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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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hinaus, so lange seine liebe Schwester keines vor¬
aussehe. Um den alten Herrn wieder mehr für Li¬
anen einzunehmen, führt' er ihn für das Vermäh¬
lungsfest auf eine romantische Invenzion, die
Froulay nicht ahnete, als er schon ganz dicht
an ihr stand: nämlich Idoine, (die Schwester der
Braut,) war Lianen auffallend ähnlich. Die Für¬
stin liebte sie unaussprechlich, sahe sie aber nur
selten, weil sie ihres starken, einmal zu einer
Thron-Ehe nein sagenden Karakters wegen auf
einem von ihr selber gebaueten und regierten
Dorfe wohnte, höflich vom Hofe verbannt. Er
legte nun dem Vater die poetische Frage vor, ob
Liane nicht in der Illuminazionsnacht einige Mi¬
nuten lang im Traum-Tempel, der ganz zu
diesem schönen Truge passe, die Fürstin mit dem
Wiederschein ihrer geliebten Schwester erfreuen
könne.

Entweder machte den Minister die Liebe ge¬
gen die Fürstin kühner, oder der Wunsch trunk¬
ner, Liane als Hofdame glänzend einzuführen:
genug er fand in der Idee Verstand. Wenn
Etwas für den Separatfrieden, den er mit dem
Sohne gemacht, den Taback in die Friedens¬

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hinaus, ſo lange ſeine liebe Schweſter keines vor¬
ausſehe. Um den alten Herrn wieder mehr für Li¬
anen einzunehmen, führt' er ihn für das Vermäh¬
lungsfeſt auf eine romantiſche Invenzion, die
Froulay nicht ahnete, als er ſchon ganz dicht
an ihr ſtand: nämlich Idoine, (die Schweſter der
Braut,) war Lianen auffallend ähnlich. Die Für¬
ſtin liebte ſie unausſprechlich, ſahe ſie aber nur
ſelten, weil ſie ihres ſtarken, einmal zu einer
Thron-Ehe nein ſagenden Karakters wegen auf
einem von ihr ſelber gebaueten und regierten
Dorfe wohnte, höflich vom Hofe verbannt. Er
legte nun dem Vater die poetiſche Frage vor, ob
Liane nicht in der Illuminazionsnacht einige Mi¬
nuten lang im Traum-Tempel, der ganz zu
dieſem ſchönen Truge paſſe, die Fürſtin mit dem
Wiederſchein ihrer geliebten Schweſter erfreuen
könne.

Entweder machte den Miniſter die Liebe ge¬
gen die Fürſtin kühner, oder der Wunſch trunk¬
ner, Liane als Hofdame glänzend einzuführen:
genug er fand in der Idee Verſtand. Wenn
Etwas für den Separatfrieden, den er mit dem
Sohne gemacht, den Taback in die Friedens¬

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[147/0159] hinaus, ſo lange ſeine liebe Schweſter keines vor¬ ausſehe. Um den alten Herrn wieder mehr für Li¬ anen einzunehmen, führt' er ihn für das Vermäh¬ lungsfeſt auf eine romantiſche Invenzion, die Froulay nicht ahnete, als er ſchon ganz dicht an ihr ſtand: nämlich Idoine, (die Schweſter der Braut,) war Lianen auffallend ähnlich. Die Für¬ ſtin liebte ſie unausſprechlich, ſahe ſie aber nur ſelten, weil ſie ihres ſtarken, einmal zu einer Thron-Ehe nein ſagenden Karakters wegen auf einem von ihr ſelber gebaueten und regierten Dorfe wohnte, höflich vom Hofe verbannt. Er legte nun dem Vater die poetiſche Frage vor, ob Liane nicht in der Illuminazionsnacht einige Mi¬ nuten lang im Traum-Tempel, der ganz zu dieſem ſchönen Truge paſſe, die Fürſtin mit dem Wiederſchein ihrer geliebten Schweſter erfreuen könne. Entweder machte den Miniſter die Liebe ge¬ gen die Fürſtin kühner, oder der Wunſch trunk¬ ner, Liane als Hofdame glänzend einzuführen: genug er fand in der Idee Verſtand. Wenn Etwas für den Separatfrieden, den er mit dem Sohne gemacht, den Taback in die Friedens¬ K 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/159>, abgerufen am 01.05.2024.