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Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder. 1. Band: A-L. Berlin, 1898.

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Quellen gaben nur die Grundlagen, auf denen die Herausgeberin sorgsam und voll Mühe Stein auf Stein das Gebäude aufbaute, in welchem die "schreibende" Frauenwelt heimatberechtigt ist.

Wo sie in den zahllosen Zeitschriften und Prospekten jeglicher Art einen Namen aufstöberte, dessen Trägerin die Feder führt, wo ihr ein solcher Name zugetragen wurde, da flog auch diesem eine gedruckte oder geschriebene Aufforderung zu, was sehr oft wiederholt werden musste, um alle gewünschten Einzelheiten zu erhalten. Es war, allen sei es geklagt, eine riesige Geduldarbeit und wenn trotzdem Manche und Manches fehlen sollte, so mögen die Kritiker bedenken, auch das ernsteste Wollen hat seine Grenzen. Anfänglich glaubte die Herausgeberin, in diesem Werke jeder Poetin ein kleines von derselben verfasstes Gedichtchen, gewissermassen als Charakteristikum, mit auf den Weg geben zu können; doch die zu diesem Zwecke erbetenen Poesieen waren so verschiedenartig in Gehalt, Form und Ausdehnung, dass sie sich gezwungen sah, um keiner wehe zu thun, auf den Abdruck der Poesieen zu verzichten. Vielleicht findet sich später Zeit und Gelegenheit, die Perlen dieser Poesieen in einem Bande zusammenzufassen und sie der verdienten Würdigung zuzuführen. Eine grosse Zahl der schreibenden Damen verweigerten die erbetenen Mitteilungen, weil sie von der Voraussetzung ausgingen, sie gehörten nicht in das "Lexikon deutscher Schriftstellerinnen", da sie wohl viel für Zeitschriften u. dgl. geschrieben, aber noch kein "Buch" herausgegeben haben. Diese, leider vielseitig geteilte Auffassung, welche den ganzen Zweck und Charakter des Werkes geradezu in Frage stellte, veranlasste die Herausgeberin, den ursprünglichen Titel des Buches: "Lexikon deutscher Schriftstellerinnen" in "Lexikon deutscher Frauen der Feder" umzuändern, denn nicht nur die Bücher schreibende Frau, sondern die schreibende Frau überhaupt, gleichviel in welcher Form sie ihre geistige Thätigkeit mit der Feder zum Ausdruck bringt, soll in diesem Werke zu finden sein und jede schreibende Frau hat die moralische Verpflichtung, sich in Reih und Glied zu stellen, wenn es gilt, Heerschau zu halten über die geistige Potenz des weiblichen Geschlechts, die weit unter das Niveau des männlichen zu stellen bisher zu den unantastbaren Lehr- und Erfahrungssätzen unserer Gesellschaft im allgemeinen und vieler Gelehrten und Ärzte im besonderen gehörte.

Diejenigen, welche das Anwachsen der Frauenlitteratur missgünstig verfolgen, werden bei der stattlichen Anzahl von im Dienste der schreibenden Muse stehenden Frauen gewiss jammernd ausrufen:

Quellen gaben nur die Grundlagen, auf denen die Herausgeberin sorgsam und voll Mühe Stein auf Stein das Gebäude aufbaute, in welchem die »schreibende« Frauenwelt heimatberechtigt ist.

Wo sie in den zahllosen Zeitschriften und Prospekten jeglicher Art einen Namen aufstöberte, dessen Trägerin die Feder führt, wo ihr ein solcher Name zugetragen wurde, da flog auch diesem eine gedruckte oder geschriebene Aufforderung zu, was sehr oft wiederholt werden musste, um alle gewünschten Einzelheiten zu erhalten. Es war, allen sei es geklagt, eine riesige Geduldarbeit und wenn trotzdem Manche und Manches fehlen sollte, so mögen die Kritiker bedenken, auch das ernsteste Wollen hat seine Grenzen. Anfänglich glaubte die Herausgeberin, in diesem Werke jeder Poetin ein kleines von derselben verfasstes Gedichtchen, gewissermassen als Charakteristikum, mit auf den Weg geben zu können; doch die zu diesem Zwecke erbetenen Poesieen waren so verschiedenartig in Gehalt, Form und Ausdehnung, dass sie sich gezwungen sah, um keiner wehe zu thun, auf den Abdruck der Poesieen zu verzichten. Vielleicht findet sich später Zeit und Gelegenheit, die Perlen dieser Poesieen in einem Bande zusammenzufassen und sie der verdienten Würdigung zuzuführen. Eine grosse Zahl der schreibenden Damen verweigerten die erbetenen Mitteilungen, weil sie von der Voraussetzung ausgingen, sie gehörten nicht in das »Lexikon deutscher Schriftstellerinnen«, da sie wohl viel für Zeitschriften u. dgl. geschrieben, aber noch kein »Buch« herausgegeben haben. Diese, leider vielseitig geteilte Auffassung, welche den ganzen Zweck und Charakter des Werkes geradezu in Frage stellte, veranlasste die Herausgeberin, den ursprünglichen Titel des Buches: »Lexikon deutscher Schriftstellerinnen« in »Lexikon deutscher Frauen der Feder« umzuändern, denn nicht nur die Bücher schreibende Frau, sondern die schreibende Frau überhaupt, gleichviel in welcher Form sie ihre geistige Thätigkeit mit der Feder zum Ausdruck bringt, soll in diesem Werke zu finden sein und jede schreibende Frau hat die moralische Verpflichtung, sich in Reih und Glied zu stellen, wenn es gilt, Heerschau zu halten über die geistige Potenz des weiblichen Geschlechts, die weit unter das Niveau des männlichen zu stellen bisher zu den unantastbaren Lehr- und Erfahrungssätzen unserer Gesellschaft im allgemeinen und vieler Gelehrten und Ärzte im besonderen gehörte.

