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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. I. Cap. Vom Ursprung der Macht
gebung vermittelst der Hand-Auflegung geschehen b). Wer
will aber beweisen/ daß solche denen/ so mit ihrer Busse ge-
heuchelt/ wieder fahren sey? Denn dergleichen kan mit der
gründlichen Erkäntniß/ so die Apostel hatten/ ohnmöglich
bestehen. Jch will die Sache vielmehr mit des fürtreffli-
chen Herrn Böhmers/ als meinen Worten ausdrücken.
Er schreibet aber also: c) Diese Macht, welche die Apostel
selbst
dorean tou Theou, ein Geschencke GOttes nennen, ware die-
se auserordentliche Krafft, zu lösen und zu binden, die Sün-
den zu vergeben und zu behalten, die mit der innersten und
gründlichen himmlischen Erkäntniß verknüpfet war, durch
deren Krafft die Apostel urtheilen kunten, welche der Hand-
Auflegung würdig, und welchen dieselbe abzuschlagen.
Er
beruffet sich auf das Exempel Simonis Act. VIII. 21. Jnglei-

chen
b) Durch Hand-
Auflegung.
Dieser Gebrauch ware bey denen Jüden gar gewöhnlich, indem
die Patriarchen selbst, zum Zeichen einer sonderbahren Segnung,
solchen angewendet. Die Apostel legten also auch gar vielmahls
die Hände auf. Sie bedienten sich der Hand-Auflegung bey denen
Neubekehrten und denen Krancken. Diejenigen, so der Kirchen
vorgesetzet und das Evangelium zu predigen ausgeschickt worden,
empfiengen ebenfalls die Handauflegung, ingleichen auch die er-
wehlten Aeltesten; besiehe meinen Tractat de crimine Simoniae Sect.
II. cap. II.
§. 26. not. a) b) §. 27. not. a) b).
Jch schliesse also nicht
unbillig, daß auch die Vergebung der Sünden durch die Hand-
auflegung
geschehen sey.
c) und wunder-
bahrs Wür-
ckungen.
In Jur. Eccles. Antiqu. Diss. II. §. 8. p. 35. Haec potestas, quam ipsi
Apostoli
dorean tou Theou, donum Dei vocant, erat illa extraordi-
naria virtus, solvendi & ligandi, remittendi & retinendi peccata,
quae intima illa & solidissima cognitione coelesti conjuncta erat:
virtute cujus Apostoli judicare poterant, quinam manus impo-
sitione digni essent, & quibusnam haec denegari deberet. &c. Huc
refero etiam traditionem flagitiosam Satanae, cujus mentionem
facit Paulus, 1. Cor. V, 5. & quam
sun te dunamei tou kuriou ex-
sequebatur.

a) Ire-

I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht
gebung vermittelſt der Hand-Auflegung geſchehen b). Wer
will aber beweiſen/ daß ſolche denen/ ſo mit ihrer Buſſe ge-
heuchelt/ wieder fahren ſey? Denn dergleichen kan mit der
gruͤndlichen Erkaͤntniß/ ſo die Apoſtel hatten/ ohnmoͤglich
beſtehen. Jch will die Sache vielmehr mit des fuͤrtreffli-
chen Herrn Boͤhmers/ als meinen Worten ausdruͤcken.
Er ſchreibet aber alſo: c) Dieſe Macht, welche die Apoſtel
ſelbſt
δωρεὰν τοῦ Θεοῦ, ein Geſchencke GOttes nennen, ware die-
ſe auſerordentliche Krafft, zu loͤſen und zu binden, die Suͤn-
den zu vergeben und zu behalten, die mit der innerſten und
gruͤndlichen himmliſchen Erkaͤntniß verknuͤpfet war, durch
deren Krafft die Apoſtel urtheilen kunten, welche der Hand-
Auflegung wuͤrdig, und welchen dieſelbe abzuſchlagen.
Er
beruffet ſich auf das Exempel Simonis Act. VIII. 21. Jnglei-

chen
b) Durch Hand-
Auflegung.
Dieſer Gebrauch ware bey denen Juͤden gar gewoͤhnlich, indem
die Patriarchen ſelbſt, zum Zeichen einer ſonderbahren Segnung,
ſolchen angewendet. Die Apoſtel legten alſo auch gar vielmahls
die Haͤnde auf. Sie bedienten ſich der Hand-Auflegung bey denen
Neubekehrten und denen Krancken. Diejenigen, ſo der Kirchen
vorgeſetzet und das Evangelium zu predigen ausgeſchickt worden,
empfiengen ebenfalls die Handauflegung, ingleichen auch die er-
wehlten Aelteſten; beſiehe meinen Tractat de crimine Simoniæ Sect.
II. cap. II.
§. 26. not. a) b) §. 27. not. a) b).
Jch ſchlieſſe alſo nicht
unbillig, daß auch die Vergebung der Suͤnden durch die Hand-
auflegung
geſchehen ſey.
c) und wunder-
bahrs Wuͤr-
ckungen.
In Jur. Eccleſ. Antiqu. Diſſ. II. §. 8. p. 35. Hæc poteſtas, quam ipſi
Apoſtoli
δωρεὰν τοῦ Θεοῦ, donum Dei vocant, erat illa extraordi-
naria virtus, ſolvendi & ligandi, remittendi & retinendi peccata,
quæ intima illa & ſolidiſſima cognitione cœleſti conjuncta erat:
virtute cujus Apoſtoli judicare poterant, quinam manus impo-
ſitione digni eſſent, & quibusnam hæc denegari deberet. &c. Huc
refero etiam traditionem flagitioſam Satanæ, cujus mentionem
facit Paulus, 1. Cor. V, 5. & quam
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ſequebatur.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/81>, abgerufen am 29.04.2024.