Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

nacht bis zum Fußballen hervorsteigen werden -- --
Jetzt ist ja kaum noch ein Aermel, eine Nase, ein
Auge fertig gewürkt. . .

Aber wenn zwanzig bis dreißig Ellen am Opus
werden abgewoben seyn: dann können ich und mein
Assessor das erwarten was ich hier schildern will:
des Teufels völlig wird der Leser seyn mit Eilen --
einen Hundsposttag hinauszubringen, lässet er sechs
Schüsseln kalt werden und das Dessert warm --
doch was will das sagen: ein leibhafter römischer
König reite durch die Straße und Kanonenkugeln
fahren hinterdrein, er hörts nicht -- seine Ehehälfte
gebe in seinem Lesekabinet einem ehelichen Ueberbein
das beste Souper, er siehts nicht -- das Ueberbein
selber halte ihm Teufelsdreck unter die Nase, es gebe
ihm scherzend mit einem Waldhammer leichte Hiebe,
er spürts nicht ... so außer sich ist er über mich,
ordentlich nicht recht bei Sinnen. -- --

Das ist nun das Unglück, dessen Gewißheit ich
mir vergeblich zu verbergen suche. Ists einmal da
und bring' ich ihn unglücklicher weise in jene histo¬
rische Exaltation, wo er nichts mehr hört nnd sieht
als meine mit ihm in Rapport gesetzte Personen,
weder seinen Vater noch Vetter: so kann ich ver¬
sichert seyn, daß er einen Berghauptmann noch we¬
niger hört -- denn Geschichte will er und von mir
weis er gar nichts mehr -- ja ich will setzen, ich

brenn¬

nacht bis zum Fußballen hervorſteigen werden — —
Jetzt iſt ja kaum noch ein Aermel, eine Naſe, ein
Auge fertig gewuͤrkt. . .

Aber wenn zwanzig bis dreißig Ellen am Opus
werden abgewoben ſeyn: dann koͤnnen ich und mein
Aſſeſſor das erwarten was ich hier ſchildern will:
des Teufels voͤllig wird der Leſer ſeyn mit Eilen —
einen Hundspoſttag hinauszubringen, laͤſſet er ſechs
Schuͤſſeln kalt werden und das Deſſert warm —
doch was will das ſagen: ein leibhafter roͤmiſcher
Koͤnig reite durch die Straße und Kanonenkugeln
fahren hinterdrein, er hoͤrts nicht — ſeine Ehehaͤlfte
gebe in ſeinem Leſekabinet einem ehelichen Ueberbein
das beſte Souper, er ſiehts nicht — das Ueberbein
ſelber halte ihm Teufelsdreck unter die Naſe, es gebe
ihm ſcherzend mit einem Waldhammer leichte Hiebe,
er ſpuͤrts nicht ... ſo außer ſich iſt er uͤber mich,
ordentlich nicht recht bei Sinnen. — —

Das iſt nun das Ungluͤck, deſſen Gewißheit ich
mir vergeblich zu verbergen ſuche. Iſts einmal da
und bring' ich ihn ungluͤcklicher weiſe in jene hiſto¬
riſche Exaltation, wo er nichts mehr hoͤrt nnd ſieht
als meine mit ihm in Rapport geſetzte Perſonen,
weder ſeinen Vater noch Vetter: ſo kann ich ver¬
ſichert ſeyn, daß er einen Berghauptmann noch we¬
niger hoͤrt — denn Geſchichte will er und von mir
weis er gar nichts mehr — ja ich will ſetzen, ich

