Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

bösartigen Affen. Marsden hat gezeigt, dass in den malayischen
Sprachen Orang, verständig bedeutet, und auf den Menschen und
Elephanten angewendet wird; Utang, sylvestre. In neuern Zeiten
hat man sie lebendig nach Europa gebracht: sie haben einen sehr zar-
ten Körperbau, und werden nur 35-36 Zoll hoch; im Lande selbst mögen
sie vielleicht 4 Fus erreichen. Überhaupt habe ich bemerkt, dass
je mehr man sich den Ländern naht, in denen die Affen wohnen,
um desto mehr hören die Mährchen auf, die man sich wie Jagd-
geschichten von ihnen erzält. Doch sagte man nur in Südameri-
ka selbst, dass die Affen beim Maisstehlen einen Knoten schür-
zen, was den Gebrauch des Daumens vor aussezen würde. Da die
Affen 4 Hände haben, und die gröste Zeit ihres Lebens nicht
gehn, sondern klettern, so entsteht bei ihnen ein Anschein von
Handlungen, denen wir Intelligenz zuschreiben. In England
sah ich einen Orangutang, der krank war, und sonderbar genug,
die Arznei sehr gern trank: als die Medizinflasche umgefallen
war, und auf dem Tische hin und her oszillirte, hielt er sei-
nen Daumen vor, so lange bis sie stillstand. Tilesius zeigte
zuerst, dass alle j Orangutang-Schädel in unsern Museen jungen

bösartigen Affen. Marsden hat gezeigt, dass in den malayischen
Sprachen Orang, verständig bedeutet, und auf den Menschen und
Elephanten angewendet wird; Utang, sylvestre. In neuern Zeiten
hat man sie lebendig nach Europa gebracht: sie haben einen sehr zar-
ten Körperbau, und werden nur 35–36 Zoll hoch; im Lande selbst mögen
sie vielleicht 4 Fus erreichen. Überhaupt habe ich bemerkt, dass
je mehr man sich den Ländern naht, in denen die Affen wohnen,
um desto mehr hören die Mährchen auf, die man sich wie Jagd-
geschichten von ihnen erzält. Doch sagte man nur in Südameri-
ka selbst, dass die Affen beim Maisstehlen einen Knoten schür-
zen, was den Gebrauch des Daumens vor aussezen würde. Da die
Affen 4 Hände haben, und die gröste Zeit ihres Lebens nicht
gehn, sondern klettern, so entsteht bei ihnen ein Anschein von
Handlungen, denen wir Intelligenz zuschreiben. In England
sah ich einen Orangutang, der krank war, und sonderbar genug,
die Arznei sehr gern trank: als die Medizinflasche umgefallen
war, und auf dem Tische hin und her oszillirte, hielt er sei-
nen Daumen vor, so lange bis sie stillstand. Tilesius zeigte
zuerst, dass alle j Orangutang-Schädel in unsern Museen jungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="60">
          <p><pb facs="#f0765" n="381r"/>
bösartigen Affen. <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116792310 http://d-nb.info/gnd/116792310">Marsden</persName> hat gezeigt, dass in den malayischen<lb/>
Sprachen Orang, verständig bedeutet, und auf den Menschen und<lb/>
Elephanten angewendet wird; Utang, sylvestre. In neuern Zeiten<lb/>
hat man sie lebendig nach Europa gebracht: sie haben einen sehr zar-<lb/>
ten Körperbau, und werden nur 35&#x2013;36 Zoll hoch; im Lande selbst mögen<lb/>
sie vielleicht 4 Fus erreichen. Überhaupt habe ich bemerkt, dass<lb/>
je mehr man sich den Ländern naht, in denen die Affen wohnen,<lb/>
um desto mehr hören die Mährchen auf, die man sich wie Jagd-<lb/>
geschichten von ihnen erzält. Doch sagte man nur in Südameri-<lb/>
ka selbst, dass die Affen beim Maisstehlen einen Knoten schür-<lb/>
zen, was den Gebrauch des Daumens vor aussezen würde. Da die<lb/>
Affen 4 Hände haben, und die gröste Zeit ihres Lebens nicht<lb/>
gehn, sondern klettern, so entsteht bei ihnen ein Anschein von<lb/>
Handlungen, denen wir Intelligenz zuschreiben. In England<lb/>
sah ich einen Orangutang, der krank war, und sonderbar genug,<lb/>
die Arznei sehr gern trank: als die Medizinflasche umgefallen<lb/>
war, und auf dem Tische hin und her oszillirte, hielt er sei-<lb/>
nen Daumen vor, so lange bis sie stillstand. <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-100565565 http://d-nb.info/gnd/100565565">Tilesius</persName> zeigte<lb/>
zuerst, dass alle <del rendition="#s">j</del> <choice><orig>Orangutang Schädel</orig><reg resp="#CT">Orangutang-Schädel</reg></choice> in unsern Museen jungen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381r/0765] bösartigen Affen. Marsden hat gezeigt, dass in den malayischen Sprachen Orang, verständig bedeutet, und auf den Menschen und Elephanten angewendet wird; Utang, sylvestre. In neuern Zeiten hat man sie lebendig nach Europa gebracht: sie haben einen sehr zar- ten Körperbau, und werden nur 35–36 Zoll hoch; im Lande selbst mögen sie vielleicht 4 Fus erreichen. Überhaupt habe ich bemerkt, dass je mehr man sich den Ländern naht, in denen die Affen wohnen, um desto mehr hören die Mährchen auf, die man sich wie Jagd- geschichten von ihnen erzält. Doch sagte man nur in Südameri- ka selbst, dass die Affen beim Maisstehlen einen Knoten schür- zen, was den Gebrauch des Daumens vor aussezen würde. Da die Affen 4 Hände haben, und die gröste Zeit ihres Lebens nicht gehn, sondern klettern, so entsteht bei ihnen ein Anschein von Handlungen, denen wir Intelligenz zuschreiben. In England sah ich einen Orangutang, der krank war, und sonderbar genug, die Arznei sehr gern trank: als die Medizinflasche umgefallen war, und auf dem Tische hin und her oszillirte, hielt er sei- nen Daumen vor, so lange bis sie stillstand. Tilesius zeigte zuerst, dass alle j Orangutang Schädel in unsern Museen jungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/765
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 381r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/765>, abgerufen am 29.04.2024.