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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. IV. Cap. Von der
gillum so viel Bedeutungen hat, als das primitiuum. Jedoch
weil nicht alle in guten
Autoribus Grund haben, so wollen
wir vornehmlich zwey anmercken. Die gemeine Bedeutung,
und die in denen
Scribenten der mittlern Zeit häuffig vor-
kommt, ist diese, daß es daßjenige Zeichen bedeutet, so denen
öffentlichen
Instrumenten, zu mehrerm Glauben beygedruckt o-
der angehänget wird. Die alten
Scribenten haben es auch
gebraucht, wiewohl sie mehrentheils das Wort
signum füh-
ren. Selbst
Cicero gedencket der sigillorum, die in Ringe ge-
stochen gewesen. Noch öffter wird es von kleinern Bildern
gebraucht.
Cicero saget: Er habe eine Schüssel aufgesetzet,
in welcher vortreffliche Bilder
(Sigilla) waren. etc. Aber
dieses ist eine besondere und denen
Scribenten der mittlern
Zeit gebräuchliche Bedeutung, da das Wort
sigillum ein
diploma, oder daßjenige Instrument anzeiget, so mit dem
Siegel bewähret ist, gleichwie das Wort
Bulla die-
jenigen Brieffe anzeiget, welche mit einer
bulla verse-
sehen sind.
Ferner nimmt man das Wort Siegel in dem
Verstand/ daß es ein Stillschweigen bedeutet/ so daß end-
lich eine Redens-Art daraus worden: Das Siegel des
Stillschweigens.
Der Gelehrte Beyer hat davon folgende
Worte b): Sigillum bedeutet also so viel, daß man Sachen,

die
mediique aeui scriptoribus propria est acceptio, quando Sigillum
iis notat diploma siue instrumentum ipsum, sigillo munitum,
quemadmodum & bulla, literas bulla instructas.
b) Adrian. Beyer in tract. de sigill. confess. cap. I. §. 8. seq. Vnde si-
gillum denotat res silentii sipario inuoluendas, propterea quod
plerumque apponitur, vt in occulto aliquid siet, v. g. testamentis,
quin & vulgaribus amicorum epistolis. Quod si autem vel ma-
xime ad alicujus negotii notitiam quis admittendus foret, ubi ta-
men sigillo opus, linguam sigillo claudere jubetur, iuxta illud:
Arcanis dictis linguam obserare memento,
Dictorum majus depositum est opibus.

Et Lucanus
Arcanum vt celet, claudenda est lingua sigillo.

Sed

II. Abth. IV. Cap. Von der
gillum ſo viel Bedeutungen hat, als das primitiuum. Jedoch
weil nicht alle in guten
Autoribus Grund haben, ſo wollen
wir vornehmlich zwey anmercken. Die gemeine Bedeutung,
und die in denen
Scribenten der mittlern Zeit haͤuffig vor-
kommt, iſt dieſe, daß es daßjenige Zeichen bedeutet, ſo denen
oͤffentlichen
Inſtrumenten, zu mehrerm Glauben beygedruckt o-
der angehaͤnget wird. Die alten
Scribenten haben es auch
gebraucht, wiewohl ſie mehrentheils das Wort
ſignum fuͤh-
ren. Selbſt
Cicero gedencket der ſigillorum, die in Ringe ge-
ſtochen geweſen. Noch oͤffter wird es von kleinern Bildern
gebraucht.
Cicero ſaget: Er habe eine Schuͤſſel aufgeſetzet,
in welcher vortreffliche Bilder
(Sigilla) waren. etc. Aber
dieſes iſt eine beſondere und denen
Scribenten der mittlern
Zeit gebraͤuchliche Bedeutung, da das Wort
ſigillum ein
diploma, oder daßjenige Inſtrument anzeiget, ſo mit dem
Siegel bewaͤhret iſt, gleichwie das Wort
Bulla die-
jenigen Brieffe anzeiget, welche mit einer
bulla verſe-
ſehen ſind.
Ferner nimmt man das Wort Siegel in dem
Verſtand/ daß es ein Stillſchweigen bedeutet/ ſo daß end-
lich eine Redens-Art daraus worden: Das Siegel des
Stillſchweigens.
Der Gelehrte Beyer hat davon folgende
Worte b): Sigillum bedeutet alſo ſo viel, daß man Sachen,

