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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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"bist du?" und er hörte seine eigne Stimme;
aber kühn rief er nun zurück: am Altare! --
Eine schwarze Gestalt drang heraus mit einer
weißen Maske in der Hand, und stockte im
Mondlichte vor der bewaffneten; da erkannte
endlich Albano den Bruder Lianens, nach dem
er so lange gelechzet -- er schleuderte den De¬
gen zurück und lief ihm entgegen -- Roquairol
stand stumm, bleich und mit einer erhabnen
Ruhe auf dem Gesichte vor ihm -- Albano
blieb nahe stehen und sagte gerührt: hast du
mich gesucht, Karl? -- Roquairol nickte stumm
und hatte Thränen in den Augen und öffnete
die Arme. -- Ach da konnte der seelige Mensch
mit allen Flammen und Thränen der Liebe an
die langgeliebte Seele stürzen und er sagte un¬
aufhörlich: nun haben wir uns, nun haben wir
uns! Und immer heftiger umschlang er ihn wie
den Pfeiler seiner Zukunft und strömte in Thrä¬
nen hin, weil ja nun die verschlossene Liebe so
langer Jahre, und so viele zugedrückte Quellen
des armen Herzens auf einmal fließen durf¬
ten -- Roquairol drückte ihn nur zitternd an
sich und leise mit Einem Arme; und sagte, aber

„biſt du?“ und er hörte ſeine eigne Stimme;
aber kühn rief er nun zurück: am Altare! —
Eine ſchwarze Geſtalt drang heraus mit einer
weißen Maſke in der Hand, und ſtockte im
Mondlichte vor der bewaffneten; da erkannte
endlich Albano den Bruder Lianens, nach dem
er ſo lange gelechzet — er ſchleuderte den De¬
gen zurück und lief ihm entgegen — Roquairol
ſtand ſtumm, bleich und mit einer erhabnen
Ruhe auf dem Geſichte vor ihm — Albano
blieb nahe ſtehen und ſagte gerührt: haſt du
mich geſucht, Karl? — Roquairol nickte ſtumm
und hatte Thränen in den Augen und öffnete
die Arme. — Ach da konnte der ſeelige Menſch
mit allen Flammen und Thränen der Liebe an
die langgeliebte Seele ſtürzen und er ſagte un¬
aufhörlich: nun haben wir uns, nun haben wir
uns! Und immer heftiger umſchlang er ihn wie
den Pfeiler ſeiner Zukunft und ſtrömte in Thrä¬
nen hin, weil ja nun die verſchloſſene Liebe ſo
langer Jahre, und ſo viele zugedrückte Quellen
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[504/0524] „biſt du?“ und er hörte ſeine eigne Stimme; aber kühn rief er nun zurück: am Altare! — Eine ſchwarze Geſtalt drang heraus mit einer weißen Maſke in der Hand, und ſtockte im Mondlichte vor der bewaffneten; da erkannte endlich Albano den Bruder Lianens, nach dem er ſo lange gelechzet — er ſchleuderte den De¬ gen zurück und lief ihm entgegen — Roquairol ſtand ſtumm, bleich und mit einer erhabnen Ruhe auf dem Geſichte vor ihm — Albano blieb nahe ſtehen und ſagte gerührt: haſt du mich geſucht, Karl? — Roquairol nickte ſtumm und hatte Thränen in den Augen und öffnete die Arme. — Ach da konnte der ſeelige Menſch mit allen Flammen und Thränen der Liebe an die langgeliebte Seele ſtürzen und er ſagte un¬ aufhörlich: nun haben wir uns, nun haben wir uns! Und immer heftiger umſchlang er ihn wie den Pfeiler ſeiner Zukunft und ſtrömte in Thrä¬ nen hin, weil ja nun die verſchloſſene Liebe ſo langer Jahre, und ſo viele zugedrückte Quellen des armen Herzens auf einmal fließen durf¬ ten — Roquairol drückte ihn nur zitternd an ſich und leiſe mit Einem Arme; und ſagte, aber

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/524>, abgerufen am 30.04.2024.