Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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"O Gott!" (rief er laut weinend.) -- "Das
"ists mit dem Leben und der Freude und aller
"Treue? -- so? -- Wie habt ihr gelogen (er
"sah seine Briefe an) von ewiger Treue und
"Liebe. -- Wen habt ihr denn gemeint, ihr
"höllischen Lügner?" Er warf sie weg. Liane
wollte sie aufheben, er trat stark darauf und
sah die Erschrockene bitter an; -- nun gerieth er
in Sturm und goß wie ein Schöpfrad unter dem
Giessen schöpfend seine brausende, leidende Brust
aus und hörte grausam gar nicht auf mit den
Gemälden seiner Liebe, ihrer Schwäche, ihrer
Kälte, seines Schmerzes, ihrer vorigen Eide und
ihres jetzigen meineidigen über sein geheimniß¬
volles Glück, das er ja nicht wolle. Ihr Schwei¬
gen trieb ihn wilder um. Ihre schnelles hefti¬
ges Athmen hört' er nicht.

"Quäle Dich nicht. Es ist nun Alles un¬
möglich" antwortete sie bittend. "O, (sagt' er
"zornig,) die Änderung will ich nicht wieder än¬
"dern; denn der Lektor und der Pfaffe würden
"wieder das ändern!" Er gerieth nun in die
männliche Verstockung und Herzens-Starrsucht;

O 2

„O Gott!“ (rief er laut weinend.) — „Das
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„Treue? — ſo? — Wie habt ihr gelogen (er
„ſah ſeine Briefe an) von ewiger Treue und
„Liebe. — Wen habt ihr denn gemeint, ihr
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wollte ſie aufheben, er trat ſtark darauf und
ſah die Erſchrockene bitter an; — nun gerieth er
in Sturm und goß wie ein Schöpfrad unter dem
Gieſſen ſchöpfend ſeine brauſende, leidende Bruſt
aus und hörte grauſam gar nicht auf mit den
Gemälden ſeiner Liebe, ihrer Schwäche, ihrer
Kälte, ſeines Schmerzes, ihrer vorigen Eide und
ihres jetzigen meineidigen über ſein geheimniß¬
volles Glück, das er ja nicht wolle. Ihr Schwei¬
gen trieb ihn wilder um. Ihre ſchnelles hefti¬
ges Athmen hört' er nicht.

„Quäle Dich nicht. Es iſt nun Alles un¬
möglich“ antwortete ſie bittend. „O, (ſagt' er
„zornig,) die Änderung will ich nicht wieder än¬
„dern; denn der Lektor und der Pfaffe würden
„wieder das ändern!“ Er gerieth nun in die
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O 2

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[211/0223] „O Gott!“ (rief er laut weinend.) — „Das „iſts mit dem Leben und der Freude und aller „Treue? — ſo? — Wie habt ihr gelogen (er „ſah ſeine Briefe an) von ewiger Treue und „Liebe. — Wen habt ihr denn gemeint, ihr „hölliſchen Lügner?“ Er warf ſie weg. Liane wollte ſie aufheben, er trat ſtark darauf und ſah die Erſchrockene bitter an; — nun gerieth er in Sturm und goß wie ein Schöpfrad unter dem Gieſſen ſchöpfend ſeine brauſende, leidende Bruſt aus und hörte grauſam gar nicht auf mit den Gemälden ſeiner Liebe, ihrer Schwäche, ihrer Kälte, ſeines Schmerzes, ihrer vorigen Eide und ihres jetzigen meineidigen über ſein geheimniß¬ volles Glück, das er ja nicht wolle. Ihr Schwei¬ gen trieb ihn wilder um. Ihre ſchnelles hefti¬ ges Athmen hört' er nicht. „Quäle Dich nicht. Es iſt nun Alles un¬ möglich“ antwortete ſie bittend. „O, (ſagt' er „zornig,) die Änderung will ich nicht wieder än¬ „dern; denn der Lektor und der Pfaffe würden „wieder das ändern!“ Er gerieth nun in die männliche Verſtockung und Herzens-Starrſucht; O 2

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Zitationshilfe:	Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/223>, abgerufen am 03.05.2024.

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