Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

zu haben; ich weiß nur noch, daß einige kräftige Chöre mir sehr zusagten, während die meisten andern Stücke mich langweilten. Der Tod Jesu wurde gewöhnlich am Charfreitag gegeben, und die Auferstehung kam zu Pfingsten an die Reihe.

Mit gespannter Aufmerksamkeit hörten wir Körnern zu, wenn er von den Proben zu diesen Musikstücken erzählte: wie anfangs die einzelnen Chorstimmen eingeübt würden, wie bei dem ersten Zusammensingen gewöhnlich alles durcheinander gehe, wie dann Zelters mächtige Stimme ein lautes Halt ertönen lasse, worauf die Sache von vorn anfange, bis zuletzt die Chöre in vollkomner Harmonie und Ordnung einherflössen.

Die öffentliche Aufführung der Auferstehung fand bei überfülltem Saale Statt; ein für Zelter erfreulicher Umstand: denn in jenen patriarchalischen Zeiten der Singakademie hatte der Vorsteher kein bestimmtes Gehalt, sondern war auf die immerhin unsichern Einnahmen der öffentlichen Aufführungen angewiesen. Die Solostimmen und die Chöre hielten sich sehr brav, nur einmal bemerkten wir, daß die Bässe um einen halben Takt zu früh einsetzten. Zelter war nach dem Schlusse des Oratoriums sehr vergnügt; als mein Vater ihm zu dem in doppelter Hinsieht angenehmen Resultate des Abends gratulirte, sagte er in seiner derben Weise: danke, danke; ich wünschte, der Herr Christus wäre zweimal auferstanden!

Am folgenden Abende wurden bei uns im Freundeskreise die Einzelheiten der gestrigen Aufführung durchgesprochen, und jenes Vorschlagen der Bässe blieb nicht unerwähnt. Ja wohl, sagte Körner mit der grösten Unbefangenheit, dieser Schnitzer rührte von mir und meiner

zu haben; ich weiß nur noch, daß einige kräftige Chöre mir sehr zusagten, während die meisten andern Stücke mich langweilten. Der Tod Jesu wurde gewöhnlich am Charfreitag gegeben, und die Auferstehung kam zu Pfingsten an die Reihe.

Mit gespannter Aufmerksamkeit hörten wir Körnern zu, wenn er von den Proben zu diesen Musikstücken erzählte: wie anfangs die einzelnen Chorstimmen eingeübt würden, wie bei dem ersten Zusammensingen gewöhnlich alles durcheinander gehe, wie dann Zelters mächtige Stimme ein lautes Halt ertönen lasse, worauf die Sache von vorn anfange, bis zuletzt die Chöre in vollkomner Harmonie und Ordnung einherflössen.

Die öffentliche Aufführung der Auferstehung fand bei überfülltem Saale Statt; ein für Zelter erfreulicher Umstand: denn in jenen patriarchalischen Zeiten der Singakademie hatte der Vorsteher kein bestimmtes Gehalt, sondern war auf die immerhin unsichern Einnahmen der öffentlichen Aufführungen angewiesen. Die Solostimmen und die Chöre hielten sich sehr brav, nur einmal bemerkten wir, daß die Bässe um einen halben Takt zu früh einsetzten. Zelter war nach dem Schlusse des Oratoriums sehr vergnügt; als mein Vater ihm zu dem in doppelter Hinsieht angenehmen Resultate des Abends gratulirte, sagte er in seiner derben Weise: danke, danke; ich wünschte, der Herr Christus wäre zweimal auferstanden!

