchen
Partei für den vorliegenden Antrag zu ſtimmen, deſſen
Tendenz der Schutz der Wahlfreiheit iſt.

Abg. Dr. Barcuther erklärt ſich mit der Zuweiſung
ſeines Antrages an den permanenten Strafgefetz-Ausſchuß
einverſtanden. Bei der Abſtimmung wird der Antrag des
Abg. Pininski angenommen.

Abg Dobernigg und Genoſſen fragen den Miniſter-
präſidenten Grafen Badeni: Iſt die Regierung geneigt,
eheſtens an die Durchführung des vom Abgeordnetenhauſe
gefaßten Beſchluſſes auf Vorlage eines Geſetzentwurfes be-
[h]ufs Schaffung der obligatoriſchen Altersverſorgung der
Privatbeamten zu ſchreiten.




Der Ausſchuß für die Beamten-Dienſtpragmatik
hielt Freitag Abends eine Sitzung ab, um über den
Dringlichkeitsantrag Steinwender, die Aufhebung
des Kielmansegg’ſchen Beamtenerlaſſes, zu berathen. Hiebet
gab Graf Badeni die Erklärung ab, daß er den
Beamtenerlaß des Grafen Kielmansegg nicht für geſetz-
widrig, wohl aber für inopportun hält. Im
Uebrigen iſt die Regierung der Anſchauung, daß mit dem
Erlaſſe die ihm zugeſchriebene Abſicht, die Beamten und
Lehrer unter polizeiliche Beaufſichtigung zu ſtellen, nicht
verbunden war, und die einzelnen Reſſortminiſterien haben
auch an die Unterbehörden die Weiſung ergehen laſſen, daß
periodiſche Berichte über die Beamtenſchaft
und Lehrerſchaft nicht gewärtigt werden. Zu der Frage
der Dienſtpragmatik übergehend, bemerkt Graf Badeni, daß
in Betreff einer Erhöhung der Beamtengehalte die Vor-
arbeiten im Zuge und ſchon ſoweit gediehen ſind, daß die
Fertigſtellung einer entſprechenden Vorlage nur von der
Sicherſtellung der hiefür nöthigen Mittel abhängt, in Be-
treff der Penſionen eine deren zeitgemäße Regelung
bezweckende Vorlage noch vor der erſteren zur Einbringung
gedeihen dürfte, in Betreff der Disciplinarvorſchriften ſeitens
der Regierung die Competenz der Legislative anerkennt
und ſich vorbehalten wird, eine dieſen Gegenſtand betreffende
Vorlage nächſtens zur verfaſſungsmäßigen Behandlung ein-
zubringen; was endlich eine Beförderungsvorſchrift anbe-
langt, kann einer ſolchen von der Regierung keine beſondere
praktiſche Bedeutung beigelegt werden.




Vereinsnachrichten.
§ Nicolobrüderverein.

Mittwoch, 11. d., Abend[&ſr]
7 Uhr findet die Betheilung von 70 armen chriſtlichen
Schulkindern (35 Knaben, 35 Mädchen) mit vollſtändigem
Winteranzuge, Wäſche, einer Jauſe und eventuellen
Naturalien durch den „Erſten Margarethener humanitären
Nicolobrüderverein“ in Franz Rieaer’s Sallocalitäten „Zu
den drei Engeln“, 4. Bez., Große Neugaſſe 36, ſtatt.

§ Leo-Geſellſchaft.

Sitzung der phil.-theologiſchen
Section, 11. d. (Mittwoch), Abends ½6 Uhr, 1. Bez.,
Annagaſſe 9. Vortrag des k. k. Univerſitäts-Profeſſors
Herrn Dr. Bernhard Schäfer.

§ Euchariſtiſche Verſammlung.

Am 5. d. fand
in Fels am Wagram eine euchariſtiſche Ver-
ſammlung ſtatt. 15 Prieſter waren erſchienen. Dechant
Rudolf Greipl, Mſgr. Schöpfleuthner u. A.
betheiligten ſich daran. Der Zulauf des Volkes war groß-
artig.

§ Katholiſcher Schulverein.

Dienſtag, den 10. d.
finder in Döbling, Caſino Zögernitz, Hauptſtraße 76, ein
Familienabend der Pfarrgruppe zum heil. Paulus mit
folgendem Programm ſtatt: 1. Eröffnung durch den Ob-
mann. 2. „Meine Kriegserlebniſſe 1870—1871“ von
Sr. Hochw. Freiherrn von Berlichingen. 3. „Ueber
Lectüre“ vom Obmann. Die Mitglieder, ſowie Geſinnungs-
genoſſen, Damen und Herren, ſind zu dieſem wie auch
zu den folgenden, jeden zweiten Dienſtag im Monate
ſtattfindenden Familienabenden höflichſt eingeladen. Ein-
tritt frei. Beſondere Einladungskarten werden nicht aus-
gegeben.

