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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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konnte nicht sagen, was er in sich besiege und
bedecke, aber auch kein anderes kaltes verklei¬
detes Wort; -- er knieete nieder, drückte ihre
Hand an die Brust, sah weinend an den Ster¬
nenhimmel und sagte bloß: "Frieden, Allgüti¬
ger!" -- Idoine wandte sich eilig ab und gieng
nach einigen schnellen Schritten langsam den
kleinen Hügel in den Prinzengarten hinunter.

Nach wenigen Minuten sah er die Fackeln
ihres Wagens durch die Nacht fliegen, in der
sie gern zu reisen wagte. Um den Hügel war
es dunkel, die Abendröthe und der Abendstern
waren untergegangen, die Erde wurde ein
Rauch und Schutt der Nacht, am Horizont
bauete ein Trauergerüst von Wolken sich auf.
Aber in Albano war etwas unbegreiflich Freu¬
diges, ein lichter Punkt in der Finsterniß des
Herzens. Und als er den Leucht-Atom an¬
schauete, breitete er sich aus, wurde ein Glanz,
eine Welt, eine unendliche Sonne. Jetzt er¬
kannt er es, es war die rechte unendliche und
göttliche Liebe, welche schweigen kann und lei¬
den, weil sie nur Ein Glück kennt, aber nicht
das eigne.

konnte nicht ſagen, was er in ſich beſiege und
bedecke, aber auch kein anderes kaltes verklei¬
detes Wort; — er knieete nieder, drückte ihre
Hand an die Bruſt, ſah weinend an den Ster¬
nenhimmel und ſagte bloß: „Frieden, Allgüti¬
ger!“ — Idoine wandte ſich eilig ab und gieng
nach einigen ſchnellen Schritten langſam den
kleinen Hügel in den Prinzengarten hinunter.

Nach wenigen Minuten ſah er die Fackeln
ihres Wagens durch die Nacht fliegen, in der
ſie gern zu reiſen wagte. Um den Hügel war
es dunkel, die Abendröthe und der Abendſtern
waren untergegangen, die Erde wurde ein
Rauch und Schutt der Nacht, am Horizont
bauete ein Trauergerüſt von Wolken ſich auf.
Aber in Albano war etwas unbegreiflich Freu¬
diges, ein lichter Punkt in der Finſterniß des
Herzens. Und als er den Leucht-Atom an¬
ſchauete, breitete er ſich aus, wurde ein Glanz,
eine Welt, eine unendliche Sonne. Jetzt er¬
kannt er es, es war die rechte unendliche und
göttliche Liebe, welche ſchweigen kann und lei¬
den, weil ſie nur Ein Glück kennt, aber nicht
das eigne.

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[494/0506] konnte nicht ſagen, was er in ſich beſiege und bedecke, aber auch kein anderes kaltes verklei¬ detes Wort; — er knieete nieder, drückte ihre Hand an die Bruſt, ſah weinend an den Ster¬ nenhimmel und ſagte bloß: „Frieden, Allgüti¬ ger!“ — Idoine wandte ſich eilig ab und gieng nach einigen ſchnellen Schritten langſam den kleinen Hügel in den Prinzengarten hinunter. Nach wenigen Minuten ſah er die Fackeln ihres Wagens durch die Nacht fliegen, in der ſie gern zu reiſen wagte. Um den Hügel war es dunkel, die Abendröthe und der Abendſtern waren untergegangen, die Erde wurde ein Rauch und Schutt der Nacht, am Horizont bauete ein Trauergerüſt von Wolken ſich auf. Aber in Albano war etwas unbegreiflich Freu¬ diges, ein lichter Punkt in der Finſterniß des Herzens. Und als er den Leucht-Atom an¬ ſchauete, breitete er ſich aus, wurde ein Glanz, eine Welt, eine unendliche Sonne. Jetzt er¬ kannt er es, es war die rechte unendliche und göttliche Liebe, welche ſchweigen kann und lei¬ den, weil ſie nur Ein Glück kennt, aber nicht das eigne.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/506>, abgerufen am 27.04.2024.