Am folgenden Abende wurden bei uns im Freundeskreise die Einzelheiten der gestrigen Aufführung durchgesprochen, und jenes Vorschlagen der Bässe blieb nicht unerwähnt. Ja wohl, sagte Körner mit der grösten Unbefangenheit, dieser Schnitzer rührte von mir und meiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0214" n="202"/>
zu haben; ich weiß nur noch, daß einige kräftige Chöre mir sehr zusagten, während die meisten andern Stücke mich langweilten. Der Tod Jesu wurde gewöhnlich am Charfreitag gegeben, und die Auferstehung kam zu Pfingsten an die Reihe. </p><lb/>
          <p>Mit gespannter Aufmerksamkeit hörten wir Körnern zu, wenn er von den Proben zu diesen Musikstücken erzählte: wie anfangs die einzelnen Chorstimmen eingeübt würden, wie bei dem ersten Zusammensingen gewöhnlich alles durcheinander gehe, wie dann Zelters mächtige Stimme ein lautes Halt ertönen lasse, worauf die Sache von vorn anfange, bis zuletzt die Chöre in vollkomner Harmonie und Ordnung einherflössen. </p><lb/>
          <p>Die öffentliche Aufführung der Auferstehung fand bei überfülltem Saale Statt; ein für Zelter erfreulicher Umstand: denn in jenen patriarchalischen Zeiten der Singakademie hatte der Vorsteher kein bestimmtes Gehalt, sondern war auf die immerhin unsichern Einnahmen der öffentlichen Aufführungen angewiesen. Die Solostimmen und die Chöre hielten sich sehr brav, nur einmal bemerkten wir, daß die Bässe um einen halben Takt zu früh einsetzten. Zelter war nach dem Schlusse des Oratoriums sehr vergnügt; als mein Vater ihm zu dem in doppelter Hinsieht angenehmen Resultate des Abends gratulirte, sagte er in seiner derben Weise: danke, danke; ich wünschte, der Herr Christus wäre zweimal auferstanden! </p><lb/>
          <p>Am folgenden Abende wurden bei uns im Freundeskreise die Einzelheiten der gestrigen Aufführung durchgesprochen, und jenes Vorschlagen der Bässe blieb nicht unerwähnt. Ja wohl, sagte Körner mit der grösten Unbefangenheit, dieser Schnitzer rührte von mir und meiner
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0214] zu haben; ich weiß nur noch, daß einige kräftige Chöre mir sehr zusagten, während die meisten andern Stücke mich langweilten. Der Tod Jesu wurde gewöhnlich am Charfreitag gegeben, und die Auferstehung kam zu Pfingsten an die Reihe. Mit gespannter Aufmerksamkeit hörten wir Körnern zu, wenn er von den Proben zu diesen Musikstücken erzählte: wie anfangs die einzelnen Chorstimmen eingeübt würden, wie bei dem ersten Zusammensingen gewöhnlich alles durcheinander gehe, wie dann Zelters mächtige Stimme ein lautes Halt ertönen lasse, worauf die Sache von vorn anfange, bis zuletzt die Chöre in vollkomner Harmonie und Ordnung einherflössen. Die öffentliche Aufführung der Auferstehung fand bei überfülltem Saale Statt; ein für Zelter erfreulicher Umstand: denn in jenen patriarchalischen Zeiten der Singakademie hatte der Vorsteher kein bestimmtes Gehalt, sondern war auf die immerhin unsichern Einnahmen der öffentlichen Aufführungen angewiesen. Die Solostimmen und die Chöre hielten sich sehr brav, nur einmal bemerkten wir, daß die Bässe um einen halben Takt zu früh einsetzten. Zelter war nach dem Schlusse des Oratoriums sehr vergnügt; als mein Vater ihm zu dem in doppelter Hinsieht angenehmen Resultate des Abends gratulirte, sagte er in seiner derben Weise: danke, danke; ich wünschte, der Herr Christus wäre zweimal auferstanden! Am folgenden Abende wurden bei uns im Freundeskreise die Einzelheiten der gestrigen Aufführung durchgesprochen, und jenes Vorschlagen der Bässe blieb nicht unerwähnt. Ja wohl, sagte Körner mit der grösten Unbefangenheit, dieser Schnitzer rührte von mir und meiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/214
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/214>, abgerufen am 27.04.2024.