§ „Maria-Troſter Spatzen“.

Weihnachts-Betheilung
von 62 armen Schulkindern Mittwoch, 11. December um
halb 8 Uhr Abends im Saale des Hotel Wimberger, Neu-
baugürtel. Muſik von der Elite-Capelle Sprowacker, unter
Mitwirkung des Hainbacher Männerchor, ſowie vieler
anderer Kunſtkräfte. Gäſte ſind willkommen. An der Caſſa
iſt ein Programm à 20 kr. per Perſon zu löſen. Etwaige
[Spaltenumbruch] Spenden zum Juxbazar werden im Spotzenneſt (Loidl’s
Gaſthaus, 7. Bez, Ulrichsplatz 1, dankend entgegen-
genommen.




Theater, Muſik und Kunſt.
Engen d’Albert

hat für ſein, Freitag 13. De-
cember im Böſendorferſaale ſtattfindendes einziges Concert
folgendes Programm feſtgeſtellt: Bach. Präludium und
Fuge D-dur; Beethoven, Sonate op 111 C-moll; Schumann,
Fantaſie C-dur; Weber. Sonate As-dur: Chop[in], Nocturne
H-dur op 62 Nr. 1; Liszt, Don Juan-Fantaſie. Karten in
Guttmann’s Hofmuſikalienhandlung.

Miß Fanny Davies,

eine hervorragende engliſche
Pianiſtin, brillirte in ihrem ſtark beſuchten Concerte durch
die intereſſante, oft ganz eigenartige Wiedergabe von
Charakterſtücken von Scarlatti Mendelsſohn, Chopin, Liszt
und Rubinſtein; reicher Beifall ward ihr zu Theil. — Der
jugendliche Violinvirtuos Carl Fleſch zeigte in ſeinem
zweiten und zugleich letzten Concerte eine wohlausgebildete
Technik, energiſche Bogenführung und große Sicherheit im
Spiele. Nach der empfindſamen Seite iſt ſein Vortrag wohl
noch ſehr der Vervollkommnung fähig. — Unter allen
äußeren Zeichen echt künſtleriſchen Erfolges und aufrichtiger
Werthſchätzung gab Sonntag Hofballmuſikdirector Eduard
Strauß
im Muſikvereinsſaale ſein glänzendes Beneficeconcert.
Dasſelbe bot eine Reihe der intereſſanteſten und beliebteſten
Nummern ſeines reichhaltigen Repertoirs in der bekannten
muſterbaften Ausführung, wie ſie nur dem Strauß-Orcheſter
eigen iſt; alle Nummern wurden von unaufhörlichen Bei-
fallsbezeugungen begleitet, welche bereits mit dem Eintritte
des Beneficianten begannen. Als achte Nummer dirigirte
Meiſter Johann Strauß die Ouverture zu ſeiner
neuen Operette „Waldmeiſter“ und hierauf das Marſch-
Couplet aus derſelben Operette, welches er dreimal wieder-
holen mußte. Auch Johann Strauß bildete den Gegenſtand
rauſchender Ovationen.




Kleine Chronik,
* Hof- und Perſonalnachrichten

Erzherzogin
Alice Großherzogin von Toscana iſt heute Nachmittags
aus Schwarzau hieher zurückgekehrt. — Erzherzogin
Maria Immaculata iſt heute Vormittags aus
Agram hier eingetroffen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Ver-
liehen wurde
dem Feldmarſchall-Lieutenant des
Ruheſtandes Carl Ritter von Ludwig der Freiherrn-
ſtand, dem Civil-Ingenieur Eduard Fiſcher der Adel-
ſtand mit dem Ehrenworte „Edler“, dem Bezirkscommiſſär
Friedrich Schmid in Piſek der Titel und Charakter eines
Bezirkshauptmannes. — Ernannt wurde der Forſtmeiſter
und Entomologe Friedrich Wachtl zum ordentlichen
Profeſſor des Forſtſchutzes und der forſtlichen Entomologie
an der Hochſchule für Bodencultur.

* Chriſtlich-ſocialer Verein in Wien.

