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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Lieber Vater im Himmel! Wir arme Kinder,
die wir hier beysammen sitzen und beten, sind Brü-
der und Schwestern; darum wollen wir immer
recht gut mit einander seyn, und einander nie nichts
zu leid thun, sondern alles Gute, was wir können
und mögen. Zu den Kleinen wollen wir Sorge
tragen mit aller Treue und mit allem Fleiß, daß
der liebe Vater und die liebe Mutter ohne Sorgen
ihrer Arbeit und ihrem Brode nachgehn können;
das ist das Einzige, so wir ihnen thun können --
für alle Mühe und Sorgen und Ausgaben, die sie
für uns haben. Vergilt ihnen, du Vater im Him-
mel! alles, was sie an uns thun, und laß uns ih-
nen in allem, was sie wollen, folgen, daß wir ih-
nen lieb bleiben bis an's Ende ihres Lebens, da du
sie von uns nehmen und belohnen wirst für ihre
Treue, die sie uns werden erwiesen haben.

Lieber himmlischer Vater! Laß uns den mor-
genden heiligen Tag deiner Güte und der Liebe Jesu
Christi, und auch alles dessen, was uns unser Va-
ter und unsere Mutter und alle Menschen Gutes
thun, recht eingedenk seyn; damit wir gegen Gott
und Menschen dankbar werden, und gehorsam, und
damit wir in der Liebe wandeln vor deinen Augen
unser Lebenlang --

Hier mußte Niclas inne halten. Dann sprach
Gertrud allemal, nach den Vorfällen der Woche,
das weitere vor.

Heute
M 2

Lieber Vater im Himmel! Wir arme Kinder,
die wir hier beyſammen ſitzen und beten, ſind Bruͤ-
der und Schweſtern; darum wollen wir immer
recht gut mit einander ſeyn, und einander nie nichts
zu leid thun, ſondern alles Gute, was wir koͤnnen
und moͤgen. Zu den Kleinen wollen wir Sorge
tragen mit aller Treue und mit allem Fleiß, daß
der liebe Vater und die liebe Mutter ohne Sorgen
ihrer Arbeit und ihrem Brode nachgehn koͤnnen;
das iſt das Einzige, ſo wir ihnen thun koͤnnen —
fuͤr alle Muͤhe und Sorgen und Ausgaben, die ſie
fuͤr uns haben. Vergilt ihnen, du Vater im Him-
mel! alles, was ſie an uns thun, und laß uns ih-
nen in allem, was ſie wollen, folgen, daß wir ih-
nen lieb bleiben bis an’s Ende ihres Lebens, da du
ſie von uns nehmen und belohnen wirſt fuͤr ihre
Treue, die ſie uns werden erwieſen haben.

Lieber himmliſcher Vater! Laß uns den mor-
genden heiligen Tag deiner Guͤte und der Liebe Jeſu
Chriſti, und auch alles deſſen, was uns unſer Va-
ter und unſere Mutter und alle Menſchen Gutes
thun, recht eingedenk ſeyn; damit wir gegen Gott
und Menſchen dankbar werden, und gehorſam, und
damit wir in der Liebe wandeln vor deinen Augen
unſer Lebenlang —

Hier mußte Niclas inne halten. Dann ſprach
Gertrud allemal, nach den Vorfaͤllen der Woche,
das weitere vor.

Heute
M 2
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[179/0204] Lieber Vater im Himmel! Wir arme Kinder, die wir hier beyſammen ſitzen und beten, ſind Bruͤ- der und Schweſtern; darum wollen wir immer recht gut mit einander ſeyn, und einander nie nichts zu leid thun, ſondern alles Gute, was wir koͤnnen und moͤgen. Zu den Kleinen wollen wir Sorge tragen mit aller Treue und mit allem Fleiß, daß der liebe Vater und die liebe Mutter ohne Sorgen ihrer Arbeit und ihrem Brode nachgehn koͤnnen; das iſt das Einzige, ſo wir ihnen thun koͤnnen — fuͤr alle Muͤhe und Sorgen und Ausgaben, die ſie fuͤr uns haben. Vergilt ihnen, du Vater im Him- mel! alles, was ſie an uns thun, und laß uns ih- nen in allem, was ſie wollen, folgen, daß wir ih- nen lieb bleiben bis an’s Ende ihres Lebens, da du ſie von uns nehmen und belohnen wirſt fuͤr ihre Treue, die ſie uns werden erwieſen haben. Lieber himmliſcher Vater! Laß uns den mor- genden heiligen Tag deiner Guͤte und der Liebe Jeſu Chriſti, und auch alles deſſen, was uns unſer Va- ter und unſere Mutter und alle Menſchen Gutes thun, recht eingedenk ſeyn; damit wir gegen Gott und Menſchen dankbar werden, und gehorſam, und damit wir in der Liebe wandeln vor deinen Augen unſer Lebenlang — Hier mußte Niclas inne halten. Dann ſprach Gertrud allemal, nach den Vorfaͤllen der Woche, das weitere vor. Heute M 2

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/204>, abgerufen am 30.04.2024.