Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Xenien von Göthe u. Schiller keine Bitterkeit und keine Lästerung, die man damals nicht auch aus dem Munde des zürnenden Eiferers gehört hätte. Die Land-Dechanten erhielten den Befehl, die ihnen untergeordneten Priester genau zu beobachten. Man lernte die kräftigsten Stellen aus Stattler auswendig, um sie bey Gelegenheit an den Mann zu bringen. Man fand eines Morgens die Kritik der reinen Vernunft an den Pranger genagelt; und ein loser Vogel mahlte an die Thüre des Jesuiter-Kollegiums einen Galgen, an dem ein Priester hieng, mit der Ueberschrift Sebastian Mutschelle.

Simpert machte eine neue Probe bey Sr. Durchlaucht. Er hatte noch nie so gewaltig vor Höchstderselben deklamiert. Er bewies, was am Ende mit der neuen Philosophie heraus kommen werde. Er stellte Ihnen Himmel und Hölle vor. Aber der Fürst saß da, wie Sulzer, Lavater u. Füßli, als ihnen Obereit, in dem Gasthofe zu Lindau seine Gedichte vorlas. Da war kein Interesse für die gute Sache, keine Selbstständigkeit, kein Muth zu handeln. "Ich werde der Sache ein Ende machen, hieß es zwar; solche philosophische

Xenien von Göthe u. Schiller keine Bitterkeit und keine Lästerung, die man damals nicht auch aus dem Munde des zürnenden Eiferers gehört hätte. Die Land-Dechanten erhielten den Befehl, die ihnen untergeordneten Priester genau zu beobachten. Man lernte die kräftigsten Stellen aus Stattler auswendig, um sie bey Gelegenheit an den Mann zu bringen. Man fand eines Morgens die Kritik der reinen Vernunft an den Pranger genagelt; und ein loser Vogel mahlte an die Thüre des Jesuiter-Kollegiums einen Galgen, an dem ein Priester hieng, mit der Ueberschrift Sebastian Mutschelle.

Simpert machte eine neue Probe bey Sr. Durchlaucht. Er hatte noch nie so gewaltig vor Höchstderselben deklamiert. Er bewies, was am Ende mit der neuen Philosophie heraus kommen werde. Er stellte Ihnen Himmel und Hölle vor. Aber der Fürst saß da, wie Sulzer, Lavater u. Füßli, als ihnen Obereit, in dem Gasthofe zu Lindau seine Gedichte vorlas. Da war kein Interesse für die gute Sache, keine Selbstständigkeit, kein Muth zu handeln. „Ich werde der Sache ein Ende machen, hieß es zwar; solche philosophische

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="112"/><hi rendition="#g">Xenien</hi> von <hi rendition="#g">Göthe</hi> u. <hi rendition="#g">Schiller</hi> keine Bitterkeit und keine Lästerung, die man damals nicht auch aus dem Munde des zürnenden Eiferers gehört hätte. Die Land-Dechanten erhielten den Befehl, die ihnen untergeordneten Priester genau zu beobachten. Man lernte die kräftigsten Stellen aus <hi rendition="#g">Stattler</hi> auswendig, um sie bey Gelegenheit an den Mann zu bringen. Man fand eines Morgens die Kritik der reinen Vernunft an den Pranger genagelt; und ein loser Vogel mahlte an die Thüre des Jesuiter-Kollegiums einen Galgen, an dem ein Priester hieng, mit der Ueberschrift <hi rendition="#g">Sebastian Mutschelle</hi>.</p>
        <p><hi rendition="#g">Simpert</hi> machte eine neue Probe bey Sr. Durchlaucht. Er hatte noch nie so gewaltig vor Höchstderselben deklamiert. Er bewies, was am Ende mit der neuen Philosophie heraus kommen werde. Er stellte Ihnen Himmel und Hölle vor. Aber der Fürst saß da, wie <hi rendition="#g">Sulzer, Lavater</hi> u. <hi rendition="#g">Füßli</hi>, als ihnen <hi rendition="#g">Obereit</hi>, in dem Gasthofe zu <hi rendition="#g">Lindau</hi> seine Gedichte vorlas. Da war kein Interesse für die gute Sache, keine Selbstständigkeit, kein Muth zu handeln. &#x201E;Ich werde der Sache ein Ende machen, hieß es zwar; solche philosophische
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0112] Xenien von Göthe u. Schiller keine Bitterkeit und keine Lästerung, die man damals nicht auch aus dem Munde des zürnenden Eiferers gehört hätte. Die Land-Dechanten erhielten den Befehl, die ihnen untergeordneten Priester genau zu beobachten. Man lernte die kräftigsten Stellen aus Stattler auswendig, um sie bey Gelegenheit an den Mann zu bringen. Man fand eines Morgens die Kritik der reinen Vernunft an den Pranger genagelt; und ein loser Vogel mahlte an die Thüre des Jesuiter-Kollegiums einen Galgen, an dem ein Priester hieng, mit der Ueberschrift Sebastian Mutschelle. Simpert machte eine neue Probe bey Sr. Durchlaucht. Er hatte noch nie so gewaltig vor Höchstderselben deklamiert. Er bewies, was am Ende mit der neuen Philosophie heraus kommen werde. Er stellte Ihnen Himmel und Hölle vor. Aber der Fürst saß da, wie Sulzer, Lavater u. Füßli, als ihnen Obereit, in dem Gasthofe zu Lindau seine Gedichte vorlas. Da war kein Interesse für die gute Sache, keine Selbstständigkeit, kein Muth zu handeln. „Ich werde der Sache ein Ende machen, hieß es zwar; solche philosophische

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 deutsch



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/112
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/112>, abgerufen am 29.04.2024.