Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

burt ersticken (wie jetzt die Marats-Menge die
einzelnen Cordays), eine Brutus-Menge
würde die Cäsars zwar nicht unterdrücken
(denn große Seelen wissen auf mehr als Eine
Weise zu regieren und nur eine schlechte Welt
beherrschen sie schlecht), aber wohl lenken und
veredeln.

Uebrigens ist von den einzelnen Cordays
so viel für die Menge zu fürchten, als von
den Steinwürfen der Monds-Vulkane für die
Erde.

Sie gedachten noch Ravaillacs. Warum
haben noch alle bisherigen Jahrhunderte einen
solchen Unterschied zwischen Heinrichs Mörder
und Cäsars Tödter gemacht, als der zwischen
Mord und Tugend ist; -- und warum er-
trüge kein Herz den Römer auf der Folter-
bühne ungerührt, hingegen mit Freuden den
Königs-Moloch?

In jeder weitgreifenden Handlung wagt
das Herz, wenn nicht sich, doch sein Glück;
nur wenigen Glücklichen hat das Schicksal ein
reines Verhältniß zum Thun beschieden, aller

burt erſticken (wie jetzt die Marats-Menge die
einzelnen Cordays), eine Brutus-Menge
wuͤrde die Caͤſars zwar nicht unterdruͤcken
(denn große Seelen wiſſen auf mehr als Eine
Weiſe zu regieren und nur eine ſchlechte Welt
beherrſchen ſie ſchlecht), aber wohl lenken und
veredeln.

Uebrigens iſt von den einzelnen Cordays
ſo viel fuͤr die Menge zu fuͤrchten, als von
den Steinwuͤrfen der Monds-Vulkane fuͤr die
Erde.

Sie gedachten noch Ravaillacs. Warum
haben noch alle bisherigen Jahrhunderte einen
ſolchen Unterſchied zwiſchen Heinrichs Moͤrder
und Caͤſars Toͤdter gemacht, als der zwiſchen
Mord und Tugend iſt; — und warum er-
truͤge kein Herz den Roͤmer auf der Folter-
buͤhne ungeruͤhrt, hingegen mit Freuden den
Koͤnigs-Moloch?

In jeder weitgreifenden Handlung wagt
das Herz, wenn nicht ſich, doch ſein Gluͤck;
nur wenigen Gluͤcklichen hat das Schickſal ein
reines Verhältniß zum Thun beſchieden, aller

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="217"/>
burt er&#x017F;ticken (wie jetzt die Marats-Menge die<lb/>
einzelnen Cordays), eine Brutus-Menge<lb/>
wu&#x0364;rde die Ca&#x0364;&#x017F;ars zwar nicht unterdru&#x0364;cken<lb/>
(denn große Seelen wi&#x017F;&#x017F;en auf mehr als Eine<lb/>
Wei&#x017F;e zu regieren und nur eine &#x017F;chlechte Welt<lb/>
beherr&#x017F;chen &#x017F;ie &#x017F;chlecht), aber wohl lenken und<lb/>
veredeln.</p><lb/>
          <p>Uebrigens i&#x017F;t von den einzelnen Cordays<lb/>
&#x017F;o viel fu&#x0364;r die Menge zu fu&#x0364;rchten, als von<lb/>
den Steinwu&#x0364;rfen der Monds-Vulkane fu&#x0364;r die<lb/>
Erde.</p><lb/>
          <p>Sie gedachten noch Ravaillacs. Warum<lb/>
haben noch alle bisherigen Jahrhunderte einen<lb/>
&#x017F;olchen Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen Heinrichs Mo&#x0364;rder<lb/>
und Ca&#x0364;&#x017F;ars To&#x0364;dter gemacht, als der zwi&#x017F;chen<lb/>
Mord und Tugend i&#x017F;t; &#x2014; und warum er-<lb/>
tru&#x0364;ge kein Herz den Ro&#x0364;mer auf der Folter-<lb/>
bu&#x0364;hne ungeru&#x0364;hrt, hingegen mit Freuden den<lb/>
Ko&#x0364;nigs-Moloch?</p><lb/>
          <p>In jeder weitgreifenden Handlung wagt<lb/>
das Herz, wenn nicht &#x017F;ich, doch &#x017F;ein Glu&#x0364;ck;<lb/>
nur wenigen Glu&#x0364;cklichen hat das Schick&#x017F;al ein<lb/>
reines Verhältniß zum Thun be&#x017F;chieden, aller<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0223] burt erſticken (wie jetzt die Marats-Menge die einzelnen Cordays), eine Brutus-Menge wuͤrde die Caͤſars zwar nicht unterdruͤcken (denn große Seelen wiſſen auf mehr als Eine Weiſe zu regieren und nur eine ſchlechte Welt beherrſchen ſie ſchlecht), aber wohl lenken und veredeln. Uebrigens iſt von den einzelnen Cordays ſo viel fuͤr die Menge zu fuͤrchten, als von den Steinwuͤrfen der Monds-Vulkane fuͤr die Erde. Sie gedachten noch Ravaillacs. Warum haben noch alle bisherigen Jahrhunderte einen ſolchen Unterſchied zwiſchen Heinrichs Moͤrder und Caͤſars Toͤdter gemacht, als der zwiſchen Mord und Tugend iſt; — und warum er- truͤge kein Herz den Roͤmer auf der Folter- buͤhne ungeruͤhrt, hingegen mit Freuden den Koͤnigs-Moloch? In jeder weitgreifenden Handlung wagt das Herz, wenn nicht ſich, doch ſein Gluͤck; nur wenigen Gluͤcklichen hat das Schickſal ein reines Verhältniß zum Thun beſchieden, aller

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/223
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/223>, abgerufen am 30.04.2024.