Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

heit, als öffentliche Unzuchtshäuser sind, überall nicht entstünden, weit wichtiger, als selbst die Frage, wie man Jünglinge davor bewahrte.

Jch bescheide mich gern, daß ich zur Auflösung dieses Problems nicht politische Kenntnisse genug habe. Vielleicht machen andere Städte andere Verfahrungsarten nothwendig. Jndeß finde ich doch, daß es auf eine Art, die bekanntlich häufig genug angewendet wird, nicht geschehen kann.

Gewöhnlich geht des Abends die Polizeiwache rund, und wo sich in verdächtigen Häusern ein verdächtiges Mädchen des Abends vor der Thür antreffen läßt, das wird vors Polizeigericht und von da grade ins Zuchthaus geführt. Jst sie vorher schon ertappt worden, so dauert die Zuchthausstrafe Jahre, sonst einige Monate. Der Wirth, in dessen Diensten ein solches elendes Mädchen ist, bleibt dabei in Ruhe und der für ihn verlorne Nahrungszweig wird bald durch einen andern ersetzt. Dies Verfahren hat weder den Erfolg, daß das Mädchen gebessert, noch der Sache im mindesten abgeholfen wird. Bei allem guten Willen kann ein solches Mädchen nachher keinen anständigen Weg, sich Unterhalt zu verschaffen, einschlagen. Zwischen

heit, als öffentliche Unzuchtshäuser sind, überall nicht entstünden, weit wichtiger, als selbst die Frage, wie man Jünglinge davor bewahrte.

Jch bescheide mich gern, daß ich zur Auflösung dieses Problems nicht politische Kenntnisse genug habe. Vielleicht machen andere Städte andere Verfahrungsarten nothwendig. Jndeß finde ich doch, daß es auf eine Art, die bekanntlich häufig genug angewendet wird, nicht geschehen kann.

Gewöhnlich geht des Abends die Polizeiwache rund, und wo sich in verdächtigen Häusern ein verdächtiges Mädchen des Abends vor der Thür antreffen läßt, das wird vors Polizeigericht und von da grade ins Zuchthaus geführt. Jst sie vorher schon ertappt worden, so dauert die Zuchthausstrafe Jahre, sonst einige Monate. Der Wirth, in dessen Diensten ein solches elendes Mädchen ist, bleibt dabei in Ruhe und der für ihn verlorne Nahrungszweig wird bald durch einen andern ersetzt. Dies Verfahren hat weder den Erfolg, daß das Mädchen gebessert, noch der Sache im mindesten abgeholfen wird. Bei allem guten Willen kann ein solches Mädchen nachher keinen anständigen Weg, sich Unterhalt zu verschaffen, einschlagen. Zwischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="205"/>
heit, als öffentliche Unzuchtshäuser sind, überall nicht entstünden, weit wichtiger, als selbst die Frage, wie man Jünglinge davor bewahrte.</p>
          <p>Jch bescheide mich gern, daß ich zur Auflösung dieses Problems nicht politische Kenntnisse genug habe. Vielleicht machen andere Städte andere Verfahrungsarten nothwendig. Jndeß finde ich doch, daß es auf eine Art, die bekanntlich häufig genug angewendet wird, nicht geschehen kann.</p>
          <p>Gewöhnlich geht des Abends die Polizeiwache rund, und wo sich in verdächtigen Häusern ein verdächtiges Mädchen des Abends vor der Thür antreffen läßt, das wird vors Polizeigericht und von da grade ins Zuchthaus geführt. Jst sie vorher schon ertappt worden, so dauert die Zuchthausstrafe Jahre, sonst einige Monate. Der Wirth, in dessen Diensten ein solches elendes Mädchen ist, bleibt dabei in Ruhe und der für ihn verlorne Nahrungszweig wird bald durch einen andern ersetzt. Dies Verfahren hat weder den Erfolg, daß das Mädchen gebessert, noch der Sache im mindesten abgeholfen wird. Bei allem guten Willen kann ein solches Mädchen nachher keinen anständigen Weg, sich Unterhalt zu verschaffen, einschlagen. Zwischen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0204] heit, als öffentliche Unzuchtshäuser sind, überall nicht entstünden, weit wichtiger, als selbst die Frage, wie man Jünglinge davor bewahrte. Jch bescheide mich gern, daß ich zur Auflösung dieses Problems nicht politische Kenntnisse genug habe. Vielleicht machen andere Städte andere Verfahrungsarten nothwendig. Jndeß finde ich doch, daß es auf eine Art, die bekanntlich häufig genug angewendet wird, nicht geschehen kann. Gewöhnlich geht des Abends die Polizeiwache rund, und wo sich in verdächtigen Häusern ein verdächtiges Mädchen des Abends vor der Thür antreffen läßt, das wird vors Polizeigericht und von da grade ins Zuchthaus geführt. Jst sie vorher schon ertappt worden, so dauert die Zuchthausstrafe Jahre, sonst einige Monate. Der Wirth, in dessen Diensten ein solches elendes Mädchen ist, bleibt dabei in Ruhe und der für ihn verlorne Nahrungszweig wird bald durch einen andern ersetzt. Dies Verfahren hat weder den Erfolg, daß das Mädchen gebessert, noch der Sache im mindesten abgeholfen wird. Bei allem guten Willen kann ein solches Mädchen nachher keinen anständigen Weg, sich Unterhalt zu verschaffen, einschlagen. Zwischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Bindestriche werden nicht als =, sondern als - transkribiert.
  • Das Anführungszeichen „ wird am Ende eines Zitats als “ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/204
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/204>, abgerufen am 29.04.2024.