Mittwoch
den 11. December 1895 Abends halb 8 Uhr in
Gſchwandner’s Saal-Localitäten im 17. Bez, Hernalſer
Hauptſtraße außerordentliche Plenarverſammlung. Tages-
ordnung: 1. Herr Reichsraths-Abgeordneter Dr. Alfred
Ebenhoch
über die gewerbliche Reform. 2. Hochw. Herr
Wehinger Miſſionär aus Birma (Aſien) über
Cultur, Sitten und Gebräuche der aſiatiſchen Völker. Die
Parteigenoſſen, werden auf die beiden hochintereſſanten
Vorträge beſonders aufmerkſam gemacht und insbeſondere
werden die Gewerbetreibenden erſucht, durch zahlreiches Er-
ſcheinen ihr Intereſſe an dem Zuſtandekommen der ge-
werblichen Reſorm zu beweiſen.

* Das Elend der Unterlehrer und Unter-
lehrerinnen.

Geſtern fand im Sitzungsſagle des alten
Rathhauſes eine ſehr zahlreich beſuchte Verſammlung von
Unterlehrern und Unterlehrerinnen ſtatt. Es handelte ſich
darum, zu einigen Standesfragen Stellung zu nehmen.
Der Referent Täubler beantragte die Annahme von
vier Reſolutionen, von denen die erſte die Gewährung eines
Quartiergeldes von jährlich 120 fl. an die proviſoriſchen
Unterlehrer und Unterlehrerinnen verlangt; die zweite
ſpricht die Erwartung aus, daß der Taglohn als Entſchä-
digung für Lehrer gänzlich zu entfallen habe; die dritte
betrachtet es als der Würde Wiens nicht entſprechend, daß
die Gemeinde am 15. Juli proviſoriſche Aushilfslehrer oder
Aushilfslehrerinnen ihres Dienſtes enthebt, um an dieſen
fl. 66.66 — die Ferienremuneration — zu erſparen. Die
vierte Reſolution bezeichnet es als ſchwere Schädigung des
Standes, daß die Perſonal-Lehrerſtellen an den Wiener
Schulen nicht definitiv beſetzt werden, trotzdem zahlreiche
Gemeinderathsbeſchlüſſe vorliegen, welche die definitive Be-
ſetzung dieſer Stellen ſordern. Sämmtliche Reſolutionen
wurden einſtimmig angenommen. — Der folgende Referent
ſprach ſich für die Beſeitigung der Uebelſtände, welche ſich
bei dem derzeit geübten Vorſchlagsrechte der Ortsſchulräthe
geltend machen, aus und empfahl eine Centraliſation der
19 Wiener Ortsſchulräthe. Weiter beſchwert er ſich über
die Nichtauszahlung der Quinquennien an die Unterlehrer
und beklagte ſich, daß die Penſionsberechtigung erſt nach
zehnjähriger Einzahlung in die Penſionscaſſe beginne Auch
dieſe Reſolutionen wurden genehmigt. Der dritte Referent
trat für die Abſchaffung des Unterlehrer-Titels ein. In
liberalen Lehrerblättern begegnet man gar häufig noch
Schilderungen über die Emlohnungsverhältniſſe der Lehrer
in der „dunklen Concordatszeit“, die nur dazu dienen
ſollen, die jüngere Generation der Lehrerſchaft das Gruſeln
vor der „confeſſionellen“ Schule zu lehren. Angeſichts der
vorerwähnten Verſammlung fragen wir: Iſt man in
Lehrerkreiſen ſich noch nie darüber klar geworden, daß es
gerade die liberale Partei iſt, die in Wiener Schulangelegen-
heiten ſeit langen Jahren das entſcheidende Wort führt,
und die die Unterlehrer in einer noch nie dageweſenen, jeden-
falls nicht von hoher Achtung vor Wiſſen und Bildung
zeigenden Weiſe ausbeutet? Sind die liberalen Maul-
helden unter der Lehrerſchaft nicht mit uns der Anſicht,
daß ein 16 Jahre alter Unterlehrer der Fünfziger-Jahre,
der bei ſeinem Oberlehrer Koſt, Quartier und einen Jahres-
lohn von 24 fl. bezog, in glänzenderen ſocialen Verhält-
niſſen lebte und weniger Hunger litt, als ein Unterlehrer
der Reichshaupt- und Reſidenzſtadt Wien mit 330 fl.
Jahresgehalt. U. A. w. g.


