Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch
nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der
Erde in ihre Tiefe gebracht.

Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei-
chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn,
länger auf demselben Kontinente verweilen, so möchte dies
zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst
der Massen, einen Einflus auf das schnelles oder lang-
same Vorrükken derselben habe.

Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht
in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen
Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben
noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan-
titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe-
matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie
von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek-
zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten
zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung
unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus

keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch
nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der
Erde in ihre Tiefe gebracht.

Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei-
chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn,
länger auf demselben Kontinente verweilen, so möchte dies
zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst
der Massen, einen Einflus auf das schnelles oder lang-
same Vorrükken derselben habe.

Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht
in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen
Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben
noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan-
titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe-
matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie
von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek-
zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten
zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung
unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="30">
          <p><pb facs="#f0340" n="168v"/>
keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch<lb/>
nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der<lb/>
Erde in ihre Tiefe gebracht.</p><lb/>
          <p>Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei-<lb/>
chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn,<lb/>
länger auf dem<del rendition="#s">selben</del> Kontinente verweilen, so möchte dies<lb/>
zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst<lb/>
der Massen, einen Einflus auf das schnelle<del rendition="#s">s</del> oder lang-<lb/>
same Vorrükken derselben habe.</p><lb/>
          <p>Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht<lb/>
in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen<lb/>
Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben<lb/>
noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan-<lb/>
titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe-<lb/>
matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie<lb/>
von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek-<lb/>
zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten<lb/>
zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung<lb/>
unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168v/0340] keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der Erde in ihre Tiefe gebracht. Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei- chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn, länger auf demselben Kontinente verweilen, so möchte dies zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst der Massen, einen Einflus auf das schnelles oder lang- same Vorrükken derselben habe. Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan- titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe- matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek- zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/340
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 168v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/340>, abgerufen am 30.04.2024.