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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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seinem befreieten und befreienden, großmüthi¬
gen Geiste Nichts peinlicher widerstand als die
widrige Erwägung, was nun auf dem Altar
der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern
für schmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen,
oder für Töpfe zum Kochen ansetzen könnten --
wie leicht dann sogar poetische Eltern sich oft
mit den Kindern verwandeln in prosaische oder
juristische, der Vater sich ins Regierungs-, die
Mutter ins Kammerkollegium -- wie wenig¬
stens dann die Hofluft leibeigen mache, so wie
nur der poetische Himmels-Aether frei -- und
welche Perturbazionen seinem Hesperus von
dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬
nister bevorständen, der bei der Liebe Nichts
unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬
ligsten Empfindungen für Standesehen so
brauchbar schienen, wie für Predigtämter das
Hebräische, nämlich mehr im Examen als im
Dienste. -- So schlimm dacht' er von seinem
Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬
mere nicht.

Aber die gute Tochter dachte von ihrer
Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr

ſeinem befreieten und befreienden, großmüthi¬
gen Geiſte Nichts peinlicher widerſtand als die
widrige Erwägung, was nun auf dem Altar
der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern
für ſchmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen,
oder für Töpfe zum Kochen anſetzen könnten —
wie leicht dann ſogar poetiſche Eltern ſich oft
mit den Kindern verwandeln in proſaiſche oder
juriſtiſche, der Vater ſich ins Regierungs-, die
Mutter ins Kammerkollegium — wie wenig¬
ſtens dann die Hofluft leibeigen mache, ſo wie
nur der poetiſche Himmels-Aether frei — und
welche Perturbazionen ſeinem Heſperus von
dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬
niſter bevorſtänden, der bei der Liebe Nichts
unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬
ligſten Empfindungen für Standesehen ſo
brauchbar ſchienen, wie für Predigtämter das
Hebräiſche, nämlich mehr im Examen als im
Dienſte. — So ſchlimm dacht' er von ſeinem
Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬
mere nicht.

Aber die gute Tochter dachte von ihrer
Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr

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[27/0039] ſeinem befreieten und befreienden, großmüthi¬ gen Geiſte Nichts peinlicher widerſtand als die widrige Erwägung, was nun auf dem Altar der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern für ſchmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen, oder für Töpfe zum Kochen anſetzen könnten — wie leicht dann ſogar poetiſche Eltern ſich oft mit den Kindern verwandeln in proſaiſche oder juriſtiſche, der Vater ſich ins Regierungs-, die Mutter ins Kammerkollegium — wie wenig¬ ſtens dann die Hofluft leibeigen mache, ſo wie nur der poetiſche Himmels-Aether frei — und welche Perturbazionen ſeinem Heſperus von dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬ niſter bevorſtänden, der bei der Liebe Nichts unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬ ligſten Empfindungen für Standesehen ſo brauchbar ſchienen, wie für Predigtämter das Hebräiſche, nämlich mehr im Examen als im Dienſte. — So ſchlimm dacht' er von ſeinem Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬ mere nicht. Aber die gute Tochter dachte von ihrer Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/39>, abgerufen am 30.04.2024.