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Section, 11. d. (Mittwoch), Abends ½6 Uhr, 1. Bez.,<lb/>
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&#x017F;ammlung &#x017F;tatt. 15 Prie&#x017F;ter waren er&#x017F;chienen. Dechant<lb/>
Rudolf <hi rendition="#g">Greipl,</hi> M&#x017F;gr. <hi rendition="#g">Schöpfleuthner</hi> u. A.<lb/>
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&#x017F;tattfindenden Familienabenden höflich&#x017F;t eingeladen. Ein-<lb/>
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Werth&#x017F;chätzung gab Sonntag Hofballmu&#x017F;ikdirector <hi rendition="#b">Eduard<lb/>
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[5/0005] 283 Wien, Dienſtag Reichspoſt 10. December 1895 ſchloſſen in die That umgeſetzt: es wurde die Central- Krankengeld-Zuſchußcaſſe der katholiſchen Arbeiter- vereine Deutſchlands mit dem Sitze in Düſſeldorf gegründet. Die Socialdemokraten Deutſchlands in der Ver- einsorganiſation Meiſter, haben ſich der Zuſchuß- caſſen in einem Grade bemächtigt, daß neue derartige Caſſengründungen faſt unmöglich ſind. Als Beiſpiel möge die Induſtrieſtadt Duisburg dienen, von der diesbezügliche genaue Angaben vorliegen. Dort gehören zu den zwei Filialen der „Allgemeinen Kranken- und Sterbecaſſe der Metallarbeiter“ und der „Central-Kranken- und Sterbecaſſe der deutſchen Wagenbauer“ mehr als 500 Mitglieder, von denen faſt zwei Drittel nicht Socialdemokraten. ſind; von den Mitgliedern der Centralcaſſe der Tiſchler gehörten ein Drittel nicht der ſocialdemokratiſchen Partei an; außerdem gibt es in Duisburg (60.000 Einwohner) noch 14 ſolche unter ſocialdemokratiſchen Einfluſſe ſtehende Caſſen, denen chriſtlich geſinnte Arbeiter in größerer Zahl angehören. Abgeſehen von einigen Schwindelcaſſen, die unter allerlei Vorwänden und Ausflüchten die Auszahlung der verſicherten Kranken- beträge verweigern. Solchen Verhältniſſen gegenüber iſt die Gründung der Central Krankengeld-Zuſchußcaſſe der katholiſchen Arbeitervereine Deutſchlands mit vollem Rechte eine ſociale That zu nennen, die auch bei uns bekannt zu werden verdient Dieſe Caſſe wird nach Berufen oder Gewerben gegliedert und ſchließt durch ihre nach ſtatiſtiſchen Angaben der Krankheitsgefahren für die einzelnen Arbeiter- gruppen berechneten verſchiedenen Beiträge eine Weiter- entwickelung des Krankenverſicherungsweſens in ſich. Der Krankenbeſuch, eingerichtet nach St. Vincenz-Art auf Grundlage der Barmherzigkeit und Nächſtenliebe, hofft jede Simulation fernhalten zu können, ſo daß die neue Caſſe nicht nur zur religiöſen, ſittlichen und ſocialen Hebung des Arbeiterſtandes, ſondern auch zur Förderung des Vereinslebens dienen wird. Jede katholiſche Vereinigung der arbeitenden Stände (Arbeiter-, Geſellen-, Meiſter- u. ſ. w. Vereine, Congregationen ꝛc.) kann eine örtliche Verwaltungs- ſtelle errichten. (Für jene unſerer Leſer, die ſich für dieſe Einrichtung intereſſiren, ſei erwähnt, daß die Satzungen der Caſſe vom Präſes des chriſtlichen Arbeiter- und Handwerkervereines, Neumann in Düſſeldorf bezogen werden können. Reichsrath. Abgeordnetenhaus. (Schluß des Berichtes vom Samſtag.) Nach längerer Debatte wurde das Berginſpectoren-Ge- ſetz in zweiter Leſung angenommen. Zur Berathung gelangte ſodann der Dringlichkeits- antrag Bareuther betreffend den Schutz der Wahl- freiheit. Abg. Dr. Bareuther bemerkt, daß das Bedürfniß nach einem Geſetz zum Schutze der Wahlfreiheit um ſo dringender iſt, als demnächſt wieder Gemeinderathswahlen in Wien ſtattfinden, aber auch Landtags- und Reichsraths- wahlen vor der Thür ſtehen und die Wahlbewegung in den letzten