die
mediique æui ſcriptoribus propria eſt acceptio, quando Sigillum
iis notat diploma ſiue inſtrumentum ipſum, ſigillo munitum,
quemadmodum & bulla, literas bulla inſtructas.
b) Adrian. Beyer in tract. de ſigill. confeſſ. cap. I. §. 8. ſeq. Vnde ſi-
gillum denotat res ſilentii ſipario inuoluendas, propterea quod
plerumque apponitur, vt in occulto aliquid ſiet, v. g. teſtamentis,
quin & vulgaribus amicorum epiſtolis. Quod ſi autem vel ma-
xime ad alicujus negotii notitiam quis admittendus foret, ubi ta-
men ſigillo opus, linguam ſigillo claudere jubetur, iuxta illud:
Arcanis dictis linguam obſerare memento,
Dictorum majus depoſitum eſt opibus.

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Arcanum vt celet, claudenda eſt lingua ſigillo.

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[300/0319] II. Abth. IV. Cap. Von der gillum ſo viel Bedeutungen hat, als das primitiuum. Jedoch weil nicht alle in guten Autoribus Grund haben, ſo wollen wir vornehmlich zwey anmercken. Die gemeine Bedeutung, und die in denen Scribenten der mittlern Zeit haͤuffig vor- kommt, iſt dieſe, daß es daßjenige Zeichen bedeutet, ſo denen oͤffentlichen Inſtrumenten, zu mehrerm Glauben beygedruckt o- der angehaͤnget wird. Die alten Scribenten haben es auch gebraucht, wiewohl ſie mehrentheils das Wort ſignum fuͤh- ren. Selbſt Cicero gedencket der ſigillorum, die in Ringe ge- ſtochen geweſen. Noch oͤffter wird es von kleinern Bildern gebraucht. Cicero ſaget: Er habe eine Schuͤſſel aufgeſetzet, in welcher vortreffliche Bilder (Sigilla) waren. etc. Aber dieſes iſt eine beſondere und denen Scribenten der mittlern Zeit gebraͤuchliche Bedeutung, da das Wort ſigillum ein diploma, oder daßjenige Inſtrument anzeiget, ſo mit dem Siegel bewaͤhret iſt, gleichwie das Wort Bulla die- jenigen Brieffe anzeiget, welche mit einer bulla verſe- ſehen ſind. Ferner nimmt man das Wort Siegel in dem Verſtand/ daß es ein Stillſchweigen bedeutet/ ſo daß end- lich eine Redens-Art daraus worden: Das Siegel des Stillſchweigens. Der Gelehrte Beyer hat davon folgende Worte b): Sigillum bedeutet alſo ſo viel, daß man Sachen, die (a) b) Adrian. Beyer in tract. de ſigill. confeſſ. cap. I. §. 8. ſeq. Vnde ſi- gillum denotat res ſilentii ſipario inuoluendas, propterea quod plerumque apponitur, vt in occulto aliquid ſiet, v. g. teſtamentis, quin & vulgaribus amicorum epiſtolis. Quod ſi autem vel ma- xime ad alicujus negotii notitiam quis admittendus foret, ubi ta- men ſigillo opus, linguam ſigillo claudere jubetur, iuxta illud: Arcanis dictis linguam obſerare memento, Dictorum majus depoſitum eſt opibus. Et Lucanus Arcanum vt celet, claudenda eſt lingua ſigillo. Sed (a) mediique æui ſcriptoribus propria eſt acceptio, quando Sigillum iis notat diploma ſiue inſtrumentum ipſum, ſigillo munitum, quemadmodum & bulla, literas bulla inſtructas.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/319>, abgerufen am 02.05.2024.