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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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störten Sonnentempels seiner Jugend umher¬
lagen, keine Nacht zubringen: sondern er be¬
gab sich traurig-träumend auf den Weg zur
Stadt. Unterwegs fand er den Landschafts-
Direktor Wehrfritz zu Pferd, der ihn suchte.
"Herr Sohn, (sagt' er,) es sind mir von Dei¬
nem intimen Freunde, Herrn Schoppe, die
wichtigsten Sachen zu Händen gestellt wor¬
den, die ich nur in Deine eignen wieder
auszuhändigen habe, was ich denn hiemit eilig
thue. Denn Muße hab' ich bei Gott wenig,
der Fürst ist diesen Abend mit Tod abgegangen
vor Schreck, weil jemand sagte, sein alter Va¬
ter, der ihm zum Todes-Anzeichen soll zum
zweitenmal zu erscheinen versprochen haben, sey
im Spiegelzimmer zu sehen, was aber nur,
hör' ich, was von Wachs gewesen. Es sind
die Sachen, die ich auszuliefern habe, erstlich
ein Perspektiv, womit Du Deine Mutter und
Schwester gemahlt sehen wirst (ich bediene mich
mit Fleiß Herrn Schoppens eigner Ausdrücke),
zweitens ein geschriebenes Paquet, addressirt
an: Albano, erzogen bei Wehrfritz, das noch
halb in einer zerschlagnen schwarzen Marmor¬

stufe

ſtörten Sonnentempels ſeiner Jugend umher¬
lagen, keine Nacht zubringen: ſondern er be¬
gab ſich traurig-träumend auf den Weg zur
Stadt. Unterwegs fand er den Landſchafts-
Direktor Wehrfritz zu Pferd, der ihn ſuchte.
„Herr Sohn, (ſagt' er,) es ſind mir von Dei¬
nem intimen Freunde, Herrn Schoppe, die
wichtigſten Sachen zu Händen geſtellt wor¬
den, die ich nur in Deine eignen wieder
auszuhändigen habe, was ich denn hiemit eilig
thue. Denn Muße hab' ich bei Gott wenig,
der Fürſt iſt dieſen Abend mit Tod abgegangen
vor Schreck, weil jemand ſagte, ſein alter Va¬
ter, der ihm zum Todes-Anzeichen ſoll zum
zweitenmal zu erſcheinen verſprochen haben, ſey
im Spiegelzimmer zu ſehen, was aber nur,
hör' ich, was von Wachs geweſen. Es ſind
die Sachen, die ich auszuliefern habe, erſtlich
ein Perſpektiv, womit Du Deine Mutter und
Schweſter gemahlt ſehen wirſt (ich bediene mich
mit Fleiß Herrn Schoppens eigner Ausdrücke),
zweitens ein geſchriebenes Paquet, addreſſirt
an: Albano, erzogen bei Wehrfritz, das noch
halb in einer zerſchlagnen ſchwarzen Marmor¬

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[496/0508] ſtörten Sonnentempels ſeiner Jugend umher¬ lagen, keine Nacht zubringen: ſondern er be¬ gab ſich traurig-träumend auf den Weg zur Stadt. Unterwegs fand er den Landſchafts- Direktor Wehrfritz zu Pferd, der ihn ſuchte. „Herr Sohn, (ſagt' er,) es ſind mir von Dei¬ nem intimen Freunde, Herrn Schoppe, die wichtigſten Sachen zu Händen geſtellt wor¬ den, die ich nur in Deine eignen wieder auszuhändigen habe, was ich denn hiemit eilig thue. Denn Muße hab' ich bei Gott wenig, der Fürſt iſt dieſen Abend mit Tod abgegangen vor Schreck, weil jemand ſagte, ſein alter Va¬ ter, der ihm zum Todes-Anzeichen ſoll zum zweitenmal zu erſcheinen verſprochen haben, ſey im Spiegelzimmer zu ſehen, was aber nur, hör' ich, was von Wachs geweſen. Es ſind die Sachen, die ich auszuliefern habe, erſtlich ein Perſpektiv, womit Du Deine Mutter und Schweſter gemahlt ſehen wirſt (ich bediene mich mit Fleiß Herrn Schoppens eigner Ausdrücke), zweitens ein geſchriebenes Paquet, addreſſirt an: Albano, erzogen bei Wehrfritz, das noch halb in einer zerſchlagnen ſchwarzen Marmor¬ ſtufe

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/508>, abgerufen am 28.04.2024.