Jahren eine immer größere Ausdehnung genommen hat. Aber was helfen alle Wahlordnungen, wenn die ſchamloſeſten Wahlumtriebe ſtraflos bleiben? Einzelne Länder könnten ja ganze Folianten dazu liefern. (Rufe: Galizien!) Dalmatien u. ſ. w. Bei den letzten Wahlen in Böhmen hat ein Wahlcommiſſär die Ab- ſtimmenden aufgefordert, ihm ihre Stimmzettel offen vorzulegen. Die Leute ließen ſich einſchüchtern, wählten gar nicht oder wie der Commiſſär wollte. Anläßlich der letzten Reichsrathswahl auf der Landſtraße konnte die brutale Wahlbeeinflußung nach unſeren Geſetzen keinen Richter finden. Die Interpellation an die Regierung blieb unbeantwortet, evenſo die Anſrage des Abgeordneten Dr. Hofmann wegen der Vorkommniſſe bei der Leobener Wahl. Haarſträubende Fälle von Wahl- vergewaltigung ſind durch einen Abgeordneten aus Galizien zur Kenntniß gebracht worden. Seine Mit- theilungen blieben unwiderſprochen, man hat aber nichts davon gehört, daß gegen die Vergewaltiger eingeſchritten worden wäre. Anläßlich der Wiener Gemeinde- rathswahlen iſt an eine Anzahl von Unter- nehmern das famoſe Rundſchreiben ergangen, in dem ihnen nahegelegt wurde, die Abhängigkeit der von ihnen beſchäftigten Gewerbsleute zu benützen, um einen Druck auf die Abſtimmung derſelben auszuüben. Bei der jüngſten Gerichtsverhandlung gegen gewiſſe Möbelhändler lag ein Fall der craſſeſten Wahl- erpreſſung vor; das Gericht habe dies in der Urtheilsbegründung anerkannt, es konnte aber keine Schuldigſprechung ſtattfinden, weil nach dem beſtehenden Straſgeſetze der Fall nicht unter den Erpreſſungsbegriff fällt. Redner bittet, ſeinen Antrag, der im Intereſſe aller Parteien gelegen ſei, dem Strafgeſetz-Ausſchuſſe zu über- weiſen, damit dieſer in kurzer Zeit mit einem zuſtimmenden Berichte komme. Juſtizminiſter Dr. Graf Gleispach: Zu dem Dring- lichkeitsantrag Bareuther wird ſich die Regierung entgegen- kommend verhalten. Sie glaubt ſich hierbei in voller Ueber- einſtimmung mit ſämmtlichen Parteien dieſes Hauſes zu befinden, wenn ſie Intentionen, welche dahin gehen, daß bei den Wahlen die wirkliche Abſicht der zur Wahl Berechtigten zum Ausdruck komme, ihre Unterſtützung ent- gegenbringt und die Hand dazu bietet, daß die diesfalls beſtehenden ſtrafrechtlichen Beſtimmungen eine Verſchärfung erfahren. Abg. Dr. Graf Pininski beantragt, den Antrag Bareuther dem permanenten Strafgeſetz-Ausſchuß zu- zuweiſen. Abg. Dr. Lueger betont, daß das Urtheil des Landes- gerichtes Wien in Sachen der Möbelhändler nicht auf dem Geſetze beruhe. In dieſem Falle ſei vielmehr die An- ſchauung des Staatsanwaltes die allein richtige und es liege das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch Er- preſſung vor. Daß das vorliegende Geſetz dringend iſt, beweiſen gewiſſe Vorkommniſſe bei der letzten Reichsraths- wahl in Galizien. Wenn es wahr iſt, was unwiderſprochen in den Zeitungen ſtand, daß der Bezirkshauptmann ſelbſt Gelder geſammelt hat, damit Dr. Trachtenberg und nicht Dr. Bloch gewäht werde, daß Dr. Trachtenberg 700 Le- gitimationsurkunden zurückbehalten hat, damit dieſelben von den Blochianern nicht benützt werden können, iſt die Erledigung eines ſolchen Geſetzes unbedingt nothwendig. Auf das Geſetz übrigens allein kommt es nicht an; jetzt ſchon würden ſolche Mißbräuche nicht vorkommen, wenn die geltenden Geſetze entſprechend gehandhabt würden. Den Bezirkshauptleuten in Galizien iſt gegenüber den Bauern Alles erlaubt; es kommen Dinge vor, die geradezu haarſträubend ſind. Wir werden uns darüber übrigens noch unterhalten. Es bleiben die galiziſchen Landtagswahlen nicht ein ausſchließliches Privileg des