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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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Fürstinn, die Kavaliers und die Dames machten vor den Franzosen so gut das Kreuz, als unser einer; und Simpert sprach auf seiner Kanzel kein Anathema über sie aus, das nicht der ganze Hof, ohne Ausnahme, von Herzen nachgesprochen hätte. Denn so sehr man auch der Aufklärung ergeben war, so hielt man sie doch nicht für so viel werth, daß man um ihrer willen die Ehre des Standes und der Ahnen aufgeopfert, und das Trödelweib am Markte zur Frau Schwester, oder den mannfesten Kaviller zum Herrn Bruder gemacht hätte.

Deßhalb entstand unter unsern Lichthelden eine Art von Spaltung, die sie in zwo Partheyen zerschnitt, welche sich gegen einander eben so verhielten, wie die Arianer und Semiarianer des vierten Jahrhunderts. Die eine Parthey ehrte und schätzte zwar die Aufklärung wie zuvor; nur schloß sie ihr, sobald sie sich dem Tempel der Staatsverwaltung näherte, die Thüre vor der Nase zu. Denn, sagte sie, in diesem Tempel gilt blos das Herkommen; lassen wir die Vernunft mit der Fakel hinein, so steckt sie ihn in Brand, er stürzt ein, und wir werden unter seine Trümmer begraben. An der

Fürstinn, die Kavaliers und die Dames machten vor den Franzosen so gut das Kreuz, als unser einer; und Simpert sprach auf seiner Kanzel kein Anathema über sie aus, das nicht der ganze Hof, ohne Ausnahme, von Herzen nachgesprochen hätte. Denn so sehr man auch der Aufklärung ergeben war, so hielt man sie doch nicht für so viel werth, daß man um ihrer willen die Ehre des Standes und der Ahnen aufgeopfert, und das Trödelweib am Markte zur Frau Schwester, oder den mannfesten Kaviller zum Herrn Bruder gemacht hätte.

Deßhalb entstand unter unsern Lichthelden eine Art von Spaltung, die sie in zwo Partheyen zerschnitt, welche sich gegen einander eben so verhielten, wie die Arianer und Semiarianer des vierten Jahrhunderts. Die eine Parthey ehrte und schätzte zwar die Aufklärung wie zuvor; nur schloß sie ihr, sobald sie sich dem Tempel der Staatsverwaltung näherte, die Thüre vor der Nase zu. Denn, sagte sie, in diesem Tempel gilt blos das Herkommen; lassen wir die Vernunft mit der Fakel hinein, so steckt sie ihn in Brand, er stürzt ein, und wir werden unter seine Trümmer begraben. An der

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[140/0140] Fürstinn, die Kavaliers und die Dames machten vor den Franzosen so gut das Kreuz, als unser einer; und Simpert sprach auf seiner Kanzel kein Anathema über sie aus, das nicht der ganze Hof, ohne Ausnahme, von Herzen nachgesprochen hätte. Denn so sehr man auch der Aufklärung ergeben war, so hielt man sie doch nicht für so viel werth, daß man um ihrer willen die Ehre des Standes und der Ahnen aufgeopfert, und das Trödelweib am Markte zur Frau Schwester, oder den mannfesten Kaviller zum Herrn Bruder gemacht hätte. Deßhalb entstand unter unsern Lichthelden eine Art von Spaltung, die sie in zwo Partheyen zerschnitt, welche sich gegen einander eben so verhielten, wie die Arianer und Semiarianer des vierten Jahrhunderts. Die eine Parthey ehrte und schätzte zwar die Aufklärung wie zuvor; nur schloß sie ihr, sobald sie sich dem Tempel der Staatsverwaltung näherte, die Thüre vor der Nase zu. Denn, sagte sie, in diesem Tempel gilt blos das Herkommen; lassen wir die Vernunft mit der Fakel hinein, so steckt sie ihn in Brand, er stürzt ein, und wir werden unter seine Trümmer begraben. An der

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/140>, abgerufen am 29.04.2024.