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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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tunlich, nicht ganz unentgeltlich sein; vielleicht ließe es sich ermöglichen, eine Art Ratenzahlung einzuführen, die einer Familie die Auswanderung einer Tochter, oder einem alleinstehenden Mädchen die Reise in eine neue fremde Weit unter gesicherten Bedingungen in Aussicht stellte.

Aber all das fällt in das Gebiet der Ausführung des Planes, die nur nach sorgfältigster Prüfung und Erwägung aller Details in Angriff genommen werden kann.

Während meine erstangeführten Vorschläge solche sind, die auf allgemeinen Kulturwegen die Lage der galizischen Bevölkerung indirekt zu beeinflussen geeignet sind, werden sich diese Auswandererschulen (vielleicht vier für das Land, in Verbindung und unter gemeinsamer Leitung stehend) zu einer direkten, sehr wirksamen Einrichtung zur Bekämpfung des Mädchenhandels entwickeln. Darum bitte ich, das Studium dieser Idee, die noch nirgends ausgeführt ist, in erster Reihe in Angriff zu nehmen.

Mit diesem Vorschlage muß ich meinen Bericht schließen.

Zwei Dinge hoffe ich durch denselben zum Ausdruck gebracht zu haben:

erstens, daß es notwendig ist, eine Hilfsaktion für Galizien einzuleiten, und
zweitens, daß, wenn eine Hilfsaktion, mit Umsicht und Verständnis geleitet, ins Leben tritt, sie nach jeder Richtung den größten Erfolg verspricht.

Daß wir selbst die Früchte der Arbeit, deren Notwendigkeit wir erkennen, nicht in ihrer Reife sehen werden, enthebt uns nicht der sozialen Pflicht, sie zu beginnen.

In der festen Überzeugung, daß aus dem Lande Galizien, speziell aus seiner jüdischen Bevölkerung Schätze kostbaren Menschentums herauszuarbeiten sind, sage ich wie Bürgers sterbender Winzer zu seinen Söhnen: "Grabt nur!"

tunlich, nicht ganz unentgeltlich sein; vielleicht ließe es sich ermöglichen, eine Art Ratenzahlung einzuführen, die einer Familie die Auswanderung einer Tochter, oder einem alleinstehenden Mädchen die Reise in eine neue fremde Weit unter gesicherten Bedingungen in Aussicht stellte.

Aber all das fällt in das Gebiet der Ausführung des Planes, die nur nach sorgfältigster Prüfung und Erwägung aller Details in Angriff genommen werden kann.

Während meine erstangeführten Vorschläge solche sind, die auf allgemeinen Kulturwegen die Lage der galizischen Bevölkerung indirekt zu beeinflussen geeignet sind, werden sich diese Auswandererschulen (vielleicht vier für das Land, in Verbindung und unter gemeinsamer Leitung stehend) zu einer direkten, sehr wirksamen Einrichtung zur Bekämpfung des Mädchenhandels entwickeln. Darum bitte ich, das Studium dieser Idee, die noch nirgends ausgeführt ist, in erster Reihe in Angriff zu nehmen.

Mit diesem Vorschlage muß ich meinen Bericht schließen.

Zwei Dinge hoffe ich durch denselben zum Ausdruck gebracht zu haben:

erstens, daß es notwendig ist, eine Hilfsaktion für Galizien einzuleiten, und
zweitens, daß, wenn eine Hilfsaktion, mit Umsicht und Verständnis geleitet, ins Leben tritt, sie nach jeder Richtung den größten Erfolg verspricht.

Daß wir selbst die Früchte der Arbeit, deren Notwendigkeit wir erkennen, nicht in ihrer Reife sehen werden, enthebt uns nicht der sozialen Pflicht, sie zu beginnen.

In der festen Überzeugung, daß aus dem Lande Galizien, speziell aus seiner jüdischen Bevölkerung Schätze kostbaren Menschentums herauszuarbeiten sind, sage ich wie Bürgers sterbender Winzer zu seinen Söhnen: „Grabt nur!“

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[65/0065] tunlich, nicht ganz unentgeltlich sein; vielleicht ließe es sich ermöglichen, eine Art Ratenzahlung einzuführen, die einer Familie die Auswanderung einer Tochter, oder einem alleinstehenden Mädchen die Reise in eine neue fremde Weit unter gesicherten Bedingungen in Aussicht stellte. Aber all das fällt in das Gebiet der Ausführung des Planes, die nur nach sorgfältigster Prüfung und Erwägung aller Details in Angriff genommen werden kann. Während meine erstangeführten Vorschläge solche sind, die auf allgemeinen Kulturwegen die Lage der galizischen Bevölkerung indirekt zu beeinflussen geeignet sind, werden sich diese Auswandererschulen (vielleicht vier für das Land, in Verbindung und unter gemeinsamer Leitung stehend) zu einer direkten, sehr wirksamen Einrichtung zur Bekämpfung des Mädchenhandels entwickeln. Darum bitte ich, das Studium dieser Idee, die noch nirgends ausgeführt ist, in erster Reihe in Angriff zu nehmen. Mit diesem Vorschlage muß ich meinen Bericht schließen. Zwei Dinge hoffe ich durch denselben zum Ausdruck gebracht zu haben: erstens, daß es notwendig ist, eine Hilfsaktion für Galizien einzuleiten, und zweitens, daß, wenn eine Hilfsaktion, mit Umsicht und Verständnis geleitet, ins Leben tritt, sie nach jeder Richtung den größten Erfolg verspricht. Daß wir selbst die Früchte der Arbeit, deren Notwendigkeit wir erkennen, nicht in ihrer Reife sehen werden, enthebt uns nicht der sozialen Pflicht, sie zu beginnen. In der festen Überzeugung, daß aus dem Lande Galizien, speziell aus seiner jüdischen Bevölkerung Schätze kostbaren Menschentums herauszuarbeiten sind, sage ich wie Bürgers sterbender Winzer zu seinen Söhnen: „Grabt nur!“

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/65>, abgerufen am 30.04.2024.