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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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sein Freund Siebenkäs äußerte ohne Weiteres,
"daß Gaspard bei jedem Schritte, und mit dem
ewigen feinen Wanken und Zögern, wie z. B.
über die Heirath seiner Tochter und sonst, nichts
dargestellt habe als den lebendigen Spanier,
wie ihn Gundling im I. Theil seiner Otia so
gut schildere." Augusti verwunderte sich über
diese Offenheit, indeß erschien sie ihm leidlicher
und zierlicher als Schoppens rauhe. "Was
mich am meisten frappiren würde, (setzte Sie¬
benkäs dazu, der wie es schien die Weltge¬
schichte zum Nebenfach genommen,) wäre das
lange Verschwiegenbleiben einer so wichtigen
Abstammung unter so vielen Theilhabern des
Geheimnisses, wenn ich nicht zu wohl aus
Hume wüßte, daß die Pulver-Verschwörung
unter Karl I. über ganze anderthalb Jahre
von mehr als zwanzig Mitwissern wäre ver¬
borgen gehalten worden."

Viel verwundet und durch sich gereinigt
gieng Albano nach diesen Erzählungen Nach¬
mittags ab ins zwieträchtige Reich, aber mit
heiterer heiliger Kühnheit. Er war sich höherer
Zwecke und Kräfte bewußt als alle harten

ſein Freund Siebenkäs äußerte ohne Weiteres,
„daß Gaſpard bei jedem Schritte, und mit dem
ewigen feinen Wanken und Zögern, wie z. B.
über die Heirath ſeiner Tochter und ſonſt, nichts
dargeſtellt habe als den lebendigen Spanier,
wie ihn Gundling im I. Theil ſeiner Otia ſo
gut ſchildere.“ Auguſti verwunderte ſich über
dieſe Offenheit, indeß erſchien ſie ihm leidlicher
und zierlicher als Schoppens rauhe. „Was
mich am meiſten frappiren würde, (ſetzte Sie¬
benkäs dazu, der wie es ſchien die Weltge¬
ſchichte zum Nebenfach genommen,) wäre das
lange Verſchwiegenbleiben einer ſo wichtigen
Abſtammung unter ſo vielen Theilhabern des
Geheimniſſes, wenn ich nicht zu wohl aus
Hume wüßte, daß die Pulver-Verſchwörung
unter Karl I. über ganze anderthalb Jahre
von mehr als zwanzig Mitwiſſern wäre ver¬
borgen gehalten worden.“

Viel verwundet und durch ſich gereinigt
gieng Albano nach dieſen Erzählungen Nach¬
mittags ab ins zwieträchtige Reich, aber mit
heiterer heiliger Kühnheit. Er war ſich höherer
Zwecke und Kräfte bewußt als alle harten

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[549/0561] ſein Freund Siebenkäs äußerte ohne Weiteres, „daß Gaſpard bei jedem Schritte, und mit dem ewigen feinen Wanken und Zögern, wie z. B. über die Heirath ſeiner Tochter und ſonſt, nichts dargeſtellt habe als den lebendigen Spanier, wie ihn Gundling im I. Theil ſeiner Otia ſo gut ſchildere.“ Auguſti verwunderte ſich über dieſe Offenheit, indeß erſchien ſie ihm leidlicher und zierlicher als Schoppens rauhe. „Was mich am meiſten frappiren würde, (ſetzte Sie¬ benkäs dazu, der wie es ſchien die Weltge¬ ſchichte zum Nebenfach genommen,) wäre das lange Verſchwiegenbleiben einer ſo wichtigen Abſtammung unter ſo vielen Theilhabern des Geheimniſſes, wenn ich nicht zu wohl aus Hume wüßte, daß die Pulver-Verſchwörung unter Karl I. über ganze anderthalb Jahre von mehr als zwanzig Mitwiſſern wäre ver¬ borgen gehalten worden.“ Viel verwundet und durch ſich gereinigt gieng Albano nach dieſen Erzählungen Nach¬ mittags ab ins zwieträchtige Reich, aber mit heiterer heiliger Kühnheit. Er war ſich höherer Zwecke und Kräfte bewußt als alle harten

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/561>, abgerufen am 27.04.2024.