Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

brod, auf diese Es-Pole laden die Deutschen ein,
nie auf die Mitte, auf Hechte, Hasen, Säue
und dergleichen. Flora sagte, des Grafen Klo¬
thars wegen feiere man die Geburt schon um 2
Uhr. Walt betheuerte, er komme gewiß.

Ihn wiegte darauf ein zweiter warmer Glüks¬
wind, das Wochenblatt mit Vults Nachricht
ans Publikum, er flöte lieber Sonntags Abends
um 7 Uhr öffentlich, so stockblind er jezt sei, als
daß er länger ein verehrtes Publikum fort täu¬
sche und herum zerre in großen Erwartungen.
Dem Zeitungs-Blatte lag ein Billet an Walten
bei, worinn ihn Vult um einen Vorschuß von 2
Louis für die Konzert-Dienerschaft ersuchte und
um das Protokoll des Stimm-Tags, und um
ein paar Ohren für Morgen und um das Oh¬
ren-Gehenk, das Herz.

Es hat nicht den Anschein, daß einen so
schönen und schweren Terzentriller der Lust
jene Göttin, die immer plözlich ins arme von
rauhen Wirklichkeiten zerrissene Menschen-Ohr
mit linden Melodien herabfährt, je vor dem No¬
tar geschlagen als eben den mitgetheilten. Er

brod, auf dieſe Es-Pole laden die Deutſchen ein,
nie auf die Mitte, auf Hechte, Haſen, Saͤue
und dergleichen. Flora ſagte, des Grafen Klo¬
thars wegen feiere man die Geburt ſchon um 2
Uhr. Walt betheuerte, er komme gewiß.

Ihn wiegte darauf ein zweiter warmer Gluͤks¬
wind, das Wochenblatt mit Vults Nachricht
ans Publikum, er floͤte lieber Sonntags Abends
um 7 Uhr oͤffentlich, ſo ſtockblind er jezt ſei, als
daß er laͤnger ein verehrtes Publikum fort taͤu¬
ſche und herum zerre in großen Erwartungen.
Dem Zeitungs-Blatte lag ein Billet an Walten
bei, worinn ihn Vult um einen Vorſchuß von 2
Louis fuͤr die Konzert-Dienerſchaft erſuchte und
um das Protokoll des Stimm-Tags, und um
ein paar Ohren fuͤr Morgen und um das Oh¬
ren-Gehenk, das Herz.

Es hat nicht den Anſchein, daß einen ſo
ſchoͤnen und ſchweren Terzentriller der Luſt
jene Goͤttin, die immer ploͤzlich ins arme von
rauhen Wirklichkeiten zerriſſene Menſchen-Ohr
mit linden Melodien herabfaͤhrt, je vor dem No¬
tar geſchlagen als eben den mitgetheilten. Er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="55"/>
brod, auf die&#x017F;e Es-Pole laden die Deut&#x017F;chen ein,<lb/>
nie auf die Mitte, auf Hechte, Ha&#x017F;en, Sa&#x0364;ue<lb/>
und dergleichen. Flora &#x017F;agte, des Grafen Klo¬<lb/>
thars wegen feiere man die Geburt &#x017F;chon um 2<lb/>
Uhr. Walt betheuerte, er komme gewiß.</p><lb/>
        <p>Ihn wiegte darauf ein zweiter warmer Glu&#x0364;ks¬<lb/>
wind, das Wochenblatt mit Vults Nachricht<lb/>
ans Publikum, er flo&#x0364;te lieber Sonntags Abends<lb/>
um 7 Uhr o&#x0364;ffentlich, &#x017F;o &#x017F;tockblind er jezt &#x017F;ei, als<lb/>
daß er la&#x0364;nger ein verehrtes Publikum fort ta&#x0364;<lb/>
&#x017F;che und herum zerre in großen Erwartungen.<lb/>
Dem Zeitungs-Blatte lag ein Billet an Walten<lb/>
bei, worinn ihn Vult um einen Vor&#x017F;chuß von 2<lb/>
Louis fu&#x0364;r die Konzert-Diener&#x017F;chaft er&#x017F;uchte und<lb/>
um das Protokoll des Stimm-Tags, und um<lb/>
ein paar Ohren fu&#x0364;r Morgen und um das Oh¬<lb/>
ren-Gehenk, das Herz.</p><lb/>
        <p>Es hat nicht den An&#x017F;chein, daß einen &#x017F;o<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen und &#x017F;chweren <hi rendition="#g">Terzentriller</hi> der Lu&#x017F;t<lb/>
jene Go&#x0364;ttin, die immer plo&#x0364;zlich ins arme von<lb/>
rauhen Wirklichkeiten zerri&#x017F;&#x017F;ene Men&#x017F;chen-Ohr<lb/>
mit linden Melodien herabfa&#x0364;hrt, je vor dem No¬<lb/>
tar ge&#x017F;chlagen als eben den mitgetheilten. Er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0063] brod, auf dieſe Es-Pole laden die Deutſchen ein, nie auf die Mitte, auf Hechte, Haſen, Saͤue und dergleichen. Flora ſagte, des Grafen Klo¬ thars wegen feiere man die Geburt ſchon um 2 Uhr. Walt betheuerte, er komme gewiß. Ihn wiegte darauf ein zweiter warmer Gluͤks¬ wind, das Wochenblatt mit Vults Nachricht ans Publikum, er floͤte lieber Sonntags Abends um 7 Uhr oͤffentlich, ſo ſtockblind er jezt ſei, als daß er laͤnger ein verehrtes Publikum fort taͤu¬ ſche und herum zerre in großen Erwartungen. Dem Zeitungs-Blatte lag ein Billet an Walten bei, worinn ihn Vult um einen Vorſchuß von 2 Louis fuͤr die Konzert-Dienerſchaft erſuchte und um das Protokoll des Stimm-Tags, und um ein paar Ohren fuͤr Morgen und um das Oh¬ ren-Gehenk, das Herz. Es hat nicht den Anſchein, daß einen ſo ſchoͤnen und ſchweren Terzentriller der Luſt jene Goͤttin, die immer ploͤzlich ins arme von rauhen Wirklichkeiten zerriſſene Menſchen-Ohr mit linden Melodien herabfaͤhrt, je vor dem No¬ tar geſchlagen als eben den mitgetheilten. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/63
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/63>, abgerufen am 03.05.2024.