Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

der Vollkommenheit desselben, um es fortzu-
lieben, in einem höchsten Wesen Unvergäng-
lichkeit und findet den Liebling, der unter der
dunkeln Erde zusammen sinkt, in einem durch-
brochnen Sternbilde am Himmel wieder.

Der Mensch -- der sich immer zu selten
und Andere zu oft befragt -- hegt nicht nur
heimliche Neigungen, sondern auch heimliche
Meinungen, deren Gegentheil er zu glauben
wähnt, bis heftige Erschütterungen des Schick-
sals oder der Dichtkunst vor ihm den bedeckten
Grund seines Innern gewaltsam entblößen.
Daher wird es uns leicht, die Ueberschrift dieses
Aufsatzes kalt zu lesen, oder gar die Vernichtung
anzunehmen und zu begehren; aber wir zittern,
wenn unser Herz uns den grausamen Inhalt des
Wahns aufdeckt, daß die Erde, auf, und in
die wir alle unser gesunkenes Haupt zur Ruhe
legen wollen, nichts sey, als der breite Ent-
hauptungsblock der blaßen gebückten Menschen,
wenn sie aus dem -- -- Gefängniß kom-
men. Alsdann zündet (wie öfter) die Wärme
des Herzens wider Licht in der Nacht des

der Vollkommenheit deſſelben, um es fortzu-
lieben, in einem hoͤchſten Weſen Unvergaͤng-
lichkeit und findet den Liebling, der unter der
dunkeln Erde zuſammen ſinkt, in einem durch-
brochnen Sternbilde am Himmel wieder.

Der Menſch — der ſich immer zu ſelten
und Andere zu oft befragt — hegt nicht nur
heimliche Neigungen, ſondern auch heimliche
Meinungen, deren Gegentheil er zu glauben
waͤhnt, bis heftige Erſchuͤtterungen des Schick-
ſals oder der Dichtkunſt vor ihm den bedeckten
Grund ſeines Innern gewaltſam entbloͤßen.
Daher wird es uns leicht, die Ueberſchrift dieſes
Aufſatzes kalt zu leſen, oder gar die Vernichtung
anzunehmen und zu begehren; aber wir zittern,
wenn unſer Herz uns den grauſamen Inhalt des
Wahns aufdeckt, daß die Erde, auf, und in
die wir alle unſer geſunkenes Haupt zur Ruhe
legen wollen, nichts ſey, als der breite Ent-
hauptungsblock der blaßen gebuͤckten Menſchen,
wenn ſie aus dem — — Gefängniß kom-
men. Alsdann zuͤndet (wie öfter) die Waͤrme
des Herzens wider Licht in der Nacht des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0269" n="263"/>
der Vollkommenheit de&#x017F;&#x017F;elben, um es fortzu-<lb/>
lieben, in einem ho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;en Unverga&#x0364;ng-<lb/>
lichkeit und findet den Liebling, der unter der<lb/>
dunkeln Erde zu&#x017F;ammen &#x017F;inkt, in einem durch-<lb/>
brochnen Sternbilde am Himmel wieder.</p><lb/>
          <p>Der Men&#x017F;ch &#x2014; der &#x017F;ich immer zu &#x017F;elten<lb/>
und Andere zu oft befragt &#x2014; hegt nicht nur<lb/>
heimliche Neigungen, &#x017F;ondern auch heimliche<lb/>
Meinungen, deren Gegentheil er zu glauben<lb/>
wa&#x0364;hnt, bis heftige Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen des Schick-<lb/>
&#x017F;als oder der Dichtkun&#x017F;t vor ihm den bedeckten<lb/>
Grund &#x017F;eines Innern gewalt&#x017F;am entblo&#x0364;ßen.<lb/>
Daher wird es uns leicht, die Ueber&#x017F;chrift die&#x017F;es<lb/>
Auf&#x017F;atzes kalt zu le&#x017F;en, oder gar die Vernichtung<lb/>
anzunehmen und zu begehren; aber wir zittern,<lb/>
wenn un&#x017F;er Herz uns den grau&#x017F;amen Inhalt des<lb/>
Wahns aufdeckt, daß die Erde, auf, und in<lb/>
die wir alle un&#x017F;er ge&#x017F;unkenes Haupt zur Ruhe<lb/>
legen wollen, nichts &#x017F;ey, als der breite Ent-<lb/>
hauptungsblock der blaßen gebu&#x0364;ckten Men&#x017F;chen,<lb/>
wenn &#x017F;ie aus dem &#x2014; &#x2014; <hi rendition="#g">Gefängniß</hi> kom-<lb/>
men. Alsdann zu&#x0364;ndet (wie öfter) die Wa&#x0364;rme<lb/>
des Herzens wider Licht in der Nacht des<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0269] der Vollkommenheit deſſelben, um es fortzu- lieben, in einem hoͤchſten Weſen Unvergaͤng- lichkeit und findet den Liebling, der unter der dunkeln Erde zuſammen ſinkt, in einem durch- brochnen Sternbilde am Himmel wieder. Der Menſch — der ſich immer zu ſelten und Andere zu oft befragt — hegt nicht nur heimliche Neigungen, ſondern auch heimliche Meinungen, deren Gegentheil er zu glauben waͤhnt, bis heftige Erſchuͤtterungen des Schick- ſals oder der Dichtkunſt vor ihm den bedeckten Grund ſeines Innern gewaltſam entbloͤßen. Daher wird es uns leicht, die Ueberſchrift dieſes Aufſatzes kalt zu leſen, oder gar die Vernichtung anzunehmen und zu begehren; aber wir zittern, wenn unſer Herz uns den grauſamen Inhalt des Wahns aufdeckt, daß die Erde, auf, und in die wir alle unſer geſunkenes Haupt zur Ruhe legen wollen, nichts ſey, als der breite Ent- hauptungsblock der blaßen gebuͤckten Menſchen, wenn ſie aus dem — — Gefängniß kom- men. Alsdann zuͤndet (wie öfter) die Waͤrme des Herzens wider Licht in der Nacht des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/269
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/269>, abgerufen am 28.04.2024.