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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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dürfen, so wie man auch sonst derartige Einrichtungen den speziellen Landesbedürfnissen anpassend, nicht einfach die Statuten deutscher Anstalten bindend nach Galizien übertragen darf.

Was die Gründung und finanzielle Weiterführung dieser unentbehrlichen Volkspflegeanstalten betrifft, so ist mir in Brody und in Stanislau versichert worden, daß, auf eine Anregung und Mithilfe von außen, ein Teil der nötigen Mittel auch innerhalb der Gemeinde aufgebracht werden könnte.

Daraus würde sich für die Verwaltung schon die für alle derartigen Unternehmungen wünschenswerte Gestaltung ergeben, daß sie zum Teil aus einheimischen, zum Teil aus nicht ansässigen, unparteiischen Mitgliedern zu bestehen hätte.

Was die innere technische Leitung solcher Anstalten betrifft, so muß sie außer einer berufsmäßigen Leiterin einem Lokalkomitee übertragen werden, das die Kontrolle der einzelnen Ressorts zu übernehmen bereit ist.

Die beamtete Leiterin muß natürlich eine gründliche Vorbildung besitzen. Zu ihrer Unterstützung soll man eine Anzahl schulentlassener Mädchen einstellen, die gegen einen Wochenlohn, der etwas höher zu bemessen ist, als der ortsübliche Lohn für Fabrik- und Schneiderarbeit, durch Unterweisung und Mitarbeit in die Kinderpflege eingeführt werden. An den freien Abenden wären diese jungen Mädchen noch in den nötigsten Lehrfächern und in der deutschen und polnischen Sprache weiter zu bringen und in praktischer Näharbeit zu unterweisen. Nach 1 bis 2 Jahren können sie mit einem Zeugnis versehen als (Vorschlag 2) "ausgebildete Kinderpflegerinnen" in häusliche Stellungen eintreten, eine Kategorie von Hausbeamtinnen, für die in Galizien mit der Zeit eine immer größere Nachfrage herrschen wird.

dürfen, so wie man auch sonst derartige Einrichtungen den speziellen Landesbedürfnissen anpassend, nicht einfach die Statuten deutscher Anstalten bindend nach Galizien übertragen darf.

Was die Gründung und finanzielle Weiterführung dieser unentbehrlichen Volkspflegeanstalten betrifft, so ist mir in Brody und in Stanislau versichert worden, daß, auf eine Anregung und Mithilfe von außen, ein Teil der nötigen Mittel auch innerhalb der Gemeinde aufgebracht werden könnte.

Daraus würde sich für die Verwaltung schon die für alle derartigen Unternehmungen wünschenswerte Gestaltung ergeben, daß sie zum Teil aus einheimischen, zum Teil aus nicht ansässigen, unparteiischen Mitgliedern zu bestehen hätte.

Was die innere technische Leitung solcher Anstalten betrifft, so muß sie außer einer berufsmäßigen Leiterin einem Lokalkomitee übertragen werden, das die Kontrolle der einzelnen Ressorts zu übernehmen bereit ist.

Die beamtete Leiterin muß natürlich eine gründliche Vorbildung besitzen. Zu ihrer Unterstützung soll man eine Anzahl schulentlassener Mädchen einstellen, die gegen einen Wochenlohn, der etwas höher zu bemessen ist, als der ortsübliche Lohn für Fabrik- und Schneiderarbeit, durch Unterweisung und Mitarbeit in die Kinderpflege eingeführt werden. An den freien Abenden wären diese jungen Mädchen noch in den nötigsten Lehrfächern und in der deutschen und polnischen Sprache weiter zu bringen und in praktischer Näharbeit zu unterweisen. Nach 1 bis 2 Jahren können sie mit einem Zeugnis versehen als (Vorschlag 2) „ausgebildete Kinderpflegerinnen“ in häusliche Stellungen eintreten, eine Kategorie von Hausbeamtinnen, für die in Galizien mit der Zeit eine immer größere Nachfrage herrschen wird.

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[53/0053] dürfen, so wie man auch sonst derartige Einrichtungen den speziellen Landesbedürfnissen anpassend, nicht einfach die Statuten deutscher Anstalten bindend nach Galizien übertragen darf. Was die Gründung und finanzielle Weiterführung dieser unentbehrlichen Volkspflegeanstalten betrifft, so ist mir in Brody und in Stanislau versichert worden, daß, auf eine Anregung und Mithilfe von außen, ein Teil der nötigen Mittel auch innerhalb der Gemeinde aufgebracht werden könnte. Daraus würde sich für die Verwaltung schon die für alle derartigen Unternehmungen wünschenswerte Gestaltung ergeben, daß sie zum Teil aus einheimischen, zum Teil aus nicht ansässigen, unparteiischen Mitgliedern zu bestehen hätte. Was die innere technische Leitung solcher Anstalten betrifft, so muß sie außer einer berufsmäßigen Leiterin einem Lokalkomitee übertragen werden, das die Kontrolle der einzelnen Ressorts zu übernehmen bereit ist. Die beamtete Leiterin muß natürlich eine gründliche Vorbildung besitzen. Zu ihrer Unterstützung soll man eine Anzahl schulentlassener Mädchen einstellen, die gegen einen Wochenlohn, der etwas höher zu bemessen ist, als der ortsübliche Lohn für Fabrik- und Schneiderarbeit, durch Unterweisung und Mitarbeit in die Kinderpflege eingeführt werden. An den freien Abenden wären diese jungen Mädchen noch in den nötigsten Lehrfächern und in der deutschen und polnischen Sprache weiter zu bringen und in praktischer Näharbeit zu unterweisen. Nach 1 bis 2 Jahren können sie mit einem Zeugnis versehen als (Vorschlag 2) „ausgebildete Kinderpflegerinnen“ in häusliche Stellungen eintreten, eine Kategorie von Hausbeamtinnen, für die in Galizien mit der Zeit eine immer größere Nachfrage herrschen wird.

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/53>, abgerufen am 27.04.2024.