Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

men Jungen-Streiche mehr, bei denen Nichts heraus
kommt. Verlassen Sie sich auf mich."

Der Pfarrer, wie er unsren Freund so sichermuthig
und getrost sprechen hörte, ging bald darauf zwar freund-
lich und mit einer letzten gutgemeinten Warnung, aber
doch bedenklich den Kopf schüttelnd, von ihm fort. Dem
ist so nicht beizukommen, sagte er zu sich selbst -- ich
muß doch zu dem äußersten Mittel greifen." Und er
ging zu Mutter Eva, -- sie war wirklich sein äußerstes
Mittel. --

Unser Pfarrer war nun einmal sorgen- und ahnungs-
voll. Er wußte, wie viele Uebelwollende im Dorfe lebten,
die nur auf eine Gelegenheit warteten, um Johannes in
einer Schlinge zu fangen und ihn unschädlich zu machen.
Er wußte noch mehr: daß nämlich nicht nur die Leute
im Dorfe so dachten, sondern vor Allem auch der Amt-
mann selbst und seine Aktuarien, daß sie ihn gern weg-
gehabt hätten und eben auch nur auf eine günstige Ge-
legenheit warteten, ihn ihre Macht fühlen zu lassen. Der
Pfarrer hatte deshalb geglaubt, man werde die Turn-
fahrt verbieten, theils um Johannes damit zu ärgern,
theils weil damals überhaupt eine Zeit der Verbote und
jeder Beamte immer schnell damit bei der Hand war.
Darum hatte unser Pfarrer so lange gegen Johannes ge-
schwiegen. Aber das Gegentheil geschah, das Fest ward

men Jungen-Streiche mehr, bei denen Nichts heraus
kommt. Verlaſſen Sie ſich auf mich.“

Der Pfarrer, wie er unſren Freund ſo ſichermuthig
und getroſt ſprechen hoͤrte, ging bald darauf zwar freund-
lich und mit einer letzten gutgemeinten Warnung, aber
doch bedenklich den Kopf ſchuͤttelnd, von ihm fort. Dem
iſt ſo nicht beizukommen, ſagte er zu ſich ſelbſt — ich
muß doch zu dem aͤußerſten Mittel greifen.“ Und er
ging zu Mutter Eva, — ſie war wirklich ſein aͤußerſtes
Mittel. —

Unſer Pfarrer war nun einmal ſorgen- und ahnungs-
voll. Er wußte, wie viele Uebelwollende im Dorfe lebten,
die nur auf eine Gelegenheit warteten, um Johannes in
einer Schlinge zu fangen und ihn unſchaͤdlich zu machen.
Er wußte noch mehr: daß naͤmlich nicht nur die Leute
im Dorfe ſo dachten, ſondern vor Allem auch der Amt-
mann ſelbſt und ſeine Aktuarien, daß ſie ihn gern weg-
gehabt haͤtten und eben auch nur auf eine guͤnſtige Ge-
legenheit warteten, ihn ihre Macht fuͤhlen zu laſſen. Der
Pfarrer hatte deshalb geglaubt, man werde die Turn-
fahrt verbieten, theils um Johannes damit zu aͤrgern,
theils weil damals uͤberhaupt eine Zeit der Verbote und
jeder Beamte immer ſchnell damit bei der Hand war.
Darum hatte unſer Pfarrer ſo lange gegen Johannes ge-
ſchwiegen. Aber das Gegentheil geſchah, das Feſt ward

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0256" n="248"/>
men Jungen-Streiche mehr, bei denen Nichts heraus<lb/>
kommt. Verla&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich auf mich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Pfarrer, wie er un&#x017F;ren Freund &#x017F;o &#x017F;ichermuthig<lb/>
und getro&#x017F;t &#x017F;prechen ho&#x0364;rte, ging bald darauf zwar freund-<lb/>
lich und mit einer letzten gutgemeinten Warnung, aber<lb/>
doch bedenklich den Kopf &#x017F;chu&#x0364;ttelnd, von ihm fort. Dem<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o nicht beizukommen, &#x017F;agte er zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x2014; ich<lb/>
muß doch zu dem a&#x0364;ußer&#x017F;ten Mittel greifen.&#x201C; Und er<lb/>
ging zu Mutter Eva, &#x2014; &#x017F;ie war wirklich &#x017F;ein a&#x0364;ußer&#x017F;tes<lb/>
Mittel. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er Pfarrer war nun einmal &#x017F;orgen- und ahnungs-<lb/>
voll. Er wußte, wie viele Uebelwollende im Dorfe lebten,<lb/>
die nur auf eine Gelegenheit warteten, um Johannes in<lb/>
einer Schlinge zu fangen und ihn un&#x017F;cha&#x0364;dlich zu machen.<lb/>
Er wußte noch mehr: daß na&#x0364;mlich nicht nur die Leute<lb/>
im Dorfe &#x017F;o dachten, &#x017F;ondern vor Allem auch der Amt-<lb/>
mann &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;eine Aktuarien, daß &#x017F;ie ihn gern weg-<lb/>
gehabt ha&#x0364;tten und eben auch nur auf eine gu&#x0364;n&#x017F;tige Ge-<lb/>
legenheit warteten, ihn ihre Macht fu&#x0364;hlen zu la&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Pfarrer hatte deshalb geglaubt, man werde die Turn-<lb/>
fahrt verbieten, theils um Johannes damit zu a&#x0364;rgern,<lb/>
theils weil damals u&#x0364;berhaupt eine Zeit der Verbote und<lb/>
jeder Beamte immer &#x017F;chnell damit bei der Hand war.<lb/>
Darum hatte un&#x017F;er Pfarrer &#x017F;o lange gegen Johannes ge-<lb/>
&#x017F;chwiegen. Aber das Gegentheil ge&#x017F;chah, das Fe&#x017F;t ward<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0256] men Jungen-Streiche mehr, bei denen Nichts heraus kommt. Verlaſſen Sie ſich auf mich.“ Der Pfarrer, wie er unſren Freund ſo ſichermuthig und getroſt ſprechen hoͤrte, ging bald darauf zwar freund- lich und mit einer letzten gutgemeinten Warnung, aber doch bedenklich den Kopf ſchuͤttelnd, von ihm fort. Dem iſt ſo nicht beizukommen, ſagte er zu ſich ſelbſt — ich muß doch zu dem aͤußerſten Mittel greifen.“ Und er ging zu Mutter Eva, — ſie war wirklich ſein aͤußerſtes Mittel. — Unſer Pfarrer war nun einmal ſorgen- und ahnungs- voll. Er wußte, wie viele Uebelwollende im Dorfe lebten, die nur auf eine Gelegenheit warteten, um Johannes in einer Schlinge zu fangen und ihn unſchaͤdlich zu machen. Er wußte noch mehr: daß naͤmlich nicht nur die Leute im Dorfe ſo dachten, ſondern vor Allem auch der Amt- mann ſelbſt und ſeine Aktuarien, daß ſie ihn gern weg- gehabt haͤtten und eben auch nur auf eine guͤnſtige Ge- legenheit warteten, ihn ihre Macht fuͤhlen zu laſſen. Der Pfarrer hatte deshalb geglaubt, man werde die Turn- fahrt verbieten, theils um Johannes damit zu aͤrgern, theils weil damals uͤberhaupt eine Zeit der Verbote und jeder Beamte immer ſchnell damit bei der Hand war. Darum hatte unſer Pfarrer ſo lange gegen Johannes ge- ſchwiegen. Aber das Gegentheil geſchah, das Feſt ward

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/256
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/256>, abgerufen am 15.05.2024.