galiziſchen Landtages. Wir werden ſie in den Bereich der Discuſſion im Reichsrathe ziehen, damit die Art und Weiſe, wie Graf Badeni verwaltet, etwas näher beleuchtet werde. Dr. Bloch, deſſen Freund ich gewiß nicht bin, war an- ſtändig genug, über das Drängen des Polenclubs ſein Mandat zurück zu legen. In unſerer Mitte aber befindet ſich immer ein Abgeordneter, von dem es heißt, daß er durch die Mittel der Corruption in das Haus gekommen iſt, daß er nicht ſo ſehr durch die Stimmen ſeiner Wähler, als durch die Würſtel, die die Partei für ihn gezahlt, hieher kam. Dr. Menger, der aus demſelben Kronlande gewählt wurde, hätte Grund, jeden Tag zu interpelliren, wann endlich einmal über dieſen Schandſleck Schleſiens im Hauſe referirt werden wird. (Brifall.) Abg. Dr. Brzorad erklärt namens der jungczechiſchen Partei für den vorliegenden Antrag zu ſtimmen, deſſen Tendenz der Schutz der Wahlfreiheit iſt. Abg. Dr. Barcuther erklärt ſich mit der Zuweiſung ſeines Antrages an den permanenten Strafgefetz-Ausſchuß einverſtanden. Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Abg. Pininski angenommen. Abg Dobernigg und Genoſſen fragen den Miniſter- präſidenten Grafen Badeni: Iſt die Regierung geneigt, eheſtens an die Durchführung des vom Abgeordnetenhauſe gefaßten Beſchluſſes auf Vorlage eines Geſetzentwurfes be- hufs Schaffung der obligatoriſchen Altersverſorgung der Privatbeamten zu ſchreiten. Der Ausſchuß für die Beamten-Dienſtpragmatik hielt Freitag Abends eine Sitzung ab, um über den Dringlichkeitsantrag Steinwender, die Aufhebung des Kielmansegg’ſchen Beamtenerlaſſes, zu berathen. Hiebet gab Graf Badeni die Erklärung ab, daß er den Beamtenerlaß des Grafen Kielmansegg nicht für geſetz- widrig, wohl aber für inopportun hält. Im Uebrigen iſt die Regierung der Anſchauung, daß mit dem Erlaſſe die ihm zugeſchriebene Abſicht, die Beamten und Lehrer unter polizeiliche Beaufſichtigung zu ſtellen, nicht verbunden war, und die einzelnen Reſſortminiſterien haben auch an die Unterbehörden die Weiſung ergehen laſſen, daß periodiſche Berichte über die Beamtenſchaft und Lehrerſchaft nicht gewärtigt werden. Zu der Frage der Dienſtpragmatik übergehend, bemerkt Graf Badeni, daß in Betreff einer Erhöhung der Beamtengehalte die Vor- arbeiten im Zuge und ſchon ſoweit gediehen ſind, daß die Fertigſtellung einer entſprechenden Vorlage nur von der Sicherſtellung der hiefür nöthigen Mittel abhängt, in Be- treff der Penſionen eine deren zeitgemäße Regelung bezweckende Vorlage noch vor der erſteren zur Einbringung gedeihen dürfte, in Betreff der Disciplinarvorſchriften ſeitens der Regierung die Competenz der Legislative anerkennt und ſich vorbehalten wird, eine dieſen Gegenſtand betreffende Vorlage nächſtens zur verfaſſungsmäßigen Behandlung ein- zubringen; was endlich eine Beförderungsvorſchrift anbe- langt, kann einer ſolchen von der Regierung keine beſondere praktiſche Bedeutung beigelegt werden. Vereinsnachrichten. § Nicolobrüderverein. Mittwoch, 11. d., Abend&ſr 7 Uhr findet die Betheilung von 70 armen chriſtlichen Schulkindern (35 Knaben, 35 Mädchen) mit vollſtändigem Winteranzuge, Wäſche, einer Jauſe und eventuellen Naturalien durch den „Erſten Margarethener humanitären Nicolobrüderverein“ in Franz Rieaer’s Sallocalitäten „Zu den drei Engeln“, 4. Bez., Große Neugaſſe 36, ſtatt. § Leo-Geſellſchaft. Sitzung der phil.-theologiſchen Section, 11. d. (Mittwoch), Abends ½6 Uhr, 1. Bez., Annagaſſe 9. Vortrag des k. k. Univerſitäts-Profeſſors Herrn Dr. Bernhard Schäfer. § Euchariſtiſche Verſammlung. Am 5. d. fand in Fels am Wagram eine euchariſtiſche Ver- ſammlung ſtatt. 