Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

mit einem Verbesserungsvorschlage an den allgemein geachteten volksthümlichen Dichter heranzutreten?

Köpke sprach das Deutsche sehr rein und gut; der Meklenburger in ihm zeigte sich nur in einzelnen Kleinigkeiten, die von der aufmerksamen Jugend begierig erfaßt wurden. "So lange ich Schulmann bün" war ein bei ihm häufig vorkommender Ausdruck, der denn auch von den Schülern bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wiederholt wurde.

Das Lateinischsprechen wurde auf dem Kloster nicht sehr geübt, auch Köpke mochte es in seiner Jugend nicht eifrig betrieben haben. Dennoch hielt er es für angemessen, von Zeit zu Zeit eine Stunde lateinisch zu interpretiren, wobei ihm zuweilen ein Versehn entschlüpfte. Die Klasse konnte es sehr lange nicht vergessen, daß er einmal gesagt hatte: hoc verbum utitur apud Virgilium.

Professor Theodor Heinsius leitete mit vielem Erfolge den Unterricht in der deutschen Sprache und Litteratur, für welche Fächer er in zahlreichen und umfassenden Schriften thätig war. In Grostertia benutzten wir für die Deklamationen seinen "Deutschen Bardenhain." Davon hatte er den Namen "der kühne Barde" oder kurzweg "der Barde" erhalten.

Er war nicht allein selbst ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, sondern er empfahl auch jüngere Talente dem Publikum, indem er ihre Werke mit Vorreden versah. Dadurch hatte er sich sogar in Frankreich und in der Schweiz einen Namen erworben. Auf dem Gymnasium hatte ich keine Gelegenheit, dies zu bemerken, aber später überzeugte ich mich davon. Ein französischer Gelehrter von meiner Bekanntschaft hatte sich, um Deutsch zu lernen,

mit einem Verbesserungsvorschlage an den allgemein geachteten volksthümlichen Dichter heranzutreten?

Köpke sprach das Deutsche sehr rein und gut; der Meklenburger in ihm zeigte sich nur in einzelnen Kleinigkeiten, die von der aufmerksamen Jugend begierig erfaßt wurden. „So lange ich Schulmann bün“ war ein bei ihm häufig vorkommender Ausdruck, der denn auch von den Schülern bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wiederholt wurde.

Das Lateinischsprechen wurde auf dem Kloster nicht sehr geübt, auch Köpke mochte es in seiner Jugend nicht eifrig betrieben haben. Dennoch hielt er es für angemessen, von Zeit zu Zeit eine Stunde lateinisch zu interpretiren, wobei ihm zuweilen ein Versehn entschlüpfte. Die Klasse konnte es sehr lange nicht vergessen, daß er einmal gesagt hatte: hoc verbum utitur apud Virgilium.

Professor Theodor Heinsius leitete mit vielem Erfolge den Unterricht in der deutschen Sprache und Litteratur, für welche Fächer er in zahlreichen und umfassenden Schriften thätig war. In Grostertia benutzten wir für die Deklamationen seinen „Deutschen Bardenhain.“ Davon hatte er den Namen „der kühne Barde“ oder kurzweg „der Barde“ erhalten.

Er war nicht allein selbst ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, sondern er empfahl auch jüngere Talente dem Publikum, indem er ihre Werke mit Vorreden versah. Dadurch hatte er sich sogar in Frankreich und in der Schweiz einen Namen erworben. Auf dem Gymnasium hatte ich keine Gelegenheit, dies zu bemerken, aber später überzeugte ich mich davon. Ein französischer Gelehrter von meiner Bekanntschaft hatte sich, um Deutsch zu lernen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0187" n="175"/>
mit einem Verbesserungsvorschlage an den allgemein geachteten volksthümlichen Dichter heranzutreten? </p><lb/>
          <p>Köpke sprach das Deutsche sehr rein und gut; der Meklenburger in ihm zeigte sich nur in einzelnen Kleinigkeiten, die von der aufmerksamen Jugend begierig erfaßt wurden. &#x201E;So lange ich Schulmann bün&#x201C; war ein bei ihm häufig vorkommender Ausdruck, der denn auch von den Schülern bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wiederholt wurde. </p><lb/>
          <p>Das Lateinischsprechen wurde auf dem Kloster nicht sehr geübt, auch Köpke mochte es in seiner Jugend nicht eifrig betrieben haben. Dennoch hielt er es für angemessen, von Zeit zu Zeit eine Stunde lateinisch zu interpretiren, wobei ihm zuweilen ein Versehn entschlüpfte. Die Klasse konnte es sehr lange nicht vergessen, daß er einmal gesagt hatte: hoc verbum utitur apud Virgilium. </p><lb/>
          <p>Professor Theodor Heinsius leitete mit vielem Erfolge den Unterricht in der deutschen Sprache und Litteratur, für welche Fächer er in zahlreichen und umfassenden Schriften thätig war. In Grostertia benutzten wir für die Deklamationen seinen &#x201E;Deutschen Bardenhain.&#x201C; Davon hatte er den Namen &#x201E;der kühne Barde&#x201C; oder kurzweg &#x201E;der Barde&#x201C; erhalten. </p><lb/>
          <p>Er war nicht allein selbst ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, sondern er empfahl auch jüngere Talente dem Publikum, indem er ihre Werke mit Vorreden versah. Dadurch hatte er sich sogar in Frankreich und in der Schweiz einen Namen erworben. Auf dem Gymnasium hatte ich keine Gelegenheit, dies zu bemerken, aber später überzeugte ich mich davon. Ein französischer Gelehrter von meiner Bekanntschaft hatte sich, um Deutsch zu lernen,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0187] mit einem Verbesserungsvorschlage an den allgemein geachteten volksthümlichen Dichter heranzutreten? Köpke sprach das Deutsche sehr rein und gut; der Meklenburger in ihm zeigte sich nur in einzelnen Kleinigkeiten, die von der aufmerksamen Jugend begierig erfaßt wurden. „So lange ich Schulmann bün“ war ein bei ihm häufig vorkommender Ausdruck, der denn auch von den Schülern bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wiederholt wurde. Das Lateinischsprechen wurde auf dem Kloster nicht sehr geübt, auch Köpke mochte es in seiner Jugend nicht eifrig betrieben haben. Dennoch hielt er es für angemessen, von Zeit zu Zeit eine Stunde lateinisch zu interpretiren, wobei ihm zuweilen ein Versehn entschlüpfte. Die Klasse konnte es sehr lange nicht vergessen, daß er einmal gesagt hatte: hoc verbum utitur apud Virgilium. Professor Theodor Heinsius leitete mit vielem Erfolge den Unterricht in der deutschen Sprache und Litteratur, für welche Fächer er in zahlreichen und umfassenden Schriften thätig war. In Grostertia benutzten wir für die Deklamationen seinen „Deutschen Bardenhain.“ Davon hatte er den Namen „der kühne Barde“ oder kurzweg „der Barde“ erhalten. Er war nicht allein selbst ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, sondern er empfahl auch jüngere Talente dem Publikum, indem er ihre Werke mit Vorreden versah. Dadurch hatte er sich sogar in Frankreich und in der Schweiz einen Namen erworben. Auf dem Gymnasium hatte ich keine Gelegenheit, dies zu bemerken, aber später überzeugte ich mich davon. Ein französischer Gelehrter von meiner Bekanntschaft hatte sich, um Deutsch zu lernen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/187
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/187>, abgerufen am 02.05.2024.