Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

die Weissagung Gaspards ein, die sein Freund
ihm auvertrauet hatte, und alle Regeln, die
diesem zur Lösung der Räthsel vorgeschrieben
waren. In der Weissagung war zwar die Re¬
de von einem Bilderkabinette, aber ein Spie¬
gelzimmer ist auch eines, nur flüssiger und tie¬
fer hinter der Wand. Er nahm (folgsam den
von Gaspard gegebnen Regeln) den Spiegel
herab, -- fand und öffnete die Tapetenthür in
der Größe des Spiegels -- die hölzerne weib¬
liche Gestalt mit dem offnen Souvenir in der
Linken und dem Crayon in der Rechten saß
darhinter -- er drückte (nach der Vorschrift)
den Ring am linken Mittelfinger -- die Ge¬
stalt stand, innen rollend, auf -- trat in das
Zimmer hinaus -- hielt an der entgegengesetz¬
ten Wand still, zeichnete daran mit dem Crayon
in der Hand eine Linie herab, er zog die
Wandleiste auf -- das Perspektiv und der
wächserne Abdruck des Sargschlüssels lagen in
einem Fach darhinter -- Jetzt drückt' er den
Ringfinger, die Figur setzte den Crayon aufs
Souvenir und schrieb: Sohn, gehe in die Für¬
stengruft in der Blumenbühler Kirche und öffne

die Weiſſagung Gaſpards ein, die ſein Freund
ihm auvertrauet hatte, und alle Regeln, die
dieſem zur Löſung der Räthſel vorgeſchrieben
waren. In der Weiſſagung war zwar die Re¬
de von einem Bilderkabinette, aber ein Spie¬
gelzimmer iſt auch eines, nur flüſſiger und tie¬
fer hinter der Wand. Er nahm (folgſam den
von Gaſpard gegebnen Regeln) den Spiegel
herab, — fand und öffnete die Tapetenthür in
der Größe des Spiegels — die hölzerne weib¬
liche Geſtalt mit dem offnen Souvenir in der
Linken und dem Crayon in der Rechten ſaß
darhinter — er drückte (nach der Vorſchrift)
den Ring am linken Mittelfinger — die Ge¬
ſtalt ſtand, innen rollend, auf — trat in das
Zimmer hinaus — hielt an der entgegengeſetz¬
ten Wand ſtill, zeichnete daran mit dem Crayon
in der Hand eine Linie herab, er zog die
Wandleiſte auf — das Perſpektiv und der
wächſerne Abdruck des Sargſchlüſſels lagen in
einem Fach darhinter — Jetzt drückt' er den
Ringfinger, die Figur ſetzte den Crayon aufs
Souvenir und ſchrieb: Sohn, gehe in die Für¬
ſtengruft in der Blumenbühler Kirche und öffne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0513" n="501"/>
die Wei&#x017F;&#x017F;agung Ga&#x017F;pards ein, die &#x017F;ein Freund<lb/>
ihm auvertrauet hatte, und alle Regeln, die<lb/>
die&#x017F;em zur Lö&#x017F;ung der Räth&#x017F;el vorge&#x017F;chrieben<lb/>
waren. In der Wei&#x017F;&#x017F;agung war zwar die Re¬<lb/>
de von einem Bilderkabinette, aber ein Spie¬<lb/>
gelzimmer i&#x017F;t auch eines, nur flü&#x017F;&#x017F;iger und tie¬<lb/>
fer hinter der Wand. Er nahm (folg&#x017F;am den<lb/>
von Ga&#x017F;pard gegebnen Regeln) den Spiegel<lb/>
herab, &#x2014; fand und öffnete die Tapetenthür in<lb/>
der Größe des Spiegels &#x2014; die hölzerne weib¬<lb/>
liche Ge&#x017F;talt mit dem offnen Souvenir in der<lb/>
Linken und dem Crayon in der Rechten &#x017F;<lb/>
darhinter &#x2014; er drückte (nach der Vor&#x017F;chrift)<lb/>
den Ring am linken Mittelfinger &#x2014; die Ge¬<lb/>
&#x017F;talt &#x017F;tand, innen rollend, auf &#x2014; trat in das<lb/>
Zimmer hinaus &#x2014; hielt an der entgegenge&#x017F;etz¬<lb/>
ten Wand &#x017F;till, zeichnete daran mit dem Crayon<lb/>
in der Hand eine Linie herab, er zog die<lb/>
Wandlei&#x017F;te auf &#x2014; das Per&#x017F;pektiv und der<lb/>
wäch&#x017F;erne Abdruck des Sarg&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;els lagen in<lb/>
einem Fach darhinter &#x2014; Jetzt drückt' er den<lb/>
Ringfinger, die Figur &#x017F;etzte den Crayon aufs<lb/>
Souvenir und &#x017F;chrieb: Sohn, gehe in die Für¬<lb/>
&#x017F;tengruft in der Blumenbühler Kirche und öffne<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[501/0513] die Weiſſagung Gaſpards ein, die ſein Freund ihm auvertrauet hatte, und alle Regeln, die dieſem zur Löſung der Räthſel vorgeſchrieben waren. In der Weiſſagung war zwar die Re¬ de von einem Bilderkabinette, aber ein Spie¬ gelzimmer iſt auch eines, nur flüſſiger und tie¬ fer hinter der Wand. Er nahm (folgſam den von Gaſpard gegebnen Regeln) den Spiegel herab, — fand und öffnete die Tapetenthür in der Größe des Spiegels — die hölzerne weib¬ liche Geſtalt mit dem offnen Souvenir in der Linken und dem Crayon in der Rechten ſaß darhinter — er drückte (nach der Vorſchrift) den Ring am linken Mittelfinger — die Ge¬ ſtalt ſtand, innen rollend, auf — trat in das Zimmer hinaus — hielt an der entgegengeſetz¬ ten Wand ſtill, zeichnete daran mit dem Crayon in der Hand eine Linie herab, er zog die Wandleiſte auf — das Perſpektiv und der wächſerne Abdruck des Sargſchlüſſels lagen in einem Fach darhinter — Jetzt drückt' er den Ringfinger, die Figur ſetzte den Crayon aufs Souvenir und ſchrieb: Sohn, gehe in die Für¬ ſtengruft in der Blumenbühler Kirche und öffne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/513
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/513>, abgerufen am 06.05.2024.