Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Königs (eines Lesers, eines Berghauptmanns) in
drei Jahren einem neuen zu; -- Hume treibts
mit der Seele noch weiter, weil er sie für einen
dahinrinnenden (nicht gefrornen) Fluß von Erschei¬
nungen hält. So sehr also der König (Leser, Au¬
tor) im Augenblick des Versprechens an dessen Hal¬
tung gefesselt ist: so unmöglich kan er noch daran
gebunden seyn im nächsten Augenblick darauf, wo
er schon sein eigner Nachfahrer und Erbe geworden,
so daß in der That von uns zweyen am 4ten Mai
kontrahirenden Wesen am heutigen Mai nichts mehr
da ist als unsre blossen Posthumi und Sukzessores.
Da nun glücklicher weise niemals in einem und den¬
selben Augenblick zugleich Versprechen und Halten
hineingeht: so kann die angenehme Folge für uns
alle daraus fliessen, daß überhaupt gar keiner sein
Wort zu halten verbunden sey, er mag Kuppel oder
Sägespahn eines Thrones sein. Auch die Hofleute
(die Thron-Eckenbeschläge) setzen sich dem nicht dar¬
wider.

Das Publikum wird gebeten, die Vorrede für
den zweiten Schalttag zu halten, damit Symmetrie
da ist.


Koͤnigs (eines Leſers, eines Berghauptmanns) in
drei Jahren einem neuen zu; — Hume treibts
mit der Seele noch weiter, weil er ſie fuͤr einen
dahinrinnenden (nicht gefrornen) Fluß von Erſchei¬
nungen haͤlt. So ſehr alſo der Koͤnig (Leſer, Au¬
tor) im Augenblick des Verſprechens an deſſen Hal¬
tung gefeſſelt iſt: ſo unmoͤglich kan er noch daran
gebunden ſeyn im naͤchſten Augenblick darauf, wo
er ſchon ſein eigner Nachfahrer und Erbe geworden,
ſo daß in der That von uns zweyen am 4ten Mai
kontrahirenden Weſen am heutigen Mai nichts mehr
da iſt als unſre bloſſen Poſthumi und Sukzeſſores.
Da nun gluͤcklicher weiſe niemals in einem und den¬
ſelben Augenblick zugleich Verſprechen und Halten
hineingeht: ſo kann die angenehme Folge fuͤr uns
alle daraus flieſſen, daß uͤberhaupt gar keiner ſein
Wort zu halten verbunden ſey, er mag Kuppel oder
Saͤgeſpahn eines Thrones ſein. Auch die Hofleute
(die Thron-Eckenbeſchlaͤge) ſetzen ſich dem nicht dar¬
wider.

Das Publikum wird gebeten, die Vorrede fuͤr
den zweiten Schalttag zu halten, damit Symmetrie
da iſt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0221" n="210"/>
Ko&#x0364;nigs (eines Le&#x017F;ers, eines Berghauptmanns) in<lb/><hi rendition="#g">drei</hi> Jahren einem neuen zu; &#x2014; <hi rendition="#g">Hume</hi> treibts<lb/>
mit der Seele noch weiter, weil er &#x017F;ie fu&#x0364;r einen<lb/>
dahinrinnenden (nicht gefrornen) Fluß von Er&#x017F;chei¬<lb/>
nungen ha&#x0364;lt. So &#x017F;ehr al&#x017F;o der Ko&#x0364;nig (Le&#x017F;er, Au¬<lb/>
tor) im Augenblick des Ver&#x017F;prechens an de&#x017F;&#x017F;en Hal¬<lb/>
tung gefe&#x017F;&#x017F;elt i&#x017F;t: &#x017F;o unmo&#x0364;glich kan er noch daran<lb/>
gebunden &#x017F;eyn im na&#x0364;ch&#x017F;ten Augenblick darauf, wo<lb/>
er &#x017F;chon &#x017F;ein eigner Nachfahrer und Erbe geworden,<lb/>
&#x017F;o daß in der That von uns zweyen am 4ten Mai<lb/>
kontrahirenden We&#x017F;en am heutigen Mai nichts mehr<lb/>
da i&#x017F;t als un&#x017F;re blo&#x017F;&#x017F;en Po&#x017F;thumi und Sukze&#x017F;&#x017F;ores.<lb/>
Da nun glu&#x0364;cklicher wei&#x017F;e niemals in einem und den¬<lb/>
&#x017F;elben Augenblick zugleich Ver&#x017F;prechen und Halten<lb/>
hineingeht: &#x017F;o kann die angenehme Folge fu&#x0364;r uns<lb/>
alle daraus flie&#x017F;&#x017F;en, daß u&#x0364;berhaupt gar keiner &#x017F;ein<lb/>
Wort zu halten verbunden &#x017F;ey, er mag Kuppel oder<lb/>
Sa&#x0364;ge&#x017F;pahn eines Thrones &#x017F;ein. Auch die Hofleute<lb/>
(die Thron-Eckenbe&#x017F;chla&#x0364;ge) &#x017F;etzen &#x017F;ich dem nicht dar¬<lb/>
wider.</p><lb/>
        <p>Das Publikum wird gebeten, die Vorrede fu&#x0364;r<lb/>
den zweiten Schalttag zu halten, damit Symmetrie<lb/>
da i&#x017F;t.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0221] Koͤnigs (eines Leſers, eines Berghauptmanns) in drei Jahren einem neuen zu; — Hume treibts mit der Seele noch weiter, weil er ſie fuͤr einen dahinrinnenden (nicht gefrornen) Fluß von Erſchei¬ nungen haͤlt. So ſehr alſo der Koͤnig (Leſer, Au¬ tor) im Augenblick des Verſprechens an deſſen Hal¬ tung gefeſſelt iſt: ſo unmoͤglich kan er noch daran gebunden ſeyn im naͤchſten Augenblick darauf, wo er ſchon ſein eigner Nachfahrer und Erbe geworden, ſo daß in der That von uns zweyen am 4ten Mai kontrahirenden Weſen am heutigen Mai nichts mehr da iſt als unſre bloſſen Poſthumi und Sukzeſſores. Da nun gluͤcklicher weiſe niemals in einem und den¬ ſelben Augenblick zugleich Verſprechen und Halten hineingeht: ſo kann die angenehme Folge fuͤr uns alle daraus flieſſen, daß uͤberhaupt gar keiner ſein Wort zu halten verbunden ſey, er mag Kuppel oder Saͤgeſpahn eines Thrones ſein. Auch die Hofleute (die Thron-Eckenbeſchlaͤge) ſetzen ſich dem nicht dar¬ wider. Das Publikum wird gebeten, die Vorrede fuͤr den zweiten Schalttag zu halten, damit Symmetrie da iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/221
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/221>, abgerufen am 29.04.2024.