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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Dem Notar entdeckte er gern den Namen des
Mannes und der Stadt; indessen war an der
Sache nichts. Das zweite Inserat enthielt mehr
ungefärbte Wahrheit, nämlich die Nachricht, daß
er einen Compagnon mit 20,000 Thlr. zu einem
Weinhandel suche und wünsche.

Walts Gesicht glänzte von Freude, daß der
gutmüthige Mensch so viele Mittel habe, und er¬
hob dessen vergoldete Wetterstangen des Lebens
recht stark.

Flitte aber versetzte: "Sagen Sie mir auf¬
richtig, ob keine Stil-Fehler darin sind? Ich
warf die Dinge in der Zeit einer kleinen Stunde
hin." Walt erklärte, je kleiner eine Anzeige sei,
desto schwerer werde sie; er wolle leichter einen Bo¬
gen für den Druck ausarbeiten, als dessen Bo¬
gen. "Schadet wohl überhaupt lukubriren viel?
An der Makrobiotik sahen mich oft die Nachbarn
bis 3 Uhr aufsitzen," sagte Flitte, nicht ganz un¬
wahr, da er bisher durch seine Nachtmütze auf
einem Haubenstock und durch ein Licht daneben ei¬
nen makrobiotischen Leser auf die leichteste und ge¬
sündeste Weise vorgestellt hatte. Darauf schnürte

Dem Notar entdeckte er gern den Namen des
Mannes und der Stadt; indeſſen war an der
Sache nichts. Das zweite Inſerat enthielt mehr
ungefaͤrbte Wahrheit, naͤmlich die Nachricht, daß
er einen Compagnon mit 20,000 Thlr. zu einem
Weinhandel ſuche und wuͤnſche.

Walts Geſicht glaͤnzte von Freude, daß der
gutmuͤthige Menſch ſo viele Mittel habe, und er¬
hob deſſen vergoldete Wetterſtangen des Lebens
recht ſtark.

Flitte aber verſetzte: „Sagen Sie mir auf¬
richtig, ob keine Stil-Fehler darin ſind? Ich
warf die Dinge in der Zeit einer kleinen Stunde
hin.“ Walt erklaͤrte, je kleiner eine Anzeige ſei,
deſto ſchwerer werde ſie; er wolle leichter einen Bo¬
gen fuͤr den Druck ausarbeiten, als deſſen Bo¬
gen. „Schadet wohl uͤberhaupt lukubriren viel?
An der Makrobiotik ſahen mich oft die Nachbarn
bis 3 Uhr aufſitzen,“ ſagte Flitte, nicht ganz un¬
wahr, da er bisher durch ſeine Nachtmuͤtze auf
einem Haubenſtock und durch ein Licht daneben ei¬
nen makrobiotiſchen Leſer auf die leichteſte und ge¬
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[31/0037] Dem Notar entdeckte er gern den Namen des Mannes und der Stadt; indeſſen war an der Sache nichts. Das zweite Inſerat enthielt mehr ungefaͤrbte Wahrheit, naͤmlich die Nachricht, daß er einen Compagnon mit 20,000 Thlr. zu einem Weinhandel ſuche und wuͤnſche. Walts Geſicht glaͤnzte von Freude, daß der gutmuͤthige Menſch ſo viele Mittel habe, und er¬ hob deſſen vergoldete Wetterſtangen des Lebens recht ſtark. Flitte aber verſetzte: „Sagen Sie mir auf¬ richtig, ob keine Stil-Fehler darin ſind? Ich warf die Dinge in der Zeit einer kleinen Stunde hin.“ Walt erklaͤrte, je kleiner eine Anzeige ſei, deſto ſchwerer werde ſie; er wolle leichter einen Bo¬ gen fuͤr den Druck ausarbeiten, als deſſen [FORMEL] Bo¬ gen. „Schadet wohl uͤberhaupt lukubriren viel? An der Makrobiotik ſahen mich oft die Nachbarn bis 3 Uhr aufſitzen,“ ſagte Flitte, nicht ganz un¬ wahr, da er bisher durch ſeine Nachtmuͤtze auf einem Haubenſtock und durch ein Licht daneben ei¬ nen makrobiotiſchen Leſer auf die leichteſte und ge¬ ſuͤndeſte Weiſe vorgeſtellt hatte. Darauf ſchnuͤrte

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/37>, abgerufen am 28.04.2024.