Diejenigen, welche das Anwachsen der Frauenlitteratur missgünstig verfolgen, werden bei der stattlichen Anzahl von im Dienste der schreibenden Muse stehenden Frauen gewiss jammernd ausrufen:

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[0012] Quellen gaben nur die Grundlagen, auf denen die Herausgeberin sorgsam und voll Mühe Stein auf Stein das Gebäude aufbaute, in welchem die »schreibende« Frauenwelt heimatberechtigt ist. Wo sie in den zahllosen Zeitschriften und Prospekten jeglicher Art einen Namen aufstöberte, dessen Trägerin die Feder führt, wo ihr ein solcher Name zugetragen wurde, da flog auch diesem eine gedruckte oder geschriebene Aufforderung zu, was sehr oft wiederholt werden musste, um alle gewünschten Einzelheiten zu erhalten. Es war, allen sei es geklagt, eine riesige Geduldarbeit und wenn trotzdem Manche und Manches fehlen sollte, so mögen die Kritiker bedenken, auch das ernsteste Wollen hat seine Grenzen. Anfänglich glaubte die Herausgeberin, in diesem Werke jeder Poetin ein kleines von derselben verfasstes Gedichtchen, gewissermassen als Charakteristikum, mit auf den Weg geben zu können; doch die zu diesem Zwecke erbetenen Poesieen waren so verschiedenartig in Gehalt, Form und Ausdehnung, dass sie sich gezwungen sah, um keiner wehe zu thun, auf den Abdruck der Poesieen zu verzichten. Vielleicht findet sich später Zeit und Gelegenheit, die Perlen dieser Poesieen in einem Bande zusammenzufassen und sie der verdienten Würdigung zuzuführen. Eine grosse Zahl der schreibenden Damen verweigerten die erbetenen Mitteilungen, weil sie von der Voraussetzung ausgingen, sie gehörten nicht in das »Lexikon deutscher Schriftstellerinnen«, da sie wohl viel für Zeitschriften u. dgl. geschrieben, aber noch kein »Buch« herausgegeben haben. Diese, leider vielseitig geteilte Auffassung, welche den ganzen Zweck und Charakter des Werkes geradezu in Frage stellte, veranlasste die Herausgeberin, den ursprünglichen Titel des Buches: »Lexikon deutscher Schriftstellerinnen« in »Lexikon deutscher Frauen der Feder« umzuändern, denn nicht nur die Bücher schreibende Frau, sondern die schreibende Frau überhaupt, gleichviel in welcher Form sie ihre geistige Thätigkeit mit der Feder zum Ausdruck bringt, soll in diesem Werke zu finden sein und jede schreibende Frau hat die moralische Verpflichtung, sich in Reih und Glied zu stellen, wenn es gilt, Heerschau zu halten über die geistige Potenz des weiblichen Geschlechts, die weit unter das Niveau des männlichen zu stellen bisher zu den unantastbaren Lehr- und Erfahrungssätzen unserer Gesellschaft im allgemeinen und vieler Gelehrten und Ärzte im besonderen gehörte. Diejenigen, welche das Anwachsen der Frauenlitteratur missgünstig verfolgen, werden bei der stattlichen Anzahl von im Dienste der schreibenden Muse stehenden Frauen gewiss jammernd ausrufen:

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Zitationshilfe: Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder. 1. Band: A-L. Berlin, 1898, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pataky_lexikon01_1898/12>, abgerufen am 28.04.2024.