15 Prieſter waren erſchienen. Dechant Rudolf Greipl, Mſgr. Schöpfleuthner u. A. betheiligten ſich daran. Der Zulauf des Volkes war groß- artig. § Katholiſcher Schulverein. Dienſtag, den 10. d. finder in Döbling, Caſino Zögernitz, Hauptſtraße 76, ein Familienabend der Pfarrgruppe zum heil. Paulus mit folgendem Programm ſtatt: 1. Eröffnung durch den Ob- mann. 2. „Meine Kriegserlebniſſe 1870—1871“ von Sr. Hochw. Freiherrn von Berlichingen. 3. „Ueber Lectüre“ vom Obmann. Die Mitglieder, ſowie Geſinnungs- genoſſen, Damen und Herren, ſind zu dieſem wie auch zu den folgenden, jeden zweiten Dienſtag im Monate ſtattfindenden Familienabenden höflichſt eingeladen. Ein- tritt frei. Beſondere Einladungskarten werden nicht aus- gegeben. § „Maria-Troſter Spatzen“. Weihnachts-Betheilung von 62 armen Schulkindern Mittwoch, 11. December um halb 8 Uhr Abends im Saale des Hotel Wimberger, Neu- baugürtel. Muſik von der Elite-Capelle Sprowacker, unter Mitwirkung des Hainbacher Männerchor, ſowie vieler anderer Kunſtkräfte. Gäſte ſind willkommen. An der Caſſa iſt ein Programm à 20 kr. per Perſon zu löſen. Etwaige Spenden zum Juxbazar werden im Spotzenneſt (Loidl’s Gaſthaus, 7. Bez, Ulrichsplatz 1, dankend entgegen- genommen. Theater, Muſik und Kunſt. — Engen d’Albert hat für ſein, Freitag 13. De- cember im Böſendorferſaale ſtattfindendes einziges Concert folgendes Programm feſtgeſtellt: Bach. Präludium und Fuge D-dur; Beethoven, Sonate op 111 C-moll; Schumann, Fantaſie C-dur; Weber. Sonate As-dur: Chopin, Nocturne H-dur op 62 Nr. 1; Liszt, Don Juan-Fantaſie. Karten in Guttmann’s Hofmuſikalienhandlung. — Miß Fanny Davies, eine hervorragende engliſche Pianiſtin, brillirte in ihrem ſtark beſuchten Concerte durch die intereſſante, oft ganz eigenartige Wiedergabe von Charakterſtücken von Scarlatti Mendelsſohn, Chopin, Liszt und Rubinſtein; reicher Beifall ward ihr zu Theil. — Der jugendliche Violinvirtuos Carl Fleſch zeigte in ſeinem zweiten und zugleich letzten Concerte eine wohlausgebildete Technik, energiſche Bogenführung und große Sicherheit im Spiele. Nach der empfindſamen Seite iſt ſein Vortrag wohl noch ſehr der Vervollkommnung fähig. — Unter allen äußeren Zeichen echt künſtleriſchen Erfolges und aufrichtiger Werthſchätzung gab Sonntag Hofballmuſikdirector Eduard Strauß im Muſikvereinsſaale ſein glänzendes Beneficeconcert. Dasſelbe bot eine Reihe der intereſſanteſten und beliebteſten Nummern ſeines reichhaltigen Repertoirs in der bekannten muſterbaften Ausführung, wie ſie nur dem Strauß-Orcheſter eigen iſt; alle Nummern wurden von unaufhörlichen Bei- fallsbezeugungen begleitet, welche bereits mit dem Eintritte des Beneficianten begannen. Als achte Nummer dirigirte Meiſter Johann Strauß die Ouverture zu ſeiner neuen Operette „Waldmeiſter“ und hierauf das Marſch- Couplet aus derſelben Operette, welches er dreimal wieder- holen mußte. Auch Johann Strauß bildete den Gegenſtand rauſchender Ovationen. G. v. B. Kleine Chronik, * Hof- und Perſonalnachrichten Erzherzogin Alice Großherzogin von Toscana iſt heute Nachmittags aus Schwarzau hieher zurückgekehrt. — Erzherzogin Maria Immaculata iſt heute Vormittags aus Agram hier eingetroffen. * Auszeichnungen und Ernennungen. Ver- liehen wurde dem Feldmarſchall-Lieutenant des Ruheſtandes Carl Ritter von Ludwig der Freiherrn- ſtand, dem Civil-Ingenieur Eduard Fiſcher der Adel- ſtand mit dem Ehrenworte „Edler“, dem Bezirkscommiſſär Friedrich Schmid in Piſek der Titel und Charakter eines Bezirkshauptmannes. — Ernannt wurde der Forſtmeiſter und Entomologe Friedrich Wachtl zum ordentlichen Profeſſor des Forſtſchutzes und der forſtlichen Entomologie an der Hochſchule für Bodencultur. * Chriſtlich-ſocialer Verein in Wien. Mittwoch den 11. December 1895 Abends halb 8 Uhr in Gſchwandner’s Saal-Localitäten im 17. Bez, Hernalſer Hauptſtraße außerordentliche Plenarverſammlung. Tages- ordnung: 1. Herr Reichsraths-Abgeordneter Dr. Alfred Ebenhoch über die gewerbliche Reform. 