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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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vor Lianen hatt' es ohne Sonnenschein gereg¬
net, als sie heute verborgen bloß in den Tem¬
pel des Traums herüberfuhr, um nur ein
geliebtes Wesen zu spielen, aber keines zu seyn.

Noch brannte keine Lampe. Albano blickte
in jede grüne Vertiefung nach seinem Engel
des Lichts. Sogar der Fürst selber, der die
plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit
seinen Winken zurückhielt, sah dem a Höfen
so seltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu
überraschen. Die Fürstin hatte dem Minister
die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬
spart, denn sie hatte gar nicht nach der künfti¬
gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieser gan¬
zen starken Weiberklasse gegen ihr Geschlecht
gleichgültig, aber desto fester an einer Auser¬
wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬
den, verdunkelten Getümmel seine Pflegeeltern
und Rabette, aber in diesem Taumel des Bo¬
dens und der Seele konnt' er wie andere seine
Augen nur auf den selber verhangnen Vorhang
richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu
finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬
gendjahren hängt kein schwarzer, nur ein bun¬

vor Lianen hatt' es ohne Sonnenſchein gereg¬
net, als ſie heute verborgen bloß in den Tem¬
pel des Traums herüberfuhr, um nur ein
geliebtes Weſen zu ſpielen, aber keines zu ſeyn.

Noch brannte keine Lampe. Albano blickte
in jede grüne Vertiefung nach ſeinem Engel
des Lichts. Sogar der Fürſt ſelber, der die
plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit
ſeinen Winken zurückhielt, ſah dem a Höfen
ſo ſeltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu
überraſchen. Die Fürſtin hatte dem Miniſter
die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬
ſpart, denn ſie hatte gar nicht nach der künfti¬
gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieſer gan¬
zen ſtarken Weiberklaſſe gegen ihr Geſchlecht
gleichgültig, aber deſto feſter an einer Auser¬
wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬
den, verdunkelten Getümmel ſeine Pflegeeltern
und Rabette, aber in dieſem Taumel des Bo¬
dens und der Seele konnt' er wie andere ſeine
Augen nur auf den ſelber verhangnen Vorhang
richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu
finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬
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[167/0179] vor Lianen hatt' es ohne Sonnenſchein gereg¬ net, als ſie heute verborgen bloß in den Tem¬ pel des Traums herüberfuhr, um nur ein geliebtes Weſen zu ſpielen, aber keines zu ſeyn. Noch brannte keine Lampe. Albano blickte in jede grüne Vertiefung nach ſeinem Engel des Lichts. Sogar der Fürſt ſelber, der die plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit ſeinen Winken zurückhielt, ſah dem a Höfen ſo ſeltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu überraſchen. Die Fürſtin hatte dem Miniſter die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬ ſpart, denn ſie hatte gar nicht nach der künfti¬ gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieſer gan¬ zen ſtarken Weiberklaſſe gegen ihr Geſchlecht gleichgültig, aber deſto feſter an einer Auser¬ wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬ den, verdunkelten Getümmel ſeine Pflegeeltern und Rabette, aber in dieſem Taumel des Bo¬ dens und der Seele konnt' er wie andere ſeine Augen nur auf den ſelber verhangnen Vorhang richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬ gendjahren hängt kein ſchwarzer, nur ein bun¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/179>, abgerufen am 01.05.2024.