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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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seinen Besuchen zuweilen die Pferde einstellte. Hühner, Enten und Gänse trieben in abgesonderten Räumen ihr Wesen; auf dem Dachboden war ein Taubenschlag angebracht, daneben bot der Heuboden mit seinem duftenden Inhalte einen herrlichen Kinderspielplatz. In den darunter gelegenen Holzstall schaffte der Gärtner im Herbste das trockne Strauchwerk, und mein Vater beschäftigte sich im Sommer mit dessen Verarbeitung. Die Aeste wurden in kleine und kleinste Stückchen zerhackt, mit Strohseilen in Bündel von bestimmter Größe gebunden und auf dem Boden verwahrt. Kamen nun die kühleren Herbstabende heran, so loderte im Gartensaale ein lustiges Kaminfeuer, um welches die Gäste sich gern versammelten.

Die Reisbündel wurden auch zum Heizen des Marmorbades verwendet, das an der Nordseite des Hauses gelegen, den Kindern wenigstens alle vierzehn Tage eine heilsame Erfrischung gewährte. Für das Grabdenkmal irgend eines vornehmen Herrn waren einst Platten des grauen schlesischen Marmors nach Berlin gekommen, damals ein ungewöhnlicher Luxus. Aber die Bestellung ward nicht ausgeführt, und die Tafeln standen lange vergeblich zum Verkauf. Nicolai erstand sie um einen geringen Preis, und ließ davon in seinem Gartenhause ein elegantes Marmorbad einrichten. Mein Vater erzählte gern, daß als einst der Dichter Göckingk draußen gewohnt, er ihm ein Bad mit Lorbeerzweigen geheizt habe.

Im Holzstalle durfte ich meinem Vater anfangs nur beim Zureichen der trocknen Aeste und beim Aufschichten der Reiser zur Hand gehn; als ich größer geworden, lernte ich selbst mit unendlicher Lust das kleine Gartenbeil handhaben. Die verschiedenen Hölzer wollten alle auf ver-

seinen Besuchen zuweilen die Pferde einstellte. Hühner, Enten und Gänse trieben in abgesonderten Räumen ihr Wesen; auf dem Dachboden war ein Taubenschlag angebracht, daneben bot der Heuboden mit seinem duftenden Inhalte einen herrlichen Kinderspielplatz. In den darunter gelegenen Holzstall schaffte der Gärtner im Herbste das trockne Strauchwerk, und mein Vater beschäftigte sich im Sommer mit dessen Verarbeitung. Die Aeste wurden in kleine und kleinste Stückchen zerhackt, mit Strohseilen in Bündel von bestimmter Größe gebunden und auf dem Boden verwahrt. Kamen nun die kühleren Herbstabende heran, so loderte im Gartensaale ein lustiges Kaminfeuer, um welches die Gäste sich gern versammelten.

Die Reisbündel wurden auch zum Heizen des Marmorbades verwendet, das an der Nordseite des Hauses gelegen, den Kindern wenigstens alle vierzehn Tage eine heilsame Erfrischung gewährte. Für das Grabdenkmal irgend eines vornehmen Herrn waren einst Platten des grauen schlesischen Marmors nach Berlin gekommen, damals ein ungewöhnlicher Luxus. Aber die Bestellung ward nicht ausgeführt, und die Tafeln standen lange vergeblich zum Verkauf. Nicolai erstand sie um einen geringen Preis, und ließ davon in seinem Gartenhause ein elegantes Marmorbad einrichten. Mein Vater erzählte gern, daß als einst der Dichter Göckingk draußen gewohnt, er ihm ein Bad mit Lorbeerzweigen geheizt habe.

Im Holzstalle durfte ich meinem Vater anfangs nur beim Zureichen der trocknen Aeste und beim Aufschichten der Reiser zur Hand gehn; als ich größer geworden, lernte ich selbst mit unendlicher Lust das kleine Gartenbeil handhaben. Die verschiedenen Hölzer wollten alle auf ver-

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[111/0123] seinen Besuchen zuweilen die Pferde einstellte. Hühner, Enten und Gänse trieben in abgesonderten Räumen ihr Wesen; auf dem Dachboden war ein Taubenschlag angebracht, daneben bot der Heuboden mit seinem duftenden Inhalte einen herrlichen Kinderspielplatz. In den darunter gelegenen Holzstall schaffte der Gärtner im Herbste das trockne Strauchwerk, und mein Vater beschäftigte sich im Sommer mit dessen Verarbeitung. Die Aeste wurden in kleine und kleinste Stückchen zerhackt, mit Strohseilen in Bündel von bestimmter Größe gebunden und auf dem Boden verwahrt. Kamen nun die kühleren Herbstabende heran, so loderte im Gartensaale ein lustiges Kaminfeuer, um welches die Gäste sich gern versammelten. Die Reisbündel wurden auch zum Heizen des Marmorbades verwendet, das an der Nordseite des Hauses gelegen, den Kindern wenigstens alle vierzehn Tage eine heilsame Erfrischung gewährte. Für das Grabdenkmal irgend eines vornehmen Herrn waren einst Platten des grauen schlesischen Marmors nach Berlin gekommen, damals ein ungewöhnlicher Luxus. Aber die Bestellung ward nicht ausgeführt, und die Tafeln standen lange vergeblich zum Verkauf. Nicolai erstand sie um einen geringen Preis, und ließ davon in seinem Gartenhause ein elegantes Marmorbad einrichten. Mein Vater erzählte gern, daß als einst der Dichter Göckingk draußen gewohnt, er ihm ein Bad mit Lorbeerzweigen geheizt habe. Im Holzstalle durfte ich meinem Vater anfangs nur beim Zureichen der trocknen Aeste und beim Aufschichten der Reiser zur Hand gehn; als ich größer geworden, lernte ich selbst mit unendlicher Lust das kleine Gartenbeil handhaben. Die verschiedenen Hölzer wollten alle auf ver-

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/123>, abgerufen am 08.05.2024.