2. Hochw. Herr Wehinger Miſſionär aus Birma (Aſien) über Cultur, Sitten und Gebräuche der aſiatiſchen Völker. Die Parteigenoſſen, werden auf die beiden hochintereſſanten Vorträge beſonders aufmerkſam gemacht und insbeſondere werden die Gewerbetreibenden erſucht, durch zahlreiches Er- ſcheinen ihr Intereſſe an dem Zuſtandekommen der ge- werblichen Reſorm zu beweiſen. * Das Elend der Unterlehrer und Unter- lehrerinnen. Geſtern fand im Sitzungsſagle des alten Rathhauſes eine ſehr zahlreich beſuchte Verſammlung von Unterlehrern und Unterlehrerinnen ſtatt. Es handelte ſich darum, zu einigen Standesfragen Stellung zu nehmen. Der Referent Täubler beantragte die Annahme von vier Reſolutionen, von denen die erſte die Gewährung eines Quartiergeldes von jährlich 120 fl. an die proviſoriſchen Unterlehrer und Unterlehrerinnen verlangt; die zweite ſpricht die Erwartung aus, daß der Taglohn als Entſchä- digung für Lehrer gänzlich zu entfallen habe; die dritte betrachtet es als der Würde Wiens nicht entſprechend, daß die Gemeinde am 15. Juli proviſoriſche Aushilfslehrer oder Aushilfslehrerinnen ihres Dienſtes enthebt, um an dieſen fl. 66.66 — die Ferienremuneration — zu erſparen. Die vierte Reſolution bezeichnet es als ſchwere Schädigung des Standes, daß die Perſonal-Lehrerſtellen an den Wiener Schulen nicht definitiv beſetzt werden, trotzdem zahlreiche Gemeinderathsbeſchlüſſe vorliegen, welche die definitive Be- ſetzung dieſer Stellen ſordern. Sämmtliche Reſolutionen wurden einſtimmig angenommen. — Der folgende Referent ſprach ſich für die Beſeitigung der Uebelſtände, welche ſich bei dem derzeit geübten Vorſchlagsrechte der Ortsſchulräthe geltend machen, aus und empfahl eine Centraliſation der 19 Wiener Ortsſchulräthe. Weiter beſchwert er ſich über die Nichtauszahlung der Quinquennien an die Unterlehrer und beklagte ſich, daß die Penſionsberechtigung erſt nach zehnjähriger Einzahlung in die Penſionscaſſe beginne Auch dieſe Reſolutionen wurden genehmigt. Der dritte Referent trat für die Abſchaffung des Unterlehrer-Titels ein. In liberalen Lehrerblättern begegnet man gar häufig noch Schilderungen über die Emlohnungsverhältniſſe der Lehrer in der „dunklen Concordatszeit“, die nur dazu dienen ſollen, die jüngere Generation der Lehrerſchaft das Gruſeln vor der „confeſſionellen“ Schule zu lehren. Angeſichts der vorerwähnten Verſammlung fragen wir: Iſt man in Lehrerkreiſen ſich noch nie darüber klar geworden, daß es gerade die liberale Partei iſt, die in Wiener Schulangelegen- heiten ſeit langen Jahren das entſcheidende Wort führt, und die die Unterlehrer in einer noch nie dageweſenen, jeden- falls nicht von hoher Achtung vor Wiſſen und Bildung zeigenden Weiſe ausbeutet? Sind die liberalen Maul- helden unter der Lehrerſchaft nicht mit uns der Anſicht, daß ein 16 Jahre alter Unterlehrer der Fünfziger-Jahre, der bei ſeinem Oberlehrer Koſt, Quartier und einen Jahres- lohn von 24 fl. bezog, in glänzenderen ſocialen Verhält- niſſen lebte und weniger Hunger litt, als ein Unterlehrer der Reichshaupt- und Reſidenzſtadt Wien mit 330 fl. Jahresgehalt. U. A. w. g.

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 283, Wien, 10.12.1895, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost283_1895/5>, abgerufen am 27.04.2024.