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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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cherwurm, weil er nicht leicht bei der Bude eines Antiquars vorbeigehn konnte, ohne ein paar Bände in die Hand zu nehmen. Da seine Mittel äußerst beschränkt waren, so konnte er nur sehr wenig auf diese Liebhaberei verwenden; er brachte indessen ganz artige Sachen zusammen, indem er an dem Grundsatze festhielt, ein gutes Buch zu kaufen, wenn er es für den ungefähren Preis des Einbandes bekommen konnte. Voigt catalogus librorum rariorum, Panzer annales typographici und ähnliche Werke, welche in der Nicolaischen Bibliothek sehr vollständig vorhanden waren, studirte er eifrig, um das Gute und Beachtenswerthe kennen zu lernen.

Als ich später bei fortschreitender Bildung inne ward, welche Lücken das Vermächtniß des Grosvaters in der klassischen Litteratur meiner Bibliothek gerissen, entwarf ich mit Paul zusammen den Plan, die Texte der alten Autoren in guten Ausgaben wieder anzuschaffen. Hier war er nun ganz an seinem Platze, indem er auf Auctionen und durch gelegentliche Ankäufe das wünschenswerthe zu erwerben wußte. Mit welcher Aemsigkeit und Sorgfalt studirte er die verschiedenen Auctionskataloge; mit welcher Ueberlegung und Kenntniß bestimmte er die zu stellenden Preise, mit welcher Freude trat er so oft - ein paar Quartanten oder einen Folianten unter dem Arme - Abends in mein Zimmer, um mir irgend einen vortheilhaften Erwerb vorzulegen, den er so eben bei einem Antiquar gemacht! Ich verfehlte meinerseits nicht, für den Zuwachs seiner Bibliothek zu sorgen, und so bestand diese Herzens- und Bücherfreundschaft bis zu seinem frühzeitigen Tode in ungetrübter Heiterkeit.

Ein anderer meiner Jugendfreunde, Namens August


cherwurm, weil er nicht leicht bei der Bude eines Antiquars vorbeigehn konnte, ohne ein paar Bände in die Hand zu nehmen. Da seine Mittel äußerst beschränkt waren, so konnte er nur sehr wenig auf diese Liebhaberei verwenden; er brachte indessen ganz artige Sachen zusammen, indem er an dem Grundsatze festhielt, ein gutes Buch zu kaufen, wenn er es für den ungefähren Preis des Einbandes bekommen konnte. Voigt catalogus librorum rariorum, Panzer annales typographici und ähnliche Werke, welche in der Nicolaischen Bibliothek sehr vollständig vorhanden waren, studirte er eifrig, um das Gute und Beachtenswerthe kennen zu lernen.

Als ich später bei fortschreitender Bildung inne ward, welche Lücken das Vermächtniß des Grosvaters in der klassischen Litteratur meiner Bibliothek gerissen, entwarf ich mit Paul zusammen den Plan, die Texte der alten Autoren in guten Ausgaben wieder anzuschaffen. Hier war er nun ganz an seinem Platze, indem er auf Auctionen und durch gelegentliche Ankäufe das wünschenswerthe zu erwerben wußte. Mit welcher Aemsigkeit und Sorgfalt studirte er die verschiedenen Auctionskataloge; mit welcher Ueberlegung und Kenntniß bestimmte er die zu stellenden Preise, mit welcher Freude trat er so oft – ein paar Quartanten oder einen Folianten unter dem Arme – Abends in mein Zimmer, um mir irgend einen vortheilhaften Erwerb vorzulegen, den er so eben bei einem Antiquar gemacht! Ich verfehlte meinerseits nicht, für den Zuwachs seiner Bibliothek zu sorgen, und so bestand diese Herzens- und Bücherfreundschaft bis zu seinem frühzeitigen Tode in ungetrübter Heiterkeit.

Ein anderer meiner Jugendfreunde, Namens August

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[189/0201] cherwurm, weil er nicht leicht bei der Bude eines Antiquars vorbeigehn konnte, ohne ein paar Bände in die Hand zu nehmen. Da seine Mittel äußerst beschränkt waren, so konnte er nur sehr wenig auf diese Liebhaberei verwenden; er brachte indessen ganz artige Sachen zusammen, indem er an dem Grundsatze festhielt, ein gutes Buch zu kaufen, wenn er es für den ungefähren Preis des Einbandes bekommen konnte. Voigt catalogus librorum rariorum, Panzer annales typographici und ähnliche Werke, welche in der Nicolaischen Bibliothek sehr vollständig vorhanden waren, studirte er eifrig, um das Gute und Beachtenswerthe kennen zu lernen. Als ich später bei fortschreitender Bildung inne ward, welche Lücken das Vermächtniß des Grosvaters in der klassischen Litteratur meiner Bibliothek gerissen, entwarf ich mit Paul zusammen den Plan, die Texte der alten Autoren in guten Ausgaben wieder anzuschaffen. Hier war er nun ganz an seinem Platze, indem er auf Auctionen und durch gelegentliche Ankäufe das wünschenswerthe zu erwerben wußte. Mit welcher Aemsigkeit und Sorgfalt studirte er die verschiedenen Auctionskataloge; mit welcher Ueberlegung und Kenntniß bestimmte er die zu stellenden Preise, mit welcher Freude trat er so oft – ein paar Quartanten oder einen Folianten unter dem Arme – Abends in mein Zimmer, um mir irgend einen vortheilhaften Erwerb vorzulegen, den er so eben bei einem Antiquar gemacht! Ich verfehlte meinerseits nicht, für den Zuwachs seiner Bibliothek zu sorgen, und so bestand diese Herzens- und Bücherfreundschaft bis zu seinem frühzeitigen Tode in ungetrübter Heiterkeit. Ein anderer meiner Jugendfreunde, Namens August

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/201>, abgerufen am 27.04.2024.