Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie erröthete das kindliche Mädchen über
die scharfen Tagsstrahlen, welche die duftende
Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬
heitsfreund sprach sanft an dieses geschlagne
Herz -- und von seiner gleichen Liebe gegen
sie und ihren Freund -- von dem Temperamen¬
te des Vaters -- und von der Nothwendigkeit
bedachtsamer Maaßregeln -- und sagte, die
beste sey es, wenn sie ihm heilig gelobe, dem
elterlichen Wunsche, den Grafen strenge zu mei¬
den, nur so lange nachzugeben bis er von des¬
sen Vater, den er als Begleiter des Sohnes
längst über das neue Verhältniß benachrichti¬
gen und fragen müssen, das Ja oder Nein da¬
zu erhalten; sey es ein Nein, -- was er aber nicht
verbürge -- so müsse Albano das Räthsel lö¬
sen; sey es ein Ja, so steh' er selber für das zweite
ihrer Eltern; zugleich müss' er aber auf ihr fe¬
stestes Schweigen gegen diese über sein Anfra¬
gen, wodurch sie sich vielleicht kompromittirt
finden könnten, Anspruch machen. Damit wur¬
zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein.

Sie fragte zitternd wie lange die Antwort
verziehe. "Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬

mählung

Wie erröthete das kindliche Mädchen über
die ſcharfen Tagsſtrahlen, welche die duftende
Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬
heitsfreund ſprach ſanft an dieſes geſchlagne
Herz — und von ſeiner gleichen Liebe gegen
ſie und ihren Freund — von dem Temperamen¬
te des Vaters — und von der Nothwendigkeit
bedachtſamer Maaßregeln — und ſagte, die
beſte ſey es, wenn ſie ihm heilig gelobe, dem
elterlichen Wunſche, den Grafen ſtrenge zu mei¬
den, nur ſo lange nachzugeben bis er von des¬
ſen Vater, den er als Begleiter des Sohnes
längſt über das neue Verhältniß benachrichti¬
gen und fragen müſſen, das Ja oder Nein da¬
zu erhalten; ſey es ein Nein, — was er aber nicht
verbürge — ſo müſſe Albano das Räthſel lö¬
ſen; ſey es ein Ja, ſo ſteh' er ſelber für das zweite
ihrer Eltern; zugleich müſſ' er aber auf ihr fe¬
ſteſtes Schweigen gegen dieſe über ſein Anfra¬
gen, wodurch ſie ſich vielleicht kompromittirt
finden könnten, Anſpruch machen. Damit wur¬
zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein.

Sie fragte zitternd wie lange die Antwort
verziehe. „Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬

mählung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0156" n="144"/>
          <p>Wie erröthete das kindliche Mädchen über<lb/>
die &#x017F;charfen Tags&#x017F;trahlen, welche die duftende<lb/>
Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬<lb/>
heitsfreund &#x017F;prach &#x017F;anft an die&#x017F;es ge&#x017F;chlagne<lb/>
Herz &#x2014; und von &#x017F;einer gleichen Liebe gegen<lb/>
&#x017F;ie und ihren Freund &#x2014; von dem Temperamen¬<lb/>
te des Vaters &#x2014; und von der Nothwendigkeit<lb/>
bedacht&#x017F;amer Maaßregeln &#x2014; und &#x017F;agte, die<lb/>
be&#x017F;te &#x017F;ey es, wenn &#x017F;ie ihm heilig gelobe, dem<lb/>
elterlichen Wun&#x017F;che, den Grafen &#x017F;trenge zu mei¬<lb/>
den, nur &#x017F;o lange nachzugeben bis er von des¬<lb/>
&#x017F;en Vater, den er als Begleiter des Sohnes<lb/>
läng&#x017F;t über das neue Verhältniß benachrichti¬<lb/>
gen und fragen mü&#x017F;&#x017F;en, das Ja oder Nein da¬<lb/>
zu erhalten; &#x017F;ey es ein Nein, &#x2014; was er aber nicht<lb/>
verbürge &#x2014; &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;e Albano das Räth&#x017F;el lö¬<lb/>
&#x017F;en; &#x017F;ey es ein Ja, &#x017F;o &#x017F;teh' er &#x017F;elber für das zweite<lb/>
ihrer Eltern; zugleich mü&#x017F;&#x017F;' er aber auf ihr fe¬<lb/>
&#x017F;te&#x017F;tes Schweigen gegen die&#x017F;e über &#x017F;ein Anfra¬<lb/>
gen, wodurch &#x017F;ie &#x017F;ich vielleicht kompromittirt<lb/>
finden könnten, An&#x017F;pruch machen. Damit wur¬<lb/>
zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein.</p><lb/>
          <p>Sie fragte zitternd wie lange die Antwort<lb/>
verziehe. &#x201E;Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mählung<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0156] Wie erröthete das kindliche Mädchen über die ſcharfen Tagsſtrahlen, welche die duftende Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬ heitsfreund ſprach ſanft an dieſes geſchlagne Herz — und von ſeiner gleichen Liebe gegen ſie und ihren Freund — von dem Temperamen¬ te des Vaters — und von der Nothwendigkeit bedachtſamer Maaßregeln — und ſagte, die beſte ſey es, wenn ſie ihm heilig gelobe, dem elterlichen Wunſche, den Grafen ſtrenge zu mei¬ den, nur ſo lange nachzugeben bis er von des¬ ſen Vater, den er als Begleiter des Sohnes längſt über das neue Verhältniß benachrichti¬ gen und fragen müſſen, das Ja oder Nein da¬ zu erhalten; ſey es ein Nein, — was er aber nicht verbürge — ſo müſſe Albano das Räthſel lö¬ ſen; ſey es ein Ja, ſo ſteh' er ſelber für das zweite ihrer Eltern; zugleich müſſ' er aber auf ihr fe¬ ſteſtes Schweigen gegen dieſe über ſein Anfra¬ gen, wodurch ſie ſich vielleicht kompromittirt finden könnten, Anſpruch machen. Damit wur¬ zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein. Sie fragte zitternd wie lange die Antwort verziehe. „Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬ mählung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/156
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/156>, abgerufen am 01.05.2024.