Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

gezogen, eh' er daran dachte, daß diese Nachricht
anders und niederschlagender auf seine Schwe¬
ster wirken würde als auf ihn. Aber das he¬
roische Feuer, in welches er sich mit dem poli¬
tischen Lauria hineinsprach, spielte ihm einen
leichten Sieg über die schwesterliche Liebe vor.

Er wollte den Freundinnen seine Ankunft
sagen, als er vom Fürsten vernahm, daß bei¬
de, wie er von der Fürstinn Altieri, bei der sie
wohnten, gehört, schon nach Tivoli gegangen.
-- Wie glücklich reisete er, die freundliche Ab¬
sicht dieser Zwischenreise errathend, aus dem
von Liebe und Frühling strahlenden Rom und
sah eben so heiter nach der Zukunft, wo sein
Leben sich blühend auseinanderschlug, als nach
Tivoli, wo er zwei Herzen an eines zu drü¬
cken hoffte.

Er fand, da er in der Stadt Tivoli ankam,
die feurigen Mädchen schon entwichen nach der
Kaskade. Wie ein Mensch im Tempe-Thal
oder vor dem Genfersee nur im unachtsamen
Traum am Ufer vor den Wasserbildern des
Himmels und der Erde vorübergeht, weil ihn
die blühenden Urbilder rings umher umfangen

gezogen, eh' er daran dachte, daß dieſe Nachricht
anders und niederſchlagender auf ſeine Schwe¬
ſter wirken würde als auf ihn. Aber das he¬
roiſche Feuer, in welches er ſich mit dem poli¬
tiſchen Lauria hineinſprach, ſpielte ihm einen
leichten Sieg über die ſchweſterliche Liebe vor.

Er wollte den Freundinnen ſeine Ankunft
ſagen, als er vom Fürſten vernahm, daß bei¬
de, wie er von der Fürſtinn Altieri, bei der ſie
wohnten, gehört, ſchon nach Tivoli gegangen.
— Wie glücklich reiſete er, die freundliche Ab¬
ſicht dieſer Zwiſchenreiſe errathend, aus dem
von Liebe und Frühling ſtrahlenden Rom und
ſah eben ſo heiter nach der Zukunft, wo ſein
Leben ſich blühend auseinanderſchlug, als nach
Tivoli, wo er zwei Herzen an eines zu drü¬
cken hoffte.

Er fand, da er in der Stadt Tivoli ankam,
die feurigen Mädchen ſchon entwichen nach der
Kaskade. Wie ein Menſch im Tempe-Thal
oder vor dem Genferſee nur im unachtſamen
Traum am Ufer vor den Waſſerbildern des
Himmels und der Erde vorübergeht, weil ihn
die blühenden Urbilder rings umher umfangen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="212"/>
gezogen, eh' er daran dachte, daß die&#x017F;e Nachricht<lb/>
anders und nieder&#x017F;chlagender auf &#x017F;eine Schwe¬<lb/>
&#x017F;ter wirken würde als auf ihn. Aber das he¬<lb/>
roi&#x017F;che Feuer, in welches er &#x017F;ich mit dem poli¬<lb/>
ti&#x017F;chen Lauria hinein&#x017F;prach, &#x017F;pielte ihm einen<lb/>
leichten Sieg über die &#x017F;chwe&#x017F;terliche Liebe vor.</p><lb/>
          <p>Er wollte den Freundinnen &#x017F;eine Ankunft<lb/>
&#x017F;agen, als er vom Für&#x017F;ten vernahm, daß bei¬<lb/>
de, wie er von der Für&#x017F;tinn <hi rendition="#aq">Altieri,</hi> bei der &#x017F;ie<lb/>
wohnten, gehört, &#x017F;chon nach Tivoli gegangen.<lb/>
&#x2014; Wie glücklich rei&#x017F;ete er, die freundliche Ab¬<lb/>
&#x017F;icht die&#x017F;er Zwi&#x017F;chenrei&#x017F;e errathend, aus dem<lb/>
von Liebe und Frühling &#x017F;trahlenden Rom und<lb/>
&#x017F;ah eben &#x017F;o heiter nach der Zukunft, wo &#x017F;ein<lb/>
Leben &#x017F;ich blühend auseinander&#x017F;chlug, als nach<lb/>
Tivoli, wo er zwei Herzen an eines zu drü¬<lb/>
cken hoffte.</p><lb/>
          <p>Er fand, da er in der Stadt Tivoli ankam,<lb/>
die feurigen Mädchen &#x017F;chon entwichen nach der<lb/>
Kaskade. Wie ein Men&#x017F;ch im Tempe-Thal<lb/>
oder vor dem Genfer&#x017F;ee nur im unacht&#x017F;amen<lb/>
Traum am Ufer vor den Wa&#x017F;&#x017F;erbildern des<lb/>
Himmels und der Erde vorübergeht, weil ihn<lb/>
die blühenden Urbilder rings umher umfangen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0224] gezogen, eh' er daran dachte, daß dieſe Nachricht anders und niederſchlagender auf ſeine Schwe¬ ſter wirken würde als auf ihn. Aber das he¬ roiſche Feuer, in welches er ſich mit dem poli¬ tiſchen Lauria hineinſprach, ſpielte ihm einen leichten Sieg über die ſchweſterliche Liebe vor. Er wollte den Freundinnen ſeine Ankunft ſagen, als er vom Fürſten vernahm, daß bei¬ de, wie er von der Fürſtinn Altieri, bei der ſie wohnten, gehört, ſchon nach Tivoli gegangen. — Wie glücklich reiſete er, die freundliche Ab¬ ſicht dieſer Zwiſchenreiſe errathend, aus dem von Liebe und Frühling ſtrahlenden Rom und ſah eben ſo heiter nach der Zukunft, wo ſein Leben ſich blühend auseinanderſchlug, als nach Tivoli, wo er zwei Herzen an eines zu drü¬ cken hoffte. Er fand, da er in der Stadt Tivoli ankam, die feurigen Mädchen ſchon entwichen nach der Kaskade. Wie ein Menſch im Tempe-Thal oder vor dem Genferſee nur im unachtſamen Traum am Ufer vor den Waſſerbildern des Himmels und der Erde vorübergeht, weil ihn die blühenden Urbilder rings umher umfangen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/224
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/224>, abgerufen am 29.04.2024.