Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

sich herumsah -- daß ich, sollte das Gewitter
näher kommen (denn es donnerte von ferne
schon) mitten im grösten Genusse der Geschichte
mich davon machen werde, weil ich, gegen
meinen Grundsatz über die moralische Pflicht
der Lebens-Schonung um keinen Preis ver-
stossen will." Der Graf warf ein, wie es
nie in seinem Thale eingeschlagen; aber er
schüttelte unbekehrt den Kopf.

Im Lindenkabinet empfing uns Corday
selber, nämlich das Bildniß ihrer schönen und
großen Gestalt, das der Graf mit Mühe ächt
erobert hatte. *)

Denn noch am erblaßeten Gesichte, das
schon von der Hand des Henkers durch einen
Backenstreich verunreiniget worden, nagte die
Parteywuth fort, und suchte die Schönheit,
die sie entseelt hatte, nun auch zu entstellen,
so wie die Thessalischen Hexen sich in Thiere
verwandeln, und dann den Todten das Ge-

*) Ihr herrliches Gesicht sieht in des I. B. Vten Hefte
der neuen Klio von 1796.

ſich herumſah — daß ich, ſollte das Gewitter
naͤher kommen (denn es donnerte von ferne
ſchon) mitten im groͤſten Genuſſe der Geſchichte
mich davon machen werde, weil ich, gegen
meinen Grundſatz uͤber die moraliſche Pflicht
der Lebens-Schonung um keinen Preis ver-
ſtoſſen will.“ Der Graf warf ein, wie es
nie in ſeinem Thale eingeſchlagen; aber er
ſchuͤttelte unbekehrt den Kopf.

Im Lindenkabinet empfing uns Corday
ſelber, naͤmlich das Bildniß ihrer ſchoͤnen und
großen Geſtalt, das der Graf mit Muͤhe aͤcht
erobert hatte. *)

Denn noch am erblaßeten Geſichte, das
ſchon von der Hand des Henkers durch einen
Backenſtreich verunreiniget worden, nagte die
Parteywuth fort, und ſuchte die Schoͤnheit,
die ſie entſeelt hatte, nun auch zu entſtellen,
ſo wie die Theſſaliſchen Hexen ſich in Thiere
verwandeln, und dann den Todten das Ge-

*) Ihr herrliches Geſicht ſieht in des I. B. Vten Hefte
der neuen Klio von 1796.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0234" n="228"/>
&#x017F;ich herum&#x017F;ah &#x2014; daß ich, &#x017F;ollte das Gewitter<lb/>
na&#x0364;her kommen (denn es donnerte von ferne<lb/>
&#x017F;chon) mitten im gro&#x0364;&#x017F;ten Genu&#x017F;&#x017F;e der Ge&#x017F;chichte<lb/>
mich davon machen werde, weil ich, gegen<lb/>
meinen Grund&#x017F;atz u&#x0364;ber die morali&#x017F;che Pflicht<lb/>
der Lebens-Schonung um keinen Preis ver-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en will.&#x201C; Der Graf warf ein, wie es<lb/>
nie in &#x017F;einem Thale einge&#x017F;chlagen; aber er<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;ttelte unbekehrt den Kopf.</p><lb/>
          <p>Im Lindenkabinet empfing uns Corday<lb/>
&#x017F;elber, na&#x0364;mlich das Bildniß ihrer &#x017F;cho&#x0364;nen und<lb/>
großen Ge&#x017F;talt, das der Graf mit Mu&#x0364;he a&#x0364;cht<lb/>
erobert hatte. <note place="foot" n="*)">Ihr herrliches Ge&#x017F;icht &#x017F;ieht in des <hi rendition="#aq">I.</hi> B. Vten Hefte<lb/>
der neuen Klio von 1796.</note></p><lb/>
          <p>Denn noch am erblaßeten Ge&#x017F;ichte, das<lb/>
&#x017F;chon von der Hand des Henkers durch einen<lb/>
Backen&#x017F;treich verunreiniget worden, nagte die<lb/>
Parteywuth fort, und &#x017F;uchte die Scho&#x0364;nheit,<lb/>
die &#x017F;ie ent&#x017F;eelt hatte, nun auch zu ent&#x017F;tellen,<lb/>
&#x017F;o wie die The&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;chen Hexen &#x017F;ich in Thiere<lb/>
verwandeln, und dann den Todten das Ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0234] ſich herumſah — daß ich, ſollte das Gewitter naͤher kommen (denn es donnerte von ferne ſchon) mitten im groͤſten Genuſſe der Geſchichte mich davon machen werde, weil ich, gegen meinen Grundſatz uͤber die moraliſche Pflicht der Lebens-Schonung um keinen Preis ver- ſtoſſen will.“ Der Graf warf ein, wie es nie in ſeinem Thale eingeſchlagen; aber er ſchuͤttelte unbekehrt den Kopf. Im Lindenkabinet empfing uns Corday ſelber, naͤmlich das Bildniß ihrer ſchoͤnen und großen Geſtalt, das der Graf mit Muͤhe aͤcht erobert hatte. *) Denn noch am erblaßeten Geſichte, das ſchon von der Hand des Henkers durch einen Backenſtreich verunreiniget worden, nagte die Parteywuth fort, und ſuchte die Schoͤnheit, die ſie entſeelt hatte, nun auch zu entſtellen, ſo wie die Theſſaliſchen Hexen ſich in Thiere verwandeln, und dann den Todten das Ge- *) Ihr herrliches Geſicht ſieht in des I. B. Vten Hefte der neuen Klio von 1796.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/234
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/234>, abgerufen am 30.04.2024.