brenn¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="128"/>
nacht bis zum Fußballen hervor&#x017F;teigen werden &#x2014; &#x2014;<lb/>
Jetzt i&#x017F;t ja kaum noch ein Aermel, eine Na&#x017F;e, ein<lb/>
Auge fertig gewu&#x0364;rkt. . .</p><lb/>
        <p>Aber wenn zwanzig bis dreißig Ellen am Opus<lb/>
werden abgewoben &#x017F;eyn: dann ko&#x0364;nnen ich und mein<lb/>
A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;or das erwarten was ich hier &#x017F;childern will:<lb/>
des Teufels vo&#x0364;llig wird der Le&#x017F;er &#x017F;eyn mit Eilen &#x2014;<lb/>
einen Hundspo&#x017F;ttag hinauszubringen, la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er &#x017F;echs<lb/>
Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln kalt werden und das De&#x017F;&#x017F;ert warm &#x2014;<lb/>
doch was will das &#x017F;agen: ein leibhafter ro&#x0364;mi&#x017F;cher<lb/>
Ko&#x0364;nig reite durch die Straße und Kanonenkugeln<lb/>
fahren hinterdrein, er ho&#x0364;rts nicht &#x2014; &#x017F;eine Eheha&#x0364;lfte<lb/>
gebe in &#x017F;einem Le&#x017F;ekabinet einem ehelichen Ueberbein<lb/>
das be&#x017F;te Souper, er &#x017F;iehts nicht &#x2014; das Ueberbein<lb/>
&#x017F;elber halte ihm Teufelsdreck unter die Na&#x017F;e, es gebe<lb/>
ihm &#x017F;cherzend mit einem Waldhammer leichte Hiebe,<lb/>
er &#x017F;pu&#x0364;rts nicht ... &#x017F;o außer &#x017F;ich i&#x017F;t er u&#x0364;ber mich,<lb/>
ordentlich nicht recht bei Sinnen. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das i&#x017F;t nun das Unglu&#x0364;ck, de&#x017F;&#x017F;en Gewißheit ich<lb/>
mir vergeblich zu verbergen &#x017F;uche. I&#x017F;ts einmal da<lb/>
und bring' ich ihn unglu&#x0364;cklicher wei&#x017F;e in jene hi&#x017F;to¬<lb/>
ri&#x017F;che Exaltation, wo er nichts mehr ho&#x0364;rt nnd &#x017F;ieht<lb/>
als meine mit ihm in Rapport ge&#x017F;etzte Per&#x017F;onen,<lb/>
weder &#x017F;einen Vater noch Vetter: &#x017F;o kann ich ver¬<lb/>
&#x017F;ichert &#x017F;eyn, daß er einen Berghauptmann noch we¬<lb/>
niger ho&#x0364;rt &#x2014; denn Ge&#x017F;chichte will er und von mir<lb/>
weis er gar nichts mehr &#x2014; ja ich will &#x017F;etzen, ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">brenn¬<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0139] nacht bis zum Fußballen hervorſteigen werden — — Jetzt iſt ja kaum noch ein Aermel, eine Naſe, ein Auge fertig gewuͤrkt. . . Aber wenn zwanzig bis dreißig Ellen am Opus werden abgewoben ſeyn: dann koͤnnen ich und mein Aſſeſſor das erwarten was ich hier ſchildern will: des Teufels voͤllig wird der Leſer ſeyn mit Eilen — einen Hundspoſttag hinauszubringen, laͤſſet er ſechs Schuͤſſeln kalt werden und das Deſſert warm — doch was will das ſagen: ein leibhafter roͤmiſcher Koͤnig reite durch die Straße und Kanonenkugeln fahren hinterdrein, er hoͤrts nicht — ſeine Ehehaͤlfte gebe in ſeinem Leſekabinet einem ehelichen Ueberbein das beſte Souper, er ſiehts nicht — das Ueberbein ſelber halte ihm Teufelsdreck unter die Naſe, es gebe ihm ſcherzend mit einem Waldhammer leichte Hiebe, er ſpuͤrts nicht ... ſo außer ſich iſt er uͤber mich, ordentlich nicht recht bei Sinnen. — — Das iſt nun das Ungluͤck, deſſen Gewißheit ich mir vergeblich zu verbergen ſuche. Iſts einmal da und bring' ich ihn ungluͤcklicher weiſe in jene hiſto¬ riſche Exaltation, wo er nichts mehr hoͤrt nnd ſieht als meine mit ihm in Rapport geſetzte Perſonen, weder ſeinen Vater noch Vetter: ſo kann ich ver¬ ſichert ſeyn, daß er einen Berghauptmann noch we¬ niger hoͤrt — denn Geſchichte will er und von mir weis er gar nichts mehr — ja ich will ſetzen, ich brenn¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/139
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/139>, abgerufen am 12.05.2024.